Berichte aus Energie- und Umweltforschung 14/2003
Kreislaufwirtschaft mit Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen - Voraussetzungen und Strategien

Ziel dieser Untersuchung ist es, Problemfelder der Kreislaufschließung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen zu identifizieren und Handlungsoptionen aufzuzeigen.

Inhaltsbeschreibung

In einer zukunftsfähigen Wirtschaft werden nachwachsende Rohstoffe eine wichtige Rolle spielen. Die Stoffe sollten möglichst effizient und mehrfach genutzt werden ("Kaskadische Nutzung"). Am Ende der Nutzungsphase sollten die Stoffströme wieder in die natürlichen Kreisläufe eingefügt werden können. Die Kreislaufführung von Produkten biogenen Ursprungs ist mit Problemen verbunden.

Aus den Untersuchungen geht hervor, dass eine "Vermischung" von Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen mit anderen Stoffen (toxikologisch bedenkliche Stoffe, nicht biologisch abbaubare Stoffe etc.) als Problem eine zentrale Rolle spielt. Diese Vermischung kann in unterschiedlichen Abschnitten des Lebenszyklus erfolgen (bereits im Produkt, bei der Verwendung, bei der Sammlung).

Die Vermischung von Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen hat unterschiedliche Ursachen, so zum Beispiel die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften (z.B. Brandschutz von Dämmstoffen), die Einhaltung erforderlicher technischer Eigenschaften ( z.B. Oberflächenbehandlung von Holz als Witterungsschutz), der Preisdruck (z.B. die Auftrennung in unterschiedliche Altholz-Qualitäten rechnet sich nicht) oder auch das Nutzerverhalten (z.B. Fehlwürfe bei der getrennten Sammlung).

Aus der Untersuchung lässt sich weiterer Forschungs- und Entwicklungsbedarf ableiten, welcher in fünf Bereiche gegliedert werden kann:

  • Integrieren des Verwertungsaspekts in den gesamten Produktlebenszyklus (und somit auch in die Produktgestaltung)
  • Nutzung vorhandener Altstoff-Potenziale ausweiten
  • Vorhandene Verwertungswege überprüfen und gegebenenfalls optimieren
  • Strategien für zukünftig zu erwartende Stoffströme entwickeln
  • Begleitmaßnahmen: Modifizieren wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und Öffentlichkeitsarbeit

Aufbauend auf die Untersuchungen zur Frage der Kreislauffähigkeit von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen allgemein wurden zwei Schwerpunkte auf die Bereiche Bau- und Abbruchholz sowie Verpackungen aus biologisch abbaubaren Werkstoffen gelegt.

Bau- und Abbruchholz

Der Bereich der Altholzsammlung und -verwertung ist schwer zu durchleuchten. Dies liegt an der Vielzahl der beteiligten Akteure, die zum Teil im privaten Bereich, zum Teil auch im kommunalen Bereich angesiedelt sind. Die Mengen können nur über die aufgezeichneten Mengen der Verwerter festgestellt werden, demnach ist in Österreich von rund 270.000 Tonnen verwertetem Altholz auszugehen. Aus den Recherchen ist allerdings abzuleiten, dass die tatsächlich auftretenden Altholzmengen (z.B. durch privates Abtragen und Verbrennen in ländlichen Gebieten) weit über den bekannten Mengen liegen dürften.

Der Großteil des Abbruchholzes wird von der Privatwirtschaft übernommen und verwertet. Der Markt wird beeinflusst sowohl durch regionale als auch überregionale Faktoren. Altholz kann (nach dem Branchenkonzept Holz) grundsätzlich in sieben unterschiedliche Qualitäten eingeteilt werden. Eine Auftrennung erfolgt in der Praxis seitens der Entsorger und kommunalen Einrichtungen in der Regel nicht. Maximal wird behandeltes und unbehandeltes Holz unterschieden. Laut Aussagen verschiedener Akteure ist in den letzten Jahren - parallel mit dem Preisverfall - eine sinkende Qualität der Altholzfraktionen zu beobachten. Die bekannten Altholzmengen werden in Österreich vorwiegend stofflich verwertet (ca. 200.000 Tonnen pro Jahr), vorwiegend zur Herstellung von Spanplatten. Altholz ist aufgrund der technischen Auflagen für die Mitverbrennung nicht sehr attraktiv.

Der Umgang mit Bau- und Abbruchholz scheint durch die bestehenden gesetzlichen Regelungen erschöpfend geregelt zu sein. Die Vielzahl der Regelungen wird von den Akteuren als unübersichtlich und bürokratisch aufwändig empfunden. Durch die dezentralen Aktivitäten von einer großen Anzahl von Akteuren auf der einen Seite und fehlenden Ressourcen zur Kontrolle der gesetzlichen Bestimmungen auf der anderen Seite ist deren Einhaltung nicht garantiert. Auch das Fehlen EU-weit einheitlicher Regelungen und Standards - sowie deren einheitliche Handhabung im Vollzug - wird als Benachteiligung (Marktverzerrung) empfunden. Generell wird eine Sorge vor unkontrollierten Entwicklungen und "unlauterem Verdrängungswettbewerb" (falsche Deklarierung, Verwertung in nicht geeigneten Anlagen...) geäußert.

Folgende Maßnahmen für eine verstärkte Kreislaufführung wurden abgeleitet:

  • Umschichtung der Fördermittel vom Neubau zur Sanierung
  • Eine strikte Überwachung des Vollzuges der Gesetze
  • Vereinheitlichung der Gesetze (Länder, Bund, EU)
  • Einführung von Ressourcenabgaben
  • Ausbildung (selektiver Rückbau)

Forschungs- und Entwicklungsbedarf gibt es vorwiegend in den Bereichen

  • Diskussion und Vernetzung der Akteure im Hinblick auf eine Integration des Entsorgungsgedankens in die Produktgestaltung; darauf aufbauend Entwicklung rückbaufreundlicher Komponenten
  • Diskussion und Vernetzung der Akteure im Hinblick auf Qualitätsstandards von Altholz und auf die optimale Verwertung der einzelnen Qualitätsklassen
  • Möglichkeiten der Kennzeichnung von Baumaterialien
  • Beispielprojekte: Verwertungsorientierter Rückbau

Verpackungen aus biologisch abbaubaren Werkstoffen (BAW)

In den letzten Jahren hat im Bereich Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen eine beachtenswerte Entwicklung stattgefunden. Heute sind marktreife Produkte (Folien, Säcke, Taschen, Netze etc.) verfügbar, internationale Firmen arbeiten an der Markteinführung. Aus abfallwirtschaftlicher Sicht sind Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen aufgrund der geringen Mengenpotenziale derzeit ohne Bedeutung. Auch innerhalb des nächsten Jahrzehnts sind keine abfallwirtschaftlich relevanten Mengen zu erwarten.

Ein Hindernis für die Markteinführung von BAW-Verpackungen stellt die Verpackungsverordnung dar. Während für Papier, Holz und textile Faserstoffe die Verpflichtung zur Sammlung durch eine Teilnahme an einem dafür zugelassenen Sammel- und Verwertungssystem abgegeben werden kann, gilt dies de facto für" sonstige Packstoffe, insbesondere auf biologischer Basis" nicht, weil dafür kein zugelassenes System existiert. Eine Sammlung von kompostierbaren Verpackungen über die Biotonne wäre zwar naheliegend, entspricht aber nicht der Verpackungsverordnung.

Sollten Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen über die Biotonne entsorgt werden, wird die Kompostverordnung relevant. Zur Herstellung von Kompost sind neben anderen Materialien "bioabbaubare Verpackungen" und "chemisch modifizierte Verpackungsmaterialien und Warenreste" zugelassen. Biologisch abbaubare Produkte, die zu einem größeren Teil (über 5%) nicht biogenen Ursprungs sind, dürfen für die Herstellung von Qualitätskompost bzw. Kompost nicht eingesetzt werden.

Die befragten Akteure aus den Bereichen Endverbrauchermärkte, Bund, Länder, Abfallwirtschaftsverbände und Entsorger stehen Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen generell vorsichtig gegenüber. In Kassel (Deutschland) wurde von Mai 2001 bis Ende Dezember 2002 ein Demonstrationsversuch zur Markteinführung von Verpackungen aus biologisch abbaubaren Werkstoffen (BAW) und deren Entsorgung über die Biotonne durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen eine hohe Akzeptanz von kompostierbaren Verpackungen in der Bevölkerung. Die Qualität des Kompostes und dessen Düngewirkung wurden nicht beeinträchtigt. Probleme gab es bei der Störstoffentfrachtung: bei dem im Kompostwerk praktizierten händischen Sortieren nahm die Effizienz der Störstoffauslese mit zunehmendem BAW-Anteil ab.

Auf Basis der Recherchen erscheint es als entscheidender Knackpunkt, dass bereits marktreifen Werkstoffen bzw. Produkten eine Markteinführung gelingt. Es wurde von internationalen Firmen in Forschung und in die Errichtung bzw. Adaptierung von Produktionsanlagen investiert, deren Erfolg bzw. Misserfolg ist sicherlich entscheidend für weitere Entwicklungen im BAW-Bereich.

Folgende Maßnahmen werden vorgeschlagen:

  • Bildung einer Interessensgemeinschaft von Akteuren in Österreich
  • Lobbying im Hinblick auf eine EU-weit einheitliche Zertifizierung und Kennzeichnung der biologischen Abbaubarkeit und deren Anerkennung in Österreich
  • Lobbying im Hinblick auf eine rechtlich abgesicherte Sammlung und Verwertung

Forschungs- und Entwicklungsbedarf wurde in den folgenden Punkten identifiziert:

  • Durchführen von regionalen Beispielprojekten in Österreich (nach Vorbild des Modellprojekts Kassel)
  • Technische Weiterentwicklung von BAW-Produkten; Erschließen neuer Rohstoffquellen (Nebenprodukte der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie)

Downloads

Kreislaufwirtschaft mit Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen - Voraussetzungen und Strategien

Schriftenreihe 14/2003 M. Piringer, T. Fischer
Deutsch, 112 Seiten, vergriffen

Downloads zur Publikation

Bibliographische Daten

Kreislaufwirtschaft mit Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen
Voraussetzungen und Strategien
DI Markus Piringer, Mag. Tatjana Fischer
(GLOBAL 2000 Umweltforschungsinstitut)

Berichte aus Energie- und Umweltforschung 14/2003

Im Auftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr
112 Seiten
Wien, März 2003