Forschung findet Stadt - Workshop im Rahmen der Smart Cities Week 2015

6. März 2015
Salzburg Congress, Auerspergstraße 6
5020 Salzburg, AT

Der Frage, wie Ergebnisse der Energie- und Gebäudeforschung in der Stadtplanung zur breiten Anwendung kommen können, gingen etwa 60 TeilnehmerInnen beim "Stadt der Zukunft"-Workshop auf der Smart Cities Week in Salzburg nach. ForscherInnen aus internationalen und nationalen Projekten stellten ihre Aktivitäten vor und diskutierten, wie diese in Zukunft stärker verlinkt werden können.

Rückblick & Vortragsunterlagen

Bei dem von BMVIT in Kooperation mit SIR - Salzburger Institut für Raumordnung & Wohnen und ÖGUT veranstalteten "Stadt der Zukunft"-Workshop wurde die Frage diskutiert, wie es gelingen kann, dass Forschungsergebnisse der Energie- und Gebäude­forschung auf städtebaulichem Maßstab Einfluss auf die Stadtgestaltung nehmen und breite Anwendung finden.

Helmut Strasser (SIR) stellte in einem einleitenden Vortrag die Zertifizierung von Siedlungen als einen Ansatz dar. Im Schweizer Modell der 2000-Watt-Arealzertifizierung sei beispielsweise das Suffizienz­potenzial ein wichtiges Thema und biete Einsparmöglichkeiten durch eine Reduktion der Fläche, durch Ausstattung und Nutzerverhalten.

Möglichkeiten zur Siedlungszertifizierung in Österreich sondieren derzeit das SIR und die ÖGUT im Auftrag von BMVIT und bmlfuw. Auch die ForscherInnen im internationalen Projekt IEA-EBC Annex 63 "Implementation of Energy Strategies in Communities" untersuchen Prozesse und Energiesystemen in Siedlungen und Gemeinden ("communities").

Tanja Siems (Bergischen Universität Wuppertal) berichtete von einem anderen internationalen Projekt: IEA-SHC Task 51 "Solar Energy in Urban Planning". Zur Solarenergienutzung im städtebaulichen Kontext werden existierende Planungsrichtlinien bewertet. Ziel ist, die Energie­planung in den städtebaulichen Planungsprozess zu integrieren. Im Projekt soll ein Handlungsleitfaden für Planende und Entscheidungsträger entwickelt werden, wie auch ein Softwaretool für die Lehre.

Hans Schnitzer und Ernst Rainer (TU Garz) präsentierten im Anschluss Ergebnisse des Projekts Energy City Graz Reininghaus. Hans Schnitzer zeigte die Herausforderungen der Energieversorgung des Stadtteils Reininghaus anhand des ECR Rahmenplans Energie, Ernst Rainer fokussierte in seiner Präsentation auf Instrumente und Stakeholder, die es für eine smarte Stadtentwicklung braucht.

Stefan Geier (Wiener Magistratsabteilung für Energieplanung MA20) brachte die Sicht der Stadtplanung. Er referenzierte auf das Modell der Stadt Zürich, wo Energienachfrage anhand des Gebäudeparkmodells und Energieangebot differenziert dargestellt werden. In Wien wird die smarte Energieplanung Teil des STEP 2025 sein. Ziel ist die Minimierung des Energieeinsatzes durch optimale Raumstrukturen und eine effiziente Energieverwendung sowie eine optimale Nutzung der erneuerbaren Ressourcen vor Ort unter Berücksichtigung der bestehenden Infrastruktur.

Zum Workshop geladen waren zahlreiche ForscherInnen, die derzeit "Haus der Zukunft"- und "Stadt der Zukunft"-Projekte zum Thema Energie- und Gebäudeforschung im städtischen Kontext bearbeiten. Neun Projekte wurden vorgestellt, Fragestellungen und Lösungsvor­schläge im Plenum diskutiert.

Wichtige Anregungen aus der Diskussion

  • Bei der Definition von Projekten gilt es, zugleich zur Definition von Zielindikatoren einen Prozess in der jeweiligen Stadtverwaltung aufzusetzen bzw. in Gang zu bringen
  • Ohne Beteiligungsprozesse kann eine Smart City nicht gelingen. Es muss Zeit aufgewendet und Budgetmittel bereitgestellt werden, um Bewohner wie Investoren zu gewinnen
  • Herausforderung ist insbesondere, sowohl Bauträger, Stadt und Bewohner "ins Boot" zu holen
  • Energieplanung muss ein zentrales Instrument in den Stadtverwaltungen werden
  • Einflussmöglichkeiten bei Gebäude- und Siedlungsplanung nehmen im Laufe des Planungsprozesses immer mehr ab; umgekehrt steigen die Folgekosten entsprechend an
  • Es geht auch um die Differenzierung der jeweiligen Zielgruppen; die Anwendung von Methoden aus der Marktforschung könnte diesbezüglich zielführend sein
  • Erweiterte Kriterien, wie z.B. Mikroklima, sollten in städtebaulichen Wettbewerbsverfahren systematisch berücksichtigt werden

Folgende Projekte wurden vorgestellt

  • Erweiterung des Kolpinghauses
    (von Robert Freund und Wilfried Haertl)

    Das Kolpinghaus der Kolpingsfamilie Salzburg Zentral in der Stadt Salzburg wird erweitert. Hierbei wird der Energiebedarf durch den Einsatz hoch effizienter Komponenten minimiert, vor Ort verfügbare Energiequellen (Abwasserabwärme, Umgebungswärme und Sonnenlicht) werden nutzbar gemacht und zur Abnahme der Plus-Wärmeenergie ein Vor-Ort-Energiesystem geschaffen.

  • WEIZ connected und SynENERGIE
    (von Franz Kern, Weizer Energie- Innovations-Zentrum GmbH)

    Projektgegenstand ist die Konzeption, Entwicklung und Demonstration bzw. der Testbetrieb eines Gesamtsystems des gebäudeübergreifenden Energieaustausches (Strom) und der gebäudeintegrierten Produktion bei Gebäuden unterschiedlicher Nutzungsart (Gewerbe/Büro/Labor, Wohn­bau). Zwei Pilotanlagen mit je unterschiedlichen Voraussetzungen und Zielen werden realisiert.

    Ziel von SynENERGIE ist ein innovativer, holistischer Ansatz für urbane Siedlungsoptimierung: Fokussiert wird auf einen ganzheit­lichen Analyserahmen sowie ein Entwicklungskonzept, das neben der Optimierung von Energieversorgung und -nutzung erhöhte Stoff­ströme (Errichtung und Entsorgung) auf Stadtteilebene mit einbezieht und zudem verstärkt auf die gezielte Synergienutzung von Energietechnologien in Abhängigkeit von Bau- und Siedlungs­typologie achtet.

  • SPRINKLE
    (von Ursula Mollay, ÖIR)

    Das Projekt "SPRINKLE" führt eine umfassende Untersuchung der Ansätze für die Koordination und Steuerung einer Smart City Entwicklung in kleineren und mittleren Städten durch. Dabei werden im Rahmen von Fallstudien für ausgewählte energiebezogene städtische Handlungsfelder sowohl relevante rechtlich-institutionelle Rahmenbedingungen als auch Governance-Prozesse betrachtet.

  • CiQuSo
    (von Julia Schmidmayer, AIT)

    Das Projekt untersucht, evaluiert und optimiert effiziente Systemlösungen zur solaren Energieversorgung auf Gebäude- und Stadtquartiersebene. Die Anwendbarkeit der entwickelten Konzepte wird am Beispiel des Salzburger Stadtquartiers Itzling demonstriert.

  • ERP_hoch3
    (von Ernst Rainer, TU Graz)

    Das Ziel von ERP_hoch3 ist es, in drei österreichischen Stadtregionen (Wien, Graz, Feldkirch-Vorderland) bestehende Steuerungsinstrumente mit Energierelevanz zu erforschen und daraus allgemein für Stadtregionen übertragbare Handlungs­empfehlungen für die Energieraumplanung zu entwickeln:

    • für neue und bestehende Stadtquartiere,
    • entlang von ÖV Hauptachsen (Umfeld der Haltepunkte) und
    • zu interkommunalen Flächenpotenzialen für erneuerbare Energieträger.

    Die Synthese diskutiert diese einzelnen Energie-Raumbezüge und führt sie zum Handlungsraum der österreichischen Stadtregion als "Smart City Energieregion" zusammen.

  • ProBates
    (von Katharina Prochazka, WU Wien)

    Das Projekt hat das Ziel, Hemmnisse und Potenziale für energie­politische Maßnahmen im Raumordnungs- und Baurecht zu analysieren und konkrete Handlungsempfehlungen für energetisch nachhaltige Stadtstrukturen zu erarbeiten. Das Projekt verknüpft dazu eine fundierte rechtswissenschaftliche Analyse mit einer raumstrukturellen und quantitativen Wirkungsabschätzung.

  • CityCalc
    (von Markus Gratzl, Ingenieurbüro Gratzl)

    Mit CityCalc wird ein leicht anwendbares Planungs- und Bewertungs­instrument entwickelt, das die energetische Performance von städtebaulichen Projekten bereits in frühen Planungsphasen mit geringem Eingabe- und Bewertungsaufwand beurteilen kann.

  • Smart Services
    (von Stefan Amann, e-sieben)

    Das Konzept einer Smart City referenziert explizit auf eine nachhaltige Stadtentwicklung. Praxisrelevante und gewinnorientierte Geschäftsmodelle (Smart Services), die gleichzeitig auch einen gesellschaftlichen und ökologischen Nutzen stiften, werden entwickelt. Die Smart Services werden für den konkreten Anwendungsfall in drei österreichischen Stadtentwicklungsgebieten erarbeitet und in einem umfassenden Stakeholder-Prozess im Hinblick auf ihre Praxistauglichkeit überprüft.

Gallerie

Zertifizierung von Siedlungen, 2000-Watt-Areal und EBC Annex 63 "Implementation of Energy Strategies in Communities"; Helmut Strasser, SIR (pdf, 789.8 kB)

Erkenntnisse aus IEA-SHC Task 51 "Solar Energy in Urban Planning"; Prof. Dr.-Ing. Tanja Siems, Bergische Universität Wuppertal (pdf, 2.3 MB)

Energy City Graz Reininghaus ECR: Rahmenplan Energie aus technologischer Sicht; Dr. Hans Schnitzer, TU Graz/Stadtlabor Graz (pdf, 1.3 MB)

Den Stein ins Wasser Werfen: Schnittstellen zwischen Stadtplanung und Forschung bei der Erarbeitung des ECR-Rahmenplans Energie; Arch. Dipl.- Ing. Ernst Rainer, TU Graz (pdf, 537.3 kB)

Smart Cites Wien; Stefan Geier, MA20 (pdf, 2.0 MB)

Erweiterung des Kolpinghauses in Salzburg; Wilfried Haertl KommR. Arch. DI, Robert Freund Dipl.-Wirtschaftsing. (FH) Dipl.- Energiewirt (FH) (pdf, 375.9 kB)

WEIZ connected und SynENERGIE: Konzeption, Entwicklung und Demonstration eines Gesamtsystems des gebäudeübergreifenden Energieaustausches / Innovativer, holistischer Ansatz für urbane Siedlungsoptimierung in Weiz; DI Franz Kern (pdf, 2.2 MB)

ERP_hoch3 - Erforschung von Steuerungselementen mit Energierelevanz in drei Stadtregionen und Ableitung von Handlungsempfehlungen für die Energieraumplanung; Arch. Dipl.- Ing. Ernst Rainer (pdf, 1.0 MB)

ProBates - Analyse von Hemmnissen und Potenzialen für energiepolitische Maßnahmen im Raumordnungs- und Baurecht; Katharina Prochazka, LL.M. (WU) (pdf, 112.5 kB)

CityCalc - Entwicklung eines leicht anwendbaren Planungs- und Bewertungsinstrumentes für die Bewertung der energetischen Performance von städtebaulichen Projekten in frühen Planungsphasen; Dr. Markus Gratzl (pdf, 318.3 kB)

Smart Services - Entwicklung praxisrelevanter und gewinnorientierter Geschäftsmodelle für nachhaltige Stadtentwicklung, die gesellschaftlichen und ökologischen Nutzen stiften; Stefan Amann (pdf, 89.6 kB)

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