M-DAB2: Materialintensität der Innenentwicklung - Ressourcenbewertung und Lokalisierung städtischer Entwicklungspotenziale

Bei der Bewertung von Innenentwicklungspotenzialen wurde erstmals auch die Materialintensität der Innenentwicklung (anfallende Stoffmengen) für unterschiedliche Entwicklungsvarianten berücksichtigt. Dabei wurde ein Methodenset zur holistischen Bewertung von Potenzialflächen und verschiedene Entwicklungsvarianten und -szenarien zur ressourcenschonenden Innenentwicklung geschaffen.

Kurzbeschreibung

Ausgangslage und Motivation

Der jährliche Bodenverbrauch in Österreich beträgt über 42 km² (das entspricht ungefähr der Fläche von Eisenstadt) und liegt damit deutlich über dem Zielwert von 9 km²/a, welcher im aktuellen Regierungsprogramm für das Jahr 2030 angestrebt wird (Umweltbundesamt, 2021 und BKA, 2019). Bei der fortschreitenden Zersiedelung entsteht zusätzlich zur Fläche der Bauwerke ein erheblicher Mehrverbrauch an Flächen und Primärressourcen, da zudem neue Infrastruktur für Verkehr sowie Ver- und Entsorgung errichtet werden muss. Die gezielte Entwicklung des bestehenden Siedlungsraumes („Innenentwicklung", Grams, 2017) führt zur Reduktion des jährlichen Bodenverbrauches und birgt großes Potential, den Primärressourceneinsatz zu reduzieren.

Um die geeigneten Potentialflächen identifizieren und bewerten zu können, müssen eine Vielzahl von Faktoren (z.B. Lage, bestehende und angestrebte Bebauungsdichten oder die Kapazitäten und Qualitäten vorhandener Infrastrukturen) berücksichtigt werden. Bisher werden jedoch anfallende Mengen an Bau- und Abbruchmaterialien und materialbezogene Umweltwirkungen in der städtebaulichen Bewertung von Innenentwicklungspotentialen nicht miteinbezogen.

Zielsetzungen

Das Projekt verfolgt das Ziel der Verortung, Qualifizierung und Quantifizierung von Innenentwicklungspotentialen und soll dabei erstmals auch die Materialintensität der Innenentwicklung (Materialumsatz) für unterschiedliche Entwicklungsvarianten, sowohl aus Entwickler:innensicht als auch aus gesamtstädtischer Sicht, bewertbar machen. Die Entwicklung der Kriterien und Überprüfung mit GIS-gestützter, automatisierter Umfeldanalyse erlaubt den Vergleich unterschiedlicher Entwicklungsvarianten (Abbruch & Neubau, Zubau, Umbau & Sanierung) in Abhängigkeit zur jeweiligen Umgebung und bildet die Grundlage für eine systematische Optimierung der Standortplanung.

Methodische Vorgehensweise

Die Vorgehensweise wird im Projekt exemplarisch anhand von fünf unterschiedlichen (für Wien archetypischen) räumlichen Situationen getestet. Um Flächen- und Nutzungspotentiale in diesen „Profilen" zu ermitteln, werden jeweils drei Entwicklungsvarianten durch konkrete Testentwürfe entwickelt. Diese Entwürfe zeigen konkrete Handlungsmöglichkeiten der Stadtplanung im Bereich der Innenentwicklung für reale Bestandsflächen. Aus den entstandenen BIM Modellen können die benötigten Bauteile und Materialien ermittelt und somit einer ökologischen und ökonomischen Bewertung unterzogen werden. Anhand der Indikatoren, die durch qualitative und quantitative Analysen konkreter Potentialflächen (Potentialprototypen inkl. Entwicklungsvarianten) in Potentialprofile überführt werden, können – basierend auf der erweiterten Datengrundlage des Vorgängerprojekts M-DAB und unter Anwendung von digitalen Methoden (z.B. Machine Learning) – Muster identifiziert werden, um ähnliche Potentiale in der Stadt automatisiert zu lokalisieren und zu quantifizieren. Mithilfe einer interaktiven Visualisierung werden die Potentiale anhand unterschiedlicher Filter- und Gewichtungskriterien sichtbar gemacht, wobei die Ergebnisse auch unter dem Aspekt unterschiedlicher Zielgruppen dargestellt und untersucht werden.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen

M-DAB2 entwickelt ein digital gestütztes Modell der Materialintensität bei der Beurteilung von Innenentwicklungspotentialen und eine interaktive Ergebnisvisualisierung, welche diese Potentiale sowohl aus Entwickler:innensicht, aber auch aus gesamtstädtischer Sicht bewertbar machen. Dabei wird erstmals auch die Materialintensität für Entwicklungsvarianten wie Dachgeschoßausbauten, Zubauten sowie Rück- und Neubauten quantifiziert. Im interdisziplinären Forschungsprojekt leistet bereits jedes einzelne Arbeitspaket – wie die Entwicklung der qualitativen Profile, die Ermittlung von Indikatoren und Attributen für die Umbau- und Sanierungsvarianten oder die ökologische Bewertung – für sich einen Beitrag zur nachhaltigen Innenentwicklung. Aber erst durch die Zusammenführung der unterschiedlichen Methoden und durch die Extrapolation dieser Daten – eingepflegt in intelligente, interaktive Visualisierungen – lässt sich ein holistischeres, klareres Bild zu urbanen Strategien der umwelttechnisch und auch wirtschaftlich nachhaltigen Entwicklung Wiens zeichnen.

Ausblick

Raumplanung und Städtebau verschränkt mit Nachverdichtung und nachhaltiger Entwicklung ermöglichen es, ungenutzte räumliche und materielle Potentiale zu erkennen und Nachverdichtung bei Erhalt von umbautem Raum im Bestand zu fördern. Mit dem entwickelten Modell der Materialintensität können Planer:innen und Immobilienentwickler:innen jenseits der „Common Practice" (Abbruch und Neubau) Entwicklungsszenarien für Bauprojekte generieren und in Betrachtung dieser, optimierte Konzepte bezüglich Boden- und Materialressourcen erarbeiten.

Publikationen

Materialintensität der Innenentwicklung - Ressourcenbewertung und Lokalisierung städtischer Entwicklungspotentiale (M-DAB2)

Bei der Bewertung von Innenentwicklungspotenzialen wurde erstmals auch die Materialintensität der Innenentwicklung (anfallende Stoffmengen) für unterschiedliche Entwicklungsvarianten berücksichtigt. Dabei wurde ein Methodenset zur holistischen Bewertung von Potenzialflächen und verschiedene Entwicklungsvarianten und -szenarien zur ressourcenschonenden Innenentwicklung geschaffen. Schriftenreihe 7/2025
S. Bindreiter, W. Lorenz, L. Grabuschnig, E. A. Dengg, G. Wurzer, V. Pachauer, N. Ugljanin, P. Nageler, P. Rasper, J. Fellner
Herausgeber: BMK
Deutsch, 122 Seiten

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Projektbeteiligte

Projektleitung

TU Wien - Institut für Raumplanung, Forschungsbereich Örtliche Raumplanung / Raumsimulationslabor (Simlab)

Projekt- bzw. Kooperationspartner:innen

  • TU Wien - Institut für Wassergüte und Ressourcenmanagement, Forschungsbereich Abfallwirtschaft und Ressourcenmanagement
  • TU Wien - Institut für Architekturwissenschaften, Forschungsbereich Digitale Architektur und Raumplanung
  • Rhomberg Bau GmbH
  • Ernst Dengg / DS energie consulting & management GmbH

Kontaktadresse

TU Wien - Institut für Raumplanung
Forschungsbereich Örtliche Raumplanung / Raumsimulationslabor (Simlab)
Karlsgasse 11
A-1040 Wien
Tel.: +43 (1) 58801 280430
E-Mail: stefan.bindreiter@tuwien.ac.at
Web: https://simlab.tuwien.ac.at