GreenDeal4Real - Verbesserung des thermischen Komforts durch kosteneffiziente Grünstrukturen in gemischt genutzten Gebieten
Kurzbeschreibung
Begrünungsmaßnahmen sind ein effektiver und nachhaltiger Weg, um urbane Räume natürlich zu kühlen und somit Energieeinsparungen in Gebäuden sowie niedrigere CO2-Emissionen zu erzielen. Mit dem wachsenden Bewusstsein für die positiven Auswirkungen von Begrünungsmaßnahmen (Bodenschutz, Reduktion des urbanen Hitzeinseleffekts, Regenwassermanagement, Stärkung der Biodiversität), insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel, ist ein zunehmendes Interesse an diesen Themen vor allem in den stark betroffenen Städten und auch bei Akteur:innen aus der Immobilienbranche zu beobachten. Es besteht dringender Bedarf an empirischen Studien darüber, wie sich die positiven Effekte messen, quantifizieren, optimieren und optimal in die Planung integrieren lassen. GreenDeal4Real setzte hier an, indem es unterschiedliche Maßnahmen der Begrünung anhand eines konkreten Bauprojekts in Wien Donaustadt wissenschaftlich begleitete, dokumentierte und evaluierte sowie prüfte, in welchen Planungsphasen Informationen zur optimalen Begrünung und Mikroklimaverbesserung relevant sind.
In GreenDeal4Real lag der Fokus insbesondere auf der Verbesserung des thermischen Komforts im Projektgebiet. Es wurde ein Bauprojekt vom Immobilienprojektentwickler 6B47 als Studienobjekt herangezogen, das im 22. Wiener Gemeindebezirk mit gemischt genutzter Bebauung (Gewerbe- und Büroflächen sowie etwa 800 Wohneinheiten) entwickelt wurde. Anhand dieses Projektes wurden Effekte verschiedener Grünstrukturen in einer realen Umgebung simuliert. Die Besonderheit am Studienobjekt war die übergeordnete Nutzung als „Gewerbliches Mischgebiet", die im Fachkonzept Produktive Stadt festgelegt wurde. In GreenDeal4Real wurden speziell Lösungen entwickelt, die für die Stadt Wien und Immobilienentwickler praktische und gleichzeitig wissenschaftlich fundierte Hilfestellungen bieten, wie bereits bei der Planung auf die mikroklimatischen Effekte bestmöglich Rücksicht genommen und negative Auswirkungen der zusätzlichen Versiegelung durch Begrünung optimal ausgeglichen werden können.
Das Forschungsprojekt widmete sich nicht nur technologischen Innovationen mit innovativen Fassadenbegrünungsmethoden, sondern auch Innovationsfragen, die den Ablauf, die Organisation und die Rahmenbedingungen (z.B. städtebaulicher Vertrag) adressieren. Damit wurde ein systemischer, integrativer Ansatz verfolgt, was sich auch in der Zusammensetzung des Konsortiums bestehend aus Bauträger, Landschaftsplaner, Landschaftsarchitekten und Kulturtechnikern, Innovationslabor, Forschungseinrichtung, Begrünungsfirma widerspiegelte.
Übergeordnetes Ziel des Projekts GreenDeal4Real war die Simulation und Demonstration von innovativen Begrünungslösungen im gemischten Wohn- und Gewerbegebiet Aspernstraße/Lavaterstraße.
Im Detail wurden folgende (Teil-)Ziele verfolgt:
- Evaluierung ausgewählter Begrünungsvarianten unter gegenwärtigen und zukünftigen Klimabedingungen
- Einbindung von Begrünungsoptionen in den frühen Planungsprozess
- Miteinbeziehen der relevanten Akteur:innen
- Entwicklung von übertragbaren Empfehlungen
Aus methodischer Sicht wurden zunächst Grundbetrachtungen für eine effiziente Implementierung von Stadtbegrünungstechnologien angestellt. Mit Hilfe von mikroklimatischen Simulationsmodellen (Ladybug-Tools & ENVI-Met) wurde der aktuelle Planungsstand analysiert und bewertet und darauf aufbauend in der Folge verschiedene Begrünungsvarianten getestet. Darüber hinaus wurden unterschiedliche Ausbaustufen von Fassadenbegrünungen evaluiert und ein ausgewählter Planungsentwurf unter zukünftigen Klimabedingungen simuliert. Parallel diente ein Planungslabor dazu, gegenwärtige Anforderungen und übertragbare Empfehlungen für klimawandelangepasste Planung von gewerblich bzw. industriell genutzten (Misch-) Gebieten zu erarbeiten. Im Rahmen von Interviews mit relevanten Stakeholdern der Stadt Wien wurden rechtliche Gegebenheiten analysiert und ein Anforderungs- und Kriterienkatalog für Dach- und Fassadenbegrünungen entwickelt.
Die Projektergebnisse umfassen u.a. die Lokalisierung von Hitzepolen am Entwicklungsgebiet, einen Bericht zu Begrünungsvarianten und ihren Effekten, eine ökonomische Bewertung der identifizierten Begrünungsvarianten, einen Bericht über die Ergebnisse der Mikroklimaanalysen Begrünungsszenarien, gegenwärtige und zukünftige Klimazustände), den Anforderungs- und Kriterienkatalog für Dachund Fassadenbegrünung, ein Factsheet zur Implementierung von Begrünung in frühen Planungsstadien von Immobilienentwicklungsprojekten, zahlreiche Fachvorträge und Präsentationen, sowie zwei wissenschaftliche Publikationen (Schneider et al. 2023, Tötzer et al. 2023).
Bereits ab der Planung in einem Bauprojekt dabei zu sein, führt zu wesentlichen neuen Erkenntnissen (z.B. Brandschutz), bietet die Möglichkeit noch organisatorisch (Schnittstellen), planungs- und bautechnisch einzugreifen, praxisrelevante Entscheidungen auf Forschungsergebnissen wie z.B. Klimasimulationen zu treffen und zudem positive Wirkungen auf die Wirtschaftlichkeit (Kosten) von grüner Infrastruktur zu nutzen. Es birgt allerdings auch das Risiko, dass sich – wie im gegenständlichen Fall – Bewilligungen und Baubeginn verzögern, da Hindernisse bei einem Pionierprojekt schwer beeinflussbar sind. Aufgrund wechselnder und dynamischer Rahmenbedingungen seitens der Behörden wurde eine Projektverlängerung im Juli 2022 beantragt und genehmigt. Während zu dieser Zeit die berechtigte Hoffnung bestand, das Projekt mit der beantragten Verzögerung durchführen zu können, wurde es jedoch Mitte Mai 2023 zur Gewissheit, dass für den lange entwickelten Entwurf keine Genehmigung erteilt wird. Damit wurde das Projekt mit 30. September 2023 vorzeitig beendet. Der Fokus des Projekts bleibt damit auf die frühe Planungsphase beschränkt. Implementierung und Monitoring konnten nicht mehr durchgeführt werden. Nichtsdestotrotz konnten wichtige Projektergebnisse erreicht und Erkenntnisse bei den Projektbeteiligen gewonnen werden. Das Projekt leistet einen entscheidenden Beitrag, dass Begrünungsmaßnahmen bereits in frühen Planungsphasen stärker mitgedacht werden und somit eine effektivere Implementierung begünstigt wird.
Publikationen
Verbesserung des thermischen Komforts durch kosteneffiziente Grünstrukturen in gemischt genutzten Gebieten (GreenDeal4Real)

Im 22. Wiener Bezirk wurde ein gemischt genutztes Bauprojekt als Experimentierraum herangezogen, um Effekte von Grünstrukturen zu simulieren und die Umsetzung in einer realen Planungsumgebung zu analysieren. Die Simulationen, das Planungslabor und der enge Austausch mit dem Bauträger erlaubten es, bereits bei der Planung auf die mikroklimatischen Effekte bestmöglich Rücksicht zu nehmen und negative Auswirkungen der zusätzlichen Versiegelung durch Begrünung optimal auszugleichen.
Schriftenreihe
65/2025
Tanja Tötzer, Martin Schneider, Romana Berg, Theresa Fink, Martin Jung, Paul Kinner, Thomas Natiesta, Bosko Bozic, Doris Enzersdorfer, Werner Sellinger, Raoul Bukor, Verena Holzgethan, Felipe Ochoa, Ylenia Trentini, Valentin Gebhardt, Andreas Lichtblau, Susanne Formanek
Herausgeber: BMIMI
Deutsch, 83 Seiten
Downloads zur Publikation
Projektbeteiligte
Projektleitung
AIT Austrian Institute of Technology GmbH
Projekt- bzw. KooperationspartnerInnen
- 6B47 Real Estate Investors AG
- grünplan gmbh
- Lindle+Bukor
- MA 18 - Stadtentwicklung und Stadtplanung
- 90deGreen GmbH
- GRÜNSTATTGRAU
Kontaktadresse
DI Dr. Tanja Tötzer
AIT Austrian Institute of Technology GmbH
Giefinggasse 4
A-1210 Wien
Tel.: +43 (505) 50-4548
Mobil: +43 (664) 825 10 02
E-Mail: tanja.toetzer@ait.ac.at
Web: www.ait.ac.at/city