CoolAIR - Prädiktiv geregelte passive Gebäudekühlung mittels natürlicher Nachtlüftung und tageslichtoptimierter Verschattung

Natürliche Nachtlüftung und tageslichtoptimierte Verschattung haben v.a. in ihrer Kombination ein hohes Potential Gebäude energieeffizient zu kühlen, werden aktuell jedoch meist nur manuell gesteuert und damit nicht optimal genutzt. Ziel ist die Entwicklung einer automatisierten und selbstlernenden Lösung, die dieses Kühlpotential voll ausgeschöpft und so eine Alternative zu Klimageräten bietet.

Kurzbeschreibung

Der Kühlenergiebedarf von Gebäuden rückt verstärkt in den Fokus von Planungsschaffenden, Gebäudeverwaltern und NutzerInnen. Vor allem im Bereich von Büro- und Verwaltungsgebäuden sind Klimageräte auch in unseren Breitengraden nicht mehr wegzudenken. Raumtemperaturen im Sommer über 30 °C sind mitunter keine Seltenheit mehr. In vielen Fällen muss mittlerweile die gesamte Zeit außerhalb der Heizperiode als Kühlperiode betrachtet werden. Der Anstieg der Außentemperaturen durch den Klimawandel, eine Erhöhung der Wärmelasten aufgrund solarer Einträge durch großzügige Fenster- bzw. Glasflächen und eine Erhöhung der inneren Wärmelasten durch technisches Equipment im Allgemeinen tragen zu einem rapiden Anstieg des Kühlenergiebedarfs bei.

CoolAIR verfolgte den Ansatz einer ressourcenschonenden Senkung des Kühlenergiebedarfs durch energieeffiziente natürliche Nachtlüftung in Kombination mit tageslichtoptimierter Verschattung. Ziel war die Entwicklung einer automatisierten und prädiktiven modellbasierten Regelstrategie für einen derartigen Low-Tech-Ansatz. Durch Herunterbrechen der Regelung auf Raumebene entsteht ein hoch flexibles System, das durch Nutzung und teilweise Automatisierung bereits vorhandener Lüftungsöffnungen, ohne Vernetzung durch die Gebäudeleittechnik, und mittels Plug&Play das passive Kühlpotential durch Nachlüftung voll ausschöpfen kann.

Die Projektergebnisse stellen eine wertvolle Basis für weitere Entwicklungsarbeiten sowie für eine kommerzielle Umsetzung dar. Folgende Innovationen sind im Projekt entstanden:

  1. Es konnte eine intelligente Regeleinheit auf Basis der modellprädiktiven Regelung entwickelt werden. Basis für die Regelstrategie war ein Neuronales Netzwerk (Methode der Künstlichen Intelligenz), das sowohl mithilfe von Simulationsergebnissen als auch Messdaten aus den Testräumen trainiert und evaluiert wurde. Eine sinnvolle minimale Sensorkonfiguration von nur drei Sensoren wurde darin festgelegt. Weiters in die Mechanik und Steuerung inkludiert wurde die Option zur Spaltlüftung mittels teilweise geöffneter Außenflügel, welche die Wärmeabfuhr aus dem Kastenfensterzwischenraum ermöglicht und so die Effizienz von darin befindlichen Sonnenschutzbehängen wesentlich erhöht.
  2. Durch umfangreiche Strömungssimulationen (CFD) und Tracergas-Messungen konnten die Einflussfaktoren auf den Raumluftwechsel bei Fensterlüftung detailliert bestimmt und aus der Ergebnisanalyse eine Methodik zur Potentialabschätzung der ventilativen Kühlung identifiziert werden.
  3. Im Projekt konnte zusätzlich zur ursprünglichen Planung eine Methode entwickelt werden, wie die Tageslichtversorgung eines Raumes, basierend auf dem Stand der Technik ohne dezidierten Simulationsaufwand berechnet werden kann. Das daraus abgeleitete Modell wurde in Normungskomitees eingebracht und steht damit zukünftig über die Normung breitenwirksam zur Verfügung.

Methodisch folgte das Projekt einem transdisziplinären Ansatz aus empirischer und simulationsbasierter Analyse der entwickelten Konzepte. Grundlagen dafür waren sowohl Daten aus der Literatur als auch ein über die gesamte Projektdauer durchgeführtes Langzeitmonitoring. Folgende wesentliche Ergebnisse können genannt werden:

  • Es besteht in Österreich ein nächtlich nutzbares Kühlpotential, dass sich insbesondere in den Übergangsjahreszeiten effizient nutzen lässt, auch wenn sich die Anzahl der durch den Klimawandel nutzbaren Nächte reduziert bzw. jahreszeitlich verschiebt.
  • Für die modellprädiktive Regelung konnten Rahmenbedingungen erforscht werden und die Eignung für eine maximale nächtliche Speichermassenentladung unter Minimierung der Fensteröffnungszyklen auf einen einzigen Öffnungs- und Schließvorgang nachgewiesen werden. Dies jedoch unter gewissen Voraussetzungen.
  • Es wurde gezeigt, wie sich Blendschutz unter guter Tageslichtnutzung bei alten Gebäuden mit hohen Räumen und Fenstern vereinbaren lassen.
  • Es konnte an der Universität für Weiterbildung Krems und der Wiener Hofburg demonstriert werden, dass Kastenfenster unterschiedlicher Bauart (Wiener und Grazer Typ) für die ventilative Kühlung automatisiert werden können. Insbesondere wurde in der Wiener Hofburg ein minimal invasiver Einbau umgesetzt, der nicht nur funktional ist, sondern auch den Anforderungen des Denkmalschutzes entspricht.
  • Wirtschaftlich gesehen punktet dieses System durch geringere Investitions- und Betriebskosten im Vergleich zu mechanischen Kühlkonzepten. Die Energiekosten für die Kettenantriebe sind so gering, dass sie de facto keine Rolle in den Wirtschaftlichkeitsbe-trachtungen spielen.

Besonders hervorzuheben ist die Umsetzung in der Hofburg Wien, bei der ein Kastenfenster mit vier Fensterflügeln nicht nur mit nur zwei Motoren für die ventilative Nachtkühlung automatisiert werden konnte, sondern die Lösung auch den Anforderungen des Denkmalschutzes entsprach.

Verschattung und Fenster als Komponenten zur natürlichen Lüftung und Kühlung einzusetzen ist nichts Neues und wurde bereits in der Antike angewendet. Heute können diese Komponenten jedoch automatisiert und zur Potentialhebung derer Effekte eingesetzt werden. Zukünftige technische Entwicklungen sind Systembausätze, mit denen (Kasten )Fenster mit nur geringem Vorbereitungsaufwand direkt vor Ort unkompliziert automatisiert werden können. Selbstlernende Algorithmen, die sich automatisch an die jeweils vorhandenen Umgebungen und Nutzungs-szenarien anpassen, wären weitere Schritte. Letztendlich werden steigende Energiepreise aber auch legislative Maßnahmen passive Kühlkonzepte bzw. hybride Konzepte deutlich attraktiver machen.

Gebäude können nur durch ein Bündel von Maßnahmen dem Klimawandel angepasst werden. Dieses Forschungsprojekt hat Grundlagen geschaffen, Gebäude passiv und damit energieeffizienter zu kühlen.

Publikationen

Prädiktiv gesteuerte passive Gebäudekühlung mittels natürlicher Nachtlüftung und tageslichtoptimierter Verschattung (CoolAIR)

Natürliche Nachtlüftung und tageslichtoptimierte Verschattung haben v.a. in ihrer Kombination ein hohes Potential Gebäude energieeffizient zu kühlen, werden aktuell jedoch meist nur manuell gesteuert und damit nicht optimal genutzt. Ziel ist die Entwicklung einer automatisierten und selbstlernenden Lösung, die dieses Kühlpotential voll ausgeschöpft und so eine Alternative zu Klimageräten bietet. Schriftenreihe 78/2025
Daniela Trauninger, Albert Treytl, Markus Winkler, Klaus Winiwarter, Aleksey Bratukhin, Thomas Posnicek, Wolfgang Stumpf, Christian Heschl, Florian Wenig, Bernhard Derler, Stefan Langerwisch, Lukas Unterpertinger, Johannes Schnitzer, Johann Gerstmann, Paul Erdely, Gerald Peischl, Thomas Szuborics, Michael Woschitz, Rainer Zach, Christian Heiligenbrunner, Benjamin Guzei, Manfred Fürstner
Herausgeber: BMIMI
Deutsch, 114 Seiten

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Projektbeteiligte

Projektleitung

  • Donau-Universität Krems, Department für Bauen und Umwelt, Zentrum für Bauklimatik und Gebäudetechnik
  • Donau-Universität Krems, Department für Gesundheitswissenschaften und Biomedizin, Zentrum für Integrierte Sensorsysteme

Projekt- bzw. KooperationspartnerInnen

  • Forschung Burgenland GmbH
  • Johann Gerstmann
  • Woschitz Engineering ZT GmbH
  • Fürstner RWA Systeme und Technik GmbH
  • Zach Antriebe GmbH

Kontaktadresse

DI Dr.techn. Daniela Trauninger
Dr.-Karl-Dorrek-Straße 30
A-3500 Krems
Tel.: +43 (2732) 893 - 2774
E-Mail: daniela.trauninger@donau-uni.ac.at
Web: www.donau-uni.ac.at