Berichte aus Energie- und Umweltforschung 3/1998
Altspeiseölmethylester Erprobung als Biodiesel
Inhaltsbeschreibung
Im Rahmen eines österreichischen Forschungsprojektes und eines ALTENER-Projektes haben sich das Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik der Technischen Universität Graz und das Institut für Organische Chemie der Universität Graz in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Biodieselinstitut sowohl mit der chemischen Seite der Produktion als auch mit der möglichst praxisnahen Erprobung von Altspeiseöl-Methylester (AME) beschäftigt. Das Projekt stellt eine Fortsetzung der langen erfolgreichen österreichischen Biodieselaktivitäten dar. Entsprechend der Bearbeitung wurde der folgende Bericht in einen chemischen und einen motorischen Teil gegliedert.
Ergebnisse der chemischen Untersuchungen
Ziel der chemischen Untersuchungen war, Kriterien für die Beurteilung der Eignung von Altspeiseölen und -fetten für die Herstellung von Biodiesel zu liefern. Ein spezielles Ziel des vorliegenden Projekt ist es, durch Reihenuntersuchungen Zusammenhänge zwischen der Qualität der Ausgangsprodukte und jener der erhaltenen Altspeiseölmethylester herauszuarbeiten, um Kriterien für die Beurteilung der Eignung von Altspeiseölen und -fetten für die Herstellung von Altspeiseölmethylester zu erhalten.
In einem Zeitraum von 2 Jahren wurden von ausgewählten Umesterungschargen, die in der Umesterungsanlage der SEEG in Mureck verarbeitet wurden, jeweils Proben des eingesetzten Altspeiseöls und des daraus gewonnenen Altspeiseölmethylesters gezogen. Als wichtiger Parameter wurde zunächst der Gehalt an Polymeren im Ausgangsöl und in den Methylester-Proben bestimmt. Dabei konnte festgestellt werden, dass aus den Polymeren durch die Umesterung vorwiegend dimere Fettsäureester entstehen, welche keinen Glycerin-Anteil mehr besitzen und somit ähnliche Verbrennungseigenschaften wie monomere Fettsäuremethylester besitzen.
Um einen möglichen Einfluss des Gehaltes an Dimeren auf die übrigen Kraftstoffparameter feststellen zu können, wurde in Laborversuchen Rapsöl verschieden lang erhitzt und in Methylester umgewandelt. Dabei konnte festgestellt werden, dass bei langer Erhitzung der Polymergehalt stark ansteigt und in Folge die Werte für den Conradson-Rückstand sowie für die Viskosität in den daraus hergestellten AME-Proben deutlich über den Grenzwerten liegen. Somit kann geschlossen werden, dass die in der Ö-NORM bestehenden Parameter auch für die Beurteilung von AME-Proben ausreichend sind.
Die Fettsäurezusammensetzung der gesammelten Altspeiseölproben entspricht im wesentlichen jener von Rapsöl, wobei der Gehalt an gesättigten Fettsäuren durch Vermischung mit Fritierfett leicht erhöht ist. Die aus der Fettsäurezusammensetzung berechnete durchschnittliche lodzahl liegt mit 104 deutlich unter jener von Rapsöl und sollte somit für bessere Verbrennungseigenschaften, jedoch auch für schlechtere Kälteeigenschaften sorgen. Deshalb wurden entsprechende Additive für die Verbesserung des Kälteverhaltens getestet. Bei einer 1 %igen Zumischung von ausgewählten Additiven konnte der CFPP-Wert um bis zu 5°C gesenkt werden.
Bei Lagerungsversuchen zeigte sich, dass die Oxidationsstabilität bei unterschiedlicher Lagerung verschieden stark abnimmt, wobei Rapsölmethylester und undestillierter Altspeiseölmethylester sehr ähnliche Eigenschaften aufweisen. Destillierter Altspeiseölmethylester zeigt schon nach seiner Herstellung eine schlechte Oxidationsstabilität. Es besteht bei allen Lagerbedingungen und allen Proben eine Korrelation zwischen Oxidationsstabilität und Peroxidzahl. Bei längerer Lagerung kann auch ein Anstieg der Viskosität und Neutralisationszahl festgestellt werden, wobei in manchen Fällen bereits nach sechs Monaten Lagerzeit die entsprechenden Normgrenzwerte überschritten werden.
Ergebnisse der motorischen Untersuchungen
Im Rahmen von Motor- und Fahrzeugtests war zu klären, ob die in den bekannten Normen, ÖNORM, DIN, festgelegten Parameter zur Beurteilung der Kraftstoffqualität ausreichen. Dies geschah sowohl in Form von Prüfstandtests als auch während der Betreuung von Felderprobungen. Mit besonderem Augenmerk auf die Langzeiterprobung wurden im Vergleich zu fossilem Diesel folgende Bewertungskriterien herangezogen:
- Fahrverhalten, Leistung und Verbrauch
- Emissionsverhalten mit und ohne Oxidationskatalysator
- Schmierölverhalten
- Verschleiß
- Motorverschmutzung
Motorwirkungsgrad und Emissionen
Mit den Kraftstoffen Diesel, Rapsöl-Methylester (RME) und AME wurden mit 14 sehr unterschiedlichen Motoren und Fahrzeugen mit bzw. ohne Oxikat Vergleichsuntersuchungen sowohl im Stationär- als auch Instationärbetrieb durchgeführt.
Thermodynamische Analysen zeigen im Vergleich zu herkömmlichem Dieselkraftstoff weitgehend gleiche Energiefreisetzungs-, Brennraumdruck- und Gastemperaturverläufe. Dadurch bleiben auch Wirkungsgrad und Geräuschverhalten der Motoren praktisch gleich.
Hinsichtlich Rohemissionen gilt, dass bei wesentlich niedrigeren Schwarzrauchemissionen die HG- und CO-Emissionen, unabhängig vom Motorkonzept, mit RME bzw. AME ca. 10 = 40 % niedriger liegen. Unter stationären Testbedingungen liegen hingegen die Partikelwerte und auch die Stickoxide deutlich höher als bei Dieselbetrieb. Dies ist einerseits auf den stark erhöhten löslichen Partikelanteil in den Teillastpunkten und andererseits auf die hohen Stickoxid-Konzentrationen bei Hochlastbetrieb zurückzuführen. Beides tritt im dynamischen Betrieb nicht in dem Ausmaß auf, daher ergeben sich auch im realen Fahrbetrieb für alle 3 Kraftstoffe nur geringe Unterschiede in der Partikel- und Stickoxidemission. Andererseits bedeutet dies, dass beide alternativen Kraftstoffe für den Einsatz in extrem niedrig belasteten Motoren schlecht geeignet sind. Die bekannte NO"- Partikelschere, die sich bei Diesel besonders nachteilig auswirkt, tritt bei RME bzw. AME viel weniger in Erscheinung. Dies ermöglicht eine flexiblere Motorabstimmung, die, wie am Beispiel des Stadtbusses gezeigt, sogar deutliche Vorteile hinsichtlich NO" bringt.
Bei Einsatz eines Oxikats werden die CO- und HC-Emissionen für alle drei Kraftstoffe gleichermaßen auf etwa 20 - 30 % der Rohemissionen konvertiert. Bezüglich Partikelemission ergeben sich wegen der hohen Konvertierungsrate der organisch löslichen Fraktion deutliche Vorteile für den RME- bzw. AME-Betrieb, sie liegt bei etwa 50 - 60 % der Vergleichsbasis, Diesel ohne Katalysator.
Die PAH-Emission war sowohl mit als auch ohne Oxikat für Diesel und RME etwa gleich hoch und für AME signifikant niedriger. Die Aldehyde waren sowohl ohne als auch mit Katalysator bei RME deutlich höher als bei Diesel.
Lanqzeitverhalten
Die beschriebenen Emissionsvorteile sind im Langzeitbetrieb nur mit sehr hoher Biodieselqualität aufrecht zu erhalten. Biodiesel mit zu hoher Gesamtverschmutzung neigt zur Bildung von Ablagerungen besonders im Einspritzsystem, die neben direkten Schädigungen indirekt auch die motorische Verbrennung negativ beeinflussen können. Daher scheint eine Begrenzung der Gesamtverschmutzung wie in der DIN 51606 vorgesehen unbedingt erforderlich. Ob mit den derzeitigen Normungsparametern, im besonderen mit der Gesamtverschmutzung, die Problematik der Ablagerungen im Kraftstoffsystem endgültig behoben ist, muss noch in weiteren Untersuchungen geklärt werden.
Abgesehen vom Einspritzsystem wurden mit Biodiesel, der der ÖNORM Cl 191 entspricht, im Vergleich zu fossilem Diesel keine zusätzlichen Ablagerungen im Brennraum, im Kolbenringbereich oder im Auslasssystem festgestellt.
Hinsichtlich Verschleiß wurde ein Linienbus der Grazer Verkehrsbetriebe nach 150.000 km oder 7.500 Stunden AME-Betrieb genau analysiert. An den unmittelbar mit dem Kraftstoff in Verbindung stehenden Bauteilen - wie Einspritzsystem oder Kolbenringbereich - wurden keine zusätzlichen Verschleißerscheinungen festgestellt. Hingegen waren an den oberen Hauptlagerschalen und vor allem an den Ventilstößeln sowie der Nockenwelle über das normal übliche Ausmaß hinausgehende Abnutzungen feststellbar. Die Motorölanalysen haben über die normalen Ölwechselintervalle Verdünnungsraten von bis zu 5 % und keine anderweitigen auffälligen Verschlechterungen der Schmiereigenschaften ausgewiesen. Daher muss in weiterführenden Untersuchungen geklärt werden, ob die angeführten Abnutzungen mit dem AME-Betrieb in Zusammenhang stehen.
Bibliographische Daten
Altspeiseölmethylester Erprobung als Biodiesel
Theodor Sams und Rudolf Pischinger (beide Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik, Technische Universität Graz)
Martin Mittelbach (Institut für organische Chemie, Karl-Franzens-Universität Graz)
Berichte aus Energie- und Umweltforschung 3/1998
Im Auftrag des Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr
104 Seiten
Graz, Dezember 1997