IEA Wind Task 54: Windenergie in kalten Klimazonen (Arbeitsperiode 2022 - 2024)

Zur Erreichung der Ausbauziele für erneuerbare Energien werden Erzeugungsanlagen zukünftig vermehrt an Standorten mit anspruchsvolleren Rahmenbedingungen errichtet werden müssen. Für die Windenergie bedeutet dies in vielen Staaten die Planung und den Betrieb von Anlagen unter Vereisungsbedingungen. Der Task untersucht und bewertet technologische Lösungen in diesem Umfeld und veröffentlicht Verfahrensempfehlungen in Form von technischen Berichten und Richtlinien.

Kurzbeschreibung

Der European Green Deal der Europäischen Kommission zur Bekämpfung des Klimawandels und Erreichung der Klimaneutralität erfordert einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien in allen Mitgliedsstaaten. Auch weltweit werden die Klimaziele ambitionierter und damit verbunden die Ausbauziele für die Windenergie. In vielen Staaten mit ausgeprägtem Winterklima bedeutet dies die Planung und den Betrieb von Windkraftanlagen (WKA) an Standorten mit erheblichem Vereisungspotenzial.

Etwa 15% der derzeitigen Anlagenstandorte in Österreich können als sogenannte "Cold Climate" Standorte mit häufiger und intensiver Vereisung eingestuft werden. Hier stellt die Vereisung eine große Herausforderung sowohl während der Projektierung als auch während des Betriebs der Anlagen dar. Selbst an Standorten in jenen Regionen Ost-Österreichs, in denen heute ein Großteil der österreichischen WKA in Betrieb ist, treten mehrmals pro Jahr Vereisungsereignisse auf. Das beträchtlich erhöhte Ausbauziel des Erneuerbaren Ausbau Gesetzes für die Windenergie von 10 TWh bis 2030 führt dazu, dass ein erheblicher Teil des Ausbaus auch an Standorten im alpinen und semialpinen Gelände mit einerseits großem Windpotenzial, aber andererseits auch erhöhtem Vereisungsrisiko stattfinden wird. Die Untersuchung von Technologien und Strategien zum sicheren und effizienten Umgang mit Vereisung hat daher nicht zuletzt eine hohe Priorität im Zuge des weiteren Ausbaus der Windenergie auch für Österreich.

Der Task 54 des IEA Wind TCP, ehemals Task 19, setzt sich seit mehr als 20 Jahren mit den vielfältigen Herausforderungen der Planung und des Betriebs von WKA unter Vereisungsbedingungen auseinander. Die erste Periode des Task 54 fokussierte dabei die folgenden Themenbereiche:

  • Steuerung von WKA und einzelnen Subsystemen
  • Behandlung von Unsicherheiten
  • Modellierung und Prüfung
  • Sicherheit und Akzeptanz

Die österreichischen Forschungsschwerpunkte lagen dabei vor allem in den ersten beiden Bereichen.
In Bezug auf die Kernkomponente beim Betrieb heutiger WKA unter Vereisungsbedingungen übernahm die Energiewerkstatt die Leitung eines Subtasks, der sich mit dem Performance Envelope von Rotorblattheizungssystemen auseinandersetzte. Im Mittelpunkt der Arbeiten stand dabei die Entwicklung einer Modellierung des Performance Envelopes unter Berücksichtigung der Rotorblattdimensionen, der Heizleistung des Rotorblattheizungssystems und den meteorologischen Umgebungsbedingungen in Form von Umgebungstemperatur, Windgeschwindigkeit sowie dem Wassergehalt der Luft (Liquid Water Content, LWC). Das Modell berechnet eine Grenzkurve bis zu derer die Heizleistung ausreicht, um die beheizte Fläche des Rotorblatts auf eine konstante Temperatur zu erwärmen, z. B. 0°C. Diese Grenzkurve stellt den sog. Performance Envelope des Rotorblattheizungssystems dar. Daran anknüpfend wurde zum einen eine Datenbank erstellt, die beispielhafte Zeitreihen von Vereisungsereignissen unterschiedlicher Weltregionen beinhaltet, die wiederum in das Modell eingespeist werden können. So lassen sich die regionalen Unterschiede im Vereisungsgeschehen wie auch die resultierende Leistungsfähigkeit von Rotorblattheizungssystemen in spezifischen Regionen darstellen.

Zum anderen wurde eine Methodik zur Validierung von Rotorblattheizungssystemen entwickelt, die es anhand von Infrarotkamera-basierten Temperaturmessungen der Blattoberfläche unter Hinzunahme der Modellierung des Performance Envelopes ermöglichen soll, die Leistungsfähigkeit des Systems im Feld nachzuweisen. Zielsetzung der erarbeiteten Tools und Prozesse ist die Beförderung einer Standardisierung, die es zukünftig ermöglicht, die eingesetzten Systeme unterschiedlicher Hersteller in den verschiedenen Phasen der Projektentwicklung und des Betriebs besser bewerten und vergleichen zu können.

Die Energiewerkstatt erarbeitete des Weiteren eine Transferfunktion zur Übertragung der standortspezifischen instrumentellen Vereisungsdauer auf potentielle Vereisungszeiträume einer räumlich nahegelegenen WKA. Für eine Auswahl an Standorten, für die zeitgleiche Zeitreihen von Betriebsdaten unbeheizter WKA und Messdaten von unbeheizten 1st-Class-Anemometern vorlagen, wurden die Windmessdaten sowie die WKA-Betriebsdaten hinsichtlich der aus ihnen jeweils ableitbaren Vereisungszeiträume evaluiert. Für die Korrelation, Gegenüberstellung und statistische Auswertung in Hinblick auf eine mögliche Transferfunktion zwischen Anemometer- und WKA-Vereisung wurde u. a. ein logistisches Regressionsmodell zur qualitativen Bewertung der identifizierten Zusammenhänge genutzt. Die Ergebnisse belegen, dass eine direkte Anwendung der ermittelten Verhältniszahlen auf einzelnen Vereisungsperioden und auf spezifische Anlagen nicht möglich ist. Das statistische Gesamtergebnis ist jedoch von großer Relevanz, da es die bisher gängig in der Praxis verwendete und intuitive Annahme, dass die Vereisungszeiträume der Rotoren einer WKA ohne Rotorblattheizung in einer ähnlichen Größenordnung, wie die der instrumentellen Vereisung einer nahegelegenen Windmessung mit Schalenanemometer liegen, bestätigt.

Projekt-Bilder

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Publikationen

IEA Wind Task 54 – Windenergie in kalten Klimazonen (Arbeitsperiode 2022 - 2025)

Zur Erreichung der Ausbauziele für erneuerbare Energien werden Erzeugungsanlagen zukünftig vermehrt an Standorten mit anspruchsvolleren Rahmenbedingungen errichtet werden müssen. Für die Windenergie bedeutet dies in vielen Staaten die Planung und den Betrieb von Anlagen unter Vereisungsbedingungen. Der Task untersucht und bewertet technologische Lösungen in diesem Umfeld und veröffentlicht Verfahrensempfehlungen in Form von technischen Berichten und Richtlinien. Schriftenreihe 63/2025
Andreas Krenn, Claas Rittinghaus, Alexander Stökl
Herausgeber: BMIMI
Deutsch, 47 Seiten

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Teilnehmende Staaten

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