IEA Report: Die Zukunft der Geothermie – Von der Nische zur Schlüsseltechnologie der Energiewende (2024)
Herausgeber: IEA, Dezember 2024
Englisch, 128 Seiten
Inhaltsbeschreibung
Potential von Geothermie
Geothermie – die Nutzung der natürlichen Wärme aus dem Erdinneren - ist eine nahezu überall verfügbare, zuverlässige, wetterunabhängige und klimafreundliche Energiequelle. Trotz ihres Potenzials spielt sie im globalen Energiesystem bislang nur eine untergeordnete Rolle. Weniger als ein Prozent des weltweiten Energiebedarfs wird derzeit durch Geothermie gedeckt. Der entscheidende Vorteil der Geothermie liegt in ihrer Vielseitigkeit. Sie kann nicht nur Strom erzeugen, sondern auch Wärme und Kälte bereitstellen, Energie speichern und zur Flexibilisierung von Stromnetzen beitragen.
Mit einem durchschnittlichen Nutzungsgrad von über 75 Prozent sind geothermische Kraftwerke heute schon deutlich effizienter als viele andere erneuerbare Energien.
Bei anhaltenden technologischen Verbesserungen und sinkenden Projektkosten könnte die Geothermie bis 2050 bis zu 15 % des weltweiten Strombedarfs decken. Dies würde den kosteneffizienten Einsatz von bis zu 800 GW geothermischer Energiekapazität weltweit bedeuten, die fast 6 000 Terawattstunden pro Jahr produzieren würde, was dem heutigen Strombedarf der Vereinigten Staaten und Indiens zusammen entspricht.
Technologische Innovationen als Treiber für Investitionen
Mit so genannten „Next Generation"-Technologien kann Erdwärme auch in Tiefen von mehr als 3 km und an bisher ungeeigneten Standorten erschlossen werden. Diese Entwicklungen, zu denen etwa „Enhanced Geothermal Systems" (EGS) und geschlossene Bohrkreislaufsysteme gehören, lösen die bisherige Abhängigkeit von natürlichen Reservoiren auf und machen Geothermie erstmals zu einer global einsetzbaren Technologie.
Ein zentraler Treiber dieser Entwicklung ist der Technologietransfer aus der Öl- und Gasindustrie. Die Kompetenzen in Tiefenbohrung, Reservoirmanagement und Großprojektplanung lassen sich hervorragend auf die Geothermie übertragen. Bis zu 80 Prozent der Investitionen in geothermische Projekte betreffen Bereiche, in denen die fossile Industrie jahrzehntelange Erfahrung hat. Diese Synergien könnten die Kosten für geothermische Energieerzeugung in den kommenden Jahren drastisch senken. Die IEA geht davon aus, dass bei entsprechender politischer Unterstützung die Stromgestehungskosten von Next-Generation-Geothermie bis 2035 um bis zu 80 Prozent fallen könnten – auf etwa 50 USD pro Megawattstunde. Damit wäre Geothermie nicht nur konkurrenzfähig mit anderen erneuerbaren Energien, sondern auch mit konventionellen, fossil betriebenen Kraftwerken.
Parallel dazu wächst das Investitionsinteresse. Schon heute fließen Milliardenbeträge in die geothermische Forschung und Projektentwicklung – vor allem in China, den USA und Südostasien. Bis 2050 könnten sich die globalen Investitionen auf 2,5 Billionen US-Dollar summieren. Neben klassischen Energieversorgern zeigen zunehmend auch Technologieunternehmen Interesse an Geothermie – etwa zur klimafreundlichen Energieversorgung großer Rechenzentren.
Handlungsempfehlungen
Energiepolitik & Gesetzgebung
- Geothermie in der nationalen Energieplanung berücksichtigen, dedizierte Ziele und Technologiefahrpläne entwickeln
- Ausarbeitung von Risikominderungsprogrammen für die frühe Phase der Projektentwicklung, auch in Zusammenarbeit mit regionalen, nationalen und internationalen Finanzinstitutionen.
- Einführung von Maßnahmen, die langfristige Einnahmesicherheit und eine faire Vergütung durch langfristige Verträge und Förderregelungen gewährleisten
- Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für geothermische Energie, Einführung von eigenen Rechtsrahmen für Geothermie, getrennt von der klassischen Bergbaugesetzgebung.
- frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit, um soziale Akzeptanz zu sichern und Umweltstandards zu gewährleisten.
Förderungen, Finanzierung, Qualifikation
- Ausweitung geothermiespezifischer Forschungs- und Innovationsprogramme, einschließlich der Demonstration und Erprobung neuer Technologien.
- Verbesserung der Datenqualität und Schaffung offener Datenbestände zur Erleichterung der Bewertung geothermischer Ressourcen für Investoren.
- Förderung von Erdwärmeanwendungen für Privathaushalte, Gewerbe und Industrie auf nationaler, regionaler bzw. städtischer Ebene
- Vorantreiben und Betrieb von Geothermieprojekten über Unternehmen im Staatseigentum oder EVUs
- Forcierung der internationalen Zusammenarbeit zur Entwicklung technischer Standards für die Geothermie
- verstärkte Bildungsangebote, neue geothermiespezifische Studiengänge, Weiterbildungsprogramme und internationale Kompetenzzentren, Schulungen in Kooperation zw. Forschungseinrichtungen und Unternehmen
Fazit
Geothermie kann und sollte eine zentrale Rolle in den Energiesystemen der Zukunft spielen. Sie ist zuverlässig, skalierbar, klima- und netzfreundlich – und durch technologische Innovation erstmals global einsetzbar. Doch ihr Durchbruch hängt entscheidend von politischen Rahmenbedingungen ab. Ohne gezielte Förderung, klare Zielvorgaben und Investitionssicherheit wird die Geothermie ihr Potenzial nicht entfalten können. Geothermie bietet –eine verlässliche Grundlastquelle mit niedrigen Emissionen. Sie eröffnet zugleich Chancen für Innovation, Beschäftigung und Energieunabhängigkeit.
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