M-DAB - Materialressourcen der Stadt digitalisieren, analysieren und nachhaltig bewirtschaften

Im Forschungsvorhaben wurde untersucht, wie uns digitale Technologien unterstützen können die bestehenden und zukünftigen Materialressourcen im Bauwesen qualitativ (Baustoffe und deren Recycling) und quantitativ (Baustoffmengen) festzumachen.

Kurzbeschreibung

Status

abgeschlossen

Kurzfassung

Die österreichische Metropolregion Wien wächst. Die steigenden Bevölkerungszahlen fordern Politik und Verwaltung auf, nachhaltige Gebäude leistbar und für eine hohe Lebensqualität bereitzustellen. Die eingesetzten Baumaterialien und die Bauweise prägen die Gebäudesubstanz einer zeitlichen Errichtungsphase der Stadtentwicklung und definieren den Abfall bzw. die Ressourcen der Zukunft. Die Stadt Wien hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 80% der Materialien aus abgerissenen Gebäuden und großen Renovierungsarbeiten wiederzuverwenden oder zurückzugewinnen (Stadt Wien - Smart City Rahmenstrategie). Immerhin betragen die Abfälle aus dem Bauwesen rund 73 % (ca. 48 Mio. Tonnen) des österreichweiten, jährlichen Abfallaufkommens (BMK, 2020, 8ff). Neben umweltpolitischen Interessen liegt es auch im wirtschaftlichen Interesse, praxistaugliche Prozesse zu verwirklichen, um diese Ressourcen besser zu verwerten. Doch das Wissen über Mengen und Qualitäten dieser gebundenen Ressourcen bzw. Abfallstoffe ist unzureichend. Deshalb wurde im Forschungsvorhaben M-DAB an einem Methodenset geforscht, um die Materialressourcen der Stadt besser digitalisieren, analysieren und nachhaltig bewirtschaften zu können. Dabei wird untersucht, welchen Beitrag digitale Technologien leisten können, die bestehenden und zukünftigen Materialressourcen im Bauwesen qualitativ (Baustoffe und deren Recycling) und quantitativ (Baustoffmengen) aufzuzeigen.

Der herausfordernden Ausgangslage wird im Projekt auf drei Ebenen begegnet, wobei sich die Ergebnisse in unterschiedlichen Wirkungszeiträumen entfalten:

  1. Die Entwicklung eines Simulations- und Visualisierungstools ermöglicht unterschiedlichen Nutzer:innen in Bauwirtschaft und Verwaltung bereits kurzfristig, auf Informationen zu den im Gebäudebestand versteckten Materialressourcen zuzugreifen.
  2. Die Simulation/Projektion der Verfügbarkeit von Baurestmassen und deren Verwertungspotenziale bietet die Datengrundlage zur Herstellung von Sekundärbaustoffen für die mittel- und langfristige Zukunft.
  3. Die Identifizierung, Entwicklung bzw. Definition der Anforderungen an die openBIM-Schnittstelle durch die Untersuchung von Prozessen und Formulierung von Handlungsempfehlungen wird die Datenlage langfristig verbessern.

Im Projekt sind die Tätigkeiten dazu in fünf wesentliche, inhaltliche Schwerpunkte gegliedert, welche die Analyse des Gebäudebestands (1), die Entwicklung von Szenarien und Fragestellungen (2), den Aufbau eines Simulationsmodells (3), die Analyse von BIM-Daten und Schnittstellen (4) und die Analyse von Bau- und Planungsprozessen (5) umfassen.

In der Datengrundlage für das Simulationsmodell werden „Open Government Daten" (OGD) mit verschiedenen Fach-Datensätzen aus unterschiedlichen Magistratsabteilungen der Stadt Wien in einer Datenbank zusammengeführt und weiterverarbeitet, um einen möglichst guten Überblick (Gebäudealter, Sanierungsstatus, Flächen, Volumen, Denkmalschutz, Widmung, u.v.a.m.) über die Wiener Gebäude zu erhalten. Zusätzlich werden die Bauwerksdaten (Bauakte) hunderter Bauwerke einer repräsentativen Stichprobe auf die Bauweisen und verbauten Materialien analysiert und folglich einer Kategorisierung des Wiener Gebäudebestands unterzogen. Für diese Kategorien werden Kennzahlen für die spezifische Materialzusammensetzung je Nutzungs- und Alterskategorie ermittelt und Materialbilanzen aus ausgewählten Fallstudien erstellt.

Im Simulations- und Visualisierungstool können auf Basis der Datengrundlage die Bestände und Veränderungen der Materialmengen für unterschiedliche Materialien bzw. Materialgruppen dargestellt werden. Die räumliche Auflösung der Darstellung geht dabei bis auf Baublockebene. Die Umsetzung erfolgt als webbasierter Proof-of-Concept-Prototyp. Die für die Simulation umgesetzten Funktionalitäten und relevanten Fragestellungen wurden mittels Szenarientechnik erarbeitet und in Workshops mit der Stadtverwaltung, Vertreter:innen der Bau- und Abfallwirtschaft erörtert und diskutiert. Anhand von konkreten Fallbeispielen werden zudem bestehende BIM-Schnittstellen und Standards analysiert und den identifizierten Anforderungen aus der Analyse von Bau- und Planungsprozessen gegenübergestellt. Aus diesen Erkenntnissen und im Austausch mit Akteur:innen der Planungs- und Bauwirtschaft und auch der Verwaltung (in Workshops und zahlreichen Expert:innen-Gesprächen) werden Handlungsempfehlungen und Prozessentwürfe zur steten Verbesserung der Datenlagen (mit Hilfe von BIM) formuliert und entwickelt.

Durch das Projekt wurde der Kenntnisstand über die Materialressourcen verbessert und eine Proof-of-Concept Umsetzung eines Visualisierungsprototypen zur räumlichen Verortung von Materialressourcen in der Stadt Wien realisiert. Durch die visuelle Aufbereitung der automatisierten Berechnungs- und Simulationsergebnisse kann das Tool als Kommunikations- und Entscheidungsgrundlage dienen. Bei der Entwicklung des Tools wurden als Grundlage Szenarien erarbeitet, die mit dem Visualisierungsprototyp konfiguriert, simuliert und dargestellt werden können. Damit wird die spielerische Exploration und Simulation („was-wäre-wenn") unterschiedlicher Materialmischungen im Neubau, von Policies zu Gebäudeabrissen, aber auch die Auswirkungen unterschiedlichen Stadtwachstums und Wohnraumbedarfs ermöglicht. Begleitet wurde die Tool-Entwicklung von Untersuchungen und der Identifikation von Anforderungen an Datenschnittstellen und (behördliche) Prozesse, um einerseits die Datengenerierung (zur Verbesserung der Datenlage) effizient und wirtschaftlich zu gestalten und andererseits die Datenanwendung zu ermöglichen, um durch frühzeitiges Erkennen von Materialressourcen und (Recycling-)Potenzialen einen Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung zu leisten.

Die Automatisierung und Standardisierung der Datengrundlagen ist für die langfristige Optimierung und das dauerhafte Monitoring des Baurestmassenmanagements innerhalb der Stadt wesentlich, wobei die „zentrale" Verknüpfung und Bereitstellung von Sachdaten mit Gebäudegeometrie-Informationen für zahlreiche weitere Forschungs- und Anwendungsfelder eine Schlüsselrolle spielt. Künftig beschäftigt sich das Projektkonsortium vertiefend mit Qualifizierung und Quantifizierung von Innenentwicklungspotenzialen, wobei dabei erstmals auch die Materialintensität der Innenentwicklung (anfallende Stoffmengen) für unterschiedliche Entwicklungsvarianten, sowohl aus Entwicklersicht, aber auch aus gesamtstädtischer Sicht bewertbar gemacht werden sollen. Dabei wird mit der in M-DAB geschaffenen Datenbank und unter Anwendung von material- und umweltbezogenen Indikatoren ein Methodenset zur holistischen Bewertung von Potenzialflächen und verschiedene Entwicklungsvarianten und -szenarien zur ressourcenschonenden Innenentwicklung geschaffen. Somit können Einsparungspotenziale beim Einsatz von Primärressourcen und Deponievolumen schon in einer frühzeitigen (strategischen) Planungsphase sichtbar gemacht werden.

Projekt-Bilder

Nutzungshinweis: Die unter Projekt-Bilder aufgelisteten Bilder stammen aus den Projekten, die im Rahmen der Programme Stadt der Zukunft, Haus der Zukunft und IEA Forschungskooperation entstanden sind. Sie dürfen unter der Creative Commons Lizenz zur nicht-kommerziellen Nutzung unter Namensnennung (CC BY-NC) verwendet werden.

Publikationen

Materialressourcen der Stadt digitalisieren, analysieren und nachhaltig bewirtschaften (M-DAB)

Im Forschungsvorhaben wurde untersucht, wie uns digitale Technologien unterstützen können die bestehenden und zukünftigen Materialressourcen im Bauwesen qualitativ (Baustoffe und deren Recycling) und quantitativ (Baustoffmengen) festzumachen. Schriftenreihe 1/2022
S. Bindreiter, J. Forster, J. Fellner, A. Gassner, J. Lederer, W. Lorenz, G. Wurzer, M. Mitteregger, P. Pöllauer
Herausgeber: BMK
Deutsch, 124 Seiten

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Projektbeteiligte

Projektleitung

TU Wien, Institut für Raumplanung, Forschungsbereich Örtliche Raumplanung - DI Dr. Julia Forster

Projekt- bzw. KooperationspartnerInnen

  • TU Wien, Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft, Forschungsbereich Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft: Associate Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Johann Fellner
  • TU Wien, Institut für Architekturwissenschaften, Forschungsbereich Digitale Architektur und Raumplanung: Privatdoz. Dipl.-Ing. Dr.techn. Gabriel Wurzer
  • SIDE - Studio for Information Design, DI Erich Kotroczo
  • DI Dr. Mathias Mitteregger

Kontaktadresse

DI Dr. Julia Forster
Tel.: +43 (1) 58801 280431
E-Mail: julia.forster@tuwien.ac.at
Web: https://simlab.tuwien.ac.at/