(Nudging-)Maßnahmen bei nachhaltigen Sanierungsprojekten - Eine qualitative und quantitative Analyse

Auf der Grundlage einer soziologischen Kontextanalyse von ausgewählten Projekten der Programme „Haus der Zukunft“ und „Stadt der Zukunft“ und einer quantitativen Online-Erhebung unter NutzerInnen von Wohnobjekten werden unter verhaltensökonomischen Gesichtspunkten die relevantesten, durch Umbau- bzw. Sanierungsmaßnahmen verursachten Störfaktoren zusammengefasst und (Nudging-)Maßnahmen antizipiert.

Kurzbeschreibung

Als wichtigste Störfaktoren stellen sich dabei in der Reihenfolge ihrer Relevanz das Mittragen von Umbaukosten, ein temporärer Umzug, eine eingeschränkte Nutzung der eigenen Wohnung sowie Lärm und Schmutz in der Wohnung heraus.

Das Mittragen von Umbaukosten stört insbesondere junge Menschen und Menschen mit niedrigerer Ausbildung, daher sollte auf diese Zielgruppe(n) ein spezielles Augenmerk gelegt werden. Als effiziente präventive Maßnahme stellt dabei die Vermittlung eines eingängigen Kosteneinsparungspfades im zeitlichen Verlauf dar. Hier spielt gut aufbereitetes Informationsmaterial eine Rolle: Wichtig ist, diese Informationen vertrauenswürdig zu vermitteln. Aus verhaltensökonomischer Sicht empfiehlt es sich, ein offizielles Schreiben zu nutzen und möglicherweise mit Visualisierungen (z.B. Break-Even Point, Entwicklung der Mietkosten in der Zukunft, ...) zu arbeiten.

Dem Störfaktor „temporärer Umzug" kann wirkungsvoll entgegengewirkt werden, indem zunächst ein exakter und verbindlicher Umbau- bzw. Umzugsplan entwickelt und kommuniziert wird. Damit einher sollte nach Möglichkeit ein schrittweises Renovierungs- bzw. Sanierungskonzept gehen. Günstig wirkt sich darüber hinaus auch die Möglichkeit des kostenfreien Bezugs einer Wohnung im selben Haus aus. Nicht hinlänglich zu klären war, ob hier mehr der Kostenfaktor oder mehr die Möglichkeit des Verbleibs in der eigenen Wohnumgebung ausschlaggebend ist.

Die Mitbestimmung beim Zeitplan, wie überhaupt die Partizipation betroffener WohnungsnutzerInnen im gesamten Planungs- und Bauprozess, erhöhen die Akzeptanz signifikant. So können die zeitlichen Präferenzen der BewohnerInnen im Vorfeld abgefragt und berücksichtigt werden, etwa kann der Umbau zu Ferien- bzw. Urlaubszeiten durchgeführt werden, sodass dieser mit den Urlaubsplänen der Betroffenen akkordiert werden kann. Es ist dabei wichtig, diese Optionen im Sinne der Vermittlung einer Problemwahrnehmung auch zu kommunizieren, um so Ohnmachtsempfindungen vorzubauen (Formulierungen wie, „Aus Erfahrung wissen wir, dass die meisten MieterInnen einen Umbau im September bevorzugen. Daher ...", sind dabei möglicherweise hilfreich). Grundsätzlich wird nämlich die eingeschränkte Nutzung der eigenen Wohnung und andere Störfaktoren als weniger belastend wahrgenommen, wenn u.a. beim Zeitplan des Umbaus mitbestimmt werden kann. Eine materielle Abfindung wirkt dagegen weniger.

Lärm und Schmutz in der Wohnung als Folge von Bau- bzw. Sanierungsmaßnahmen empfinden WohnungsnutzerInnen als weniger störend, wenn seitens der Bauleitung vermittelt werden kann, dass technisch das Bestmögliche getan wird, um solche Belastungen zu minimieren. Das Angebot einer regelmäßigen kostenfreien Reinigung findet ebenso große Resonanz. Das Störempfinden gegenüber Lärm und Schmutz geht so weit, dass sogar ein kostenfreier Umzug als entlastende Maßnahme in Kauf genommen wird. Auch hier gilt im Sinne der Vermittlung eines Problembewusstseins der Bauverantwortlichen, die entsprechenden Vorkehrungen auch zu kommunizieren und Mitbestimmung beim Zeitplan des Umbaus einzuräumen.

In den Ergebnissen zeigt sich, dass ein stärker ausgeprägtes Umweltbewusstsein, die Sorge um die Umwelt, mit einer höheren Sensibilität in Bezug auf Lärm und Schmutz einhergehen. Dieser Zusammenhang könnte möglicherweise dahingehend genutzt werden, als im Projekt auf eine nachhaltige Bauweise geachtet wird, indem etwa entsprechende Baumaterialen verwendet und Abbruchmaterial u.Ä. einer Wiederverwertung zugeführt werden.

Insgesamt lässt sich aus den Ergebnissen ableiten, dass die verhaltensökonomischen Einflussfaktoren (z.B. Vertrauen in Mitmenschen, Geduld) die Akzeptanz einiger Störfaktoren signifikant beeinflussen. Das unterstreicht das Potenzial von vertrauensförderlichen Maßnahmen wie zeitgerechte Kontaktaufnahme, Partizipation, persönliche AnsprechpartnerInnen im Projekt, Schriftstücke mit Foto und Unterschrift, Formulierungen wie, „Wir verstehen, dass die Umbauten für Sie eine Einschränkung bedeuten, aber tun Folgendes, um es Ihnen angenehmer zu machen: ...".
Den relevantesten Faktor unter allen Maßnahmen stellt die Mitbestimmung beim Zeitplan und somit Planbarkeit bzw. Teilhabe dar. Das Empfinden eines Großteiles der Störfaktoren ist davon beeinflusst. Nicht abschließend zu klären war dabei, welche Faktoren damit motivational verbunden sind. Es ist aber anzunehmen, dass dabei Planbarkeit, Transparenz, Vertrauen und Teilhabe grundsätzlich Einfluss ausüben.

Publikationen

(Nudging-)Maßnahmen bei nachhaltigen Sanierungsprojekten

Auf der Grundlage einer soziologischen Kontextanalyse von ausgewählten Projekten der Programme „Haus der Zukunft“ und „Stadt der Zukunft“ und einer quantitativen Online-Erhebung unter NutzerInnen von Wohnobjekten werden unter verhaltensökonomischen Gesichtspunkten die relevantesten, durch Umbau- bzw. Sanierungsmaßnahmen verursachten Störfaktoren zusammengefasst und (Nudging-)Maßnahmen antizipiert. Schriftenreihe 23/2022
K. Grosch, H. Kuschej, A. Walter
Herausgeber: BMK
Deutsch, 76 Seiten

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Projektbeteiligte

Institut für Höhere Studien (IHS)
Dr. Kerstin Grosch, Mag. Hermann Kuschej, Anna Walter, MSc

Unter Mitarbeit von Dr. Claus Ghesla, Raphael Gottweis, BSc, Alina Knaub, BSc, Sabine Neuhofer, PhD