Berichte aus Energie- und Umweltforschung 10/1998
Werkstoffliche Wiederverwertung von ABS-Kunststoffen aus Alt-Telefonen
Inhaltsbeschreibung
Der vorliegende Bericht beschäftigt sich am Fallbeispiel von Arcylnitril-Butdadien-Styrol-Copolymeren (ABS) mit der Machbarkeit und Sinnhaftigkeit der werkstofflichen Wiederverwertung von Kunststoffen aus Alt-Telefonen. Um sowohl technische als auch ökologische Aspekte zu berücksichtigen, werden in zwei Projektabschnitten die Themen "Rezyklat-Eigenschaften" (Bearbeitung durch das IKT-JOANNEUM RESEARCH, Leoben) und "Ökologische Bilanzierung" (Bearbeitung durch das Laboratorium für Kunststofftechnik Ges.m.b.H. (LKT), Wien) behandelt.
Im Rahmen des Projektabschnittes "Rezyklat-Eigenschaften" wurden die Auswirkungen potentieller Alterungseffekte aus dem Ersteinsatz von aus ABS gefertigten Telefonbauteilen unterschiedlicher Einfärbung und aus verschiedenen Telefongenerationen auf die physikalisch-technischen und mechanischen Eigenschaften und Leistungsgrenzen daraus hergestellter Rezyklate (sortenreines Mahlgut und gemischte Rezyklate) untersucht und den Kennwerten entsprechender Neumaterialien gegenübergestellt. Dazu wurde eine Prüfprogramm mit Untersuchungen sowohl an Formmassen (Granulat, Mahlgut und Regranulat) als auch . an Formstoffen (im Pressverfahren hergestellte Prüfkörper) mit besonderer Berücksichtigung von Impact und Langzeiteigenschaften erstellt und durchgeführt.
Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die werkstoffliche Wiederverwertung von sortenreinen ABS-Rezyklaten (Mahlgut) aus Telefon-Altgeräten auch für hochwertige Produkte insgesamt durchaus sinnvoll erscheint. Eine genaue Trennung der Altstoffe nach Telefongeneration und Bauteilen ist aufgrund der vorliegenden Ergebnisse nicht unbedingt notwendig. Um ein der Neuware vergleichbares Eigenschaftsprofil erreichen zu können, ist allerdings eine Trennung der Rezyklate nach unterschiedlicher Einfärbung und eine konsequente Qualitätskontrolle bezüglich der eingesetzten Kautschuk-Komponenten und der Aufbau eines geeigneten Qualitätssicherungssystems inklusive der Erarbeitung von entsprechenden Rezyklat-Werkstoffspezifikationen unumgänglich. Im Gegensatz dazu ist bei gemischten ABS-Rezyklaten mit erheblichen Eigenschaftseinbußen zu rechnen, so dass eine Wiederverwertung derartiger Rezyklate für hochwertige Bauteile eher nicht empfehlenswert erscheint, was aber eine Verarbeitung zu weniger beanspruchten Bauteilen insbesondere auch im Nicht-Sichtbereich nicht ausschließt.
Der ökologische Vergleich im gleichartig definierten und abgegrenzten Bilanzraum mit gleichartiger Datenstrukturierung und -implementierung der zwei Verwertungspfade Mahlgut (UMGEHER) und Regranulat (KAPSCH SOLL) ergab nach zwei voneinander unabhängigen Bilanzierungsmethoden (GaBi 2.04 und FICU) auch quantitativ übereinstimmende Ergebnisse.
Der Verwertungspfad UMGEHER weist gegenüber dem Verwertungspfad KAPSCH SOLL einen um etwa 40% höheren Energiebedarf, ein um 40% höheres Treibhauspotential (GOP) und einen erheblichen Wasserbedarf auf. Beim Verwertungspfad KAPSCH SOLL ist andererseits mit einem um 16% höheren Materialeinsatz und mit der fast doppelten Menge von festen Abfällen einschließlich Altöl zu rechnen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Belastungen bei KAPSCH SOLL in absoluten Zahlen jedoch gering sind. In der Gesamtbewertung ist daher der Verwertungspfad KAPSCH dem Verwertungspfad UMGEHER ökologisch vorzuziehen.
Beim weiteren Vergleich des Verwertungspfades Regranulat (KAPSCH SOLL) mit Granulat-Neuware (KAPSCH IST) stellte sich heraus, dass der Einsatz von Regranulaten in jeder Hinsicht - Energie, Stoffmenge, Wasserverbrauch, feste Abfälle - dem Einsatz von Granulat (Neuware) ökologisch bei weitem überlegen ist. So ist auch unter günstigen Transportbedingungen für das Granulat (KAPSCH IST) der Energieeinsatz um den Faktor 18 (!) der Materialeinsatz um den Faktor 55 (!), der Wasserverbrauch um den Faktor 40 (!) und die Summe der festen Abfälle um den Faktor 9 höher als für Regranulat (KAPSCH SOLL). Die ökologischen Daten werden im derzeitigen Wirtschaftssystem ökonomisch leider nicht bestätigt. Der hier nicht berechnete monetäre Aufwand für alle Prozesse der Logistik und der Zerlegung liegt weit über allen Wirtschaftlichkeitsgrenzen.
Die Berücksichtigung einer thermischen Verwertung von Kunststoffabfällen nach dem Einsatz von Neuware würde den Vergleich zwischen Granulat und Regranulat ökologisch und ökonomisch zwar weniger krass ausfallen lassen, die Kernaussage jedoch nicht verändern.
Bibliographische Daten
Werkstoffliche Wiederverwertung von ABS-Kunststoffen aus Alt-Telefonen
G. Dörner, B. Tiefenthaler, R.W. Lang (alle: Joanneum Research Institut für Kunststofftechnik)
Berichte aus Energie- und Umweltforschung 10/1998
Im Auftrag des Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr und des Bundesministerium Umwelt, Jugend und Familie
240 Seiten
Leoben