SonnWende+ Effiziente Lösungen für Photovoltaik-Energiemanagement basierend auf Blockchain-Technologie

Das Projekt analysiert Blockchain-Technologie im Kontext erneuerbarer elektrischer Einspeisung und Flexibilität im Innovationslabor "Energie Innovation Cluster Südburgenland". Ziel ist die Erforschung neuer und effizienter Lösungen für Energiemanagement-Services und Energiehandel.

Kurzbeschreibung

Status

abgeschlossen

Kurzfassung

Motivation

Die Blockchain-Technologie wurde mit dem Bitcoin im Jahr 2008 erstmals in einem verteilten, offenen Servernetzwerk zum Werttransfer eingesetzt und viele Jahre nur von wenigen Insidern in ihrem Potential erkannt. Spätestens seitdem Ethereum (2013) als neue Blockchain-Plattform beschrieben wurde, ist in vielen Fachkreisen klar, dass diese neue Technologie nicht nur das Finanzsystem substanziell verändern, sondern für alle wirtschaftlichen und organisatorischen Strukturen gravierende Veränderungen bringen wird. Im Vergleich zum Stand der Technik im Bereich klassischer IT-Anwendungen ermöglicht die Blockchain-Technologie eine schnelle, sichere Verrechnung von bezogener und bereitgestellter Leistung zwischen Maschinen mit der Möglichkeit zur kompletten Automatisierung ohne weitere Schnittstellen. Damit ergibt sich ein riesiges Potenzial, Energiemanagement und -handel effizienter und dezentraler zu gestalten.

Ausgangssituation

Der Eigenverbrauch von Photovoltaik ist durch die in den letzten Jahren stark gesunkenen Systemkosten von Photovoltaik und entsprechenden Fördersystemen für viele Endkund:innen interessant geworden. Um den möglichen Eigenverbrauch zu steigern bzw. zu optimieren, ist ein Trend hin zur Installation von PV-Speichersystemen und der Nutzung flexibler Verbraucher erkennbar. Zu den flexiblen Verbrauchern mit dem höchsten Potenzial zählen Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen und Heizstäbe zur Warmwasseraufbereitung. Elektromobilität ist in zwei Bereichen ein wichtiger Baustein für die Energiewende: einerseits wird direkt der Verbrauch fossiler Energieträger reduziert, andererseits stellen die Batterien der Fahrzeuge die für ein auf erneuerbaren Energieträgern basierendes Stromnetz notwendigen Flexibilitäten zur Verfügung. Wärmepumpen in Kombination mit PV-Anlagen können positive Synergieeffekten auslösen, da lokal produzierter Strom direkt in der Wärmepumpe verbraucht werden kann. Ein maximaler Eigenverbrauch kann erreicht werden, wenn die Heizzeiten an das PV-Ertragsprofil mit Hilfe lokaler Flexibilitäten angepasst werden können. Die Nutzung der Energie aus gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen könnte durch private Verträge geregelt werden. Dies ist ein Anwendungsfeld für Blockchain-Technologie. Durch die Installation von Smart Metern können die notwendigen Daten vom Netzbetreiber ausgewertet und eine virtuelle Verrechnung der Gemeinschaftsanlage an mehrere Kund:innen mit fixen Anteilen durchgeführt werden.

Projektziel

Das Projekt SonnWende+ analysierte die Blockchain-Technologie im Kontext erneuerbarer elektrischer Strom-Einspeisung und Flexibilität im Innovationslabor act4.energy im Südburgenland als Enabler für zukünftige innovative Service-Konzepte. Ziel war die Erforschung neuer und effizienter Service-Konzepte und zugrundeliegender Technologien für Energiemanagement und Energiehandel.

Methodische Vorgehensweise

Innovative Methoden für die Maximierung des Photovoltaik-Eigenverbrauchs auf Gebäudeebene sowie innerhalb von Energiegemeinschaften, Blockchain-basierte Abrechnung von vollautomatischen Ladevorgängen für Elektrofahrzeuge sowie Lending-based Crowdfunding-Modelle wurden dabei konzipiert, entwickelt und validiert. Durch Co-Creation-Prozesse mit Stakeholdern und Anwender:innen wurden deren Anforderungen eingeholt und diese in der Entwicklung berücksichtigt. Das Innovationslabor act4.energy, auf dessen Infrastruktur Teile der Blockchain-Lösung getestet wurden, verfügt auf elektrischer Seite über ein virtuelles Kraftwerk, an welches ein Speichercluster, PV-Anlagen, Ladestationen sowie andere flexible Lasten angebunden sind. Darüber hinaus entstand eine Kopplung zum Wärme- und Mobilitätsbereich. In diesem Kontext ergaben sich noch weitere Blockchain-Anwendungsmöglichkeiten, angefangen von einem Bonussystem in Form eines Energiekontos für energieträger-übergreifende, regional gewonnene Energie, über das interne Pooling des virtuellen Kraftwerks bis hin zur Frage der dynamischen Nutzung der Energie von mehreren PV-Anlagen durch die Bewohner:innen der Energiegemeinschaft.

Ergebnisse

Die im Projekt identifizierten und untersuchten Anwendungsfälle sowie der parallel dazu laufende Co-Creation Prozess haben gezeigt, dass es ein enormes Potential für Anwendungen auf Basis der Blockchain-Technologie im Energiebereich gibt, das betrifft sowohl spezialisierte Anwendungen für Expert:innen als auch Anwendungen auf Haushaltsebene. Im Blockchain-basierten Investitionsmodell für Photovoltaik-Anlagen von Privatkund:innen hängt die Dauer der Rückzahlung einerseits von einer optimalen Dimensionierung und andererseits vom Verbrauchsprofil des Haushalts ab. Über den Einsatz von privaten (lokal installierten) Energiemanagement-Systemen kann der Eigenverbrauch durch die optimale Steuerung von Verbrauchern und dem Einsatz von Heimspeichersystemen noch weiter erhöht werden. Weiteres Potential zur optimalen Nutzung der lokal erzeugten Energie bietet der Zusammenschluss zu Energiegemeinschaften, die den lokalen Eigenverbrauch durch Peer-to-Peer Energiehandel und den Einsatz von Gemeinschaftsanlagen erhöhen können. Die Sektorenkopplung ist eine vielversprechende Option, um den PV-Eigenverbrauch zu maximieren. 

Es wurde gezeigt, dass der Honey Badger BFT-Konsensalgorithmus im etablierten Parity-Client verwendet werden kann und eine vergleichsweise hohe Leistung und andere sehr wünschenswerte Eigenschaften liefert, die für verschiedene spezifische Anwendungen im Energiesektor benötigt werden. Die durchgeführten Tests zeigen gute Aussichten für die Anwendung des Honey Badger BFT-Konsensalgorithmus in realen Live-Blockchain-Anwendungen, die definitiv nicht nur auf den Energiesektor beschränkt sind, sondern auch Anwendungen vorantreiben können, die bisher als unmöglich galten. Die Blockchain bietet, wie die Anwendungsfälle zeigen, in diversen Konstellationen erhebliche Erleichterungen und Optimierungsmöglichkeiten für die Zukunft. Jedoch gehen mit den verschiedenen Einsatzmöglichkeiten auch etliche rechtliche Vorgaben einher, die einzuhalten sind. Im Bereich der Energiegemeinschaften wird der Einsatz der Blockchain und die Einführung von Smart Contracts in größerem Ausmaß ermöglicht und können dementsprechend zu Optimierungen in Energiegemeinschaften beitragen.

Ausblick

Einige der im Projekt untersuchten Anwendungsfälle, wie das interaktionslose Laden von Elektrofahrzeugen, haben durchaus das Potential für eine breite kommerzielle Anwendung, jedoch ist vor allem im Bereich der Zuverlässigkeit und Bedienfreundlichkeit noch Forschungs- und Entwicklungsarbeit erforderlich. Die durchgeführten Simulationen konnten ein großes Potenzial zur Erhöhung des PV-Eigenverbrauchs in Energiegemeinschaften aufzeigen. Zusätzlich konnten weitere Potentiale durch die Anwendung der Sektorkopplung in Bezug auf die Einbindung von Wärmepumpen zur Bereitstellung von Heizwärme identifiziert werden. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf zur Optimierung dieser Potentiale. Dabei ist zu beachten, dass die gebäudeseitigen Heizsysteme eine hohe Effizienz und niedrige Systemtemperaturen aufweisen, so dass der Betrieb von Wärmepumpen bzw. ein Anschluss an ein mit Wärmepumpen versorgtes Niedertemperatur-Fernwärmenetz wirtschaftlich möglich ist. 

Mit dem Einsatz der Blockchain-Technologie werden speziell im Energiebereich aus verschiedensten Aspekten rechtliche Fragen aufgeworfen und Vorgaben tangiert, die es einzuhalten gilt. Eine große Herausforderung ist die Konfrontation mit einer Fülle an Rechtsvorschriften, sowie das stetige Abwägen von verschiedenen Interessen (insbesondere Datenschutz). Eine großflächige Anwendung und somit einen Beitrag zur Energiewende kann die Blockchain-Technologie durch Einsatz in einer Energiegemeinschaft erfahren.

Publikationen

Effiziente Lösungen für Photovoltaik-Energiemanagement basierend auf Blockchain-Technologie (SonnWende+)

Das Projekt analysiert Blockchain-Technologie im Kontext erneuerbarer elektrischer Einspeisung und Flexibilität im Innovationslabor "Energie Innovation Cluster Südburgenland". Ziel ist die Erforschung neuer und effizienter Lösungen für Energiemanagement-Services und Energiehandel. Schriftenreihe 13/2022
M. Stefan, R. Hemm, R. Graf, P. Zehetbauer, T. Tötzer, R. Schmidt, M. Niederkofler, T. Zeinzinger, M. Holzleitner, A. Veseli
Herausgeber: BMK
Deutsch, 75 Seiten

Downloads zur Publikation

Projektbeteiligte

Projektleitung

AIT Austrian Institute of Technology GmbH

Projekt- bzw. KooperationspartnerInnen

  • Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz
  • lab10 collective eG

Kontaktadresse

Dr. Friederich Kupzog
Giefinggasse 2
A-1210 Wien
Tel.: +43 (505) 50 6059
E-Mail: friederich.kupzog@ait.ac.at
Web: www.ait.ac.at