Stakeholder- und Vernetzungsworkshop "Zukünftige solare Energieversorgung von Stadtteilen"

17. März 2015
5020 Salzburg, AT

Der Kernfrage "Was wären notwendige Rahmenbedingungen (Technisch, Ökonomisch, Volkswirtschaftlich, Förderstrategisch, ...), um Solarenergie (Photovoltaik, Solarthermie) in Kombination mit andern innovativen Technologien (Fernwärme, Wärmepumpen, Wasserkraft, ...) in Stadtquartieren zu etablieren?", gingen etwa 20 TeilnehmerInnen aus Österreich beim "Stadt der Zukunft"-Workshop in Salzburg nach.

Rückblick & Vortragsunterlagen

Vernetzung und Austausch von drei laufenden "Stadt der Zukunft"-Projekten

Unterschiedliche Akteure aus der Baubranche, von Landes- bzw. Stadtvertretungen, der Energieversorger und der Solarbranche diskutierten rege die mannigfaltigen Aspekte einer signifikanten solaren Energieversorgung von Stadtquartieren.

Robert Schwertner (FFG) moderierte den Stakeholder-Workshop und führte in die Thematik ein. Danach folgten Impulsvorträge von drei laufenden "Stadt der Zukunft"- Projekten, die sowohl die Entwicklung notwendiger Geschäftsmodelle bzw. die erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingung als auch die technische Betrachtung umsetzbarer solarer Heiz- und Kühlsysteme für Stadtquartiere adressieren.

Smart Services (Stefan Amann, e7 Energie Markt Analyse GmbH)

Das Konzept einer Smart City referenziert explizit auf eine nachhaltige Stadtentwicklung. Für ressourcenoptimierte urbane Energiesysteme von Stadtteilen werden gewinnorientierte Geschäftsmodelle entwickelt und Business Cases (Smart Services) abgeleitet.

Smart Services haben die dezentrale Produktion von Erneuerbaren zum Ziel, liefern diese Energie gebäudeübergreifend und integrieren nach Möglichkeit Energieeffizienz­dienstleistungen. Die Geschäftsszenarien werden in drei österreichischen Stadtentwicklungsgebieten erarbeitet und in einem umfassenden Stakeholder-Prozess im Hinblick auf ihre Praxistauglichkeit überprüft.

StromBiz (Wolfgang Amann, IIBW - Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen GmbH)

Ein "Tipping Point" bei der Umsetzung der Energiewende sind Geschäftsmodelle zur Vor-Ort-Nutzung von regenerativ erzeugtem Strom. Es sollen anhand von mehreren Demonstrations-PV-Anlagen auf Wohn- und Nichtwohngebäuden neue Geschäftsmodelle der dezentralen Stromerzeugung und Distribution entwickelt, implementiert, getestet und schließlich kommuniziert werden.

CiQuSo (Tim Selke, AIT - Austrian Institute Of Technology)

Das Forschungsprojekt CiQuSo (City Quarters with optimised Solar hybrid Heating and Cooling Systems) untersucht, evaluiert und optimiert effiziente Systemlösungen zur solaren Energieversorgung auf Gebäude- und Stadtquartiersebene.

Der Vergleich sowie die Abstimmung zwischen Bedarf (Heizen, Kühlen, Warmwasser, Strom) und Erzeugung erlaubt eine tiefergehende energetische Analyse im zeitlichen Verlauf aber auch über die Gebäudegrenzen hinaus. Insbesondere werden neuartige solarhybride Energiesysteme basierend auf Photovoltaik und Solarthermie im Stadt­quartier mit energieeffizienten Technologien zur Gebäudebeheizung und -kühlung kombiniert.

Das dadurch entstehende Optimierungspotenzial hinsichtlich einer verbesserten solaren Eigennutzung durch Lastverschiebung und gebäudeübergreifenden Energieaustausch wird quantifiziert. Die Anwendbarkeit der entwickelten Konzepte wird am Beispiel des Salzburger Stadtquartiers Itzling demonstriert.

Ergebnisse des Workshops und Diskussion

Bereits während der Impulsvorträge stiegen die Teilnehmer in die Diskussion ein. Wesentliche Fragen, Statements und Aspekte der Integration von Solartechnologien in Stadtquartieren werden nach­folgend anhand von Themenblöcken stichwortartig wiedergegeben.

Themenblock - Energiemanagement / Geschäftsmodelle

  • Ein gebäudeübergreifendes Energiemanagement wird bei Ausbau der PV-basierten Energiesysteme notwendig.

    Wesentliche Fragen dazu:

    • Wer übernimmt diese Aufgabe? EVUs? Energiedienstleister? Oder wird es neue Anbieter geben, welche diese Lücke füllen?
    • Wie sieht dazu das Geschäftsmodell (Vergütung; Risiken; Besitz; etc.) aus?
    • Wie wird der Solarstrom einer Großanlage auf einem mehrgeschossigen Wohngebäude an die Nutzer verrechnet?
  • Mögliches Geschäftsmodell für Vermarktung von Solarenergie im mehrgeschossigen urbanen Wohnbau: Solarstrom und -wärme wird gratis zur Verfügung gestellt.

Themenblock - Integration von Solaren Systemen in bestehende Infrastruktur

  • Im urbanen Bereich ist die bestehende Energieinfrastruktur (insbesondere Fernwärmenetze) eine zentrale Bedingung und sollte in den Transformationsprozess inkludiert werden!
  • Welches technische Konzept führt zu einer wirtschaftlichen Integration der solaren Wärme in das bestehende Fernwärmenetz mit hohen solaren Deckungsanteilen?
  • Welche technischen Voraussetzungen sollte die bestehende Fernwärmeinfrastruktur bieten?
  • Welche Wärmeabnahmeprofile sind günstig?
    Anmerkung S.O.L.I.D. GmbH: Erst nach Vorliegen eines Betreiber-Angebots zur solarthermischen Einspeisung ins Grazer Wärmenetz wurde von Seiten der Netzbetreiber reagiert.

Themenblock - Solarstrom und Solarthermie

  • Generell zielführend erscheint: Die solarthermischen Energiesysteme im urbanen Raum entwickeln sich weg von vielen Anlagen im kleinen Leistungsbereich hin zu großtechnischen Solarheizwerken im Megawattbereich.
  • Möglicher Erfolgsweg im urbanen Raum: Photovoltaik dezentral und Solarthermie zentral
  • POWER2HEAT-Lösungen werden beispielsweise in Salzburg bereits wirtschaftlich eingesetzt. Überschussstrom wird über einen elektrischen Heizstab in Wärme umgewandelt und ins Fernwärme­netz eingespeist (15 MW Anlage in Salzburg, Speicher im Heizwerk Nord). Vorteilhaft ist hier die Bereitstellung von Hochtemperatur­wärme.
  • Zentrale Herausforderung: Welches Energiesystem (Strom und Wärme) übernimmt bei massivem Ausbau der volatilen solaren Energiesysteme die Aufgabe der Regelenergie? Österreich hat gute technische Grundvoraussetzungen durch bestehende Pumpspeicher und Speicherkraftwerke die Regelenergie bereitzustellen.
  • Welcher Weg führt im speziellen für österreichische Städte zu einer kohlenstoffarmen Energieversorgung – dezentrale oder zentrale grüne Energieliefersysteme?
  • Der Ausbau der solaren Energieversorgung im städtischen Raum sollte von Energieeffizienzmaßnahmen flankiert werden.

Themenblock - Barrieren und Fördermaßnahmen

  • In einigen Städten besteht eine gesetzliche Verpflichtung sich an das Fernwärmenetz anzuschließen.
  • Durch effektive Fördermaßnahmen findet Ausbau der Photovoltaik statt. Beispiel Salzburg:

    Die neue Wohnbauförderung des Landes Salzburg - gültig seit 01.04.2015 – fördert speziell die energieökologischen Maßnahmen  – Eigenstromerzeugung bzw. Errichtung von PV-Anlagen – in erhöhtem Ausmaß!

    Bei Neubauten von Wohnanlagen aber auch Einfamilien- und Zweifamilienhäusern sowie Landwirtschaftlichen Gebäuden wird eine derart hohe Förderung als Direktzuschuss (nicht rückzahlbar) ausgeschüttet, dass es keiner Refinanzierung bedarf!

    Zudem wurde durch die Bautechnikverordnung-Energie (Landesgesetz) die Einhaltung max. CO2 -Obergrenzen eingeführt, welche bei nicht ausreichend ressourcenschonender Energie­erzeugung die Installation von PV-Anlagen (z.B. Wärmepumpen, Gasheizung etc.) als Grundbedingung für eine Baubewilligung vorschreibt!

    Auch bei "großen Renovierungen" wird durch die Einführung von CO2-Obergrenzen und entsprechenden Förderungen die Nachrüstung von PV-Anlagen forciert!

  • Eine Barriere zum Ausbau von Photovoltaik besteht durch die Einschränkung des Stromhandels. Errichter und Bertreiber von PV-Anlagen können als Erzeuger den Solarstromüberschuss nicht an Nachbarn verkaufen!