Berichte aus Energie- und Umweltforschung 1/2000
ZERIA - Zero Emissions Research in Austria

Möglichkeiten und Grenzen der Umsetzbarkeit der ZERI - Methodik auf die europäische, speziell die österreichische, Industrielandschaft

Inhaltsbeschreibung

Die theoretischen Grundlagen für eine eindeutige Definition, was Zero Emission exakt ist, sind bisher noch nicht gänzlich entwickelt. Grundsätzlich zeichnen sich Zero Emissions Verfahren dadurch aus, dass versucht wird, für die nicht mehr vermeidbaren Abfälle, Folgeproduktionsprozesse zu entwickeln, die die Abfälle des vorhergehenden Prozesses als Rohstoffe verwenden. Wenn eine Bilanzgrenze um diese vernetzten Produktionssysteme gezogen wird, dürfen die Abfall- und Emissionsströme nicht größer als ein festgelegtes qualitatives Zero sein, die die Bilanzgrenze als Outputstrom verlassen. Umgekehrt gedacht heißt das soviel wie, alle Rohstoffe werden innerhalb dieses Produktionssystems zu Produkten verarbeitet.

An die Produkte wird aber noch die Anforderung gestellt, dass sie einen ökonomischen und ökologischen Mehrwert ("added value") im Vergleich zu den internen Abfallströmen besitzen. Downcycling und Entsorgungstechnologien nach den "End of Pipe' - Prinzip sind nicht Zero Emissions. Dieser Mehrwert ("added value") wird nur nach ökonomischen Maßstäben definiert.

Bei diesen Überlegungen werden zwei wesentliche Punkte noch nicht berücksichtigt: In wie weit soll der Ursprungsprozess effizienter gestaltetet werden, zum Beispiel durch interne Kreislaufschließungen? Gesteigerte Effizienz bedeutet höheren Energieeinsatz Ein völliges Vermeiden von Emissionen und Abfällen auf diesem Wege würde, entsprechend dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, einen unendlich großen Energieeinsatz bedeuten. Wann übersteigt der Nutzen der Vermeidung, den Schaden durch den Energieverbrauch, oder wie viel Energie darf ein Zero Emissions Prozess verbrauchen, oder wann ist der Zero Emissions - Wirkungsgrad erreicht. Offen bleibt auch die Fragestellung der Umweltauswirkungen und Massenströme, die durch die Produkte selbst erzeugt werden. Jedes Produkt ist letztendlich zeitverzögerte Emission.

Es ist heute unbestritten, dass für eine nachhaltige Entwicklung eine Verringerung der gesamten Stoffströme durch unsere industrialisierte Gesellschaft notwendig ist. Letztendlich kann aber nur die Eliminierung aller Emissionen und Abfallströme das Ziel sein. Das von Gunther Pauli initiierte und von der Universität der UNO koordinierte Programm ZERI, Zero Emissions Research Initiative, versucht dieses Ziel über mehrere Stufen zu erreichen:

1.      Steigerung des "Total Throughput"

2.      Output - Input Modelle

3.      Bildung von industriellen Clustern

4.      Entwicklung von neuen Technologien 5. Politische Maßnahmen

Globale Information über ZERI

Die ersten drei Punkte sind eine logische Fortführung des Konzeptes "Cleaner Production" und "Industrielle Ökologie", die beide bereits zu einer wesentlichen Entlastung der Umwelt führen können. Im Rahmen von ZERI gibt es mehrere Forschungsvorhaben und Pilotprojekte, darunter eine Brauerei in Namibia, die gänzlich abfall- und emissionsfrei Bier erzeugt. Dies gelingt durch eine raffinierte Aneinanderreihung von Produktionen; Brauerei, Regenwurmfarm, Hühnerfarm und Fischteich; um den im Korn enthaltenen Nährstoffanteil gänzlich zu nutzen. Die meisten der ZERI - Forschungsvorhaben liegen im Bereich der Nahrungsmittel und Agrarindustrie.

Obwohl dieser Bereich auch für die Industriestaaten von äußerster Wichtigkeit ist, haben wir es bei einem Großteil unserer Betriebe mit nicht organischen Abfällen und Emissionen zu tun. Bei diesem laufenden Forschungsprojekt suchten wir nach den Möglichkeiten und Grenzen der Umsetzbarkeit der ZERI - Methodik auf die europäische, speziell die österreichische, Industrielandschaft. Wir haben aus diesem Grund auch begonnen, die unterschiedlichen, bereits existierenden Methoden (Cleaner Production, Industrielle Ökologie, Eco Design, Upsizing und Recycling, Integrierte Biosysteme und erneuerbare Rohstoffe) auf ihre Brauchbarkeit in Richtung Zero Emissions zu untersuchen.

Im praktischen Teil dieses Forschungsprojektes versuchten wir Firmen für diese Idee zu gewinnen und in Fallbeispielen das derzeit Mögliche zu untersuchen. Zu Beginn legen wir daher unser Augenmerk einerseits auf Firmen, die bereits Erfahrung im Umweltschutz haben, andererseits beschränken wir uns im ersten Schritt auf partielle Emissionsfreiheit.

Ein erster Workshop mit den Grazer ÖKOPROFIT - Betrieben brachte das Ergebnis, dass weitere große Einsparungen von den Unternehmern zwar für möglich, die Erreichung von Zero Emissions unter den jetzigen Gegebenheiten aber als utopisch erachtet wird. Wir konnten drei Grazer Betriebe: Eurostar (Automobilmontage), Marienhütte (Stahl- und Walzwerk) und Ökoservice (Dienstleistungen) und eine niederösterreichische Firma: B. Braun (medizinischer Bedarf) für eine Zusammenarbeit gewinnen und suchen nach Möglichkeiten zur Vermeidung von Emissionen:

Anhand dieser Beispiele konnten wir auch die Erkenntnis gewinnen, dass es keine einzelne Methode, kein "Patentrezept", für Zero Emissions geben wird. Vielmehr müssen unsere Anstrengungen darauf gerichtet werden, die bereits vorhandenen und erprobten Strategien Cleaner Production, Industrielle Ökologie, Nachwachsende Rohstoffe, Umweltgerechtes Design, Upsizing und Recycling und Integrierte Biogene Systeme zu einem gesamten, zielgerichteten System zu vereinigen und somit Zero Emissions nicht nur partiell zu verwirklichen. Da dieses Forschungsprojekt nur die Untersuchung der prinzipiellen Machbarkeit und die Einführung der Industrie in dieses Thema zum Ziel hatte, ist diese Untersuchung bei weitem nicht vollständig. Die Wechselwirkungen dieser Systeme zueinander sind noch nicht einmal Ansatzweise erforscht und bedürfen weitere Forschungsanstrengungen in diese Richtung.

Bibliographische Daten

ZERIA - Zero Emissions Research in Austria

Barbara Erler, Gernot Gwehenberger, Hans Schnitzer
(alle: Technische Universität Graz, Institut für Grundlagen der Verfahrenstechnik und Anlagentechnik)

Berichte aus Energie- und Umweltforschung 1/2000
Im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie und des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr

133 Seiten