Dokumentation, Vergleich und Aufbereitung von Demonstrationsergebnissen zum Thema „Digitaler Gebäude Zwilling“
Kurzbeschreibung
In den letzten Jahren wurden zwei Projekte zur Entwicklung und ersten Umsetzung eines digitalen Zwillings an realen Gebäuden in Österreich abgeschlossen. Dieser digitale Zwilling ist ein detailliertes Simulationsmodell mit der Software IDA ICE, das in Echtzeit mit Messdaten aus einem realen Gebäude abgeglichen wird. Dadurch existiert ein Modell, das zu jedem Zeitpunkt den realen Zustand des Gebäudes und seiner Anlagentechnik darstellt. Dieses Modell kann dann zur automatisierten Fehlererkennung oder zur Optimierung der Regelung genutzt werden. Ziel ist ein reduzierter Energiebedarf und ein besserer Nutzerkomfort.
Die eigentliche Arbeit an den Demonstrationsobjekten sowie die Entwicklung der Software (sog. Building Tracker) geschah innerhalb der folgenden zwei Projekte.
- EU Projekt „Arrowhead Tools" (2019 – 2022). In diesem Projekt wurde als einer von vielen Use Cases einerseits die Software für den digitalen Zwilling weiterentwickelt, anderseits am neuen Forschungsgebäude von Infineon Austria in Villach eingesetzt. Hier lag der Schwerpunkt auf der Abbildung von mehreren Büro- und Besprechungsbereichen mit dem Ziel, den Betrieb von Heizung, Kühlung und Lüftung zu optimieren.
- „Stadt der Zukunft"-Projekt „Digitaler Zwilling" (2019 - 2023). Hier wurde dieselbe Methode im Bürohochhaus H2 in Wien angewendet. Hier ging es hauptsächlich darum, die Kälteanlage abzubilden, um den Betrieb optimieren zu können.
In diesem Bericht werden diese beiden Demonstrationsvorhaben eines digitalen Gebäudezwillings miteinander verglichen und erste Betriebserfahrungen dokumentiert.
In den beiden Projekten wurden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt, so dass jetzt einerseits Erfahrungen in der Abbildung von Räumen und dem dazugehörigen Nutzerkomfort vorliegen. Andererseits wurden auch Erkenntnisse bei der Erstellung eines digitalen Zwillings eines bestimmten Teils der Anlagentechnik gesammelt.
Die Architektur des digitalen Zwillings war unterschiedlich. In einem Fall wurde das Simulationsmodell in einer Cloud mit Daten aus dem Gebäude versorgt, im anderen Fall wurde auf eine rein lokale Lösung gesetzt.
Als ein wichtiger Faktor wurden die Wetterdaten identifiziert. Auch hier gibt es verschiedene Lösungen, die bei den beiden Gebäuden umgesetzt und erprobt wurden. Zusätzlich wurde eine Studie zum Vergleich von verschiedenen Messmethoden und deren Genauigkeit im Vergleich mit Online-Wetterdaten durchgeführt.
Der günstigste Fall für die Erstellung eines digitalen Zwillings ist, wenn in der Planungsphase des Gebäudes bereits eine Gebäude- und Anlagensimulation durchgeführt wurde, um Gebäude und Haustechnik zu optimieren. In diesem Fall kann das bestehende Modell für die Echtzeitsimulationen einfach übernommen werden. Gegebenenfalls muss es noch in einigen Punkten an die tatsächliche Umsetzung angepasst und mit Messdaten validiert werden. Auch eine Dokumentation des Gebäudes im Rahmen von BIM könnte die Erstellung des Modells deutlich vereinfachen.
Die entscheidende Frage ist aber nicht nur, ob ein BIM Modell für ein Gebäude existiert, sondern vor allem, ob die hinterlegten Daten auch geeignet sind, um in ein Simulationsmodell überführt zu werden. Auch wenn beispielsweise ein IFC-Modell vom Architekten erstellt wurden, heißt das nicht, dass dort alle Angaben hinterlegt sind, die für das Simulationsmodell erforderlich sind.
Des Weiteren wird weiterer Forschungs- und Entwicklungsbedarf, der notwendig ist, um die neue Technologie zu einer breiten Umsetzung zu verhelfen, aufgezeigt.
Dies betrifft einerseits eine standardisierte Erstellung des Simulationsmodells für den digitalen Zwilling, wodurch Zeit und Kosten eingespart werden könnten. Ebenso müssen für die Anbindung an bestehende Gebäudeleittechnik standardisierte Lösungen gefunden werden. Besonders bei bestehenden Gebäuden kann dies sehr kostenintensiv sein.
Ziel weiterer Entwicklungen sollte es sein, aus den im Gebäude verfügbaren Messdaten wie Temperatur möglichst viele Phänomene wie z.B. Fensteröffnungen abzuleiten und damit auf weitere Sensoren verzichten zu können. Kombifühler, die neben der Temperatur auch die CO2 Konzentration und evtl. die Luftfeuchtigkeit erfassen, können dabei hilfreich sein, um z.B. auch die Personenanwesenheit in Räumen zu detektieren.
Der nächste Schritt wäre dann, die Echtzeitsimulation für eine optimierte Regelungsstrategie zu nutzen. Dafür ist es notwendig, geeignete Optimierungsalgorithmen zu entwickeln, mit deren Hilfe für das jeweilige Gebäude z.B. optimierte Solltemperaturen für Heizen und Kühlen oder eine entsprechend der Wettervorhersage optimierte Verschattungssteuerung ermittelt werden könnten. Zu diesem Zweck könnte das Simulationsmodell dazu genutzt werden, in sogenannten Was-wäre-wenn-Studien Simulationen mit Vorhersagedaten für das Wetter durchzuführen.
Publikationen
Dokumentation, Vergleich und Aufbereitung von Demonstrationsergebnissen zum Thema „Digitaler Gebäude Zwilling“
Ziel des Projekts war es, Ergebnisse aus zwei Demonstrationsvorhaben eines digitalen Gebäudezwillings miteinander zu vergleichen und erste Betriebserfahrungen zu dokumentieren.
Schriftenreihe
65/2023
D. Jähnig, F. Hengel, C. Moser, R. Pertschy
Herausgeber: BMK
Deutsch, 23 Seiten
Downloads zur Publikation
Projektbeteiligte
AEE – Institut für Nachhaltige Technologien
Dipl.-Ing. Dagmar Jähnig, Dipl.-Ing. Franz Hengel, Dipl.-Ing. Christoph Moser, Dipl.-Ing. Reinhard Pertschy