URBAN STRAW - Brandschutztechnische Konditionierung von Einblasstrohdämmung und dessen bautechnische Anwendung bei den urbanen Gebäudeklassen 4 und 5
Kurzbeschreibung
Status
abgeschlossen (Dezember 2022)
Ausgangssituation, Inhalte und Ergebnisse
Stroh ist einer der ältesten Baustoffe überhaupt und wurde in der Geschichte vielfältig angewendet: sei es seit der Frühzeit als Dacheindeckung, und zur Bewehrung von Lehmbauelementen, als Strohplatten für Fassaden oder seit Ende des 19. Jahrhunderts beim Strohballenbau, welcher seit Ende des 20. Jahrhunderts eine Wiederbelebung im Zuge der Ökologisierung des Bausektors erfährt. Die besonderen ökologischen Vorteile des Materials liegen in seiner geringen Herstellungsenergie, der einfachen Entsorgung durch Kompostierung und der guten CO2-Bilanz, da die Getreidepflanzen im Wachstum mehr Kohlenstoff aus der Atmosphäre absorbieren, als die Verarbeitung des Strohs zu Dämmstoff an Emissionen verursacht. Einem aktuellen Artikel der Onlineausgabe der Zeitschrift GEO zufolge erfährt diese energiearme Bauweise vor allem in Deutschland eine Renaissance. Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen (nawaRos) haben in Europa noch einen niedrigen Marktanteil von ca. 4-5%, allerdings mit steigender Tendenz. Laut einer Studie der TH Braunschweig und des Fraunhofer Instituts „Mehr als nur Dämmung – Zusatznutzen von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen" liegt ein Grund für den niedrigen Marktanteil in den baurechtlichen Anforderungen, die die Verwendung brennbarer Baustoffe beschränken. Schwer entflammbare Baustoffe haben einen deutlich größeren Anwendungsbereich, zum Beispiel als Wärmedämmsysteme von Fassaden der Gebäudeklassen 4 und 5, wie sie im urbanen Raum oftmals vorherrschen. Die aus den Pariser Klimaabkommen resultierenden Ziele zur Dekarbonisierung des Bausektors erfordern jedoch den vermehrten Einsatz von nawaRo Bau- und Dämmstoffen, auch bei mehrgeschossigen Gebäuden urbaner Ballungsgebiete - sowohl im Neubau, als auch bei der Aufstockung und der Sanierung.
Die Motivation und Vision des Projektes „Urban Straw" ist es, Strohdämmung als einen gängigen, marktüblichen Dämmstoff auch für mehrgeschossige urbane Bauvorhaben zu etablieren und die Anwendbarkeit des Materials durch die Verwendung bei größeren Bauvorhaben signifikant zu steigern. Vor allem im mehrgeschossigen Holzbau, dem eine hohe Zukunftsfähigkeit aufgrund seiner ökologischen Qualitäten zugeschrieben wird, ist Stroh ein optimales Dämmmaterial und eine ideale Materialergänzung. Es werden sowohl brandschutztechnische Behandlungen mit ökologisch und humantoxisch unbedenklichen chemischen Additiven materialverwandter Baustoffe, als auch einfache konstruktive Brandschutzlösungen mit ökologisch hochwertigen Materialien, auf deren Anwendbarkeit bei Strohhäcksel-Einblasdämmungen untersucht. Die ökologischen Vorzüge des Strohs sollen hierbei nicht beeinträchtigt werden und das Dämmmaterial soll jedenfalls weiterhin am Ende des Lebenszyklusses kompostierbar bleiben. Zur chemischen Ausrüstung des Stroh-Substrats werden die Verfahren des Mischkonditionierens mit unterschiedlichen Mischern sowie des Kesseldruck-imprägnierens im Laborautoklav angewendet. Im Vergleich dazu werden bauliche Lösungen mit einer konstruktiven Brandabschirmung des unbehandelten Strohs durch eine neuartige Fassadenbahn mit sehr hohem Brandschutz sowie durch herkömmliche Holzwolleleichtbauplatten untersucht, da diese Form der Dämmstoffverarbeitung ohnehin eine fassadenseitige Gefachabdeckung benötigt. Durch Brandtest-Serien verschiedener Herangehensweisen mit Beflammung und mit Hitzestrahlung wird versucht eine möglichst optimale, praxistaugliche Materialkombination zu selektieren.
Als Ergebnis wird festgestellt, dass bei Brandeinwirkung die konstruktive Abschirmung des Strohs mit Holzwolleleichtbauplatten, entwickelt bereits 1908 in Wien von Robert Scherer, der chemischen Ausrüstung des Strohs überlegen ist. Es stellt sich hierbei heraus, dass die Brandklasse und die Materialstärke der Platten nur unwesentliche Faktoren sind. Zudem bleibt bei dieser Anwendung das Stroh völlig unbehandelt und es ist keine Adaption des Verfahrens der Produktionsanlage notwendig. Diese konstruktive Lösung scheint auch leicht auf andere nawaRo-Einblasdämmstoffe übertragbar zu sein, bspw. auf Flocken aus Recycling-Baumwolle oder Flachs.
Projekt-Bilder
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Publikationen
URBAN STRAW - Brandschutztechnische Konditionierung von Einblas-Stroh zur Gebäudedämmung der urbanen Gebäudeklassen 4 und 5
Entwicklung einer Brandschutzausrüstung von Strohhäcksel-Einblasdämmung zur Erzielung der Schwerentflammbarkeit anhand biogener Flammschutzmittel materialverwandter Stoffe und deren Applikationsverfahren. Anwendung des Materials als thermische Gebäudedämmung bei der Vorfertigung materialreduzierter Holzbauelemente für die urbanen Gebäudeklassen 4 und 5 mit bis zu 6 Geschossen.
Schriftenreihe
21/2023
P. Schubert, A. Korjenic, H. Fischer, I. Kirchengast, F. Hahn
Herausgeber: BMK
Deutsch, 76 Seiten
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Projektbeteiligte
Projektleitung
Architekt DI. Peter Schubert RIBA, capital [ A ] architects ZT-GmbH
Projekt- bzw. Kooperationspartner:innen
- Sebastian Stenzel, BSc. - DPM Holzdesign GmbH
- Prof. DI. Dr. Azra Korjenic - TU Wien, Forschungsbereich Ökologische Bautechnologien (E207)
Kontaktadresse
capital [ A ] architects ZT-GmbH
Architekt DI. Peter Schubert RIBA
Billrothstraße 86/1
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