IEA: Energie- und Technologiepolitik auf dem Prüfstand
Herausgeber: IEA
Englisch
Inhaltsbeschreibung
Jedes IEA Mitgliedsland wird ca. alle 5-6 Jahre auf seine energie- und technologiepolitischen Zielsetzungen und Maßnahmen im Rahmen eines sog. In Depth Reviews evaluiert. Der Prüfbericht "Energy Policies of IEA Countries - Austria 2019 Review" wurde am 26.5.2020 von IEA Exekutivdirektor Fatih Birol, Leonore Gewessler, Bundesministerin für Klimaschutz, Energie und Technologiepolitik sowie den Beteiligten und der österr. Presse vorstellt.
IEA Analyse nach Themenbereichen
Treibhausgasemissionen
Österreich hat sich verpflichtet seine Treibhausgasemission bis 2020 um 16% gegenüber 2005 zu reduzieren (Europäisches Emissionshandelssystems ETS), seit 2016 steigen die Emission jedoch wieder signifikant, was vor allem auf den Verkehrssektor zurückzuführen ist. Für 2030 hat sich Österreich verpflichtet seine Emissionen um 36% zu reduzieren. Die IEA schätzt, dass Österreich nur 27% erreichen könnte, wenn die Anstrengungen nicht deutlich erhöht werden.
Österreich hat sich mit dem Regierungsprogramm 2020-2024 ein weiteres ambitioniertes Ziel, der C02-Neutralität im Jahr 2040, gesetzt. Die integrierte Österreichische Klima- und Energiestrategie #mission2030, sowie der Nationale Energie- und Klimaplan für Österreich (NEKP) zur Umsetzung dieser bis 2030 liegen bereits vor. Darin vorgesehene Maßnahmen wie ein Klimaschutzgesetz mit verbindlichen Zielen (auf Bundes und Landesebene) werden von der IEA als wichtig eingeschätzt.
Dennoch seien weitere Anstrengungen zur Dekarbonisierung, vor allem im Gebäude- und Verkehrssektor notwendig. So solle das geplante COVID-19 Konjunkturpaket für Österreich als Chance für den Aufbau einer klimafreundlichen Wirtschaft genützt werden, sagt Birol.
Die österreichische Bundesregierung plant einen Ausstieg aus Kohle und Ölheizungssystemen bis 2035 und eine eingeschränkte Nutzung von Gas im Neubau ab 2025. Im Transportbereich schätzt die IEA, dass durch den Tanktourismus derzeit zusätzlich 5 Mio t C02 im Nicht ETS für Österreich entstehen. Die vorgesehene umfassende ökologische Steuerreform könnte laut IEA dazu beitragen, eine Trendumkehr bei den Treibhausgasemissionen einzuleiten.
Erneuerbare Energie
Die Rolle des Stroms im Energiemix wird gemäß NEKP ansteigen. Derzeit stammen rund 75% des Stroms aus Erneuerbarer Energie (davon 85 % Wasserkraft). Umso wichtiger ist es, den Anteil variablen erneuerbaren Stroms und sowie die Speicherkapazitäten signifikant zu erhöhen.
Österreich hat sich mit der #Mission2030 zum Ziel gesetzt, 100% erneuerbare Stromproduktion im Jahr 2030 (national bilanziert) zu erreichen. Das bedeutet ein Nettozuwachs von 22-27 TWH (vorwiegend Solar PV, Wind und 5 TWH Kleinwasserkraft).
Die Marktdiffusion bei Wind und Photovoltaik ist seit dem letzten Prüfbericht gestiegen, Österreich setzte dabei auf garantierte Einspeisetarife als Förderinstrument. Die IEA schätzt die 2020 Ziele Österreichs, 34% Erneuerbare im Endenergieverbrauch und 10% im Transportbereich als erreichbar ein.
Koordination Bund-Bundesländer
Die Kompetenz für das Energiethema liegt in der Bundeskompetenz, nunmehr in einem sehr umfassenden Ministerium, welches für Umwelt, Klimaschutz, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zuständig ist. Dennoch fallen für den Energiesektor wichtige Politiken in die Kompetenz der Bundesländer (z.B. Flächenwidmung, Genehmigungen für Infrastrukturprojekte, Gebäudenormen). Eine verstärkte Koordinierung wird daher von der IEA angeregt.
Energieversorgungssicherheit
Österreich verfügt über die von der IEA geforderten Öl- und Gasreserven. Die Energietransition wird neue Parameter zur Bewertung der Energiesicherheit erfordern (flexible Energiesysteme, Speicher, Demand-Side Mangement, Prosumer...). Die Gasinfrastruktur zur Speicherung von Erneuerbarer Energie zu nutzen (Greening the Gas) wird von der IEA als sinnvoll erachtet.
Forschung, Technologie, Innovation
Die IEA reiht Österreich in die Gruppe der „strong innovators" im Bereich Energieforschung ein. Österreich investiert jährlich rund 0,04% des BIP in die Energieforschung und liegt damit auf Platz 9 im IEA Länderranking.
Die Schwerpunkte liegen gemäß IEA-Kategorien auf Energieeffizienz (Gebäude, Industrie, Verkehr & Mobilität), Erneuerbare (Solar, Bioenergie, Wasserstoff...) und Übertragung/Speicherung (Smart Grids, Energiespeicher...). Der „Integrierte Nationale Energie- und Klimaplan" (NEKP) und das Bekenntnis Österreichs in der globalen Initiative Mission Innovation sehen eine deutliche, sukzessive Steigerung der öffentlichen Energieforschungsmittel bis 2030 vor.
Die IEA würdigt die sehr gut etablierte institutionelle Verankerung (Ministerien, Klima- und Energiefonds, FFG...) und Förderungsrahmenbedingungen für FTI in Österreich. Der im Rahmen der Energieforschungs- und Innovationsstrategie verfolgte systemische Ansatz sowie die Berücksichtigung des gesamten Innovationsprozesses von der Forschung bis hin zum Markt wird als Erfolgsfaktor bewertet.
Die IEA schätzt das Engagement Österreichs bei internationaler Zusammenarbeit (Europäisches Forschungsrahmenprogramm, IEA, Mission Innovation) und die vorbildlichen Verbreitungsaktivitäten von Forschungsergebnissen. Sie lobt die starke Zusammenarbeit von privaten und öffentlichen Akteuren in Forschung und Entwicklung. Für jeden öffentlichen Fördereuro wurden durchschnittlich 2,5 Euro zusätzlich von der Privatwirtschaft in die Energieforschung investiert.
IEA-Empfehlungen für den FTI Bereich
- Die Budgetierung des Klima– und Energiefonds an die ambitionierten Klima und Energieziele anpassen
- Eine Umstellung auf Mehrjahresbudgets für Forschung, um die Planungssicherheit für Förder-nehmer zu erhöhen
- Bessere Integration von F&E und Markteinführungsprogrammen, um Energietechnologien schneller marktreif zu machen. Dafür innovative Förderinstrumente wie innovationsfördernde öffentliche Beschaffung, regulative Experimentierzonen weiterentwickeln.
- Sicherstellen, dass in jeder Phase der Technologieentwicklung – von der Grundlagenforschung bis zur Markteinführung – ausreichend Fördergelder vorhanden sind, wobei der Fokus auf Innovation liegen sollte.
- Dissemination und Informationsverbreitung von F&E-Ergebnissen weiter ausbauen
- Aktivitäten im Bereich kohlenstoffarmer Energieinnovationen der Privatwirtschaft in Schlüssel-themen intensivieren (z.B. im Bereich Wasserstoff)
- Die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Energieforschung fortführen und weiter ausbauen (EU, IEA, Mission Innovation)
Weitere Schlüsselempfehlungen
- Ein nachhaltiges Konjunkturprogramm gestalten, um die Ziele des Regierungsprogramms 2020 - 2024 zu erreichen
- Richtlinien für Gebäudestandards verschärfen und österreichweit harmonisieren, um Energieeffizienz im Gebäudesektor zu steigern
- Stärkere Preisanreize zur Senkung der CO2 Intensität des Energieverbrauchs
- Sicherstellen, dass die Energietransition sozial-ökonomisch verträglich ist
Der vollständige Bericht ist auf der Website der Internationalen Energieagentur nachzulesen.
Zur Presseaussendung der IEA (26.5.2020)