IEA-Report: Die Rolle von strombasierten synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) bei der Dekarbonisierung des Verkehrs

Dieser neue IEA-Bericht enthält eine technisch-wirtschaftliche Bewertung einer Reihe von neu entstehenden E-Kraftstoff-Technologien (E-Fuels). Er bewertet die Auswirkungen eines angenommenen ehrgeizigen Ziels, bis 2030 einen Anteil von 10 % an E-Kraftstoffen in der Luft- und Schifffahrt zu erreichen, im Hinblick auf die erforderlichen Kostensenkungen, Ressourcen und Infrastrukturinvestitionen.

Herausgeber: International Energy Agency, Jänner 2024
Englisch, 76 Seiten

Inhaltsbeschreibung

Die rasche Einführung emissionsarmer Kraftstoffe in diesem Jahrzehnt wird ein wesentlicher Faktor sein, um die Dekarbonisierung des Verkehrssektors zu beschleunigen. Der Bedarf an fossilen Brennstoffen kann im Straßenverkehr durch Verbesserung der Kraftstoffeffizienz und den steigenden Absatz von Elektrofahrzeugen deutlich reduziert werden. Gleichzeitig sind der Luft- und der Schifffahrtssektor bei ihrer Dekarbonisierung weiterhin stärker auf kraftstoffbasierte Lösungen angewiesen. Nachhaltige Flugkraftstoffe (Sustainable Aviation Fuels) werden zunehmend Teil des Treibstoffmixes in der Luftfahrt, während die Aufträge für neue Schiffe einen Trend zu alternativen Kraftstoffen aufzeigen.

Aus elektrolytischem Wasserstoff gewonnene Kraftstoffe, so genannte E-Kraftstoffe (E-Fuels), könnten eine wichtige Alternative bieten und sich bis 2030 rasch verbreiten, unterstützt durch einen massiven Ausbau von günstigeren erneuerbaren Energiequellen und die erwarteten Kostensenkungen bei Elektrolyseuren. Emissionsarme E-Fuels können zur Diversifizierung der für den Verkehr verfügbaren Dekarbonisierungsoptionen beitragen. Sie zählen als emissionsarm, wenn ihr Wasserstoff mit emissionsarmer Elektrizität erzeugt wird und alle Kohlenstoffinputs auf eine Weise gewonnen werden, die zu niedrigen Treibhausgasemissionen führt. Im Verkehr bieten emissionsarme E-Kraftstoffe eine ergänzende Lösung zu nachhaltigen Biokraftstoffen. Insbesondere in der Luftfahrt profitieren E-Kraftstoffe von ihrer Fähigkeit, die bestehende Infrastruktur für Transport, Lagerung und Verteilung sowie die Endverbrauchergeräte zu nutzen.

Quelle: IEA-Report: The Role of E-fuels in Decarbonising Transport (Seite 20)

Kosten von emissionsarmen E-Kraftstoffen könnten bis 2030 sinken

Emissionsarme E-Kraftstoffe sind derzeit noch teuer in der Herstellung, aber ihr Abstand zu fossilen Kraftstoffen könnte bis 2030 deutlich verringert werden. Bis zum Ende des Jahrzehnts könnten die Kosten für emissionsarmes E-Kerosin auf 50 USD/GJ (2 150 USD/t) gesenkt werden, so dass es mit nachhaltigen Flugkraftstoffen auf Biomassebasis konkurrieren könnte. Das geschieht durch Kostensenkungen, die durch die Realisierung der derzeit weltweit angekündigten Elektrolyseur-Projekte, die Erschließung von Standorten mit hochwertigen erneuerbaren Ressourcen und eine optimierte Projektgestaltung ermöglicht werden. Die Kosten für emissionsarmes E-Methanol könnten auf 35 USD/GJ (700 USD/t) und für E-Ammoniak auf 30 USD/GJ (550 USD/t) gesenkt werden, so dass sie im Zeitraum 2010-2020 mit dem oberen Ende der Preise für fossiles Methanol und Ammoniak als chemischer Rohstoff vergleichbar wären. Darüber hinaus fällt bei der Herstellung von E-Kraftstoffen für die Luftfahrt auch eine nicht zu vernachlässigende Menge an E-Benzin als Nebenprodukt an.

E-Fuels in der Luft- und Schifffahrt

Emissionsarme E-Kraftstoffe sind zwar auch 2030 noch teuer, werden aber bei einem Anteil von 10 % nur begrenzte Auswirkungen auf die Verkehrspreise haben. Bei Kosten von 50 USD/GJ würde E-Kerosin den Ticketpreis für einen Flug, bei dem 10 % E-Kraftstoffe verwendet werden, nur um 5 % erhöhen. Obwohl die Herstellung von E-Methanol und E-Ammoniak billiger ist als die von E-Kerosin, erfordert ihre breite Verwendung als Schiffskraftstoffe erhebliche Investitionen in kompatible Bunkerinfrastrukturen und Schiffe. Die Gesamtbetriebskosten eines zu 100 % mit E-Ammoniak oder E-Methanol betriebenen Containerschiffs wären um 75 % höher als die eines herkömmlichen Containerschiffs. Obwohl dies ein erheblicher Anstieg ist, würden die zusätzlichen Kosten weniger als 1 % des typischen Werts der in Containern beförderten Waren ausmachen.

Geringe Effizienz, hoher Infrastrukturbedarf sowie zusätzliche Erneuerbaren Nachfrage und Elektrolyseur-Kapazitäten

Aufgrund mehrerer Umwandlungsschritte und damit verbundener Verluste ist die Produktion von E-Kraftstoffen im Allgemeinen wenig effizient, was zu einem hohen Ressourcen- und Infrastrukturbedarf führt. Die Produktion großer Mengen emissionsarmer E-Kraftstoffe könnte bis 2030 eine zusätzliche Nachfrage nach Strom aus erneuerbaren Energien von etwa 2 000 TWh/Jahr auslösen. Um einen Anteil von 10 % an E-Kraftstoffen in der Luft- und Schifffahrt zu erreichen, müsste die Elektrolyseur-Produktion erheblich ausgeweitet werden, da dafür mehr als 400 GW an Kapazitäten erforderlich wären, was dem gesamten Umfang der weltweiten Elektrolyseur-Projektpipeline bis 2030 entspricht.

Eine beschleunigte Einführung von emissionsarmen E-Kraftstoffen für die Schifffahrt würde erhebliche Investitionen in die Betankungsinfrastruktur und in Schiffe erfordern. Um einen Anteil von 10 % in der Schifffahrt zu erreichen, wären etwa 70 Mio. t/Jahr an E-Ammoniak oder E-Methanol erforderlich. Dies entspricht dem 3,5-fachen des derzeitigen weltweiten Handelsvolumens an Ammoniak bzw. dem Zweifachen des Handelsvolumens an Methanol.

Etwa 200 Mio. t CO2 wären erforderlich, um den 10 % Anteil von E-Kerosin für die Luftfahrt zu produzieren, und 150 Mio. t CO2, um den 10 % Anteil für die Schifffahrt zu produzieren, wenn alles in Form von E-Methanol hergestellt würde. Es wäre nicht möglich, diese kombinierte Menge allein aus kostengünstigen biogenen Quellen bereitzustellen, aber sie könnte durch die Zellstoffherstellung ergänzt werden, wenn auch zu höheren Kosten. In jedem Fall würde die Nutzung dieser derzeit ungenutzten Ressource einen massiven Ausbau um mehr als das Hundertfache der derzeit aus biogenen Quellen gewonnenen Mengen erfordern.

Internationale Messmethoden und Standards sind zu entwickeln

Um eine breite Einführung und den Handel zu ermöglichen, müssen E-Kraftstoffe etablierte technische und sicherheitstechnische Standards sowie international vereinbarte Methoden zur Messung der Treibhausgasemissionen während des gesamten Lebenszyklus erfüllen. Internationale Gremien wie die Internationale Organisation für Normung (ISO), die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) und die American Society for Testing and Materials (ASTM) haben bereits Normen für einige Produktions- und Verwendungspfade von E-Kraftstoffen festgelegt, aber Normen für die Qualität und Sicherheit von Ammoniak, die Sicherheit von Methanol und höhere Mischungsanteile von E-Kerosin sind noch in der Entwicklung. Die Entwicklung umfassender internationaler Normen, Protokolle und Verfahren für die Kraftstoffqualität, die Sicherheit und die Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus hinweg muss weiter vorangetrieben werden, um den Handel und die Verwendung in der internationalen Luftfahrt und Schifffahrt zu ermöglichen. Diese Prozesse müssen auch ständig weiterentwickelt werden, wenn sich neue Technologien und Anwendungen für E-Kraftstoffe entwickeln.

Unterstützungsmaßnahmen der öffentlichen Hand

Die Regierungen müssen energischere Maßnahmen ergreifen, um die Nachfrage nach emissionsarmen E-Kraftstoffen anzukurbeln. Um die potenziellen Dekarbonisierungsoptionen zu nutzen, ohne die Verbraucherpreise zu erhöhen, ist die Erzielung von Skaleneffekten durch eine vorhersehbare Nachfrage der Schlüssel. Derzeit befinden sich weltweit mehr als 200 Projekte in der Entwicklung, wobei sich die meisten E-Kraftstoff-Projekte noch in einem frühen Stadium befinden. Um eine beschleunigte Einführung zu erreichen, müssen die Länder weiterhin politische Maßnahmen ergreifen, die eine vorhersehbare Nachfrage nach frühen Projekten schaffen, die erforderlichen Infrastrukturinvestitionen unterstützen, die Kosten für Elektrolyseure senken, F&E-Aktivitäten zur Entwicklung neuer hocheffizienter E-Kraftstoff-Technologien fördern und das Potenzial zur Nutzung von Synergien zwischen E-Kraftstoffen, Biokraftstoffen und Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung (CCUS) unterstützen.

Der Bericht kann auf der IEA-Webseite heruntergeladen werden.

IEA Report: The Role of E-fuels in Decarbonising Transport