NETSE - Nutzerorientierte Entwicklung von Technologien und Services für Energiegemeinschaften
Kurzbeschreibung
Motivation und Forschungsfrage
Das Winter Package der EU legte 2017 den Grundstein für die Diskussionen rund um Energiegemeinschaften, die zu Novellierungen der Electricity Market Directive und der Renewable Energy Directive führten. Dabei wurden zwei Arten von Energiegemeinschaften konkretisiert, die Erneuerbare-Energien-Gemeinschaft (EEG) und die Bürger:innen-Energiegemeinschaft (BEG). Die rechtlichen Grundlagen für EEGs wurden in Österreich mit Inkrafttreten des Paragraphen 16c im ELWOG 2010 am 28. Juli 2021 geschaffen. Unmittelbar vor diesem Zeitpunkt wurde das Projekt NETSE entwickelt und bis Ende 2023 umgesetzt. Ziel des Forschungsprojektes NETSE war es, Grundlagen zum Stand der Technik zu recherchieren und Lösungen zu entwickeln, die EEGs dienen. Die zahlreichen Forschungsfragen lassen sich unter der folgenden Leitfrage zusammenfassen: Welche technischen, ökonomischen und sozialen Anforderungen werden an eine EEG gestellt und welche Lösungen sind für eine erfolgreiche Umsetzung erforderlich?
Projekt-Inhalte und Zielsetzungen
Die Projektinhalte und -ziele wurden aus praktischen Überlegungen und Problemstellungen abgeleitet. Der Betrieb einer EEG erfordert Daten und Datenaustausch. Ein Datenaustausch zwischen der EEG und ihren Mitgliedern, der EEG und den Verteilnetzbetreibern sowie zwischen technischen Einheiten wie Batteriespeicher und E-Ladeinfrastruktur muss zumindest gewährleistet sein. Daher war es ein Ziel des Projektes, Datenschnittstellen und Hardware zu erforschen und zu definieren, mit denen die Abrechnung eines EEG sowie die Umsetzung weiterer Dienste wie die Integration von Ladepunkten, flexiblen Lasten sowie Speichern möglich ist. Die nutzer:innen-zentrierte Entwicklung einer Serviceplattform für die Organisation, insbesondere die Abrechnung von EEGs, war ebenfalls ein zentrales Ziel. Der Erfolg einer EEG an sich und vor allem von Services für EEGs wird auch an seiner betriebswirtschaftlichen Sinnhaftigkeit gemessen. Eine weitere Fragestellung befasste sich daher mit der Entwicklung von zumindest kostendeckenden Geschäftsmodellen. Die Geschäftsmodelle erfordern Annahmen über den Stromverbrauch und die Stromerzeugung sowie Tarifmodelle. Die Entwicklung geeigneter Erzeugungs- und Lastprofile sowie Tarifmodelle war daher ebenfalls Projektinhalt. Mit Hilfe der entwickelten und im Use Case gemessenen Daten war es ein weiteres Ziel, das Zusammenspiel von Erzeugung und Verbrauch im Sinne des EEG zu optimieren. Dies erfolgte mit einer Optimierungsrechnung in OptEnGrid. Auf Basis der parallel zum NETSE-Projekt entwickelten EEG und eines Use-Cases in Wieselburg war es das Ziel, Handlungsprinzipien für den erfolgreichen Aufbau und Betrieb einer EEG und deren Skalierbarkeit abzuleiten.
Methodische Vorgehensweise
Die vielschichtigen Forschungsfragen und Zielsetzungen erforderten eine ebenso vielschichtige Methodenwahl. Für die Technologieentwicklung, Modellierung und Optimierung (1), sowie die Nutzer:innenforschung und die Serviceentwicklung (2) und das Community-Building (3) wurden folgende Methoden angewandt:
- Literatur- und Marktrecherche, Modellierung und Optimierung, Use Case Modelle und Szenarien
- Stakeholderanalyse, Akzeptanz- und Touchpointanalyse, Service Blueprinting, Usability Engineering unterstützt durch Teilnehmende Beobachtung, Fokusgruppenforschung und einer Onlinebefragung
- Literaturrecherche, persönliche Interviews von Stakeholdern
Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Zu Projektende liegen nachfolgende Ergebnisse vor:
- Übersicht zu Kommunikationstechnologien, -protokollen und -schnittstellen
- Stakeholderanalyse
- Akzeptanz- und Touchpointanalyse
- Tarifmodelle für EEGs
- Validierte Geschäftsmodelle für den Betrieb einer EEG
- Eine Serviceplattform für die Initiierung, Gründung und den Betrieb einer EEG (EGON)
- Ein Modell zur Optimierung von EEGs (Daten- und Informationspattform) und Optimierungsempfehlungen
- Lastprofilmodelle als Grundlage für eine optimierte Planung für EEGs
- Replication & Upscaling Guide von EEG-Modellen/ Methoden für künftige Praxistests
- EEG Implementierungskonzept: Phasen, Rollen, Zeitablauf
- Lessons Learned Kremsmünster und zentrale Leitthemen und Aufgaben für EEGs
Ausblick
Die Bewertungen des Einsatzes der neuen Technologien in Energiegemeinschaften haben gezeigt, dass die Verwendung von „real-time" Daten notwendig ist, um diese sinnvoll einzusetzen. Es bedarf daher neuer Technologien, die aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Energiegemeinschaften sehr kostengünstig sein müssen.
Entwicklung einer Software für die Einbindung von Ladesäulen in Energiegemeinschaften:
Die Software für den Betrieb der Ladesäulen sieht aktuell die Einbindung in eine Energiegemeinschaft nicht vor. Hier bedarf es einer Softwareentwicklung, um eine Integration barrierefrei zu ermöglichen.
Eine im Projekt durchgeführte Online-Befragung von potentiellen Nutzer:innen von Ladesäulen zeigt, dass vor allem EEG-Mitglieder ohne einer Lademöglichkeit am Wohnort, weil sie zum Beispiel in einem Mehrfamilienhaus eingemietet sind, Interesse an einer EEG-Lademöglichkeit haben. Dabei sollte die Ladesäule fußläufig erreichbar sein; ein preiswerter Ladestrom ist wichtiger als eine Schnellladeoption.
Das im Forschungsprojekt entwickelte „kommunale EEG-Betreibermodell" birgt große Chancen für kleine und mittlere Gemeinden in österreichischen Klein- und Leader-Regionen. Empfohlen wird das Pilotieren und Maßschneidern des hier vorgestellten kommunalen EEG-Betreibermodelles auch für andere österreichische Regionen.
Publikationen
Nutzerorientierte Entwicklung von Technologien und Services für Energiegemeinschaften (NETSE)

Im Projekt NETSE werden Grundlagen für die Etablierung von Erneuerbaren Energiegemeinschaften entwickelt. Dies umfassen die Ausstattung von relevanten technischen Einheiten mit geeigneten Schnittstellen, die Entwicklung einer Datenplattform für die Abwicklung von Aufgaben im Zuge des Betriebs von Energiegemeinschaften, die Entwicklung eines Tools zur Optimierung der technischen Spezifikationen sowie den Betrieb einer Energiegemeinschaft.
Schriftenreihe
18/2025
J. Walch, M. Wölk, S. Aigenbauer, C. Oberbauer, T. Nacht, D. Wilhelmer
Herausgeber: BMIMI
Deutsch, 60 Seiten
Downloads zur Publikation
Projektbeteiligte
Projektleitung
Fachhochschule Wiener Neustadt / Fachbereich Nachhaltige Energiesysteme & Bio.Economy
Projekt- bzw. KooperationspartnerInnen
- 4Ward research GmbH
- BEST research GmbH
- Austrian Institute for Technology AIT
- Microtronics Engineering GmbH
- Stadtgemeinde Wieselburg
- Ella GmbH
- Netz Niederösterreich GmbH
- EVN AG
Kontaktadresse
Fachhochschule Wiener Neustadt / Fachbereich Nachhaltige Energiesysteme & Bio.Economy
Dipl.-Ing. Dr. Franz Theuretzbacher
Zeiselgraben 4
A-3251 Purgstall
Tel.: +43 (7416) 53000 480
E-Mail: franz.theuretzbacher@fhwn.ac.at
Web: www.fhwn.ac.at