LessIsMore - Energieeffizientes Beleuchtungssystem für den Menschen durch innovative Komponentenoptimierung und Tageslichtintegration
Kurzbeschreibung
Status
abgeschlossen (Februar 2023)
Ausgangssituation, Inhalte und Ergebnisse
Auf den Gebäudesektor entfällt rund ein Drittel des weltweiten Energiebedarfs und damit auch ein entsprechend hoher Anteil an Treibhausgasemissionen. Da davon ein wesentlicher Beitrag dem Gewerk Kunstlicht mit Schwerpunkt auf gewerblichen Bauten zuzuschreiben ist und der Kunstlichteinsatz zudem mit den erforderlichen Kühllasten in Verbindung steht, erweist sich eine Effizienzsteigerung im Bereich der Beleuchtung als wesentlich für die Reduktion des weltweiten Energieverbrauchs.
Darüber hinaus besitzt Licht auch maßgeblichen Einfluss auf sowohl thermischen als auch visuellen Komfort und in modernen Lichtplanungen werden zudem häufig nicht-visuelle Effekte des Lichts angestrebt, welche kurzfristig zur verbesserten Konzentrationsfähigkeit und langfristig zu gesundheitlichen Aspekten wie der Stabilisierung des zirkadianen Rhythmus oder verbessertem Schlaf beitragen können.
In diesem Spannungsfeld erstellte Beleuchtungskonzepte sind jedoch nicht einfach zu definieren, da sich die Anforderungen der Einzelaspekte oftmals konträr zueinander darstellen. So gehen die zur Erbringung nicht-visueller Effekte erforderlichen Beleuchtungsstärken weit über die normativen Mindestvorgaben hinaus, können bei strikter Einhaltung auch zu negativem visuellem Komfort beitragen und weisen im Allgemeinen einen negativen Einfluss auf die energetische Bilanz des Gesamtsystems auf. Im Gegensatz dazu können jedoch langfristig gesundheitsförderliche Maßnahmen nicht erbracht werden, sollte sich das umgesetzte Konzept an den energetisch positiveren normativen Mindestvorgaben orientieren.
Mit der Vision zu einer nachhaltigeren und gesünderen Gesellschaft beitragen zu können, adressiert das Projekt LessIsMore diese Herausforderung mit dem Ziel der Entwicklung einer integralen Kunst- und Tageslichtsteuerung für energieeffiziente Human-centric Lighting-Beleuchtungslösungen. Die Entwicklung fokussierte dabei vorrangig auf die Reduktion bestehender Verluste, die aus einem unbedarften und ineffizienten Einsatz der einzelnen Beleuchtungskomponenten (Beleuchtungskonzept, LED-Treiber, Sensoren, Steuerung) resultieren bzw. auf eine vernachlässigte Integration von Tageslicht zurückzuführen sind.
Zur Erreichung dieses Ziels erfolgte die grundlegende Identifikation bestehender energetischer Potentiale mittels eines multimodalen Ansatzes, in welchem international bestehende Beleuchtungsplanungen evaluiert und grundlegende Systemkomponenten (Sensorik und Treiberbausteine) systematisch untersucht wurden. Aus den daraus resultierenden Erkenntnissen wurden anschließend Systemanforderungen abgeleitet, welche die Basis der weiterführenden, entwicklungsbezogenen Projektinhalte bildeten.
Da energetische und wirkbezogene Zielsetzungen grundsätzlich durch differente konfundierende Faktoren beeinflusst werden, erfolgten die anforderungsbezogenen Entwicklungen mit Hinblick auf applikationsrelevante Zielsetzungen in zwei unterschiedlichen Anwendungsfeldern. Einerseits wurden mittels zonierten Arbeitsplatzbeleuchtungssystemen nicht-visuelle Zielsetzungen derart adressiert, dass durch eine grundlegende Nutzernähe notwendige Beleuchtungsstärken äußerst energieeffizient umgesetzt werden konnten. Die diesbezüglichen Prototypen fokussierten dabei Personalisierungsstrategien und erforderten dementsprechend dezentralisierte Steuerungskomponenten, welche direkt in den Beleuchtungen auf IKT-Basis integriert wurden. Andererseits wurde eine zentralisierte integrale Kunst- und Tageslichtsteuerungslogik entwickelt, welche im Bartenbach Living Lab implementiert wurde. Dies ermöglichte es in weiterer Folge, die energetische Effektivität der entwickelten Lösung unter realen Arbeitsbedingungen zu evaluieren. Dieser Ansatz erwies sich als unbedingt erforderlich, da die Effektivität von Beleuchtungssteuerungen im Allgemeinen maßgeblich von sowohl Nutzerindividualitäten (wie bspw. Arbeitsstruktur und Anwesenheiten am Arbeitsplatz) als auch der Variabilität von Umgebungsbedingungen (z.B. Wetterlage oder Tageslichtverfügbarkeit) beeinflusst wird.
Beide Entwicklungsansätze wurden abschließend im Rahmen einer strukturierten Laborstudie und longitudinalen Feldstudie evaluiert. Im Rahmen der Feldstudie erfolgte dabei ein umfangreiches Monitoring (mittels ca. 100 Sensoren) von gebäude- und personenbezogenen Kennwerten, welche eine anschließende Evaluierung der energetischen Performanz zu aktuell bestehenden Benchmark-Werten erlaubte. Die Laborstudie fokussierte dagegen mit einer Beteiligung von 58 Personen auf die systematische, wirkbezogene Evaluierung eines energetisch optimierten Steuerungsansatzes, bei welchem aktuelle Ansätze zur ganztägig erhöhten Lichtdosis durch kurzzeitige helle Lichtinterventionen ersetzt wurden. Aus Gründen von während der Studienphase bestehenden COVID-19 bezogenen Restriktionen, welche ein vermehrtes Auftreten von Home-Office Zeiten zur Folge hatten, konnte die ursprünglich angedachte Evaluierung der gesundheitlich-biologischen Lichtwirkung leider nicht umgesetzt werden.
In den durchgeführten Studien konnten sowohl die angestrebte energetische als auch wirkbezogene Effektivität der entwickelten Steuerungsansätze positiv evaluiert werden. Die Laborergebnisse bestätigten sowohl auf subjektiver (verringert empfundene Arbeitsbelastung und Müdigkeit) als auch objektiver Ebene (erhöhte Reaktionszeit) die nicht-visuelle Wirkung der kurzzeitigen Lichtinterventionen bei gleichbleibendem Ausbleiben von negativen Nebenwirkungen (asthenopische Beschwerden). Das Langzeitmonitoring des Bartenbach Living Labs konnte zudem auch die energetische positive Performanz der entwickelten integralen Steuerungslogik ausweisen, welche mit 4,74 kWh/m²a im Vergleich zum Benchmark für energieeffiziente Beleuchtung (10 kWh/m²a) eine deutliche Wirkung aufzeigt. Ohne die entwickelte tageslichtabhängige Steuerung würde der berechnete Energiebedarf unter Berücksichtigung des erfassten Anwesenheitsprofils bei 16,5 kWh/m²a liegen.
Die im Projekt LessIsMore erwarteten Ergebnisse konnten dementsprechend vollumfänglich erreicht werden. Dennoch erweisen sich reale Umsetzungen integraler Planungen nach wie vor als schwierig, da die Key Performance Indikatoren von Beleuchtungssystemen hochgradig von individuellen Nutzercharakteristiken abhängig sind, welche sich sogar in einigen Fällen über den eigentlichen Applikationsbereich hinaus erstrecken können. Die diesbezüglichen Zielkriterien erweisen sich deswegen heute aufgrund fehlenden Wissens als nach wie vor nicht eindeutig definierbar und wurden auch im vorliegenden Forschungsprojekt nicht adressiert. Als Ergebnis basieren aktuelle Beleuchtungsplanungen und -simulationen auf stark verallgemeinerten Annahmen zu Nutzerinformationen, welche die Adressierung energetischer Potentiale weiterhin beschränken.
Zukünftige Forschungsvorhaben, welche auf eine Entschlüsselung von Nutzercharakteristiken abzielen würden, könnten demnach einen erweiterten Beitrag zur Erzielung von umwelt- und klimapolitischen Zielen leisten.
Publikationen
Energieeffizientes Beleuchtungssystem für den Menschen durch innovative Komponentenoptimierung und Tageslichtintegration (LessIsMore)
Human Centric Lighting (HCL) stellt die positiven visuellen und biologischen Wirkungen des Lichtes auf den Menschen in den Mittelpunkt, verbraucht dabei aber sehr viel Energie durch den ineffizienten Einsatz von Beleuchtungskomponenten sowie unzureichende Nutzung von Tageslicht. In LessIsMore wird testweise eine vorbildhafte HCL-Beleuchtung installiert und evaluiert.
Schriftenreihe
30/2023
J. Weninger
Herausgeber: BMK
Deutsch, 50 Seiten
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