SPACE4free - Sanierung von Gründerzeitkellern zu Wohnungen mit hoher Lebensqualität und minimalem Energieverbrauch

Planung von dauerhaften und schadensfreien Wohnungen mit hoher Lebensqualität und minimalem Energieverbrauch in Souterrainbereichen feuchtebelasteter Keller von Gründerzeithäusern. Durch den Einsatz von innovativen Lüftungssteuerungen wird ein behagliches Raumklima erzeugt. Gleichzeitig wird die Toleranz gegenüber unterschiedlichen Nutzungsarten gewährleistet. Ein Planungstool ermöglicht die Skalierung der Erkenntnisse und somit die Anwendbarkeit auf verschiedenste Planungssituationen.

Kurzbeschreibung

Status

abgeschlossen

Motivation und Forschungsfrage

Der Titel des Forschungsprojekts „space4free" entstand aus der Überlegung, leerstehende, ungenutzte Kellerbereiche in Gründerzeithäusern als Wohnraum auszubauen und somit die innerstädtische Nachverdichtung zu verstärken. Dies sollte unter dem Aspekt der Effizienzsteigerung ohne eine Erhöhung des Heizwärmebedarfs (HWB) des Bestandsgebäudes möglich sein, wenn der HWB der neu entstehenden Wohnungen annähernd gleich oder geringer ist als die ursprünglichen Wärmeverluste durch die unkonditionierten Kellerbereiche. Die primäre Forschungsfrage lautet somit: Übersteigen die Wärmeverluste zum Kellergeschoß im Originalbestand den tatsächlichen Heizwärmebedarf einer sanierten Souterrain-/Gartenwohnung?
Neben dem energetischen Motiv standen die bauphysikalische Planbarkeit und die praxisnahe Ausführbarkeit im Vordergrund des Projekts. Das Schadensrisiko in den sanierten Souterrainwohnungen sollte dauerhaft gering sein, auch wenn das Nutzer:innen-Verhalten und die Feuchtebelastung der Bauteile große Unsicherheitsfaktoren darstellen. Die weiteren Forschungsfragen betreffen die Einflüsse des Nutzer:innen-Verhaltens und der Bauteile in Bezug auf Feuchteeintrag, Außenklima und Luftwechsel. Weiters sollte die Zuverlässigkeit hygrothermischer Simulationen und die Wirksamkeit eines intelligenten Lüftungsalgorithmus in Bezug auf Planbarkeit und Schadensrisiko feuchtebelasteter Souterrainwohnungen analysiert werden.

Ausgangssituation/Status quo

Die Gassner & Partner Baumanagement GmbH saniert und revitalisiert seit ca. 20 Jahren desolate Gründerzeithäuser zu modernen Gebäuden mit typischem Altbauflair und höchstem Wohnstandard. Zeitgemäße Architektur trifft dabei gründerzeitliche Stilelemente, eine Haustechnik nach dem neuesten Stand des Wissens garantiert hohe Energieeffizienz und innovative Sanierungsmethoden gewährleisten ein geringes Schadensrisiko. Neben dem Dachgeschoßausbau leistet der Umbau ungenutzter Kellerbereiche zu Wohnungen mit hoher Lebensqualität einen erheblichen Beitrag zur innerstädtischen Nachverdichtung. Mitten in der Stadt entstehen hocheffiziente Souterrain-/Gartenwohnungen, die im Sommer kühl bleiben und mit ihren hofseitigen Terrassen und Balkonen zur Vermeidung von Hitzeinseln beitragen.

Aus bauphysikalischer Sicht bestehen in der Sanierungsplanung ungenutzter Kellerbereiche einige ungelöste Fragestellungen, die vor allem die Feuchteproblematik und das individuelle Nutzer:innen-Verhalten betreffen. Eine Berechnung oder Simulation war bislang nicht möglich. Die normativen Vorgaben sind bei erdanliegenden Bauteilen oft nicht umsetzbar und schränken die Nutzbarkeit ein. Oftmals bleiben Kellerbereiche aufgrund von Mauerfeuchte, Salzausblühungen und mangelnder Belüftung muffig und ungenutzt. Vorhandene Strategien zur Kellerbelüftung haben keine Erfordernisse in Bezug auf Hygiene und sind daher nicht für Wohnbereiche geeignet.

Projekt-Inhalte und Zielsetzungen

Basierend auf den primären Forschungsfragen bestand das Ziel, den Energiebedarf der sanierten Souterrain-/Gartenwohnungen auf den Wert der Wärmeverluste durch den ursprünglichen ungenutzten Keller zu beschränken. Außerdem sollte ein intelligenter Lüftungsalgorithmus entwickelt werden, der sowohl eine feuchteabhängige Steuerung als auch eine Nutzer:innen-spezifische Regelung in Bezug auf Anwesenheit, Hygiene und Komfort sicherstellt. Die Feuchtelasten wurden aus Bestandsuntersuchungen und realen Raumklimamessungen ermittelt. Fehlende Daten oder Randbedingungen wurden durch plausible Annahmen und Literaturquellen ergänzt. Mittels Bauteilsimulationen wurde der intelligente Lüftungsalgorithmus einem „proof of concept" unterzogen. Weiters wurden langfristige Raumklimamessungen durchgeführt, die auch nach dem Projektende im Zuge der laufenden Qualitätssicherung weitergeführt werden. Ein wesentlicher Projektbestandteil ist die Beurteilung des Schadensrisikos von erdanliegenden Konstruktionen. Dieses wurde im Zuge von Mauerwerksuntersuchungen und langfristigen Bauteilmonitorings untersucht.

Methodische Vorgehensweise

Die Projektergebnisse wurden im Wesentlichen durch Messungen bzw. Bauteilversuche und/oder hygrothermische Simulationen erzielt. Zu Beginn des Projekts wurden Bestandserhebungen und Materialuntersuchungen im Labor durchgeführt. Dabei wurden wesentliche Eingangsparameter für die hygrothermischen Bauteilsimulationen generiert. In der zweiten Projekthälfte wurde mittels Simulation in einer Variantenstudie die Wirksamkeit bestimmter Lüftungsstrategien unter Berücksichtigung der ermittelten Materialparameter und der angenommenen Randbedingungen untersucht. Begleitend dazu lieferten mehrere Raumklimamonitorings reale Nutzungsdaten. Die Simulationsergebnisse wurden teilweise mit den Monitoringdaten verglichen, um Rückschlüsse auf die Qualität der Simulationsergebnisse und auf die Funktionstüchtigkeit der realen Lüftungssteuerungen ziehen zu können. Der Energiebedarf sanierter Souterrainwohnungen wurde aus realen Verbrauchsdaten in vier ausgewählten Objekten von Gassner & Partner erhoben. Diese Daten wurden mit Simulationsergebnissen eines ungenutzten und natürlich belüfteten Kellers verglichen.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen

Die Bandbreite realer Wärmeverbrauchsdaten von vier sanierten Souterrain-/Gartenwohnungen von Gassner & Partner ist annähernd gleich groß wie die Bandbreite der simulierten Wärmeverluste durch die Kellerdecke eines unsanierten Bestandsobjekts. Dieses Ergebnis belegt die Forschungshypothese, dass in ungenutzten Kellerbereichen zusätzliche Wohnflächen geschaffen werden können, ohne den Heizwärmebedarf des Bestandsgebäudes zu erhöhen. Die hygrothermischen Simulationen unter Berücksichtigung der intelligenten Lüftungssteuerung zeigen, dass das Nutzer:innen-Verhalten in der Regel die maßgebliche Größe für die Feuchtebilanzierung darstellt. Gleichzeitig stellt sich heraus, dass die Emissionen aus den Bauteilen zwar plausibel messbar sind, jedoch mittels hygrothermischer Simulation nur in der Größenordnung reproduzierbar berechenbar sind. Die Materialmodelle, speziell in Bezug auf Flüssigkeitsleitung und Feuchtepufferung, sowie die dreidimensionale Modellierung von Raumgeometrien erfordern weitere Forschungsarbeiten.

Sowohl die Daten der Raumklimamessungen als auch die Ergebnisse der Simulationen zeigen, dass das Raumklima in den Souterrain-/Gartenwohnungen einer typischen Wohnungsnutzung entsprechen kann. Bei zwei der acht im Langzeitmonitoring untersuchten Wohnungen konnte infolge einer übermäßigen Anfeuchtung der Raumluft jedoch ein erhöhtes Risiko für Schimmelpilzbildung festgestellt werden. Die Ergebnisse ausgewählter Bauteilmessungen im Fußbodenaufbau von Souterrain-/Gartenwohnungen zeigen ein erhöhtes Schadensrisiko lediglich im Boden-Wand-Anschlussbereich. Unter speziellen Randbedingungen ist die Aktivierung der Fußbodenheizung während der Übergangszeit im Frühjahr erforderlich.

Ausblick

Die Monitoringmaßnahmen werden auch nach dem Projektende fortgeführt, um die Langzeitwirkung bestimmter Maßnahmen erfassen zu können. Die Publikation von Ergebnissen aus diesem Monitoring in Fachzeitschriften und im Zuge von Kongressen ist geplant.

Die entwickelte intelligente Lüftungssteuerung wird weiter überarbeitet werden. Während in der ersten Version die Regelung anhand von Schwellenwerten erfolgt, sollen in einer Überarbeitung Rampen und gleitende Mittelwerte sowie Schalthysteresen in den Algorithmus implementiert werden. Ein fernes Ziel könnte darüber hinaus die Einbindung von Wettervorhersagen sein.
Um die gewonnenen Erkenntnisse für Planer:innen verständlicher zu gestalten, könnte ein Planungsleitfaden für Souterrain-/Gartenwohnungen mit Bezug auf alle Randbedingungen sowie die Berechnungsparameter hilfreich sein. Ein praxisnahes und leistungsstarkes Simulationstool könnte ebenfalls für die Planung relevant sein.

Publikationen

Sanierung von Gründerzeitkellern zu Wohnungen mit hoher Lebensqualität und minimalem Energieverbrauch (SPACE4free)

Planung von dauerhaften und schadensfreien Wohnungen mit hoher Lebensqualität und minimalem Energieverbrauch in Souterrainbereichen feuchtebelasteter Keller von Gründerzeithäusern. Durch den Einsatz von innovativen Lüftungssteuerungen wird ein behagliches Raumklima erzeugt. Gleichzeitig wird die Toleranz gegenüber unterschiedlichen Nutzungsarten gewährleistet. Ein Planungstool ermöglicht die Skalierung der Erkenntnisse und somit die Anwendbarkeit auf verschiedenste Planungssituationen. Schriftenreihe 7/2022
P. Wegerer, S. Hinterseer, T. Lewis, T. Bednar
Herausgeber: BMK
Deutsch, 163 Seiten

Downloads zur Publikation

Projektbeteiligte

Projektleitung

Technische Universität Wien, Institut für Hochbau und Technologie, Forschungsbereich für Bauphysik und Schallschutz

Projekt- bzw. KooperationspartnerInnen

Gassner & Partner Baumanagement GmbH

Kontaktadresse

Technische Universität Wien
Institut für Werkstofftechnologie, Bauphysik und Bauökologie, Forschungsbereich Bauphysik
Tel.: +43 (1) 58801 – 207201
E-Mail: paul.wegerer@tuwien.ac.at
Web: www.bph.tuwien.ac.at
Web: www.gassner-partner.at