IEA SHC SOLARUPDATE Vol. 71, July 2020

Der Newsletter beinhaltet Neuigkeiten aus den Tasks, Publikationen, ein Interview über integrierte solare Fassadensysteme und eine Analyse zum Thema Dekarbonisierung des Wärme- und Kältesektors nach Covid-19.

Bibliographische Daten

IEA Solar Heating & Cooling Programme
Herausgeber: IEA Solar Heating & Cooling Programme
Englisch, 28 Seiten

Inhaltsbeschreibung

Schwerpunkte dieser Ausgabe

Solar Heat Worldwide 2020

Solarthermische Systeme für Fernwärmenetze sind im Jahr 2019 in Dänemark um 170% gewachsen und auch in China und Deutschland wurden einige Systeme in diesem Marktsegment errichtet. Solarwärmesysteme für industrielle und landwirtschaftliche Anwendungen verzeichneten ebenfalls Zuwächse.

Der Solarwärmemarkt zeigte sich 2019 generell sehr divers, mit abnehmenden Zahlen in großen Märkten wie China, USA, Deutschland und Australien. Beeinflusst von 8 Prozent Marktrückgang in China ging der weltweite Markt im Vergleich zu 2018 um 6 Prozent zurück. Auf der anderen Seite stehen Marktzuwächse in Dänemark (170 Prozent), Zypern (24 Prozent), Südafrika (20 Prozent), Griechenland (10 Prozent), Tunesien (7 Prozent) und Brasilien (6 Prozent).

2019 wurden 74 neue Anlagen mit Kollektorflächen größer 500 m² (350 kWth) für Fernwärmesysteme und große Gebäude weltweit in Betrieb genommen. Die Gesamtzahl von großen Solaranlagen über 500 m² beträgt 400 Anlagen mit einer installierten Leistung von 1,62 GWth und 2,3 Mio. m² installierter Kollektorfläche.

Anfang 2020 waren 800 Solaranlagen für industrielle Prozesswärme mit einer Kollektorfläche von 1 Mio. m² in Betrieb. Zwei spezielle Anwendungsbereiche, denen im Solar Heat Worldwide Report 2020 ein eigenes Kapitel gewidmet ist, sind Solaranlagen für Glashäuser mit Kollektorflächen von 126 m² bis zu knapp 14 000 m² und Solaranlagen für Gasdruckregelanlagen, mit einigen Umsetzungen in Deutschland.

Zum zweiten Mal wurde eine Umfrage unter PVT-Kollektorherstellern durchgeführt. 58 Prozent der Anlagen weltweit wurden in Europa errichtet, wobei Frankreich mit 41 Prozent den Markt dominiert. Insgesamt waren 2019 Anlagen mit 606 MWth und 208 MWpeak weltweit installiert. Das Wachstum im Vergleich zu 2018 betrug 9 Prozent.

In Bezug auf kleine Solaranlagen stellt der Report fest, dass Marktwachstum vor allem in Ländern stattfand, in denen kleine Solarsysteme (besonders Thermosyphonsysteme) dominieren. Nationale Wohnbauprojekte, die mit der Installation von solaren Warmwasseranlagen verknüpft sind, wirken sich sehr positiv auf die Marktentwicklung aus.

2019 waren 479 GWth kumulierte Leistung mit einem Solarertrag von 389 TWh weltweit in Betrieb, was Einsparungen von 41,9 Mio. Tonnen Ölequivalenten und einer Reduktion von 135,1 Mio. Tonnen CO2 entspricht. Die in 2019 neu installierte Kollektrofläche betrug 33,5 GWth (China 24,8 GWth, Europa 2,9 GWth).

2018 waren in Produktion, Installation und Instandhaltung geschätzte 650 000 Personen weltweit beschäftigt, der Umsatz betrug 15,4 Mrd. Euro. Bei den Anwendungen dominieren nach vor kleine Warmwasser-Systeme die gesamt installierten Kollektorfläche mit 53 Prozent, doch mit abnehmendem Trend (nur 33 Prozent der neu installierten Systeme).

Große Warmwassersysteme nehmen zu. 37 Prozent der gesamt installierten Systeme, aber 60 Prozent der neu installierten Systeme entfallen auf große Warmwasseranlagen. Die Top 10 Märkte 2018 in Bezug auf neu installierte Flächen waren China, Türkei, Indien, Brasilien, USA, Australien, Deutschland, Israel, Mexiko und Griechenland. Bezogen auf 1000 Einwohner war die Reihenfolge Israel, Zypern, Barbados, Griechenland, China, Australien, Türkei, Dänemark, Österreich und Palästina.

IEA SHC Task 56 - Gebäudeintegrierte Solare Fassaden für Lüftung, Heizung, Kühlung, Klimatisierung und Beleuchtung

Der Task beschäftigt sich mit der Frage, wie gebäudeintegrierte solare Fassaden für Lüftung, Heizung, Kühlung, Klimatisierung und Beleuchtung in die Konstruktionspraxis von Gebäuden integriert werden können. Experten aus acht Ländern, sieben Firmen, sechs Universitäten und vier Forschungsinstitute simulierten multifunktionale Fassadensystemen, überprüften Tests und Normen und führten Markteinschätzungen durch.

Solare Fassadensysteme decken einen weiten Technologiebereich ab, wobei zwei Hauptmarktsegmente unterschieden werden können. Im ersten Fall wird die eintreffende Solarstrahlung mit automatischen Verschattungseinrichtungen oder elektrochromem Glas kontrolliert. Die zweite Möglichkeit sind Solartechnologien, die die Sonne aktiv zur Energieerzeugung nutzen, wie Photovoltaik, Solarthermie und PVT-Technologien.

Hindernisse, solare Fassadensysteme auf dem Markt zu etablieren, sind sowohl technischer als auch rechtlicher Natur.

  • Die Konstruktion und Herstellung ist im Vergleich zu herkömmlichen Fassadensystemen komplexer und zeitaufwendiger.
  • Die rechtliche Sicherheit in Bezug auf korrekte Installation, Betrieb, Garantien und Instandhaltung muss vor der Installation geklärt und geplant werden.
  • Die Fassaden müssen sowohl konstruktionstechnischen als auch energierelevanten Normen genügen. Derzeit besteht ein Mangel an abgestimmten internationalen Standards und Testmethoden.
  • Es besteht die Notwendigkeit für adäquate Design-Tools zur Abschätzung der energetischen Leistung und architektonischen Wirkungen bereits in der Konzeptphase.

Die Industrie muss an der Entwicklung von integrierten Design- und Konstruktionsmodellen arbeiten, die auch fassadenintegrierte solare Systeme in der Planungsphase einbeziehen. Eine weitere Perspektive in Bezug auf die eingesetzten Technologien im Rahmen von Nachhaltigkeitsprotokollen (z. B. LEED und BREEAM) soll angestrebt werden, um nicht nur einzelne Verkaufsargumente wie Energieeinsparungen, sondern weiter gefasste Wirkungen wie Wertsteigerung, verringerte Netzabhängigkeit, NutzerInnenkomfort und Wohlbefinden anzusprechen. Die Hersteller sollten Lebenszykluskosten- und Risikoanalysen anwenden, die Preise, Förderungen, Normen und rechtliche Rahmenbedingungen einbeziehen.

Eine wichtige Erkenntnis ist, dass das architektonische Erscheinungsbild Schlüssel für den Markt ist, wobei keine generellen Regeln aufgestellt werden können, welche Systeme von ArchitektInnen, öffentlichen Stellen, GebäudebesitzerInnen oder BewohnerInnen bevorzugt werden. Harmonisierte Bestimmungen für gebäudeintegrierte Komponenten in möglichst einheitlicher und internationaler Form sind essentiell in Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen und sollten weiters auch die Möglichkeit der Errichtung von Energiegemeinschaften berücksichtigen.

Unterstützung der öffentlichen Hand beschränkt sich nicht nur auf Förderungen, sondern bezieht sich auch auf die Erstellung von 3D Solarkatastern, die Errichtung von Demonstrationsprojekten oder die Ermöglichung von öffentlich-privaten Partnerschaften zur Finanzierung von Projekten mit gebäudeintegrierten solaren Fassaden für Lüftung, Heizung, Kühlung, Klimatisierung und Beleuchtung.

IEA SHC Task 62 – Solarenergie in industriellem Wasser- und Abwassermanagement

Die Integration von solarer Prozesswärme im Bereich von Abwasserbehandlungsanlagen ist ein neuer Anwendungsbereich mit großem technologischem und ökonomischem Potential für Solarthermie.

Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten stehen thermisch getriebene Separationstechniken, solare Dekontamination und Desinfektionssysteme sowie Systemintegration und Entscheidungshilfen für Endnutzer.

Im Jänner 2020 fand in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Österreich und unterstützt durch das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ein Workshop mit dem Thema „Nexus Energie, Wasser und (Bio)Industrie" in Wien statt. Operating Agent des IEA SHC Tasks 62 ist Christoph Brunner, AEE INTEC.

Die Experten betonten den engen Zusammenhang von Wasser, Energie und Industrie. Neue Lösungsansätze erfordern eine ganzheitliche und interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Isabel Oller Alberola (CIEMAT – Plataforma Solar de Almería) präsentierte Entwicklungen in Bezug auf Wasser Dekontamination und Desinfektion zur Verbesserung der Qualität von Abwasser. Alexander van der Kleij (SolarDew) stellte die Entwicklung eines Moduls zur integrativen Wasserproduktion mit Solarenergie vor. Wolfgang Gruber-Blatzl (AEE INTEC) zeigte eine Möglichkeit der Integration von thermischen Trenntechnologien (speziell Membrandestillation) in städtischen Kläranlagen vor.

IEA SHC Task 62 ist eine Vernetzungsplattform, um optimierte und ganzheitliche Lösungen zum Thema Nexus von Wasser und Energie zu erforschen und diskutieren.

IEA SHC Task 65 – Solares Kühlen für die Sunbelt-Region

Wenn keine Maßnahmen ergriffen werden, gehen Schätzungen davon aus, dass sich der Energiebedarf für Raumkühlung bis 2050 verdreifachen wird. Der neue Task zu solarem Kühlen fokussiert auf leistbare, sichere und verlässliche solare Kühlsysteme in der Sunbelt-Region.

Ziele des Projekts sind die Anpassung von existierenden Technologien auf die Erfordernisse der Region sowie der Vergleich mit Referenzsystemen auf Basis von Lebenszykluskosten. Experten werden solare Kühlsysteme zwischen 2 kW und 5 MW untersuchen und in den Bereichen Anpassungsstrategien, Demonstration, Bewertung & Tools sowie Verbreitung arbeiten.

Länderhighlight Slowakei

1993 wurde die Slowakische Republik unabhängig, im Jahr 2000 wurde sie Mitglied der OECD, 2004 Mitglied der Europäischen Union, 2007 Mitglied der Internationalen Energieagentur und 2016 trat sie dem IEA SHC Programme bei. Ziel der im Jahr 2014 verabschiedeten Energiepolitik (EP SR) ist die Sicherung eines effizienten, verlässlichen und leistbaren Energiesystems mit Zielen für den Energiesektor bis 2035 und einem Blick auf 2050 unter Berücksichtigung von Konsumentenschutz und nachhaltiger Entwicklung.

Im Jahr 2019 wurde Klimaneutralität bis 2050 als Ziel festgelegt. Der nationale Klima- und Energieplan ergänzt die EP SR mit dem Ziel der Dekarbonisierung des Energiesystems und legt als Ziele für die Slowakische Republik die Reduktion von Treibhausgasemissionen um 20 Prozent bis 2030, die Nutzung von erneuerbaren Energieressourcen mit einem Anteil von 19,2 Prozent des Endenergiebedarfs sowie 14 Prozent erneuerbare Energieressourcen im Transportsektor fest.

2018 erreichte die elektrische Energieproduktion in der Slowakei etwa 7 700 MW. Davon entfielen etwa 2 542 MW auf Wasserkraftwerke, 2,1 MW auf Windkraftwerke, 224 MW auf Biomasse und 530 MW auf Photovoltaik. Der geschätzte Stromverbrauch beläuft sich für das Jahr 2030 auf 5 250 MW, die Stromproduktion wird auf 8 720 MW geschätzt, wobei erneuerbare Energiequellen zu diesem Zeitpunkt etwa 3 700 bis 4 600 MW abdecken sollen. Schätzungen für den Wärmesektor gehen von einem Rückgang des Wärmeverbrauchs (durch Effizienzmaßnahmen und Anschluss öffentlicher Gebäude ans das Fernwärmenetz) auf etwa 450 GWh aus.

Zu den Maßnahmen zur Steigerung des Anteils von erneuerbaren Energiequellen zählt die Unterstützung von kleinen Systemen zur Strom- bzw. Wärmeproduktion für Einfamilienhäuser und Wohnhäuser. Das Projekt "Green for Households" unterstützte von 2016 bis 2018 18,500 Haushalte mit einem Fördervolumen von 41,19 Mio. Euro. Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von 10 MW, Solarthermieanlagen mit einer Leistung von 25,25 MW, Wärmepumpen mit einer Leistung von 44,28 MW und Biomassekessel mit einer Leistung von 66 MW wurden installiert. Die zweite Phase mit einem Budget von 48 Mio. Euro startete 2019 und soll bis 2023 dauern.

Weitere Themen

Weitere Themen des Newsletters sind unter anderen 

  • Interview mit Roberto Fedrizzi zum Thema integrierte solare Fassadensysteme und eine Analyse von Richard Hall zum Thema Dekarbonisierung des Wärme- und Kältesektors nach Covid-19, sowie eine Vorstellung der neuen Mitglieder SACREEE, EACREEE und CCREEE
  • Neue Publikationen erschienen im Zuge des Projektabschlusses von Task 56
  • Neue Fact Sheets zu Simulations- und Berechnungstools
  • Unter der Rubrik Marktplatz werden Konzepte und Technologien der Tasks, die kommerziell produziert oder getestet werden vorgestellt: Solarthermische venetianische Rollos (im Rahmen von Task 56); Wärmebatterie (saisonaler Speicher für den Gebäudebereich im Rahmen von Task 58)

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