IEA SHC SOLARUPDATE Vol. 72, December 2020
Bibliographische Daten
IEA Solar Heating & Cooling ProgrammeHerausgeber: IEA Solar Heating & Cooling Programme
Englisch, 25 Seiten
Inhaltsbeschreibung
Schwerpunkte dieser Ausgabe
Fortschritte in der thermischen Energiespeicherung (Kollaboration von IEA SHC und IEA ECES)
Thermische Energiespeicher sind essentiell für die Integration von unterschiedlichen Wärmequellen in Energiesysteme – von Anwendungen für den Warmwasserbereich in Haushalten über Fernwärme bis zu Anwendungen in der Industrie und im Stromsektor.
In den Projekten SHC Task 58/ECES Annex 33 arbeiteten ExpertInnen aus der Materialentwicklung, der Entwicklung von thermischen Speicherkomponenten und der Systemintegration gemeinsam an der Entwicklung von Materialien und Komponenten für thermische Energiespeicher.
Zwei Kernbotschaften, die sich aus der Arbeit ergaben sind folgende:
- Die Zusammenarbeit von Material- und AnwendungsexpertInnen führte zu einem verbesserten Verständnis und einer beschleunigten Entwicklung.
- Standards für Messung und Berichtswesen sind Voraussetzung für die Diskussion von Konstruktionen und führen sehr schnell zur Adressierung der Herausforderungen und Verbesserung der thermischen Speichertechnologien.
Ein Teil des Projekts beschäftigte sich mit der Definition der Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Speichern für unterschiedliche Anwendungen. Die am besten geeigneten Kenngrößen für die Anwendung von Warmwasser in Haushalten und Industriebetrieben sind die Temperaturen beim Laden eines Speichers und die Gebrauchstemperaturen. Für thermochemische Speicher sind außerdem zwei weitere Temperaturen charakteristisch, die Kondensationstemperatur sowie die Evaporationstemperatur des Sorptionsmittels.
Für kompakte thermische Energiespeicher existiert eine große Anzahl relevanter Anwendungen, wobei für den Gebäudebereich standardisierte Referenzbedingungen definiert werden können. Für industrielle Anwendungen ist dies aufgrund der Diversität der Prozesse schwierig.
Phasenwechselmaterialien (phase change materials – PCM) werden bereits länger untersucht. Im Projekt lag der Fokus auf der Verbesserung der Messmethoden zur Charakterisierung dieser Materialien (z.B. thermische Leitfähigkeit, Viskosität). Weiters beschäftigten sich die Arbeiten mit der Verbesserung von thermochemischen Materialien (TCM) in Hinsicht auf Stabilität und Kompatibilität sowie Erhöhung der Energiedichte. Eine Anzahl verbesserter und innovativer Materialien konnte entwickelt werden.
Die Eigenschaften der Materialien bei Tests von kleinen Proben unterscheiden sich stark von den Eigenschaften in realen Anwendungen. Daher wurden im Projekt Testmethoden entwickelt, um das Verhalten von PCM z.B. in Hinblick auf Langzeitstabilität, Supercooling und Phasentrennung im realen Anwendungsfall zu testen. Durch geeignete normierte Parameter soll ein Vergleich von unterschiedlichen Komponentendesigns ermöglicht werden. Hier wurde ein Set von Parametern vorgeschlagen, wobei weitere Arbeiten notwendig sind, um die am besten geeigneten Parameter zu definieren. Ein Vergleich von Systemen ist aufgrund einer Vielzahl unterschiedlicher Testbedingungen derzeit praktisch nicht möglich, da die erreichbare Lade- bzw. Entladeleistung stark vom Komponentendesign sowie der Wechselwirkung des Speichermaterials mit den Komponenten beeinflusst wird. In zukünftigen Forschungsarbeiten sollen daher diese Fragen des Zusammenspiels von Material und Komponente gründlich untersucht werden, um leistungsfähige, verlässliche und leistbare kompakte thermische Energiespeicher zu erreichen.
Solar Heat Roadmap 2050 für die Niederlande
Bis 2050 wollen die Niederlande aufgrund der Vereinbarungen des Pariser Klimaabkommens aus der Nutzung von Erdgas für die Heizung von Gebäuden aussteigen. Das niederländische Ministerium für Wirtschaft und Klima und die niederländische Energieagentur (RVO) initiierten eine Studie zu Potential und Herausforderungen in Bezug auf Solarwärme in den Niederlanden. Forscher von TNO (Niederländische Organisation für angewandte wissenschaftliche Forschung) kamen in Kooperation mit Holland Solar in dieser Studie zu dem Schluss, dass Solarwärme bis 2050 eine wettbewerbsfähige Technologie für den Wärmebedarf von Gebäuden darstellen wird und für alle Sektoren (Büro- und Wohngebäude, Landwirtschaft, Industrie) ein beträchtliches Potential besteht. Für das Jahr 2050 wird dieses Potential auf 80 PJ oder 80 Prozent des Wärmebedarfs geschätzt. Um dieses Potential zu nutzen, ist eine enge langfristige Zusammenarbeit von Politik und Solarindustrie sowie Forschungsinstitutionen und Zivilgesellschaft notwendig.
Durch Kommunikationsstrategien soll Solarwärme als wesentliche Technologie für die Energiewende in der Öffentlichkeit bekanntgemacht werden. Forschung auf Produktionsebene ist zur Preisreduktion sowie zur Entwicklung neuer Konzepte notwendig, sowie wissenschaftliche Forschung, um technische Herausforderungen in Hinsicht auf saisonale Wärmespeicherung, Integration in Wärmenetzwerke und Gebäudeintegration zu lösen. Strategien auf ökonomischer und politischer Ebene können die Wettbewerbsfähigkeit mit Erdgas ermöglichen, wobei die richtigen politischen Regularien und politischen Maßnahmen ergriffen werden müssen, um Förderungen effektiv zu gestalten.
Drei Bereiche weisen laut der Forscher von TNO besonders großes Potential auf:
- Solarwärme zur Erzeugung von Warmwasser
- Solarwärme durch nicht-abgedeckte Kollektoren (Solarthermische oder PVT-Kollektoren) als Quelle für Wärmepumpen, Erdreichwärmetauscher und Niedertemperaturwärmenetze
- Solarwärme für Fernwärmenetze im mittleren Temperaturbereich
Die Forscher geben einen Ausblick auf 2025, 2030 und 2050 und zeichnen ein optimistisches Bild: Wenn die Systempreise sinken und fossile Energiepreise durch eine CO2-Steuer steigen, dann kann Solarwärme Standard auch ohne Förderungen werden. Dies braucht eine gemeinsame Vision für Solarwärme und die Überzeugung der involvierten nationalen und internationalen Gruppen, dass Solarwärme ihr Potential entfalten kann.
Erste Ergebnisse aus dem IEA SHC Task 61/EBC Annex 77: Lighting Solutions with People in Mind
Der Artikel präsentiert eine Übersicht zu den ersten Ergebnissen des IEA SHC Task 61 / IEA EBC Annex 77. Die internationalen ExpertInnen haben sowohl die NutzerInnen-Anforderungen sowie Planungsabläufe und -methoden im Hinblick auf die Integration von Systemlösungen für Tageslicht und Kunstlicht aufbereitet. Die Resultate und Schlussfolgerungen sind in zwei Task-Berichten dokumentiert: "Literature review of user needs, toward user requirements" und "Workflows and software for the design of integrated lighting solutions."
Solarenergie in Gebäuden
Harald Drück (Universität Stuttgart) leitet den neuen IEA SHC Task 66, der im Juli 2021 starten wird.
Gebäude benötigen weltweit 40 Prozent des Primärenergiebedarfs und verursachen rund 25 Prozent der Treibhausgasemissionen. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass der Energiebedarf für Einfamilienhäuser zu hundert Prozent durch Solarenergie (thermisch und elektrisch) gedeckt werden kann. Diese Demonstratoren waren, verglichen mit konventionellen Energielösungen, nicht annähernd wettbewerbsfähig.
Die Forschungspartner werden sich im Rahmen des Tasks mit wirtschaftlichen Energiekonzepten für hohe solare Deckungsgrade in Einfamilienhäusern, Mehrfamilienhäusern und -siedlungen sowie Stadtteilen sowohl für neue als auch bereits bestehende Gebäude beschäftigen. Dabei wird der Gesamtenergieverbrauch der Gebäude betrachtet (Wärme, Kühlung, Strom). Durch Interaktion mit Netzinfrastrukturen sollen bidirektionale Flexibilitäten untersucht sowie Synergien genutzt werden.
Wärmelastprofile – Schlüssel zur Ausschöpfung des Potentials erneuerbarer Energiesysteme
Im Kontext von Task 64: Solare Prozesswärme wurde eine Methode entwickelt, um Wärmelastprofile von Industrie- und Gewerbebetrieben zu schätzen, um die Auslegung, Machbarkeitsbewertung und Potentialstudien für erneuerbare Wärmesysteme zu erleichtern.
Basierend auf 1000 Lastprofilen des Gasverbrauch von Industriebetrieben und großen Gewerbebetrieben sowie Wohngebäuden und großen öffentlichen Verbrauchern wie Schulen, Turnhallen und Schwimmbädern (>1,5 GWh/a), die von deutschen Energieversorgern in stündlicher Auflösung zur Verfügung gestellt wurden, soll eine Methode zur Vorhersage des Verbrauchs in Abhängigkeit der Umgebungstemperatur entwickelt werden. Andere Einflussfaktoren wie Ferien, Nutzungsgrad und Typ und Betrieb von Wärmeerzeugern spielen eine im Vergleich mit der Umgebungstemperatur geringe Rolle. Viele der untersuchten Industriebetriebe (z.B. Computerproduktion, Elektronikindustrie oder optische Industrie) weisen diese Abhängigkeit zwischen Verbrauch und Umgebungstemperatur auf.
Die Lastprofile werden in Abhängigkeit der Umgebungstemperatur in Gruppen zusammengefasst (mittels K-Means). Mit vier Clustern wird ein guter Kompromiss zwischen Genauigkeit und geringer Anzahl von Clustern erreicht. Von Cluster 1 bis Cluster 3 steigt die Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur. Verbraucher in Cluster 0 weisen das ganze Jahr über einen konstanten Wärmeverbrauch auf und können daher einen hohen Anteil an solarthermischer Wärmeversorgung erreichen, während solarthermische Wärmeversorgung in Custer 2 und 3 nur über saisonale Energiespeicherung erreicht werden kann.
Der Zusammenhang zwischen Umgebungstemperatur und Wärmebedarf wird durch eine Regressionsanalyse beschrieben. Die Hypothese ist, dass die Regression auf Subsektoren in anderen Ländern übertragbar ist. Dies soll durch internationale Lastprofile verifiziert werden. Dadurch sollen Referenzanwendungen integrierter Energiesysteme in verschiedenen Weltregionen definiert werden. In Simulationsstudien wird der Einfluss der Region auf das Systemdesign oder einen wirtschaftlich erreichbaren Anteil erneuerbarer Energie untersucht. Durch diese Vergleichbarkeit wird ein großer Schritt in Hinsicht auf globale Vergleichbarkeit und Übertragbarkeit integrierter Energiesysteme erreicht.
Virtuelle Workshops der Solar Academy beschäftigten sich mit der technischen Bewertung sowie der Markteinschätzung von solarem Kühlen in der Karibik
30 ExpertInnen, ForscherInnen, Netzbetreiber und MitarbeiterInnen von CCREEE (Caribbean Centre for Renewable Energy & Energy Efficiency) nahmen an einem Zwei-Tage-Training teil, das von CCREEE als Teil der SHC Solar Academy organisiert wurde.
Der Workshop startete mit Werner Weiss (AEE INTEC) und Dr. Vassiliki Drosou (Greek Centre for Renewable Energy Sources), die einen Überblick über solarthermische Anwendungen für Einfamilienhäuser, Hotels, Spitäler sowie Produzenten gaben. Umsetzungsstrategien waren weiteres Thema wie auch Förderungen und Qualitätskontrollstrategien.
Am zweiten Tag wurde das neue SHC-Projekt Task 65: Solares Kühlen in der Sunbelt Region vorgestellt. Daniel Neyer (Neyer Brainworks) und Dr. Uli Jakob (dr. jakob energy research) präsentierten grundlegende Systemfunktionen, Trends im Bereich solarer Kühlung sowie wirtschaftliche und technische Bewertung und Best-Practices.
Ein wesentlicher Nutzen von solarthermischer Kühlung besteht darin, dass die Stromnetze entlastet werden, was besonders für Inseln mit Leistungsengpässen wichtig ist.
CCREEE ist eine relativ neue, aber schnellwachsende Organisation, die alle karibischen Mitgliedsstaaten der karibischen Gemeinschaft einschließt. Gegründet im Mai 2018, beschäftigt die Organisation 10 MitarbeiterInnen und mehrere PraktikantInnen.
Weitere Themen
Weitere Themen des Newsletters sind unter anderen ein Interview mit Wim van Helden zum Thema Material- und Komponentenentwicklung für thermische Energiespeicher, ein Bericht über Frankreichs Solar Academy Graduate School und Solar Academy Research Center sowie Solar Thermal Trends im Jahr 2020 (Solare Kühlung, PVT-Systeme, Lichtlösungen für Gebäude, Solare Fernwärme, Nexus Water-Energy-Industry, Solare Prozesswärme)
Publikationen gibt es auch zur Anwendung von PVT-Kollektoren, unter anderen: „Status quo der PVT-Charakterisierung", „Schlüssel-Performance-Faktoren für PVT-Systeme", „Grundlegende Konzepte der PVT Kollektortechnologie, Anwendungen und Märkte".
Downloads