Grüne und resiliente Stadt - Steuerungs- und Planungsinstrumente für eine klimasensible Stadtentwicklung

Ziel des Projekts war ein „Proof of Concept“ eines Regelkreises und Tool-Sets zur Steuerung, Optimierung und Evaluierung einer grünen und klimasensiblen Stadt(teil)planung bestehend aus städtebaulichen und freiraumplanerischen Instrumenten sowie Klimasimulationen auf unterschiedlichen Maßstabsebene.

Kurzbeschreibung

Der hohe Versiegelungsgrad und die enorme Agglomeration von energiespeichernden Materialien, wie Asphalt und Beton, bei gleichzeitigem Mangel an grünen und blauen Infrastrukturen sind hauptausschlaggebend für die Entstehung städtischer Wärmeinseln. Die Lufttemperatur in Städten hängt darüber hinaus stark von der Gebäudegeometrie, den thermischen Eigenschaften der Bausubstanz, den Strahlungseigenschaften der Oberflächen und der anthropogenen Wärmefreisetzung ab.

Der damit zusammenhängende städtische Wärmeinsel- oder „Urban Heat Island"-Effekt (UHI-Effekt) wird durch die Lufttemperaturdifferenz zwischen der wärmeren Stadt und ihrem kühleren Umland charakterisiert. Durch die starke Erwärmung tagsüber und die eingeschränkte Abkühlung nachts werden die Städte im Vergleich zum Umland deutlich wärmer – diese Differenz kann mehrere Kelvin betragen.

Proof of Concept eines Regelkreises

Aus diesen Herausforderungen leitet sich das zentrale Ziel des Forschungsprojekts „green.resilient.city" (GRC) ab: ein Proof of Concept eines Regelkreises und Tool-Sets zur Steuerung, Optimierung und Evaluierung einer grünen und klimasensiblen Stadt(teil)planung bestehend aus

  1. dem Grün- und Freiflächenfaktor (GFF) als städtebaulicher Maßzahl und Instrument zur Steuerung und Planung grüner Infrastruktur,
  2. dem GREENPASS als räumlich und zeitlich differenziertem Bewertungs- und Optimierungsinstrument basierend auf standardisierten, quantitativen Key-Performance-Indikatoren für die mikroklimatischen Wirkungen grüner Infrastruktur auf Parzellen-, Quartiers- und Stadtteilebene,
  3. dem MUKLIMO_3-Stadtklimamodell für die mikroklimatische und urbane Wirkung auf Stadtebene
  4. sowie COSMO-CLM als regionalem Klimasimulationsmodell.

In einem inter- und transdisziplinären, kollaborativen Ansatz entwickelte das Forschungsteam ein neuartiges Tool-Set, das seine Machbarkeit in einem Proof of Concept demonstriert. Die Umsetzbarkeit wurde anhand von Reallaboren sowie durch eine umfangreiche Stakeholdereinbindung geprüft.

Harmonisierung der Instrumente

Die verschiedenen Eingabeparameter der einzelnen Instrumente (GFF, GREENPASS, MUKLIMO_3 und COSMO-CLM), welche auf unterschiedlichen planerischen und klimatischen Maßstabsebenen angewendet werden, wurden verglichen, angepasst und koordiniert sowie mit den für eine Stadtentwicklung relevanten planerischen Maßstabsebenen abgestimmt. Damit die unterschiedlichen Klimasimulationsinstrumente in einem Tool-Set zusammengefasst werden können, müssen diese ähnliche Aussagen bei Veränderung der Inputparameter (z. B. durch Begrünungsszenarien) liefern. Darum liegt der Schwerpunkt des Projekts auf der Koordination verschiedener Skalenmodelle durch Analyse von Datenschnittstellen, Harmonisierung von Eingabeparametern und Festlegung derselben Referenzzeiträume, um die mögliche Anwendbarkeit eines mehrskaligen Tool-Sets zu prüfen. Ziel war herauszufinden, ob verschiedene, bisher unabhängig voneinander verwendete und validierte Klimasimulationsinstrumente zu einem mehrskaligen Tool-Set kombiniert werden können, um zukünftige Planungen als Gesamtinstrument zu unterstützen.

Prüfung der Umsetzbarkeit anhand von Reallaboren und in Zusammenarbeit mit Stadtverwaltungen
Zum Testen und zur Evaluierung der Einsatzmöglichkeiten des Tool-Sets wurde dieses anhand zweier Fallstudien erprobt: des Stadtentwicklungsgebiets „aspern - Die Seestadt Wiens" sowie eines Stadterneuerungsgebiets mit bestehender Siedlungsstruktur in Innerfavoriten im 10. Wiener Gemeindebezirk. Diese beiden Case-Studies ermöglichen den Einsatz an realen Orten.

Um einen Transfer der Forschung in den Planungsalltag zu unterstützen, wurde neben dem Ansatz der Reallabore eine umfangreiche Stakeholderbeteiligung durchgeführt. Durch die Einbindung der planenden Dienststellen der Stadt Wien wurden zum einen der Einsatz der Instrumente und des Tool-Sets sowie der damit verbundene Nutzen für die Stadt, zum anderen die Möglichkeit der Verankerung in bestehenden Planungsinstrumenten und Gesetzen diskutiert. Ergänzend wurden im Zuge einer Austauschplattform mit weiteren Städten der Bedarf bzw. die Übertragungsmöglichkeiten auf andere Städte diskutiert.

Anwendung des Tool-Sets an Case-Studies

Für die Case-Study der Stadtentwicklung der sogenannten „Seeterrassen" in „aspern - Die Seestadt Wiens" wurde ein Verfahren entwickelt, welches die Ausloberin und Jury des internationalen Wettbewerbs bei der Auswahl des SiegerInnenentwurfes unterstützen sollte. Zum Einsatz kamen sowohl die GREENPASS-Pre-Certification als auch der Grün- und Freiflächenfaktor. Den Auslobungsunterlagen wurden entsprechende Handlungsanleitungen und grundlegende Informationen zu klimaresilienter Stadt- sowie Grün- und Freiflächenplanung beigelegt.

Der ausgewählte SiegerInnenentwurf wurde auf Basis der GREENPASS-Ergebnisse im Zuge eines gemeinsamen Workshops von Ausloberin, PlanerInnen und dem GRC-Projektteam analysiert und Optimierungsmaßnahmen beschlossen. Der optimierte Entwurf wurde nochmals mithilfe der Tools analysiert und bewertet. Die Ergebnisse zeigten eine signifikante Verbesserung der Klimaresilienz und der Grünraumversorgung. Die mithilfe der GRC-Tools abgesicherten Designgrundsätze wurden in die Richtlinien zur weiteren Entwicklung des Quartiers „Seeterrassen" übernommen.

Für die Bewertung und Steuerung der Klimawandelanpassung in der Bestandsstadt wurde ein Bereich des 10. Wiener Gemeindebezirks ausgewählt. Hier kam das gesamte GRC-Tool-Set zum Einsatz und die einzelnen Instrumente wurden harmonisiert.

Steuerung einer klimasensiblen Stadtplanung und -entwicklung mit dem GRC-Tool-Set
Mit dem Projekt „green.resilient.city" wurde das erste mehrskalige Stadtplanungs-Tool-Set für eine grüne und klimasensible Stadt(teil)planung im Rahmen eines Proof of Concept erfolgreich entwickelt und die prinzipielle Umsetzbarkeit nachgewiesen.

Publikationen

Grüne und resiliente Stadt - Steuerungs- und Planungsinstrumente für eine klimasensible Stadtentwicklung

Ziel des Projekts war ein „Proof of Concept“ eines Regelkreises und Tool-Sets zur Steuerung, Optimierung und Evaluierung einer grünen und klimasensiblen Stadt(teil)planung bestehend aus städtebaulichen und freiraumplanerischen Instrumenten sowie Klimasimulationen auf unterschiedlichen Maßstabsebene. Schriftenreihe 13/2021
F. Reinwald, C. Brandenburg, P. Hinterkörner, B. Hollósi, C. Huber, A. Kainz, J. Kastner, F. Kraus, U. Liebl, J. Preiss, Z. Ring, B. Scharf, T. Tötzer, J. Züger, M. Žuvela-Aloise, D. Damyanovic
Herausgeber: BMK
Deutsch, 124 Seiten

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Projektbeteiligte

Projektleitung

Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Landschaftsplanung

Projekt- bzw. KooperationspartnerInnen

  • green4cities
  • ZAMG - Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik
  • AIT - Austrian Institute of Technology GmbH
  • Wien3420 Aspern Development AG
  • Wiener Umweltschutzabteilung - MA 22
  • Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung (BOKU ILEN)

Kontaktadresse

Assoc.Prof.in DIin Dr.in Doris Damyanovic
Peter Jordan Straße 65
A-1180 Wien
Tel.: +43 (1) 47654-85415
E-Mail: doris.damyanopvic@boku.ac.at
Web: https://boku.ac.at/rali/ilap/
Web: https://boku.ac.at/rali/ilap/projekte/gruene-und-resiliente-stadt