Thementag Smart Cities - Landinger Sommer 2018

19. Juli 2018 Smart Cities Thementag (Landinger Sommer: 16. - 21. Juli 2018)
Hinterstoder 28, 4573 Hinterstoder

Vor einer beeindruckenden Bergkulisse wurde auch heuer im Rahmen des Landinger Sommer über Smart Cities diskutiert. Kreative Köpfe, aktuelle Themen, inspirierende Projekte und erholsame Tage in Hinterstoder ergeben einen einzigartigen sommerlichen Mix: Es wurde mit den Hinterstoderern "Bänkle gehockt", es wurden lokale Schmankerln durchprobiert und das eigentliche Programm entstand wie jedes Jahr zum größten Teil vor Ort.

Veranstalter

BMVIT zusammen mit dem Landinger Sommer

Rückblick & Vortragsunterlagen

Der Smart Cities Tag am Landinger Sommer ist unter den KennerInnen bereits als das kleine "Alpbach für Smart Cities" bekannt. Auch heuer fand der Thementag wieder statt und brachte interessante Ideen und neue Ansätze hervor.

Das BMVIT eröffnete als Gastgeber die Veranstaltung mit der Vorstellung der neuen, dreiteiligen Smart Cities Dokumentationsreihe zu den Themen:

  • Stadt 4.0
  • Stadtplanung
  • Grün statt Grau

Im Anschluss lieferten TeilnehmerInnen Impulse, die für Diskussionsstoff für den restlichen Tag sorgten.

Michael Cerveny (Energy Center, Urban Innovation Vienna) und Andreas Veigl (Andreas Veigl) erörterten, weshalb das Thema Dichte in Städten besonders wichtig für die Energieraumplanung ist. Die Klima- und Energiestrategie der Bundesregierung haben sie zum Anlass genommen, einige Bundesländervergleiche in drei Themenbereichen zu ziehen. Aufgrund der Datenlage waren keine Städte-, sondern "nur" Bundesländervergleiche möglich.

Im Bereich Verkehr kann ein klarer Rückgang des PKW-Bestands in Wien verzeichnet werden, gefolgt von Innsbruck und Graz, hingegen überholte die Anzahl der Öffi-JahreskartenbesitzerInnen jene der PKW-BesitzerInnen in Wien (s. genau Zahlen in den Vortragsunterlagen). Im Vergleich mit den anderen Bundesländern nahmen in Wien auch die CO2-Emissionen pro Kopf am meisten ab. Vorarlberg und Tirol folgen hier an zweiter und dritter Stelle der Musterschüler.

Im Gebäudebereich ist ganz klar festzustellen, dass Wohnungen in Wien deutlich kleiner sind und weniger Energie verbrauchen, während die neugebauten Wohnungsgrößen in anderen Bundesländern anwachsen. Dieses Wachstum ist durch die Förderungen der Länder (politisch) gesteuert. Kleinere Gebäude verbrauchen mehr Energie als großvolumige Gebäude mit hoher Wohnungsdichte. Dadurch und durch die vermehrte Nutzung von Fernwärme und Gasheizungen schafft es Wien den Energieverbauch pro Kopf deutlich zu senken bzw. energieeffizienter zu gestalten. In anderen Bundesländern stagniert der Heizölanteil im Energieverbrauch auf hohem Niveau.

Die Impulsgeber warfen auch einen Blick auf den Bereich der grauen Energie. Das ist jene Energie, die zur Errichtung von Strukturen und zum Bau von Gebäuden benötigt wird. Bei dichterem Bauen wird der graue Energieaufwand geringer und kompakte Wohngebäude können mit wesentlich geringerem Aufwand errichtet werden. Da Wien den niedrigsten Bodenverbrauch der Bundesländer aufweist (mit abnehmender Tendenz), geht auch hier die Bundeshauptstadt als gutes Beispiel voran. In den anderen Bundesländern nimmt der Bodenverbrauch zu. Pro Neubauwohnung verbaut Wien mit Abstand am wenigsten Boden (20 qm).

Zusammenfassend stellten die Vortragenden fest, dass Wien im Bundesländervergleich den niedrigsten Pro-Kopf-Energieverbrauch aufweist mit der seit 2005 am stärksten sinkenden Tendenz. Wien stößt mit Abstand die wenigsten Treibhausgase aus - sowohl bei den Emissionen pro Kopf als auch pro Euro der Wirtschaftsleistung.

Ernst Rainer (Institut für Städtebau, TU Graz) lieferte spannende Einblicke in das Projekt T.I.M., das die TU Graz gemeinsam mit dem StadtLabor Graz und der Holding Graz umgesetzt hat. Darin wurde ein multimodaler Knoten (Tram, Bus, eCar-Sharing, Carsharing, Fahrradsharing, eTaxi, Paketstation, einheitliches Bezahlsystem) in der Grazer Innenstadt erschaffen, der so gut angenommen wird, das daraus ein weiteres Projekt entstanden ist: Das Mobility Lab Graz. Dabei liegt der Fokus darauf, die Straßenräume neu zu definieren, zum Beispiel Bikeways für sanfte Mobilität einzuführen und Fahrbahnen von Autos zu Bikeways umzuwidmen. Hierfür fehlen noch die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Mobilitätskonzepte werden bereits in Simulationen erprobt.

Ernst Rainer stellte dann eine neue Entwicklung als Gedankenanstoß in den Raum: Google Urbanism. Der Internetriese Google arbeitet an Konzepten, wie sie Stadtverwaltungen ihre Smart Cities Interessen erfüllen könnten. Dabei möchte Google verlockende Angebote entwickeln, bei denen die Datenhoheit von den BürgerInnen bzw. Städten zu Google selbst übergeht.

Während dies in Europa noch demokratisch über die Verwaltung, die Öffentlichkeit und die Wirtschaft geschieht, gibt es in Kanada bereits einen Testbezirk, wo sich Google die Handhabe über die Daten gesichert hat. Im Google District „Sidewalk Toronto" rollt sich der große Player den Markt der Smart City auf.

In diesem Zusammenhang fiel der Name des ehemaligen hohen Mitarbeiters der Stadt New York, Daniel Doctoroff, der jetzt für Google dieses neue Geschäftsfeld entwickelt und das Buch "Greater than ever – New York's Big Comeback" verfasst hat. Da Städten oft die Ressourcen fehlen eine eigene Strategie zu entwickeln, um am globalen Städtewettbewerb teilzunehmen, wird es in Zukunft immer öfter dazu kommen, dass sich Gemeinden von komfortablen Angeboten wie z.B. von Google überzeugen lassen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis Amazon und andere Big Player nachziehen und den Wettbewerb der Smart Cities weiter beschleunigen und auf ein neues Level heben.

Katharina Gugerell (Senior Lecturer an der FH Salzburg, Smart Building) lieferte Impulse aus ihren Erfahrungen zu Living Labs, spielerischen Ansätzen zu Partizipation und kollektivem Lernen. In den Niederlanden baute sie das Living Lab Groningen auf. Dabei wurde zwischen zwei großen Basistypen unterschieden:

  1. Public-Private-People-Partnerships: die BewohnerInnen konnten angeben, ob die Services passgenau sind;
  2. Transition Lab für gesellschaftliche Transformationen (wie erfassen wir das Lernen und wie erschaffen wir Übertragbarkeit des Gelernten).

Im Anschluss holte Stefan Netsch (vom Büro Stefan Netsch Stadtplanung) die Bedeutung der Smart City für die Stadtentwicklung in den Vordergrund. Was unterscheidet die Smart City zur normalen Stadt? Er betonte, dass die Smart City in Österreich ein sehr Energie getriebenes Thema ist, es jedoch sich jedoch für die Vermittlung an BürgerInnen nicht so gut eigne.

Er machte darauf aufmerksam, dass Energie nur ein Bestandteil von vielen anderen sei, die für Smart Cities relevant sind: Auch Wohnen, Mobilität, Arbeiten, Freiräume und Gesellschaft sind Themen, die in der Smart City berücksichtigt werden müssen.

Folgende vier Impulse stellte er in den Raum:

  • Wie werden wir die Fläche neu organisieren?
  • Wie muss sich das Modell des Wohnens neu ausrichten?
  • Wie muss sich die Wohnung an eine veränderte Mobilität anpassen?
  • Wie plane ich eine autofreie Stadt?

Emilia Bruck (TU Wien, Fakultät für Architektur und Raumplanung) lieferte einen Impuls zu "alternativen Zukünften" mit automatisierter und vernetzter Mobilität für europäische Städte. Sie geht dabei von drei narrativen Szenarien aus: vom marktgetriebenen, vom politikgetriebenen und vom community-getriebenen Szenario.

Nachmittags wurden zwei Gruppen gebildet, die sich zwei Themen verschrieben:

  • Beteiligungshandwerk lernen, geleitet von der nonconform akademie
  • Google Urbanism und Stadtpolitik-Beratung

Bei ersterem wurden die wichtigsten Grundlagen für das Beteiligungshandwerk vermittelt. Bürgerbeteiligung wird bei professionellen Planungen mittlerweile als Standard im Prozess gesehen.

Aktives Zuhören muss gelernt sein, um Vertrauen bei der Bevölkerung aufbauen zu können. Deshalb ist eine wesentliche Anforderung bei partizipativen Planungsprozessen die Auseinandersetzung mit den Betroffenen, ihren Bedürfnissen und die Wertschätzung dieser.

Die nonconform akademie bietet hierfür eine Wissensvermittlung in interaktiven Werkstätten aus praxisnahem Lernen und theoretischen Inputs. In unterschiedlichen Formaten, Gruppenarbeiten, Diskussionsrunden und gemeinsam erarbeiteten Praxisbeispielen wird das Beteiligungshandwerk trainiert. Die Gruppe konnte sich einen guten, ersten Einblick in diese Methodik machen.

Die zweite Gruppe diskutierte das Thema "Google Urbanism". Künftig könnte Google mit folgender überspitzten Ansage an Stadtverwaltungen herantreten: "Wir bauen Euch ganze smarte Stadtviertel, wenn wir über die Daten der BewohnerInnen verfügen dürfen."

Es könnte sogar sein, dass Google den Stadtverwaltungen dieser Welt das Angebot macht, jene Zielgruppen zu finden, die die Stadt an vorgesehenen Standorten bevorzugt angesiedelt hätte. Dies wäre für Google wahrscheinlich einfach, weil der Internetgigant genau weiß, wer nach welchen Wohnungsangeboten wo sucht. So könnte er BürgermeisterInnen leicht überzeugen und jene Menschen zusammenbringen, die an Bauprojekten/ Quartiersentwicklungen interessiert sind.

Projektentwicklungen können gezielter auf den Markt zugeschnitten werden als zurzeit. So verlassen sich gegenwärtig viele EntwicklerInnen auf die Aussagen von MaklerInnen, dass nach Wohnungen in dieser und jener Größe gesucht werde. Google könnte genau jene Projekte entwickeln, die auch wirklich von der Bevölkerung oder aber vom Markt benötigt werden. So könnten ganzen Stadtviertel entstehen, die nach den Regeln von Google funktionieren.

Der Smart Cities Tag am Landinger Sommer 2018 war wieder ein großer Erfolg und alle Teilnehmenden freuen sich bereits jetzt auf eine Fortsetzung im nächsten Jahr.

Inhaltsbeschreibung

Mittlerweile ist der Smart City Tag im Rahmen des Landinger Sommers zu einem kontinuierlichen Treffpunkt der österreichischen Smart City Community. Auch heuer besuchen ihn wieder eine Vielzahl von ExpertInnen aus verschiedenen Smart City-Bereichen, VertreterInnen des öffentlichen Diensts von nationaler und lokaler Ebene in ihrer beruflichen aber auch ihrer private Rolle als BürgerInnen.

Smart Cities Thementag

Am Donnerstag, den 19. Juli 2018 lädt das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) zum fünften Mal zum Smart City Tag. Expertinnen und Experten aus den unterschiedlichsten Disziplinen werden dann wieder den "Innovationsmotor Stadt" einen ganzen Tag lang in den Fokus stellen.

In der zugleich inspirierenden und entspannten Atmosphäre des Landinger Sommers können Sie dann wieder neue Smart City-Projekte und -Entwicklungen kennenlernen sowie Strategien und Erfahrungen diskutieren.

Kontaktadresse

Landinger Sommer
Christof Isopp
E-Mail: sommer@landinger.at