Joining Cards - Untersuchung rückbaubarer Verbindungs- und Fügetechniken zur Entwicklung monomaterieller Innenausbausysteme aus Karton

Strategische Auseinandersetzung mit Kartonprodukten und Papierwerkstoffen zur Entwicklung rückbaubarer Innenausbausysteme und der Definition von Baukomponenten und ihrer Schnittstellen. Das Ergebnis bildet in Form eines umfassenden Erkenntnisgewinns die Grundlage für weiterführende Forschungsprojekte.

Kurzbeschreibung

Im Hinblick auf Klimaneutralität im Bauwesen führen die etablierten Trockenbausysteme des Innenausbaus, infolge der heterogenen Materialverwendung und der angewandten Fügemethodik, zu Problemen bei der Wiederverwendung und dem Recycling. Welche insbesondere aufgrund der Verknappung von endlichen Ressourcen, der Dynamik urbaner Räume und der zukünftigen Anforderungen an Städte und Gebäude aufgrund des Klimawandels, mit der daraus folgenden Notwendigkeit der Adaptierung des Innenausbaus, dem Austausch oder vollständigen Rückbau dieser Systeme, hohe Relevanz besitzen.

In diesem Kontext und zur Erreichung einer Kreislaufwirtschaft besitzt eine breite Anwendung von Papierwerkstoffen, als nachwachsender und mehrfach recyclebarer Baustoff, in Form direkt wiederverwendbarer und langlebiger Baukomponenten, großes Potential. Unter anderem, weil die grundsätzliche Tauglichkeit von Papierwerkstoffen für das Bauwesen bereits durch den japanischen Architekten Shigeru Ban in Demonstrationsbauten, als auch in internationalen Forschungsprojekten wie "BAMP! - Bauen mit Papier" für temporäre Anwendungen, untersucht und dargestellt wurde.

Die aus den oben genannten Punkten folgenden Projektziele für die Sondierung „Joining Cards" bestanden in bautechnischen Konzepten zu standardisierten und rückbaubar gefügten Innenausbausystemen aus Papierwerkstoff-Komponenten, in gebauten 1:1 Untersuchungs-Modellen und in einem umfassenden Erkenntnisgewinn des Fügens von Papierwerkstoff-Komponenten.
Hierzu wurden anhand von architektonischen und baukonstruktiven Entwurfsmethoden und auf Basis von Literaturrecherchen und Analysen Konzepte in Form von Skizzen, CAD-Zeichnungen und bautechnischen Beschreibungen entwickelt und dargestellt. Dies erfolgte in Einzelarbeit und im Rahmen von Konzept-Workshops, bei welchen bestehende Konzepte in größerer Gruppe besprochen, analysiert und detailliert sowie mittels Brainstormings weitere Konzepte entwickelt wurden.

Weiters wurden ausgewählte Konzepte in 1:1 Untersuchungs-Modelle übersetzt. Das umfasste unter anderem die Definition konzept- und modellspezifischer Parameter (z.B. Elementabmessungen, Werkstoffe, Fügetechnologie und -mittel), die Herstellung von CAD-Zeichnungen zur Steuerung eines Schneideplotters, die händische Bearbeitung von Karton- oder Papierwerkstoff-Elementen mittels Cutter-Messer, mit einer Bohrmaschine, mit Zangen und mit einer Japansäge, wie auch den Zusammenbau der Einzelkomponenten. Überwiegend parallel zu diesen Tätigkeiten wurde anhand der fortlaufend gewonnenen Erkenntnisse eine qualitative Evaluierung durchgeführt. Die Evaluierungskriterien bildeten Materialhomogenität, Systematisierung, Rückbaubarkeit, Wiederverwendbarkeit, Stabilität und Tragfähigkeit und Innovationsgehalt.

Als Projektergebnis konnten mehrere grundlegende Innenausbau-Konzepte in unterschiedlichen Detailierungsgraden entwickelt werden. Das umschließt Konzepte zu nicht tragenden Innenwandsystemen, zu Unterdeckensystemen, im Bereich von Fußbodensystemen und zu Einzelkomponenten (z.B. Stütze, Beplankung). Als weiteres Projektergebnis bestehen die Modelle von ausgewählten Konzepten, welche anhand ihres zugrundeliegendes Verbindungsprinzips auf grundlegender Ebene und in unterschiedlichen Variationen gebaut wurden. Darüber hinaus wurde ein Konzept eines Fußbodensystems und ein Konzept eines Wandsystems zu einem raumbildenden Großmodell kombiniert. Diese zwei Konzepte werden im vorliegenden Bericht als ausgewähltes Projektergebnis anhand des konstruktiven Aufbaus und anhand der Übersetzung in das Großmodell beschrieben und dargestellt.

Wie im Projekt festgestellt werden konnte, besteht in rückbaubaren Innenausbausystemen aus nachwachsenden und mehrfach recyclebaren Papierwerkstoffen großes Forschungspotential. Dieses liegt bei langlebigen und direkt wiederverwendbaren (kreislauffähigen) Baukomponenten wie auch in der Kombination von Papierwerkstoffen mit Metallkomponenten an der Fügestelle. Ersteres betrifft die Herstellung, den Auf- und Abbau, wie auch die Nutzung von Innenausbausystemen. Bei einer Einbindung der Gesellschaft auf Ebene von (Mit-) Gestaltungsmöglichkeit kann somit gesamtgesellschaftlich ein neuer Zugang und stärkerer Bezug zu einer Form des nachhaltigen Bauens entstehen. Darüber hinaus besteht weiteres Forschungspotential in der Anwendung von recycelten und wiederverwendbaren Papierwerkstoff-Komponenten bei standardisierten statisch wirksamen Bauteilen (z.B. Decken). Wie auch, im Kontext von „Gebäuden als CO2-Senken", in der Implementierung des schnell nachwachsenden Baustoffes Stroh (in Form langlebiger und kreislauffähiger z.B. Plattenware) in den Innenausbau.

Publikationen

Joining Cards - Untersuchung rückbaubarer Verbindungs- und Fügetechniken zur Entwicklung monomaterieller Innenausbausysteme aus Karton

Strategische Auseinandersetzung mit Kartonprodukten und Papierwerkstoffen zur Entwicklung rückbaubarer Innenausbausysteme und der Definition von Baukomponenten und ihrer Schnittstellen. Das Ergebnis bildet in Form eines umfassenden Erkenntnisgewinns die Grundlage für weiterführende Forschungsprojekte. Schriftenreihe 4/2025
M. Raudaschl, T. Levak, L. Gschweitl, M. Boles, R. Riewe, C. Kurz, C. Haidacher, G. Triantafyllidis, B. Hausegger, A. Gündera, D. Schlegl
Herausgeber: BMK
Deutsch, 66 Seiten

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Projektbeteiligte

Projektleitung

Institut für Architekturtechnologie, Technische Universität Graz

Kontaktadresse

Institut für Architekturtechnologie
Technische Universität Graz
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Architekt Roger RIEWE
Rechbauerstr. 12/I
A-8010 Graz
Tel.: +43 (316) 873 6300
E-Mail: riewe@tugraz.at
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