IEA Renewables 2023 - Analysen und Prognosen bis 2028

Auf der COP28-Klimakonferenz in Dubai wurde vereinbart, die weltweit installierte Kapazität an erneuerbaren Energien bis 2030 auf mindestens 11.000 GW zu verdreifachen. Die Analysen zeigen, dass der weltweite jährliche Zuwachs an erneuerbaren Energien um fast 50 % auf nahezu 510 Gigawatt (GW) im Jahr 2023 anstieg, die schnellste Wachstumsrate der letzten zwei Jahrzehnte.

Herausgeber: International Energy Agency, 2024
Englisch, 143 Seiten

Inhaltsbeschreibung

Der Bericht analysiert die Entwicklung der Erneuerbaren basierend auf aktuellen politischen Rahmenbedingungen und Marktentwicklungen. Prognosen zu den verschiedenen erneuerbaren Technologien in den Bereichen Strom, Verkehr und Wärme bis 2028 werden dargestellt und gleichzeitig die wichtigsten Herausforderungen der Branche sowie Hindernisse für ein schnelleres Wachstum untersucht.

"Dieser Bericht ist der erste zentrale Bestandteil der IEA-Folgearbeiten zu den Ergebnissen der COP28, die bis 2024 und darüber hinaus fortgesetzt werden", sagte IEA Executive Director Fatih Birol. "Er basiert auf den fünf Hauptpfeilern, die wir im Vorfeld der COP28 festgelegt haben, und umfasst die Verdreifachung der erneuerbaren Energien, die Verdopplung der Energieeffizienz, die Verringerung der Methanemissionen, die Abkehr von fossilen Brennstoffen und die Aufstockung der Finanzierung für Schwellen- und Entwicklungsländer. Wir werden sehr genau verfolgen, ob die Länder ihre Versprechen einhalten und geeignete Maßnahmen umsetzen."

Weltweite Zuwächse – China liegt voran

Die Analysen zeigen, dass der weltweite jährliche Zuwachs an erneuerbaren Energien um fast 50 % auf nahezu 510 Gigawatt (GW) im Jahr 2023 anstieg, die schnellste Wachstumsrate der letzten zwei Jahrzehnte. Die Zuwächse in Europa, den Vereinigten Staaten und Brasilien erreichten historische Höchststände, China übertraf auch diese noch. Im Jahr 2023 nahm China so viel Photovoltaik in Betrieb wie die gesamte Welt im Jahr 2022, und auch der Zubau von Windkraftanlagen stieg im Vergleich zum Vorjahr um 66 %. Weltweit entfielen allein auf die Photovoltaik drei Viertel des weltweiten Ausbaus an erneuerbaren Kapazitäten.

Erreichung des COP28-Ziels hängt von Politik ab

Unter den gegenwärtigen Politiken und Marktbedingungen wird das Ziel der Verdreifachung der Erneuerbaren verfehlt. Es braucht ein politisches Einlenken, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern. Diese sind:

  1. politische Unsicherheiten und verzögerte politische Reaktionen auf das neue makroökonomische Umfeld;
  2. unzureichende Investitionen in die Netzinfrastruktur, die einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien verhindern;
  3. aufwändige administrative Hürden und Genehmigungsverfahren sowie Fragen der sozialen Akzeptanz;
  4. unzureichende Finanzierung in Schwellen- und Entwicklungsländern.

Die Prognosen des Berichts beschreiben den „Hauptfall" (Main Case) und den „Beschleunigten Fall" (Accelerated Case). Das Szenario des „Beschleunigten Falls" zeigt die Bewältigung dieser Herausforderungen, was zu einem deutlich stärkeren Ausbau der Erneuerbaren führt, womit das Ziel der Verdreifachung erreicht werden kann.

Transformation des globalen Strommix bis 2028

Im Hauptfall dieses Berichts werden bis 2028 fast 3.700 GW an Erneuerbaren ans Netz gehen. Photovoltaik und Windkraft spielen mit rund 95 % des weltweiten Ausbaus eine Schlüsselrolle, wobei sie niedrigere Stromgestehungskosten aufweisen als fossile und nicht-fossile Alternativen.
In den kommenden fünf Jahren werden voraussichtlich mehrere Meilensteine im Bereich der erneuerbaren Energien erreicht:

  • Im Jahr 2024 erzeugen Wind- und Solarenergie zusammen mehr Strom als Wasserkraft.
  • Im Jahr 2025 werden die erneuerbaren Energien die Kohle überholen und zur größten Stromerzeugungsquelle aufsteigen.
  • In den Jahren 2025 und 2026 übertreffen Wind und Photovoltaik jeweils die Stromerzeugung aus Kernkraft.
  • Im Jahr 2028 machen erneuerbare Energiequellen über 42 % der weltweiten Stromerzeugung aus, wobei sich der Anteil von Wind- und Photovoltaik auf 25 % verdoppelt.

China ist das Zentrum der Erneuerbaren

Auf China entfallen fast 60 % des weltweiten Ausbaus der Erneuerbaren bis 2028. Obwohl die nationalen Subventionen in den Jahren 2020 und 2021 ausgelaufen sind, nimmt der Ausbau der Onshore-Wind- und Solarenergie in China stetig zu, was auf die wirtschaftliche Attraktivität dieser Technologien und ein günstiges politisches Umfeld mit langfristigen Verträgen zurückzuführen ist. Die Prognose der IEA zeigt, dass China sein nationales Ziel für die Installation von Wind- und Solarenergie für das Jahr 2030 bereits heuer erreichen wird, sechs Jahre früher als geplant. 2030 werden fast 50 % der chinesischen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen stammen.

Potentiale für Onshore-Wind- und Photovoltaik

In den USA, der EU, Indien und Brasilien soll sich der Ausbau von PV- und Onshore-Windkraftanlagen bis 2028 im Vergleich zu den letzten fünf Jahren laut Prognose mehr als verdoppeln. Unterstützende politische Rahmenbedingungen und die steigende wirtschaftliche Attraktivität von PV- und Onshore-Windkraftanlagen sind die Hauptgründe für diese Entwicklung.

Obwohl sich der Ausbau der Erneuerbaren in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara verbessert, bleibt die Region angesichts ihres Ressourcenpotenzials und ihres Elektrifizierungsbedarfs hinter ihren Möglichkeiten zurück.

Onshore-Wind- und PV-Anlagen sind kostengünstiger als fossile Anlagen

Im Jahr 2023 sanken die Spotpreise für PV-Solarmodule im Vergleich zum Vorjahr um fast 50 %, während die Produktionskapazität das Dreifache des Niveaus von 2021 erreichte. Die derzeit im Bau befindlichen Produktionskapazitäten deuten darauf hin, dass das weltweite Angebot an PV-Modulen Ende 2024 1.100 GW erreichen wird, wobei das Produktionspotenzial dreimal so hoch sein dürfte wie die derzeitige Nachfrageprognose.

In etwa 96 % der neu installierten PV- und Onshore-Windkapazitäten hatten 2023 niedrigere Stromgestehungskosten als neue Kohle- und Gaskraftwerke. Außerdem boten drei Viertel der neuen Wind- und PV-Anlagen billigeren Strom an als bestehende fossile Kraftwerke. Trotz des steigenden Bedarfs an Flexibilität und Zuverlässigkeit zur Integration variabler erneuerbarer Energien wird sich die Wettbewerbsfähigkeit von Onshore-Wind- und PV-Anlagen in Europa, China, Indien und den Vereinigten Staaten bis 2028 nur geringfügig ändern.

Herausforderungen durch verändertes makroökonomisches Umfeld

Steigende Leitzinsen der Zentralbanken und dadurch höhere Finanzierungskosten stellen ein Hemmnis für einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren dar. Die Inflation sowie die relativ langsame Reaktion der Politik auf die geänderten makroökonomischen Rahmenbedingungen sind zusätzliche Herausforderungen. Einige Auktionen für Erneuerbare wurden in Industrieländern daher nicht voll ausgeschöpft und Projekte abgesagt. Um den Ausbau der Wind- und Solarenergie voranzutreiben, sind Maßnahmen zur Verbesserung des Auktionsdesigns und der Methoden zur Vertragsindexierung erforderlich.

Speziell die Windindustrie, insbesondere in Europa und den USA, steht vor einigen Herausforderungen: Nach einem Rückgang des Marktwertes und negativen Nettomargen seit Anfang 2022, anhaltenden Unterbrechungen der Lieferkette, höheren Kosten und langen Genehmigungsfristen wurde die Prognose für Onshore-Windkraftanlagen nach unten korrigiert, da die Projektentwicklung insgesamt langsamer verläuft als erwartet. Offshore-Windenergie ist besonders betroffen – hier wurden die Ausbau-Prognosen um 15% reduziert. Der Aktionsplan für Windenergie der Europäische Union von Oktober 2023 soll diesen Problemen entgegenwirken und die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen.

Engpässe bei der Infrastruktur

Der beschleunigte Ausbau der variablen Erneuerbaren stellt Stromnetze künftig vor Herausforderungen. Mit 25 % an Wind- und Solarstrom im globalen Energiemix bis 2028 und über 50 % in sieben Europäischen Ländern – in Dänemark sogar bis zu 90 % – werden Netzengpässe zunehmend zu Leistungseinschränkungen führen, da der Netzausbau dem Ausbau der Erneuerbaren hinterherhinkt.

Großer Gap bei Wasserstoff und Biokraftstoffen

Auf China, Saudi-Arabien und die USA entfallen bis 2028 in etwa 75 % der erneuerbaren Kapazitäten für die Wasserstofferzeugung. Trotz der Ankündigung neuer Projekte und Pipelines sind die Fortschritte bei den geplanten Projekten nur langsam, deshalb musste die Prognose deutlich nach unten korrigiert werden. Der Ausbau von 45 GW bis 2028 entspricht nur etwa 7 % der für diesen Zeitraum angekündigten Projektkapazität.

Auch bei der Entwicklung der Biokraftstoffe gibt es eine Lücke zwischen der Prognose des „Main Case" und des Net Zero Scenario (NZE) der IEA, welche eine Verdreifachung der Biokraftstoffnachfrage bis 2030 vorsieht. Im Luftfahrtsektor wäre ein Anteil von 8 % Biokraftstoff an der Treibstoffversorgung erforderlich, während die bestehenden politischen Maßnahmen nur 1 % ermöglichen. Um diese Lücke zu schließen, sind neue und strengere politische Maßnahmen sowie eine Diversifizierung der Rohstoffe erforderlich. Im „Accelerated Case" werden einige politische Weichen gestellt und so der Gap um fast 40 % reduziert, wobei Biojet-Kraftstoff statt nur 1 % ca. 3,5 % der weltweiten Flugtreibstoffe abdeckt.

Biokraftstoffe und E-Mobilität ergänzen sich

Schwellenländer, allen voran Brasilien, dominieren den weltweiten Biokraftstoffausbau. Unterstützt durch eine solide Politik, eine steigende Nachfrage nach Verkehrskraftstoffen und ein reichhaltiges Potenzial an Rohstoffen werden die Schwellenländer im Prognosezeitraum für voraussichtlich 70 % des weltweiten Wachstums der Biokraftstoffnachfrage verantwortlich sein. Biokraftstoffe für den Straßenverkehr bleiben mit fast 90 % die bedeutendste Sparte.

Elektrofahrzeuge ergänzen die Biokraftstoffe bei der Senkung der Ölnachfrage im Verkehrssektor. Bis 2028 sollen durch beide Maßnahmen weltweit 7 % des prognostizierten Ölbedarfs im Verkehr ersetzt werden. Biokraftstoffe bleiben der dominierende Faktor zur Vermeidung der Ölnachfrage in den Segmenten Diesel und Düsenkraftstoff. E-Fahrzeuge übertreffen Biokraftstoffe im Benzinsegment, insbesondere in den Vereinigten Staaten, Europa und China.

Erneuerbare Wärme mit großem Aufholbedarf

Erneuerbarer Strom für den Betrieb von Wärmepumpen für Prozess- und Raumwärme macht den größten Anteil bei der fossilfreien Wärme aus. Diese erreicht 17 % des gesamten Wärmeverbrauchs im Jahr 2028. China, die EU und die USA gehen dabei voran, was auf ein günstiges politisches Umfeld, aktualisierte Zielsetzungen in der Europäischen Union und in China und starke finanzielle Anreize in vielen Märkten zurückzuführen ist. Die Einführung von Verpflichtungen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmebereich und das Verbot fossiler Brennstoffe im Gebäudesektor fördern diese Entwicklung.

Allerdings reichen diese Trends bei weitem nicht aus, um die in Paris gesetzten Klimaziele zu erreichen. Allein der Wärmesektor könnte bis 2028 ein Fünftel des verbleibenden Kohlenstoffbudgets zur Einhaltung des 1,5°C Ziels verbrauchen. Es bedarf starker politischer Maßnahmen, um den Ausbau der erneuerbaren Wärme zu beschleunigen und wesentliche Verbesserungen bei der Material- und Energieeffizienz zu erzielen.

"Der neue IEA-Bericht zeigt, dass unter den aktuellen Politiken und Marktbedingungen die weltweite Kapazität an erneuerbaren Energien bis 2030 in etwa um das Zweieinhalbfache steigen wird. Das ist noch nicht genug, um das COP28-Ziel der Verdreifachung der erneuerbaren Energien zu erreichen, aber wir kommen dem Ziel näher - und die Regierungen haben die nötigen Instrumente, um die Lücke zu schließen." IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol

Gleichzeitig mit dem Bericht veröffentlichte die IEA einen neuen Renewable Energy Progress Tracker, der es den Nutzer:innen ermöglicht, historische Daten und Prognosen auf regionaler und länderspezifischer Ebene zu untersuchen und die Fortschritte auf dem Weg zum Ziel der Verdreifachung zu verfolgen.

Der Bericht kann auf der IEA-Website heruntergeladen werden.

Renewables 2023 - Analysis and forecast to 2028