Urban MoVe - Privatrechtliche Verträge als innovative stadt- und mobilitätsplanerische Planungs- und Steuerungsinstrumente

Im Forschungsvorhaben Urban MoVe soll anhand von Best-Practice Analysen und umgesetzter nationaler Praxisbeispiele untersucht werden, inwiefern sich privatrechtliche Verträge (z.B. Mobilitätsverträge, -fonds, städtebauliche Verträge) als kommunale Planungs- und Steuerungsinstrumente für Mobilität an Wohnstandorten eignen.

Kurzbeschreibung

Das Thema Wohnen gewinnt als zentrales Handlungsfeld für Klimaschutzmaßnahmen zunehmend an Bedeutung. Wenig beachtet wird bisher nachhaltige Mobilität an Wohnstandorten, welche ein großes CO2- und Energieeinsparpotential beinhaltet und entgegen vieler verkehrspolitischer Zielsetzungen nicht ausgenutzt wird. Für eine gesamtheitliche klima- und energieeffiziente Planung des Wohnstandortes ist frühzeitiges Mitberücksichtigen und Mitplanen von Mobilitätsbelangen und innovativen Mobilitätslösungen unumgänglich, da ca. 80% aller Wege am Wohnstandort beginnen und dort auch enden. Hier ist die Wahl des Verkehrsmittels entscheidend. Erste, noch nicht evaluierte, Erfahrungen legen die Vermutung nahe, dass vor allem durch privatrechtliche Instrumente (z.B. Mobilitätsverträge, -fonds, städtebauliche Verträge) zwischen Kommunen und Projektwerber:innen positive Lenkungseffekte erzielbar sind. Aktuell wird bei der Entwicklung, Anwendung und Evaluation privatrechtlicher Steuerungs- und Planungsinstrumente nationales und internationales Neuland betreten.

Hier setzte das Forschungsprojekt Urban MoVe an. Mithilfe der Analyse und Evaluation erster Praxisbeispiele (Graz, Wien) wurde der Forschungsfrage nachgegangen, inwiefern sich privatrechtliche Instrumente als Steuerungsinstrumente für eine verschränkte, zukunftsorientierte Stadt- und Mobilitätsplanung eignen und wie eine Neu- und Weiterentwicklung dieser Instrumente vor dem Hintergrund von Mobilitätsinnovationen (z.B. Sharing- & Elektromobilität, Mobility as a Service) aussehen können. Wirkungen und Erfolge bereits umgesetzter Praxisbeispiele wurden analysiert und bilden die Basis für rechtliche, maßnahmen- und akteursbezogene als auch prozessuale Neu- und Weiterentwicklungen der vertraglichen Steuerungsinstrumentarien. Erste internationale Best-Practice Betrachtungen vervollständigen das Bild, um Übertragbarkeit der Projektergebnisse sicherzustellen. Ein holistischer Forschungsansatz und ein vielfältiges Kommunikations- und Vernetzungskonzept wurden angewendet, um unterschiedliche Sichtweisen und Interessen aller relevanten Planungsakteur:innen (z.B. Kommunen, Bauträger:innen, Mobilitätsdienstleister:innen etc.) aufzuzeigen.

Anspruch des Projektes ist, einen Perspektivenwechsel von monomodaler auto-orientierter zu multimodaler Mobilität zu unterstützen. Fokus sind vertraglich geregelte Steuerungsinstrumente, wobei ein gezielter Wissenstransfer und Aufbau von fehlendem Verständnis und Know-how erfolgt. Neben dem vorliegenden Ergebnisbericht entstand im Projekt ein praxisorientierter Leitfaden, der Planungsakteur:innen bei Entwicklung, Umsetzung und Qualitätssicherung von privatrechtlichen Steuerungsinstrumenten zur Erreichung folgender Ziele unterstützen soll: (1) Steigerung der Qualität des Bauvorhabens durch geringere Flächeninanspruchnahme des MIV und mehr Platz für private oder gemeinschaftliche (Frei-)Räume am Grundstück oder im Gebäude, (2) Sicherung der Mobilitätsinklusion und Erreichbarkeit durch vielfältige, leistbare Mobilitätsangebote, (3) Einhaltung von Klimaschutzzielen durch Verschiebung des Modal-Splits zugunsten des Umweltverbunds, (4) Kostenersparnisse im Wohnungsbau und folglich leistbares Wohnen durch Wegfall von Stellplätzen in Parkbauten und (5) Aufwertung des Öffentlichen Raumes durch weniger Parkstände für Autos.

Die Ergebnisse des Forschungsprojektes belegen, dass sich vielfältige (innovative) Mobilitätsmaßnahmen eines wohnstandortbezogenen Mobilitätskonzeptes auf das Mobilitätsverhalten der Bewohner:innen auswirken und zu multimodalen Lebensstilen mit Verkehrsmitteln des Umweltverbundes, geringerer MIV-Affinität und Abhängigkeit führen. Es wird aufgezeigt, wie durch Weiterentwicklung hoheitlicher als auch privatrechtlicher Instrumente unter Einbezug der vielfältigen Planungsakteur:innen nachhaltige wohnstandortbezogene Mobilität verbindlich umgesetzt sowie frühzeitig adressiert und gesteuert werden kann. Das Projekt stellt anwendungsorientierte Möglichkeiten zur Gestaltung der Instrumente und Prozesse dar, um transparente Planungs- und Umsetzungsprozesse mit hoher Akzeptanz der Beteiligten zu erreichen.

Empfehlungen zu öffentlich-rechtlichen Instrumenten:

  • auf allen Planungsebenen ist zu verankern, dass sich künftige Baulandwidmungen verstärkt an nachhaltigen Mobilitätskriterien (Verkehrsvermeidung und Verlagerung zugunsten des Umweltverbundes) ausrichten.
  • Effizientes Flächenmanagement durch konsequente Zersiedlungsvermeidung und Innenverdichtung bei Widmungsentscheidungen umsetzen, um verkehrsbedingte Emissionen sowie Flächenverbrauch im Kfz-Verkehr zu reduzieren.
  • Raumordnungsgesetze anpassen, um durch Ermächtigung der Gemeinden Maßnahmen aus Mobilitätskonzepten besser als Inhalte in Bebauungsplänen verankern zu können.

Empfehlungen zu privatrechtlichen Instrumenten:

  • gesetzliche Ermächtigungen in Raumordnungsgesetzen zu Einsatzmöglichkeiten und Inhalten von privatrechtlichen Instrumenten konkretisieren.
  • gesetzlichen Ermächtigungen zu privatrechtlichen Instrumenten in den Raumordnungsgesetzen der Bundesländer harmonisieren, um Komplexität und Aufwand für Verwaltung und Projektwerber:innen zu senken.
  • Privatrechtliche Instrumente als Teil einer transparenten Verwaltung veröffentlichen, um Transparenz und Akzeptanz zu erhöhen sowie die Wiederverwendung von Good Practice Beispielen zu ermöglichen.
  • Musterverträge mit Vertragsdetails und Vorgaben zu Sanktionierungsmöglichkeiten für eine effizientere Vertragserstellung erarbeiten.

Empfehlungen zu Mobilitätskonzepten im rechtlichen Kontext

  • Vom generellen zum detaillierten Mobilitätskonzept im Prozess stufenweise vertiefen und konsequent durcharbeiten, sodass die konkrete Umsetzung vor Ort im Fokus ist.
  • Mobilitätskonzept sowohl als integrierten Teil der Gemeinde-, Stadt- und Grätzelentwicklung als auch lokaler Situationen begreifen
  • Maßnahmen der Mobilität integriert mit Nahversorgung, Städtebau, Freiraum etc. planen, um Synergien zu nutzen
  • Finanzierungs-, Organisations- und Betriebsmodelle für Shared Mobility-Angebote, Last-Mile Logistik etc. im detaillierten Mobilitätskonzept im Prozess verankern, um Kosten und Zuständigkeiten zu klären
  • NutzerInnen-Bedürfnisse anhand definierter Zielgruppen berücksichtigen, um hohe Akzeptanz von Mobilitätsangeboten zu erreichen.
  • Baufeld-übergreifende Mobilitätskonzepte entwickeln und umsetzen, da von Maßnahmen im Wohnumfeld viele Baufelder profitieren können und sich aufgrund einer größeren Zahl an Nutzer:innen viele Mobilitätsangebote leichter umsetzen lassen
  • Qualitäten sichern, Erfolge kontrollieren und Potenziale zukünftiger technologischer, sozialer etc. Entwicklungen nutzen, um zu lernen und Angebote anzupassen

Publikationen

Privatrechtliche Verträge als innovative stadt- und mobilitätsplanerische Planungs- und Steuerungs­instrumente (Urban MoVe)

Im Forschungsvorhaben Urban MoVe soll anhand von Best-Practice Analysen und umgesetzter nationaler Praxisbeispiele untersucht werden, inwiefern sich privatrechtliche Verträge (z.B. Mobilitätsverträge, -fonds, städtebauliche Verträge) als kommunale Planungs- und Steuerungsinstrumente für Mobilität an Wohnstandorten eignen. Schriftenreihe 27/2022
E. Selz, M. Platzer, A. Kammerhofer, M. Berger, A. Kanonier, K. Weninger, A. Degros, M. Malderle, M. Monsberger, B. Baumgartner, G. Franz
Herausgeber: BMK
Deutsch, 200 Seiten

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Projektbeteiligte

Projektleitung

DI Mag. Mario Platzer - yverkehrsplanung GmbH

Projekt- bzw. KooperationspartnerInnen

  • TU Wien - Fachbereich Bodenpolitik und Bodenmanagement
  • TU Graz – Institut für Städtebau
  • Grazer Energieagentur GmbH
  • Urban Innovation Vienna GmbH

Kontaktadresse

DI Mag. Mario Platzer
Brockmanngasse 55
A-8010 Graz
Tel.: +43 (699) 188 707 66
E-Mail: mario.platzer@yverkehrsplanung.at
Web: www.yverkehrsplanung.at/index.php/de/