Piezo-Klett: Entwicklung piezoelektrischer Klettanwendung zur Energieversorgung aktiver Sensorik im Bauwesen

Das vorliegende Projekt betrachtete Gebäude, Gebäudeteile und ihre Anschlüsse (Bauteilknoten) als Energiegeneratoren, indem durch die Anwendung der Klettverbindung in Kombination mit dem piezoelektrischen Effekt ein so genanntes Energy Harvesting betrieben wird.

Kurzbeschreibung

Status

abgeschlossen (August 2022)

Ausgangssituation, Inhalte und Ergebnisse

In Anbetracht des hohen Beitrages des Bauwesens zum Klimawandel und ebenso Umweltverschmutzung (in Form von z.B. Energieverbrauch, CO2-Ausstoß, Ressourcenverbrauch, Müllaufkommen) gilt es, die Resilienz von Gebäuden und Städten durch Anpassungsfähigkeit der Bauteile und Bauteilkomponenten an unterschiedliche Nutzungsszenarien, -dauer und die Lebensdauer von Baukomponenten zu erhöhen.

Resiliente Gebäude erfordern auf konstruktiver Ebene demnach eine rückbaufähige Ausbildung der Schnittstellen zwischen kurzlebigen und langlebigen wie auch material heterogenen Bauteilen. In der Praxis wird der zerstörungsfreie Rückbau jedoch selten bis nie angewandt, da dies die Konstruktion nicht zulässt oder einen hohen Aufwand bedeutet, sowie Bauabbruchphasen eng getaktet und Personenstunden einen erheblichen Kostenfaktor darstellen.

Resilienz im Bauwesen kann zudem nur mit entsprechender Kenntnis über die verbaute Struktur etabliert werden. Durch Digitalisierungsprozesse im Bauwesen, mittels Systeme und Technologien welche detaillierte Kenntnis über den Status Quo und die „Geschichte" der einzelnen Baukomponenten geben, kann „Predictive Modelling" bzw. „Predictive Maintenance" gezielten Komponentenaustausch, wie auch Recycling und Wiederverwendung eröffnen. Hierzu eignen sich besonders aktive Sensorsysteme wie die Sensorschnittstelle NETBEE des Unternehmens NET-Automation GmbH. Dieses Produkt kann mit unterschiedlichen Sensoren kombiniert werden, ermöglicht Messungen und Übertragungen auch außerhalb des Auslesezyklus, erfordert keinen zusätzlichen Einsatz von Auslesegeräten, kann selbständig auf Grenzwert- oder Schwellwertüberschreitungen (z.B. Temperatur, CO2) reagieren und bietet einen lokalen Speicher.

Die Montage aktiver Sensoren ist aufgrund der erforderlichen Verkabelung aufwendig und insbesondere bei dem Einbau von Sensoren im Bestand kompliziert, zudem ist bei kabelloser Verlegung die Lebensdauer der Stromversorgung mittels Batterien sehr begrenzt. Im Kontext dieser konstruktiven und energietechnischen Problemstellung, wie hinsichtlich der Lösung der informationstechnischen Anforderungen an resiliente Gebäude, behandelt die industrielle Forschung „Piezo-Klett" die Anwendung piezoelektrischer Komponenten, wie auch die Anwendung der Klettverbindung, hinsichtlich des Ansatzes, die Sensorschnittstelle NETBEE autark mit Energie zu versorgen. Auftretende Spannungs- und Lastwechsel direkt an Bauteilschnittstellen, hervorgerufen durch Umweltbedingungen (z.B. Wind) werden genutzt, um infolge des piezoelektrischen Effektes ein s.g. Energy Harvesting zu betreiben. Neben piezoelektrischen Produkten am Markt (wie dem DuraAct Flächenwandler, der Piezo Disk, Piezo Aktuatoren und Piezo Ringen) besteht ein besonders innovativer Ansatz zur Nutzung dieses Effekts im „Piezo-Textil", entwickelt von den Forscher*innen Anja Lund, Karin Rundqvist, Erik Nilsson, Liyang Yu, Bengt Hagström und Christian Müller an der Chalmers University. Dieses wird dementsprechend im vorliegenden Projekt untersucht.

Das dahingehende Projektziel war es, piezoelektrische Komponenten, als auch die Anwendung der Klettverbindung, zur autarken Versorgung aktiver Sensorik zu untersuchen. Sowie anfallende Daten hinsichtlich deren Übertragungszyklen zu organisieren. Somit, sich einem neuartigen autarken Energiesystem für aktive Sensorik anzunähern. Das Ergebnis besteht in einer Verifikation der Projektidee durch Quantifizierung der gewinnbaren elektrischen Energie in Abhängigkeit des Applikationsfalls sowie in einem umfassenden, fachübergreifenden Erkenntnisgewinn in Hinblick auf einzelne konstruktive Konzepte und Anwendungen in Architektur und Bauwesen.

Der Untersuchungsgegenstand wird durch Einwirkungen auf (Gebäude und -Teile), die bautechnische Konstruktion, Fügetechnologien, piezotechnologische Komponenten, die Sensoren-Schnittstelle NETBEE, wie auch durch die Daten-Übertragung und Datenverwaltung gebildet. In diesen Bereichen wurde systematisch aufbauend eine Literaturrecherche, Konzeptentwicklung und eine experimentelle Untersuchung einzelner Systemelemente (auf bautechnischer, elektrotechnischer und digitaler Ebene) durchgeführt.

In Summe konnten 62 bautechnische Konzepte auf grundlegender Ebene und 13 ausgewählte Konzepte vertiefend entwickelt werden (Konstruktion, Einwirkung, Piezotechnologie, Fügetechnologie), wovon drei in diesem Bericht dargestellt werden. Wie zudem Versuchsergebnisse von zwei parallel geschalteten „Piezo-Textil-Bändern" unter dynamischer Zuglast zeigen, wäre es theoretisch möglich mit dem NETBEE-Modul fünf Messungen in 24 Stunden oder eine Übertragung in 20 Tagen durchzuführen. Wie auch bei 12 parallelgeschalteten Piezo-Textil-Bändern eine Messung in 0,5 h oder eine Übertragung in 1,6 Tagen. Im Kontext der Entwicklung einer Harvest Elektronik, zur Versorgung des NETBEE Moduls mittels Energy-Harvesting konnte eine technische Grundlage geschaffen werden (anhand Vorschaltelektronik-Systeme und Firmware). Auf digitaler Ebene wurde das Energiemanagement optimiert, sowie eine Grundlage für eine Datenbank für Klima- und Bauteildaten geschaffen. Über Visualisierungen wurden die Daten in eine übersichtliche und damit leicht zu interpretierende Form gebracht.

Wie dargestellt werden konnte, ist auf technischer Ebene ein autarker Betrieb von aktiven Sensor-Systemen mittels Energy-Harvesting denkbar. Wodurch auch durch die bautechnische Konstruktion selbst zukünftig Einwirkungen und Schwingungen auf Gebäude und Gebäudeteile gezielt als Energieerzeuger genutzt und konstruktiv zugelassen werden könnten. Dies bedeutet ein Umdenken in der Konstruktionspraxis. Wie zudem festgestellt werden konnte, erfordert eine Anwendung des angedachten neuartigen Systems, aufgrund der hohen Komplexität und bereichsübergreifender Abhängigkeiten, umfassende weitere Forschung und Entwicklung.

Publikationen

Piezo-Klett: Entwicklung piezoelektrischer Klettanwendung zur Energieversorgung aktiver Sensorik im Bauwesen

Das vorliegende Projekt betrachtet Gebäude, Gebäudeteile und ihre Anschlüsse (Bauteilknoten) als Energiegeneratoren, indem durch die Anwendung der Klettverbindung in Kombination mit dem piezoelektrischen Effekt ein so genanntes Energy Harvesting betrieben wird. Schriftenreihe 23/2023
M. Raudaschl, T. Levak, V. M. M. Soledad, R. Riewe, E. Drnda, S. Popek, D. Schlegl, B. Freytag, D. Funke-Kaiser, W. Rieger, G. Theuermann, C. Zuber, A. Weber, M. Moser, S. Klima, P. Treitler, A. Lund
Herausgeber: BMK
Deutsch, 89 Seiten

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Projektbeteiligte

Projektleitung

Institut für Architekturtechnologie, Technische Universität Graz

Projekt- bzw. KooperationspartnerInnen

  • Labor für Konstruktiven Ingenieurbau, Technische Universität Graz
  • Axtesys GmbH, Graz
  • NET-Automation GmbH, Zeltweg
  • Anja Lund, Chemistry and Chemical Engineering, Chalmers University of Technology, Sweden

Kontaktadresse

Technische Universität Graz,
Institut für Architekturtechnologie
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Architekt Roger RIEWE
Rechbauerstr. 12/I
A-8010 Graz
Tel.: +43 (316) 873 6300
E-Mail: riewe@tugraz.at
Web: www.iat.tugraz.at

Stellvertretende Projektleitung
Dipl.-Ing. Matthias RAUDASCHL
Tel.: +43 (316) 873 6308
E-Mail: matthias.raudaschl@tugraz.at

Stellvertretende Projektleitung
Dipl.-Ing. Toni LEVAK
Tel.: +43 (316) 873 6307
E-Mail: toni.levak@tugraz.at