Digitalisierung in der Stadtplanung: Von der Raumplanung bis zur Digitalisierung im Bauwesen (PBM_integrativ)

Das Projekt schafft einen Überblick zu den behördlichen, wirtschaftlichen und planerischen Grundlagen und Verflechtungen sowie zum Informationsfluss bzw. zu -defiziten für die Planungs-, Bau- und Betriebsphasen im Lebenszyklus von Gebäuden.

Kurzbeschreibung

Motivation und Forschungsfrage

Prozesse der Digitalisierung verändern seit Jahren massiv Abläufe in Wirtschaft und Verwaltung. Damit ändern sich auch die Rahmenbedingungen für die Stadtentwicklung: unter anderem in den Bereichen Planen und Bauen von Gebäuden und technischen Infrastruktursystemen sowie im Betrieb und Umbau gebauter Strukturen. Angesichts klimapolitischer Ziele stellen sich für die Stadtplanung und Energieraumplanung neue Herausforderungen, wobei die Digitalisierung neue Möglichkeiten für eine nachhaltige Transformation zugunsten einer notwendigen Energiewende bieten sollte.

Vor dem Hintergrund institutioneller Regelungen und vorgegebener Verfahren wird in diesem Projekt den Fragen nachgegangen, welche Informationsflüsse oder -defizite im Zuge von Planungs-, Bau- und Betriebsphasen im Lebenszyklus von Bauten bestehen, welche Akteure involviert sind und inwiefern sich Informationsbedingungen durch Digitalisierung von Verfahren verändern. Darauf aufbauend stellen sich Fragen zu den Anforderungen einer modernen Energieraumplanung.

Ausgangssituation/Status Quo

Planen, Bauen, Managen/Betreiben und Nachnutzung im meist langen Lebenszyklus von Gebäuden und Infrastrukturen verlangen nach Entscheidungsfindung in einem vielfältigen und komplexen Umfeld, das sich durch eine Vielfalt von Akteuren und oft widersprüchliche Zielvorgaben und Interessenslagen auszeichnet. Entsprechende Prozesse zur Festlegung stadtplanerischer Vorgaben oder zur baulichen Ausgestaltung sind durch institutionelle Regelungen weitgehend in sich konsistent, ihre Schnittstellen zum Planen und Bauen sowie zum Managen/Betreiben sind dies – so ist zu erwarten – angesichts unterschiedlicher Akteure und Interessenslagen aber nicht. Ein entsprechender Informationsfluss zur Qualität des Gebäudebestands, zu Energieversorgungs¬systemen oder auch zum gebäudespezifischen Energiebedarf wäre somit für die Energieraumplanung sehr wichtig, um Anforderungen zur Energiewende nachkommen zu können.

Projekt-Inhalte und Zielsetzungen

Übergeordnetes Ziel dieses Projekts ist es, einen Überblick zu den behördlichen, wirtschaftlichen und planerischen Grundlagen und Verflechtungen sowie zum Informationsfluss bzw. zu -defiziten für die benannten Phasen zu schaffen. Somit liegen die Ziele im Präzisieren des Verständnisses von Energieraumplanung; Identifikation der Stakeholder innerhalb der Prozessketten sowie deren Interessenslagen und Informationsanforderungen aus datentechnischer Sicht; Identifikation von problematischen Schnittstellen der Datengrundlagen; nicht zuletzt in der Darstellung von optimierten Prozessen für eine effektive Energieraumplanung.

Methodische Vorgehensweise

Folgende Methoden wurden für die Projektarbeit mit Fokus auf die Bundesländer Wien und Salzburg und unter Einsatz eines Beirats aus Expertinnen und Experten zur Projektsteuerung eingesetzt:

  • Sekundärliteraturrecherche;
  • Recherche und Bewertung von wichtigsten Datengrundlagen in digitaler Form;
  • Mapping der Akteurslandschaft;
  • Experteninterviews zu Anforderungen und Erwartungsdefiziten im Informationsfluss;
  • digitale Befragung von Beiratsmitgliedern.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen

Die Etablierung einer Energieraumplanung wird aufgrund der Abkommen zu klimapolitischen Vorgaben auf verschiedenen Ebenen in Österreich immer dringlicher. Insbesondere Strategien, Instrumente und Projekte zum Klimaschutz und zur Energiewende sollten forciert werden. Konkret geht es dabei zunehmend um die Senkung von Treibhausgasemissionen, die Steigerung des Anteils der Energie aus erneuerbaren Quellen sowie die Steigerung der Energieeffizienz. Es entstehen derzeit neue Instrumente, um deren Ziele effizienter und effektiver umzusetzen. Aufgrund der kompetenzrechtlichen Zersplitterung zwischen Bund, Land und Gemeinden ist festzuhalten, dass aber eine konsistente gemeinsame Strategieebene und Implementierung notwendig wäre.

Für die Energiewende wird heute dem Neubau ausreichend, jedoch Gebäuden im Bestand unzu-reichend Aufmerksamkeit gewidmet. Datenschutz, baurechtliche Auflagen, gegebenenfalls Denkmal- und/oder Ensembleschutz sowie Kosten und Finanzierung der Modernisierungsmaßnahmen erlauben derzeit keine großen Sprünge zur Verbesserung der Energieeffizienz. Verschiedene Probleme der kleinteiligen Durchführbarkeit, komplexe Interessenslagen und ungelöste Fragen der Verteilung von Nutzen und Kosten zwischen Eigentümern und Wohnungsnutzern lassen keine großen Effizienzschübe im Bestand erwarten.

Erste Schritte zu einer Energiewende auf Quartiersebene sind auf strategischer und rechtlicher Ebene getan oder gerade in Vorbereitung, sodass am Grundstück produzierter Strom eigene Mieter im Haus oder in der Nachbarschaft im Quartier versorgen kann. Das Clean Energy Package (CEP) der EU muss hierfür in Österreich dringlich umgesetzt werden.

Es bestehen Brüche bzw. ein Mangel im Informationsfluss, wie aus den Interviews hervorgeht: im Neubau an Energieverbrauchsdaten der Energieunternehmen sowie zwischen der Bauplanung und ausführung bezüglich der Nutzungskonzepte und -ansprüche an Gebäude; im Bestand insbesondere zur Qualität von Gebäuden und entsprechenden Maßnahmen der Erhaltung oder Modernisierung mit zunehmenden Alter und Abnutzung sowie beim Betreiben bezüglich der Nutzungskonzepte und -ansprüche an Gebäude.

Die Entwicklung der BIM-Technologie (closed und open BIM) zeigt, dass in der Phase Bauen zunehmend mehr kodifiziertes Wissen durch Digitalisierung entsteht. Alle beteiligten Akteure sind gefordert, ihre Tätigkeiten zu digitalisieren und damit auf eine bessere Datenbasis zu stellen. Beide BIM-Konzeptionen sollten so entwickelt werden, dass über Schnittstellen die Übergabe an andere Akteure und deren datentechnische Verknüpfung gewährleistet wird.

Ausblick

Aus der Sicht der Energieraumplanung ist Folgendes zu betonen:

  1. Die Digitalisierung von Planungsprozessen, der Baueinreichung sowie beim Bauen und Betreiben bietet nur dann Chancen auf bessere Effektivität, wenn in der Umsetzung disziplinenübergreifendes Verständnis und insbesondere auch siloartige Datenkonzepte überwunden werden können.
  2. Schnittstellen von Strategie und Planung zum Bauen und zum Betreiben würden einen Sprung in der Skalierung und damit in der Informationsqualität bedeuten. Interessensgegensätze zwischen hoheitlichen Interessen (Klimaschutz und Versorgungssicherheit) sowie privatwirtschaftlichen Interessen (eigene Position unter Wettbewerbsbedingungen) müssen überwunden werden. Dazu sind spezialisierte Information und Daten auf Mikro-Ebene (Gebäude, Infrastruktureigenschaften) zu erzeugen und über geeignete Datenorganisation (unter Beachtung der DSGVO) in aggregierter Form für Strategie und Planung verwertbar zu machen.

Publikationen

Digitalisierung in der Stadtplanung: Von der Raumplanung bis zur Digitalisierung im Bauwesen (PBM_integrativ)

Das Projekt schafft einen Überblick zu den behördlichen, wirtschaftlichen und planerischen Grundlagen und Verflechtungen sowie zum Informationsfluss bzw. zu -defiziten für die Planungs-, Bau- und Betriebsphasen im Lebenszyklus von Gebäuden. Schriftenreihe 11/2021
R. Giffinger, A. Redlein, R. Kalasek, F. Pühringer, A. Brugger, A. Kammerhofer, P. Kerschbaum
Herausgeber: BMK
Deutsch, 88 Seiten

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Projektbeteiligte

TU Wien, Institut für Raumplanung
Forschungsbereich Stadt- und Regionalforschung

  • Univ.Prof. Mag.rer.nat. Dr.techn. Rudolf Giffinger
  • Senior Scientist Dipl.-Ing. Robert Kalasek
  • Univ.Ass. Dipl.-Ing. Florian Pühringer
  • Arno Brugger, BSc
  • Arthur Kammerhofer, BSc
  • Philipp Kerschbaum, BSc

TU Wien, Institut für Managementwissenschaften
Forschungsbereich Betriebstechnik, Systemplanung und Facility Management

  • Ao.Univ.Prof. Dipl.-Ing. Mag.rer.soc.oec. Dr.techn. Alexander Redlein