SmartQ+ Bruck/Leitha - Potenziale der Quartiers­entwicklungsplanung auf dem Weg zum Plus-Energie-Quartier

Erstmalige Verknüpfung von Verkehrs- und Energiesimulationsmodellen für die kommunale Planung um (Energie-) Einsparungspotenziale in der Siedlungs­entwicklung bzw. die Auswirkungen von Planungsvorhaben auf die Mobilitätsnachfrage und das Energienetz einer Gemeinde in einer interaktiven Visualisierung sichtbar zu machen.

Kurzbeschreibung

Ausgangslage und Motivation

Um die im internationalen Klimaübereinkommen von Paris festgelegten Klimaziele zu erreichen, bieten neben dem Umstieg auf nachhaltige Energieträger und der Schaffung energieeffizienter Gebäude vor allem der Verkehr und die Transformation unseres Mobilitätssystems einen großen Hebel zur Reduktion des Energieverbrauchs und von Klimagasen. Der steigende Bedarf nach emissionsfreier Mobilität (z.B. durch Elektromobilität) aber auch die Wärmeversorgung mit Wärmepumpen hat unmittelbare Auswirkung auf die Stromverbräuche von Gebäuden und Siedlungen. Noch lassen sich die Aus- und Wechselwirkungen von Maßnahmen, welche auf die Siedlungsstruktur (Dichten, Nutzungsverteilung und -mischung), Mobilität und Verkehr wirken, nur schwer simulieren. Durch Konzepte nachhaltiger Stadtentwicklung mit Fokus auf qualitativer Nachverdichtung und Nutzungsmischung in Siedlungen können viele tägliche Wege verkürzt und anstatt mit dem Auto zu Fuß oder per Rad zurückgelegt werden. Das verringert den Energieverbrauch und reduziert den Ausstoß von Treibhausgasen. Auf dem Weg zur Sektorenkopplung fehlt es an verständlichen Tools zur Ex-Ante-Evaluierung von Planungsmaßnahmen auf Gemeindeebene und die Verknüpfung von domänenspezifischen Modellen (Energie, Verkehr) für kleinräumige Prognosemodelle. Außerdem sind die Datenverfügbarkeit und Datenqualität für die eingesetzten Simulationsmodelle auf verschiedenen Skalen sehr heterogen.

Ziele und Innovation

Um sich diesen Herausforderungen zu stellen, wird für die Methodenentwicklung ein digitaler Zwilling der Gemeinde Bruck an der Leitha auf Basis eines offenen Datenmodells aufgebaut, mit dessen Hilfe Maßnahmen zur Verbesserung der Siedlungsstruktur innerhalb der Gemeinde simuliert werden können. Dazu werden Prognosemodelle für die Mobilität und den Gebäudebestand entwickelt bzw. angewendet und über ein offene Datenmodell verknüpft, um Entwicklungsszenarien und Varianten anhand konkreter Fragestellungen durchspielen zu können. Die im Projekt geschaffenen Prognose- und Visualisierungsmöglichkeiten bilden die Grundlage zur Ex-Ante-Evaluierung von Maßnahmen und Policies auf dem Weg zum Plus-Energie-Quartier. Durch die Identifizierung und Erhebung fehlender Daten werden Datenlücken für die Simulation präziser Modelle im konkreten Untersuchungsraum geschlossen.

Methodische Vorgehensweise

Um dieses Zusammenspiel der Energiedaten aus den Gebäuden mit dem Energiebedarf durch die Mobilität in Planungs- und Entscheidungsprozessen frühzeitig untersuchen und berücksichtigen zu können, wird das Konsortium aus Expert:innen für Verkehrsnachfragemodelle und Verkehrssimulation, für Gebäude- und Netzsimulation, der Energiewirtschaft, der Informatik und der Raumplanung zusammengestellt, um anhand konkreter, praktischer Fragestellungen methodische Entwicklungen und neue Ansätze voranzutreiben. Gemeinsam mit Vertreter:innen der Stadtgemeinde Bruck an der Leitha werden in Arbeitspaket (AP) 2 die Simulationsszenarien und -varianten entwickelt und die Anforderungen an die Simulationsmodelle (Energie, Verkehr) auf Basis der konkreten Fragestellungen spezifiziert. Sie bilden die Basis für den Aufbau der Prognosemodelle und den dafür benötigten Datensätzen (AP3 + AP4). Das im FFG-Projekt „SIMULTAN" entwickelte IT-Ökosystem mit seinem offenen Datenmodell bietet bereits die Möglichkeit, Gebäude mit spezifischen Parametern (Nutzungsinformationen, Geometrie, Bautechnik und Gebäudetechnik) als Gebäudemodell zu halten. Dieses wird hinsichtlich der Datenbankschnittstellen ergänzt, um auch die Ergebnisse der Verkehrsnachfragesimulationen halten zu können und dann an die Proof-of-Concept Visualisierung (AP5) weiterzuleiten. Die aussagekräftige Datenvisualisierung hilft die Modellergebnisse in kooperativen und kommunikativen Prozessen unter Einbeziehung unterschiedlicher Expert:innen und Akteur:innen zu erörtern und zu evaluieren (AP6). Um möglichst praxistaugliche und verständliche Auswertungen zu schaffen, werden in vielen Bereichen der Projektbearbeitung immer wieder Stakeholder und Zielgruppen/Nutzer:innen einer zukünftigen Methodenanwendung einbezogen (AP2, AP5, AP6, AP7).

Ergebnisse und Schlussfolgerungen

Für die Untersuchung der Prognoseergebnisse und der unterschiedlichen Szenarien wird ein Proof-of-Concept für ein intuitives Decision Support Tool in Form eines digitalen, interaktiven 3D Modells erstellt. Diese dient als Kommunikations- und Entscheidungsgrundlage zur Verbesserung von Planungs- und Policy-Maßnahmen für die Plus-Energie-Quartier-Siedlungsentwicklung. Neben der Entwicklung von Simulationsmodellbausteinen zu spezifischen Fragestellungen über die Wirksamkeit von Veränderungen der Siedlungsstruktur (Nutzungsmischung, Mobilität, ...) hinsichtlich der Energiebilanz von Quartieren, entstehen Schnittstellendefinitionen und Datenbeschreibungen für die Simulation von gesamten Siedlungssystemen. Das verwendete offene Datenmodell erlaubt die Gegenüberstellung der Ergebnisse unterschiedlicher Simulationsmodelle.

Ausblick

Die Datenlage auf Gemeindeebene ist ein zentrales Thema für die zukunftsfähige Planung und Entwicklung von Quartieren. Eine verbesserte Datenbasis ermöglicht es, fundierte Entscheidungen zu treffen, die zur Erreichung von Klimazielen und Energieeffizienz beitragen. Dabei geht es nicht nur um die Erhebung neuer Daten, sondern vor allem auch um das sinnvolle Zusammenführen bestehender Datenquellen. Ein wichtiger Aspekt der Datensammlung auf Gemeindeebene betrifft den Gebäudebestand. Die Integration unterschiedlicher Datenquellen, wie zum Beispiel der Informationen von Rauchfangkehrer:innen, kann hier in Zukunft eine wertvolle Quelle darstellen. Diese Daten ermöglichen präzisere Aussagen über den energetischen Zustand von Gebäuden, Heizsysteme und sonstige relevante Merkmale. Durch das Zusammenführen solcher Quellen könnten nicht nur umfassendere Analysen erfolgen, sondern auch die Effizienz der Gebäudebewirtschaftung und Sanierung gesteigert werden.

Um dabei den Aufwand für Gemeinden beim Modellaufbau zu reduzieren, braucht es für eine effiziente Ex-ante-Evaluierung Modelle für generalisierte Raumtypen. Diese generalisierten Modelle sind auf unterschiedliche, häufig auftretende Strukturen in Gemeinden anwendbar und können so eine Vielzahl von Planungsprozessen unterstützen. Zu diesem Zweck wurde das Forschungsprojekt „DataScience4SmartQuarters" eingereicht, was auf den Erkenntnissen des hier vorgestellten Projekts aufbaut. Es hat die Erforschung einer innovativen Methode zur schnellen und effizienten Evaluierung von Simulationsszenarien (Gebäude/Energie, Mobilität) für Gemeinden zum Ziel. In Kombination mit den hochauflösenden Simulationsdaten und Daten großräumiger Studien werden übertragbare Testdaten und Modelle für unterschiedliche Raumtypen durch unterschiedlichen Data Science Modelle (z. B. ML, Regressionsanalysen, ...) geschaffen. Durch die Verbesserung der Datenlage und Integration verschiedener Quellen kann es Gemeinden ermöglicht werden, eigene Szenarien und Varianten zu erstellen, um Energieeinsparungen und Infrastrukturentscheidungen besser abschätzen zu können.

Publikationen

SmartQ+ Bruck/Leitha: Potenziale der Quartiersentwicklungsplanung auf dem Weg zum Plus-Energie-Quartier

Erstmalige Verknüpfung von Verkehrs- und Energiesimulationsmodellen für die kommunale Planung um (Energie-) Einsparungspotenziale in der Siedlungs­entwicklung bzw. die Auswirkungen von Planungsvorhaben auf die Mobilitätsnachfrage und das Energienetz einer Gemeinde in einer interaktiven Visualisierung sichtbar zu machen. Schriftenreihe 88/2025
S. Bindreiter, Y. Şişman, L. Rast, S. Sint, S. Hinterseer, E. Selz, K. Mottl, R. Roggenbauer
Herausgeber: BMIMI
Deutsch, 122 Seiten

Downloads zur Publikation

Projektbeteiligte

Projektleitung

TU Wien - Institut für Raumplanung, Forschungsbereich Örtliche Raumplanung - Raumsimulationslabor (Simlab)

Projekt- bzw. Kooperationspartner:innen

  • TU Wien - Institut für Werkstofftechnologie, Bauphysik und Bauökologie, Forschungsbereich Bauphysik
  • Energiepark Bruck/Leitha
  • y-Verkehrsplanung GmbH

Kontaktadresse

TU Wien - Institut für Raumplanung
Forschungsbereich Örtliche Raumplanung
Raumsimulationslabor (Simlab)
Karlsgasse 11
A-1040 Wien
Tel.: +43 (1) 58801 280430
E-Mail: stefan.bindreiter@tuwien.ac.at
Web: https://simlab.tuwien.ac.at