Fachexkursion Flandern: Programm am 11. September 2018

Tag 1 der Exkursion: Antwerpen - AG Vespa, Nieuw Zuid, Antwerpen Park, Smart City

Antwerpen

Christian Rapp, der Stadtbaumeister von Antwerpen stellte in den Räumen der AG Vespa die Kompetenzen und Aufgaben des Stadtbaumeisters vor – demnach sieht er sich verantwortlich für die Raumordnungspolitik von Antwerpen. In seine Zuständigkeit fällt z.B. die Festlegung von Bedingungen für Ausschreibungen, die Auswahl an ArchitektInnen für Wettbewerbe und beratende Tätigkeiten für die Politik.

Auch die Stadt Antwerpen ist mit der Herausforderung eines hohen Bevölkerungswachstums konfrontiert. Die Stadt hat in den letzten 60 Jahren ihre Einwohnerzahl verdoppelt und wird bis 2035 noch einmal um 60 Tausend Einwohner wachsen. Zugleich besteht kaum Wohnungsangebot im mittelpreisigen Segment und es gibt eine Vielzahl von Häusern mit geringer Grundfläche.

Um dem entgegenzuwirken verfolgt die Stadt die Strategie der „Akupunkturprojekte". Dafür gründete die Stadt 2003 die autonome Gesellschaft AG Vespa (Autonome städtische Gesellschaft für Immobilien und Stadtprojekte für Antwerpen). Dabei werden für Investoren schwer verwertbare Gebäude zu attraktiven Wohn- und Geschäftshäusern entwickelt. Ziel ist es, mit punktuellen Maßnahmen ganze Straßenzüge aufzuwerten, um private Investoren anzulocken. Um Spekulation vorzubeugen verpflichten sich Käufer das Objekt fünf Jahre lang selbst zu nutzen. Die Erlöse aus den Verkäufen speisen einen Fonds mit dem weitere Projekte dieser Art realisiert werden können. Zeigt das Akupunkturprogramm in einem Viertel schließlich Wirkung, sodass private Investoren ausreichend Initiative zeigen, zieht sich die AG Vespa schrittweise zurück.

Darüber hinaus werden in der AG Vespa rechtliches, finanzielles und technisches Know-how gebündelt und damit die Stadt und ihre Tochtergesellschaften sowie private Investoren bei der Vorbereitung komplexer städtischer Projekte unterstützt. Angestrebt wird ein Gleichgewicht in dem Dreieck aus gesellschaftlicher Relevanz, Qualität und Wirtschaftlichkeit.

Antwerpen Nieuw Zuid

Das Entwicklungsgebiet „Nieuw Zuid" gilt als Vorzeigeprojekt für die Stadtentwicklung von Antwerpen. Nach Fertigstellung, die für das Jahr 2028 geplant ist, wird das Stadtentwicklungsgebiet eine Nutzfläche von 400.000 m2 aufweisen und eine Bauzeit von 15 Jahren in Anspruch genommen haben. Der Passivhaus-Standard soll dabei im Gebäudebereich die Mindestanforderungen darstellen.

Die soziale Durchmischung wird durch die Vielfalt der Wohnungstypen gefördert, die unterschiedliche Personengruppen ansprechen. Der Wohnmix umfasst genauso kleine Singlewohnungen wie Wohnungen für Familien mit entsprechendem Platzbedarf, aber auch ein Altenheim mit Gemeinschaftsgarten für Nachbarn befindet sich in dem Gebiet.

Gebäude, die bereits auf dem Areal stehen (siehe Bild), werden abgerissen und die BewohnerInnen der Bestandsgebäude bekommen dabei das Angebot zum selben Mietpreis eine Wohnung in einem der neuen Häuser zu beziehen.

Das Energieversorgungskonzept sieht ein Nahwärmenetz vor, das in der ersten Phase noch über einen zentralen Gas-Heizkessel versorgt wird. In späteren Ausbauphasen soll nach und nach Industrieabwärme eingebunden werden. Das Besondere an dem Kraftwerk ist der Veranstaltungsraum, der sich darin befindet – eine kreative Methode die Akzeptanz eines Kraftwerks (inklusive Schlot) zu erhöhen.

Außerdem sind eine PV-Anlage und ein Batteriespeicher vorgesehen. Die Einspeisung des Stromüberschusses soll weitere Projekte dieser Art finanzieren (Fonds: green energy for social buildings).

Für eine nachhaltige Wasserwirtschaft wird das Grauwasser recycelt und außerdem gibt ein Monitoringsystem für den Hausmüll, das es den Bewohnerinnen ermöglicht ihr persönliches Müllaufkommen zu messen und sie dazu motivieren soll, diesen zu reduzieren.

Antwerpen Park (Gedempte Zuiderdokken)

Der „Park" wird momentan scherzhaft als Europas größter Gratisparkplatz bezeichnet. Unter ihm befinden sich drei ehemalige Hafendocks die zugeschüttet wurden als sich der Hafen Richtung Norden verlagerte. Zukünftig soll eine viergeschossige Tiefgarage die Autos in den Untergrund verbannen. Der darüber liegende Park dient nicht nur als Naherholungsfläche sondern soll bei Starkregenereignissen auch große Wassermengen aufnehmen können. Zusätzlich wird ein Tank im Untergrund installiert, der mit einem Fassungsvermögen von 15.000 m³ als Wasserreservoir für die Bewässerung der Stadtpflanzen dient. Die Bauarbeiten haben bereits begonnen, 2023 soll das Projekt fertig umgesetzt sein.

Smart City, The Beacon

The Beacon ist eine Kooperation von der UniAntwerpen, Hafen Antwerpen, Stadt Antwerpen und Imec und fungiert als Hub für Startups und Scaleups von Smart City Geschäftsmodellen.
Einige ausgewählte Projekte, an denen gerade gearbeitet wird und die in den kommenden Jahren die Markreife erlangen sollen, wurden vorgestellt. Darunter waren Smart Lightning - ein „Deep Learning"-Projekt mit dem Ziel intelligenter Lichtsteuerung. Zukünftig soll ein künstliches neuronales Netz mit Hilfe verschiedenster Sensoren und Kameras erkennen, wo welches Licht in welcher Stärke benötigt wird und die Regelung automatisch erfolgen.
Als weiteres Projekt wurde Dencity vorgestellt – mobile Luftgütesensoren, die auf Postbussen montiert sind, bringen aufgrund ihrer geringen Größe den Nachteil von Ungenauigkeiten in der Messung mit sich und benötigen oftmals eine aufwendige Kalibrierung. Die Kalibrierung soll in Zukunft schwarmartig und „on the fly" passieren, d.h. sie wird dann vollzogen, wenn ein Bus eine stationäre Messstation passiert. Dieser kalibrierte Sensor wiederrum kann andere, auf Bussen verbaute, passierende Sensoren kalibrieren.