Berichte aus Energie- und Umweltforschung 7/1998
Grundlagen für die Ausrichtung eines Technologieschwerpunktes "Nachhaltig Wirtschaften"

Machbarkeitsanalyse

Inhaltsbeschreibung

Die vorliegende Studie analysiert ob und wie der Innovations- und Technologiefonds einen Schwerpunkt "Nachhaltige Technik" einführen und abwickeln könnte.

In den letzten Jahren entwickelte sich mit dem "produktions- und produktintegrierten Umweltschutz" eine Möglichkeit, Verfahrens- und Produktänderungen vorzunehmen, die sowohl der Umwelt, als auch dem Unternehmen nützen. Die Natur dieser Lösungen unterscheidet sich aber von der bisherigen Umwelttechnik substantiell in dem Sinne, dass es sich nunmehr vielfach nicht mehr um verkaufbare technische Lösungen handelt, sondern oftmals um produktionsintegrierte nicht-technische Maßnahmen. Viele Auswertungen von Fallstudien in Betrieben zu "Cleaner Produktion" zeigen, dass Veränderungen im Management, in der Einkaufspolitik, im Umgang mit Stoffen und bei der Motivation sowie Ausbildung von Mitarbeitern zumindest ebenso große ökologische und betriebswirtschaftliche Vorteile erbrachten, wie neue Technologien.

Diese Entwicklung bringt es aber mit sich, dass das am Markt gesuchte ,Produkt" oftmals nicht mehr Hardware - eine Maschine, ein Anlage - ist, sondern Software - eine Beratungsleistung. Hiermit ist eine wichtige Marktkraft, das Interesse eines Herstellers und Anbieters einer Ware, in vielen Fällen nicht mehr gegeben, bzw. hat sich von der anlagen- und apparatebauenden Industrie hin zu Dienstleistern - Unternehmensberater, technische Büros, Schulungseinrichtungen, ... - verlagert.

Es vollzieht sich hier somit eine Entwicklung, die generell von einer zukunftsfähigen Wirtschaft erwartet wird: der Wandel von der Produktion zur Dienstleistung. Diese Entwicklung stellt aber gleichzeitig die Technologiepolitik und die Förderstrategien vor eine neue Herausforderung, besonders wenn das Erzielen eines marktfähigen Produktes oder Verfahrens sowie Kosten der Fertigungsüberleitung und der Markterschließung (ITF-Leitfaden) als förderbare Leistungen definiert sind.

In diesem Zusammenhang ist aber nicht zu vergessen, dass auch innerhalb einer Nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung und der hierbei geforderten wesentlichen Reduktion der Stoffströme Produkte und somit Produktionsverfahren notwendig sind. Eine verstärkte, frühzeitige Entwicklung von Technologien, die in eine Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung integriert werden können, stellt somit eine wichtige Aufgabe der nationalen österreichischen Technologiepolitik dar.

Die vorliegende Arbeit analysiert zunächst einige wesentliche Aspekte einer nachhaltig zukunftsverträglichen Wirtschaft und die Rolle, die Innovationen darin spielen. Hierbei bestätigt sich die Auffassung, dass Innovationen der Schlüssel zu einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung sind; sie ist ohne Innovationen schlechterdings nicht möglich.

Basis aller Überlegungen zu notwendigen und förderwürdigen Innovationen sind die im nationalen -österreichischen Umweltplan beschriebenen Prinzipien:

  • eine deutliche Reduktion aller Massenströme,
  • eine Verlagerung des Verbrauchs von nicht regenerierbaren und/oder knappen auf regenerierbare und/oder reichlich verfügbare Rohstoffe,
  • ein Übergang von der Produktion von Waren auf die Bereitstellung von Dienstleistungen und
  • ein Schaffen von Arbeitsplätzen durch Innovationen in Richtung einer nachhaltig zukunftsverträglichen Wirtschaft.

In Kapitel 3 wird darauf eingegangen, in welcher Weise die nachhaltige Entwicklung eine Herausforderung für Technologien ist. Die jüngere Geschichte des technischen Umweltschutzes, die mit der Politik der hohen Kamine begonnen hat und Tiber nachgeschaltete Reparaturtechniken (Umwelttechnik = End-of-Pipe - Technologie) zum produktionsintegrierten Umweltschutz (Cleaner Produktion) geführt. In seiner betriebswirtschaftlichen Ausformung ECOEFFICIENCY vereint dieser Ansatz erstmals betriebswirtschaftliche Interessen mit ökologischen. Eine effektiveren Nutzung von Roh-, Hilf- und Betriebsstoffen führt einerseits zu einer Verminderung der Emissionen, aber gleichzeitig auch - und hier liegt der betriebswirtschaftliche Anreiz - zu verminderten Aufwendungen für Materialien und Energie.

Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Frage der Messbarkeit einer nachhaltigen Entwicklung. Eine derartige Messung ist erforderlich um eine Innovation bezüglich ihrer Förderungswürdigkeit beurteilen zu können. Ausgehend von der Hypothese, dass einparametrige Meßmethoden keine genügend aussagekräftigen Bewertungen ergeben, wenden in diesem Kapitel einige Indikatoren und Kennzahlen aus verschiedenen Literaturstellen beschrieben.

Aufbauend auf diese Übersicht wird anschließend in Kapitel 5 ein Vorschlag für eine einfache Bewertung von Förderungsanträgen durch den ITF gemacht.

In der Folge werden für die angeführten Indikatoren Begründungen angeführt und Bewertungsfaktoren vorgeschlagen. Wie bei allen Bewertungsmethoden ergibt sich auch hier die Frage der Abgrenzungen bezüglich des Lebenszyklusses. Hierbei geht es um die Berücksichtigung des Vorlebens (Rucksack, graue Emissionen) der eingesetzten Materialien und Energien und um die Einberechnung des Produktlebenszyklusses (Verwendung, Entsorgung, Recycling) bei und nach der Nutzung. Eine vollständige Lebenszyklusanalyse der Produktes / der Dienstleitung ist einerseits nicht möglich, und andererseits nicht sinnvoll, da nachhaltig gestaltete Produkte oftmals gar nicht in das heutige Wirtschaftssystem passen und möglicherweise in der Systembewertung schlechter abschneiden als die derzeitigen, innerhalb des bestehenden Wirtschaftssystems optimierten.

Die Frage des Lebenszyklusses wird daher bei den einzelnen Indikatoren getrennt betrachtet und ist in der vorgestellten Form eher pragmatisch bedingt als wissenschaftlich konsistent, jedenfalls aber eine Herausforderung für weitere Diskussionen.

In Kapitel 6 wird auf die Praktizierbarkeit des Schwerpunktes innerhalb der bestehenden ITF-Richtlinien eingegangen. Hierbei erweist es sich, dass ein derartiger Schwerpunkt unter den gegebenen Rahmenbedingungen sinnvoll ist, jedoch Erweiterungen der Richtlinien zusätzliche Förderungsmöglichkeiten ergäben.

Aus den Arbeiten folgen in Kapitel 8 einige Empfehlungen für die Einrichtung und Durchführung eines ITF Förderschwerpunktes "Nachhaltige Technik".

Der ITF definiert in seinen Zielsetzungen bei der allgemeinen Voraussetzung für die Förderungsgewährung "Projekte ... zu unterstützen, die einen besonderen technologischen Impulscharakter (Hebelwirkung) aufweisen. ...". Es kann davon ausgegangen werden, dass Innovationen im Bereich der Nachhaltigkeit diesen Anforderungen entsprechen, sofern sie kurz- oder zumindest mittelfristig wirtschaftlich realisierbar sind. Leider haben heute noch viele Erfindungen, Konzepte und Produkte, die in Richtung Nachhaltigkeit tendieren eher den Appeal des Bastlers und Erfinders als den der Professionalität. Dies zu ändern sollte einer der Hauptaufgaben des Förderschwerpunktes "Nachhaltige Technik" sein.

Bibliographische Daten

Grundlagen für die Ausrichtung eines Technologieschwerpunktes Nachhaltig Wirtschaften
Hans Schnitzer (Institut für Verfahrenstechnik, Technische Universität Graz)

Berichte aus Energie- und Umweltforschung 7/1998
Im Auftrag des Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr
107 Seiten
Graz, Juni 1997