Plus-Energie-Campus - Energieflexibler Plus-Energie-Campus mit Living Lab

Im Projekt Plus-Energie-Campus wurden Wege zu einem nachhaltigen, zukunftssicheren Plusenergie-Quartier (PED) im Umfeld des Standorts der Fachhochschule Technikum Wien untersucht. Dabei wurde die Machbarkeit eines neuen Universitätsgebäudes als Plusenergie-Lehrgebäude im Detail untersucht und dessen Umsetzung vorbereitet. Zentrale Innovationsinhalte sind die energetische Flexibilisierung des Neubaus und des Quartiers sowie die Konzeption des Plusenergiehauses als "Living Lab".

Kurzbeschreibung

Status

abgeschlossen (2022)

Ausgangssituation/Motivation

Das Forschungsprojekt Plus-Energie-Campus widmete sich der zentralen Frage:

Sind die Projektziele

  • Plus-Energie-Campus (Hochschul- Neu- und Zubau als Plusenergiegebäude)
  • Plus-Energie-Quartier am Höchstädtplatz
  • Living Lab am Plus-Energie-Campus unter Berücksichtigung angepasster Lehrformen und einer Vision für F&E Vorhaben 

technisch umsetzbar und wirtschaftlich vertretbar?

Um diese Fragen zu beantworten, wurden für den Campus unterschiedliche bauliche Lösungen (Standort, Architektur) und Energiekonzepte erarbeitet, ihre ökologischen und ökonomischen Auswirkungen bewertet und verglichen. Die Energiekonzepte für den Plus-Energie-Campus wurden auch auf das gesamte Quartier am Höchstädtplatz umgelegt. Zusätzlich wurde auf Quartiersebene die Errichtung von Tiefensonden zur Erdwärmenutzung und die gemeinsame Errichtung eines Anergienetzes untersucht.

Auf Ebene des Campus wurde ein Mobilitätskonzept erarbeitet. Anhand dieses Konzepts wurde überprüft, ob die, in der Bewertung auf Quartiersebene miteinbezogenen Reduktionen aus Verkehrsemissionen realistisch erreichbar sind. Eine wirtschaftliche Bewertung der Maßnahmen des Mobilitätskonzepts erfolgte nur in sehr groben Zügen und ist nicht in die Gesamtkosten eingeflossen.
Um die Zusammenhänge klarer darzustellen, wurden im vorliegenden Bericht Ausgangslage, Methoden und Ergebnisse für den Plus-Energie-Campus, das Living Lab und das Plus-Energie-Quartier jeweils in einem Kapitel zusammengefasst.

Plus-Energie-Campus

Die FH-Technikum Wien wächst und seit Jahren besteht Bedarf an zusätzlichen Flächen für Lehre und Forschung. Zum Zeitpunkt der Berichtserstellung ist diese in 4 Gebäuden am Höchstädtplatz und in Teilen der Energy-Base im 21. Bezirk untergebracht. Diese Gebäude wurden in den Jahren 2003 bis 2013 errichtet.

Untersucht wurden drei bauliche Varianten zur Erweiterung der Flächen der FH-Technikum Wien: zwei Nachverdichtungsvarianten zum bestehenden A-Gebäude und ein zusätzliches Gebäude im Bereich des bestehenden Gebäudekomplexes. Die Ergebnisse unterscheiden sich sowohl bei den energetischen, ökologischen und wirtschaftlichen Betrachtungen nur marginal.

Das Energiekonzept umfasst schwerpunktmäßig:

  • die Optimierung der thermischen Hülle (Dämmung und Fenster)
  • die Optimierung der Wärme- und Kälte-Erzeugung und -Abgabe (Bauteilaktivierung, Wärmepumpen, Fußboden- bzw. Flächenheizung)
  • die Steigerung der Effizienz der Lüftung (Wärmerückgewinnung, ...)
  • Nutzung von Erneuerbaren Energien (großzügiger Einsatz von Photovoltaik, Wind-Peak-Shaving)
  • die Optimierung der elektrotechnischen Anlagen

Flexibilität liegt insbesondere im Bereich der Wärme/Kälteerzeugung und -abgabe (Wärmepumpen mit Speicher). Elektrische Speicher wurden nicht vorgesehen. Die Nutzung von E-Fahrzeug-Batterien als elektrischer Zwischenspeicher wurde untersucht, ist aber aufgrund fehlender Praxiserfahrung und schwerer Abschätzbarkeit des tatsächlichen Potentials nicht in die Berechnung der Maßnahmen-Auswirkungen eingeflossen.

Die durchgeführten Simulationen ergeben, dass der Plus-Energie-Standard auf Gebäudeebene für alle baulichen Varianten nur dann erreicht werden kann, wenn alle Maßnahmen umgesetzt werden.
Aus den wirtschaftlichen Betrachtungen wird ersichtlich, dass die Kosten der Maßnahmen durch die Reduktion der Energiekosten langfristig ausgeglichen werden. Hier finden sich sehr große Unterschiede in den Amortisationszeiten der einzelnen Maßnahmen, was vor allem daran liegt, dass die Bausubstanz der bestehenden Gebäude aus den 2000er-Jahren über eine vergleichsweise gute thermische Hülle verfügt, wodurch die zusätzlichen Energieeinsparungen geringer ausfallen als bei anderen sanierungsbedürftigen Gebäuden (z.B. vor den 1980er Jahren errichtet).

Untersucht wurde auch die Umsetzung des Plus-Energie-Standards unter Einbeziehung ökologischer Baustoffe und die Auswirkung auf die Ökobilanz:

  • Beitrag zur Globalen Erwärmung (Indikator: GWP-total)
  • Versauerung von Boden und Wasser (Indikator: AP)
  • Bedarf an nicht erneuerbarer Primärenergie, total (Indikator: PENRT)
  • Bedarf an erneuerbarer Primärenergie (PEE)

Die Ökobilanz zeigt, dass die lebenszyklischen Umweltwirkungen mit einer Sanierung auf Plus-Energie-Standard unter zusätzlicher Verwendung möglichst umwelt- und ressourcenschonender Baustoffe stark verringert werden können. Die Unterschiede zwischen den baulichen Varianten sind aber im Vergleich zu den energetischen Varianten marginal.

Die wirtschaftliche Betrachtung zeigt hier Mehrkosten von rund 20 %.

Plus-Energie-Quartier am Höchstädtplatz

Das Quartier umfasst elf Baublöcke (Mikroquartiere) mit einer Nutzfläche von 175.959m2. Zwei Baublöcke finden sich derzeit in Umplanung/Umwidmung, ein Baublock in der Bauphase.
Die Flächen werden zu 70 % zum Wohnen, 14 % für Büros, 11 % für Ausbildung und 5 % für Handel genutzt. Die Gebäude wurden zu 39 % vor 1978 errichtet, 38 % bis 2009 und 23 % von 2009-2015.

Die Bewertung des Plus-Energie-Standards erfolgen anhand der Definitions-Ansätze der Zukunftsquartier-Projektreihe (Zukunftsquartier 2.0 und ZQ Austria).

Die Simulation ergab, dass zur Erreichung des Plus-Energie-Standards im Quartier folgende Voraussetzungen notwendig sind:

  • Eine Sanierungsrate von 2,82 ergibt eine Sanierung aller Gebäude bis 2040 ausgenommen
    o Brigittapassage (Errichtung zu 21 % nach 2009, zu 71 % nach 1979)
    o Wohnturm (Errichtung 2006) und
    o FH-Technikum-Zeile (Errichtung nach 2010)
  • „raus aus Gas" (fiktive Umstellung auf Fernwärme als Ausgangslage)
  • „PV-Offensive" (Belegung aller Dächer und geeigneten Fassaden mit PV)
  • Umstellung auf erneuerbare Energiequellen zur Wärme/Kälteversorgung (Luft- oder Erdwärmepumpen)

Auch hier zeigt die wirtschaftliche Betrachtung, dass die Kosten der Umstellung langfristig durch Energieeinsparungen gedeckt werden. Zum überwiegenden Teil liegt die Amortisationszeit der Maßnahmen unter 30 Jahren. Die Nutzung von Erdwärme mittels Tiefensonden und Wärmeaustausch zwischen den Gebäuden durch ein Anergienetz zeigt sich zwar wirtschaftlich aufwändiger als die Umstellung auf Luftwärmepumpen, leistet aber einen wichtigen Beitrag zur Energie-Flexibilisierung und Effizienz und ist daher eine wichtige Voraussetzung für die Erreichung des Plusenergiestandards des Quartiers.

Living Lab

Die Projektergebnisse zeigen, dass die Beiträge der verschiedenen Umsetzungsoptionen des Living Labs, in Hinblick auf die spezielle Thematik nachhaltiger Gebäude- und Quartiersstrukturen im größeren Kontext von Hochschulaktivitäten, zur generellen Zielsetzung des Konzepts als Akkumulator einer nachhaltigen Entwicklung in den meisten Fällen als positiv anzusehen sind.
Im Falle innovativer Maßnahmen bei der Planung und Entwicklung klima-fitter und damit nachhaltiger Stadtquartiere besteht häufig noch erheblicher Bedarf an der Sicherstellung der allgemeinen Akzeptanz eingesetzter Technologien und Prozesse. In diesem Zusammenhang kann die Hochschule als Schnittstelle zwischen der Ausbildung zukünftiger Professionist:innen in ihren unterschiedlichen Themenfeldern des Lehrangebots und jenen Personen, die dasselbe Quartier nutzen und sich damit im selben quartiersmäßig abgegrenzten Raum aufhalten dienen. Die generelle Zielsetzung technologische Entwicklungen in einem „geöffneten" Rahmen und über längere Zeiträume in variierenden, experimentellen Settings zum Einsatz zu bringen kann gerade im urbanen Setting, einer auf technische Themen ausgerichteten Hochschule, um eine transdisziplinäre Dimension erweitert werden, in der Akteur:innen aus der Zivilgesellschaft ebenso in diese Prozesse involviert werden als auch Vertreter:innen ortsansässiger Unternehmen und regionale Entscheidungsträger:innen.

Ergebnisse

Zusammenfassend kann festgestellt werden: Die Erreichung des Plus-Energie-Standards ist sowohl für den Campus der FH-Technikum Wien als auch für das Quartier am Höchstädtplatz erreichbar. Die Einrichtung eines „Living Labs" im Zuge der Erweiterung der FH-Technikum Wien kann zur Bewusstseinsbildung und Akzeptanz der Maßnahmen beitragen. Die, für den Plus-Energie-Status notwendigen Investitionen werden in sehr unterschiedlichen Zeiträumen durch Energieeinsparungen ausgeglichen. Während Investitionen in einen flächendeckenden, großzügigen Einsatz von Photovoltaik und thermischer Sanierung von älteren Gebäuden sehr kurzfristig auch ohne Förderungen durch Energieeinsparungen ausgeglichen werden, amortisiert sich die Investition in Erdwärmepumpen und Anergienetz nur bei ausreichender Förderung durch die öffentliche Hand. Die thermische Sanierung von jüngeren Gebäuden rechnet sich nur langfristig, ist aber für die Erreichung des Plusenergiestandards bezogen auf das Gebäude unerlässlich. 

Publikationen

Plus-Energie-Campus - Energieflexibler Plus-Energie-Campus mit Living Lab

Im Projekt Plus-Energie-Campus wurden Wege zu einem nachhaltigen, zukunftssicheren Plusenergie-Quartier (PED) im Umfeld des Standorts der Fachhochschule Technikum Wien untersucht. Dabei wurde die Machbarkeit eines neuen Universitätsgebäudes als Plusenergie-Lehrgebäude im Detail untersucht und dessen Umsetzung vorbereitet. Zentrale Innovationsinhalte sind die energetische Flexibilisierung des Neubaus und des Quartiers sowie die Konzeption des Plusenergiehauses als "Living Lab". Schriftenreihe 67/2023
S.Schneider, T.Zelger, E.Kerschbaum, R.Drexel, D.Bell, S.Goudarzi, E.Paráda, U.Schneider, M. Berger, F. Bucek, V. Huemer-Kals, B. Lipp, T. Sommerauer
Herausgeber: BMK
Deutsch, 289 Seiten

Downloads zur Publikation

Projektbeteiligte

Projektleitung

Fachhochschule Technikum Wien

Projekt- bzw. KooperationspartnerInnen

  • IBO - Österreichisches Institut für Bauen und Ökologie GmbH
  • POS architekten ZT GmbH
  • Teamgmi Ingenieurbüro GmbH
  • SOMMERAUER Projektmanagement GmbH

Kontaktadresse

Fachhochschule Technikum Wien
Kurt Leonhartsberger
Hochstädtplatz 6
1200 Wien
Tel.: +43 (664) 619 25 86
E-Mail: leonhart@technikum-wien.at
Web: www.technikum-wien.at