4.2 PUIS und ihre Eigenschaften: Allgemeine Entscheidungs- und Informationsinstrumente

"Allgemeine Entscheidungs- und Informationsinstrumente" sind keine spezifischen ökologischen Instrumente, können aber auch für umwelt- und produktbezogene Fragestellungen verwendet werden.

4.2.1 ABC-Analyse

4.2.1.1 Kürzel, Synonyme

ABC

4.2.1.2 Beschreibung

Die ABC-Methode wurde erstmals 1988 von den Harvard-Wirtschaftswissenschaftlern R. Cooper und R.S. Kaplan als neuartige Methode für Kostenanalysen vorgestellt. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW, Deutschland) hat ua die bei der Produktbetrachtung zu berücksichtigenden Einzelkriterien definiert.

Die ABC-Methode ist kein spezifisch ökologisches Bewertungsinstrument, sie wird auch im Rahmen von anderen betrieblichen Fragestellungen verwendet. Ihr liegt eine Klassifizierung nach (im Allgemeinen) sechs bis sieben Kriterien zu Grunde. Diese können folgende Bereiche umfassen:

  • umweltrechtliche/politische Konsequenzen
  • gesellschaftliche Anforderungen/Akzeptanz
  • Gefährdungs-/Störfallpotenzial
  • internalisierte Umweltkosten
  • Beeinträchtigung der Umwelt durch vorgelagerte oder nachfolgende Prozesse
  • Erschöpfung von Ressourcen.

4.2.1.3 Wertgrundlage und Basisdimension

Es wird ermittelt, ob hier jeweils ein besonders dringliches (A), ein weniger akutes (B) oder untergeordnetes (C) Problem vorliegt. Für jedes Kriterium wird der entsprechende Buchstabe notiert, daher auch der Name dieser Methode. Zusätzlich kann diese Klassifikation dann durch eine XYZ-Bewertung zur Berücksichtigung von Mengenrelevanzen verfeinert werden.

Ein objektives, vollständiges Ergebnis ist nicht das vorrangige Ziel. Eine analoge Bewertung wie bei Sachbilanzen wäre vielfach möglich, die Art und Weise bleibt jedoch freigestellt. Eine Integration des Vorsorgeprinzips ist möglich, aber systematisch nicht sichergestellt.

4.2.1.4 Anwendungsbereiche und Eignung

Diese Methode lässt sehr viel Spielraum für das Einbringen subjektiver Erkenntnisse. In der Praxis kann die ABC-Methode deshalb recht leicht angewendet werden. Sie bietet einen etwas strukturierteren Ansatz als verbal-argumentative Methoden, bleibt aber doch sehr handlungsorientiert.

Die ABC-Methode hat den Nachteil, eine sehr subjektive Bewertung darzustellen. Dies ist zwar für den einzelnen Betrieb von Vorteil, liefert aber keine allgemein vergleichbaren Werte aus Anwendungen in unterschiedlichen Betrieben. Die Methode eignet sich daher nur sehr eingeschränkt für betriebliche Vergleiche, wohl aber dazu, einen Überblick über die ökologischen Belange und deren Veränderung im einzelnen Betrieb zu gewinnen. Sie stellt auch die geringsten Anforderungen an AkteurInnen und erforderliche Technik.

Abbildung 8: ABC-Analyse - Eigenschaftsprofil

4.2.1.5 Kommunikationseigenschaften

Die Ergebnisse sind einfach darstellbar, sie dienen primär der Entscheidungsfindung und haben wenig Informationsgehalt. Die Bedeutung der Methode liegt aber vor allem im dadurch ausgelösten Prozess der innerbetrieblichen Bewusstseinsbildung.

4.2.1.6 Literatur, Links

  • BMU & UBA (1995): Handbuch Umweltcontrolling. Verlag Vahlen, München, S. 127 - 139.
  • Hallay, H., R. Pfriem (1992): Öko-Controlling. Campus Verlag, Frankfurt/Main.
  • Scheel, M.: Pareto basierte Methoden

4.2.2 Kosten-Nutzen-Analyse

4.2.2.1 Kürzel, Synonyme

KNA, Cost-Benefit-Analysis

4.2.2.2 Beschreibung

Die Methode stammt aus der angewandten Wohlfahrtsökonomie. Diese verfolgt das Ziel, marktliche und nichtmarktliche Allokationsmechnismen nach dem Kriterium Effizienz zu optimieren. Wohlfahrt wird dabei allerdings auf ökonomische Kategorien reduziert (Bruttosozialprodukt, Einkommen etc.). Im englischsprachigen Raum ist die Methode als Cost-Benefit-Analysis verbreitet.

Sie stellt die Erweiterung der Kostenbetrachtung in Firmen auf alle internen Kosten und Bewertung wenig greifbarer, versteckter und haftungsrechtlicher Kosten zur Abschätzung der Rentabilität von Investitionen dar.

Ziel ist die ökonomische Bewertung von Vorhaben für eine Entscheidungsfindung. Es sollen dabei diejenigen Projekte ausgewählt werden, die für die verfolgten Ziele am effektivsten sind.

4.2.2.3 Wertgrundlage und Basisdimension

Bei der Kosten-Nutzen-Analyse werden alle bei einem Vorhaben voraussichtlich anfallenden Kosten und alle prognostizierten Nutzen in Geld ausgedrückt. Danach werden sie jeweils addiert und ins Verhältnis zueinander gesetzt.

Gesamtwirtschaftliche Kosten und Nutzen werden einbezogen. Man orientiert sich an Marktpreisen, sodass unterschiedliche Maßnahmen auf Geldniveau kardinal skaliert werden können.

Die Methode ist auf eine ökonomische Rationalität (Erreichen der Ziele mit dem geringsten Geldeinsatz) ausgerichtet. Sie könnte auch auf eine soziale (Erreichen der Ziele mit niedrigster unerwünschter Umverteilung zwischen sozialen Gruppen) oder ökologische Rationalität (Erreichen der Ziele mit geringster Beanspruchung natürlicher Ressourcen) ausgerichtet sein.

Die Integration des Vorsorge- und Vorsichtsprinzips ist durch die vorwiegende Betrachtung des Nutzens von Maßnahmen nur teilweise gegeben, da vorhandene Gefahrenpotenziale nicht immer berücksichtigt werden.

4.2.2.4 Anwendungsbereiche und Eignung

Die Kosten-Nutzen-Analyse wird häufig für die Bewertung von öffentlichen Vorhaben nach ihrer wirtschaftlichen Ergiebigkeit als Vorbereitung für politische Entscheidungen verwendet.

Abbildung 9: Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) - Eigenschaftsprofil

4.2.2.5 Kommunikationseigenschaften

Die Methode ist durch die monetäre Einheit sehr anschaulich und verständlich und damit gut kommunizierbar.

4.2.2.6 Literatur, Links

  • Schmidt, J. (1996): Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung: Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, Zielsetzung, Planung, Vollzug, Kontrolle, Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, Kosten- und Leistungsrechnung. 5. Aufl., Berlin, 262 S.
  • Worch, B. (1996): Die Anwendung der Kosten-Nutzen-Analyse im Umweltbereich. Ökologische Reihe (1), Darmstadt.

4.2.3 Nutzwertanalyse

4.2.3.1 Kürzel, Synonyme

NWA

4.2.3.2 Beschreibung

Die Methode wurde aus den Ingenieurswissenschaften heraus entwickelt, um Probleme der Kosten-Nutzen-Analyse zu überwinden. Denn diese bewertet nur die wirtschaftliche Effizienz und ist nur auf monetär bestimmte Ziele hin ausgerichtet. Die Nutzwertanalyse wurde in den Vereinigten Staaten entwickelt (utility analysis). In Deutschland wurde sie von Zangemeister Anfang der 70er Jahre verbreitet.

Die Nutzwertanalyse ist eine Methode zur systematischen Entscheidungsvorbereitung bei der Auswahl von Alternativen. Sie analysiert komplexe Handlungsalternativen mit dem Zweck, die einzelnen Alternativen entsprechend den Präferenzen des Entscheidungträgers bezüglich eines mehrdimensionalen Zielsystems zu ordnen. Die Nutzwertanalyse ermittelt daher den Gesamtbeitrag zu gegebenen Zielen. Der Gesamtzielbeitrag oder Gesamtnutzen ergibt sich aus der Summe von Einzelzielbeiträgen.

4.2.3.3 Wertgrundlage und Basisdimension

Die Nutzwertanalyse gehört, ebenso wie die Kosten-Nutzen-Analyse, zu den Nutzen-Kosten-Untersuchungen. Dazu werden Alternativen oder Varianten verglichen; der Nutzwert ist daher ein relativer Wert. Er wird jedoch nicht monetär angegeben.

Die Nutzwertanalyse war auch eine Grundlage für die Ökologische Risikoanalyse, die anschließend entwickelt wurde und weite Verbreitung gefunden hat.

Das Verfahren lässt sich in folgende Schritte gliedern:

  • Alternativen auswählen
  • Kriterien auswählen
  • "K.O.-Kriterien" (Muss-Kriterien) definieren
  • Soll-Kriterien definieren, deren möglichst weitgehende Erfüllung wünschenswert ist.
  • Vorauswahl/Ausscheidung nach "KO-Kriterien".
  • Gewichtung der Kriterien (G), dh Festlegung, zu wie viel Prozent die Entscheidung von dem jeweiligen Kriterium abhängen soll.
  • Ermittlung der Zielerreichung (Erfüllungsgrade, E)
  • Berechnung der Einzelnutzwerte (Nx = Gx * Ex) und des Gesamtnutzen (N = Summe der Einzelnutzen der Alternative).
  • Interpretation, ev. Sensibilitätsanalyse.

4.2.3.4 Anwendungsbereiche und Eignung

Die Nutzwertanalyse ist ein weit verbreitetes Verfahren. Sie liefert keine objektiven Ergebnisse, aber systematisiert die vom Entscheidungsträger verwendeten Ziele und Werte. Grundsätzlich ist sie für Entscheidungsprobleme aller Art verwendbar, bei denen qualitative, nicht-monetäre Aspekte die Auswahl bestimmen oder mitbestimmen, wie zB Beschaffungsentscheidungen oder Standortentscheidungen.

Abbildung 10: Nutzwert-Analyse (NWA) - Eigenschaftsprofil

4.2.3.5 Kommunikationseigenschaften

Die Zielgewichtung ist eine subjektive Komponente der Methode und muss daher vom Entscheidungsträger vorgenommen werden. Durch ein Offenlegen der Gewichtungen wird ein großes Maß an Transparenz der (politischen) Präferenzen erreicht.

4.2.3.6 Literatur, Links

  • Zangemeister, C. (1971): Nutzwertanalyse in der Systemtechnik. Eine Methodik zur multidimensionalen Bewertung und Auswahl von Projektalternativen. 2. Auflage. München, 370 S.
  • Kurze Zusammenfassungen unter:
  • http://www.makz.de/kunden/dozent/skripte/sem-poc-it-20042001/nutzwertanalyse.html
  • http://www.olev.de/n/nwa-kurz.htm
  • http://www.uni-karlsruhe.de/~map/nnutzwertanalyse_b.html
  • Fürst, D., F. Scholles (Hg.) (2001): Handbuch Theorien + Methoden der Raum- und Umweltplanung. Handbücher zur Umweltplanung - HzU 4, Dortmund, 407 S.

4.2.4 Multi-Kriterien-Analyse

4.2.4.1 Kürzel, Synonyme

Multi Criteria Analysis, MCA

4.2.4.2 Beschreibung

Die Multikriterienanalyse, ein Instrument aus den Wirtschaftswissenschaften, ist eine Entscheidungshilfe, wenn ein Ziel gegeben ist und mehrere Alternativen zu dessen Erreichung zur Verfügung stehen. Die Multikriterienanalyse dient dazu, mit Problemen umzugehen, bei denen ein Teil des Nutzens und/oder der Kosten in nichtmonetären Einheiten bewertet wird. Die Analyse konzentriert sich speziell darauf Entscheidungen zu treffen, wenn Unsicherheiten bestehen. Dabei werden dynamische Probleme stark simplifiziert und in ein lineares Modell verarbeitet. Zudem kann mit der eher subjektiven Methode keine zeitliche Veränderung mit berücksichtigt werden. Dennoch wird eine strukturierte und einfach rückverfolgbare Analyse möglich gemacht, die auf einen umfangreichen Datensatz aufbauen kann.

4.2.4.3 Anwendungsbereiche und Eignung

Sie wird hauptsächlich für die Entscheidungsfindung in der Wirtschaft verwendet, wo ein klares Ziel vorgegeben ist. Es handelt sich dabei weniger um das Finden einer Entscheidung aus vorgegebenen Varianten sondern um die Annäherung an den Weg zur bestmöglichen Erfüllung der Anforderungen, also eher um eine Entscheidungserarbeitung als um eine Bewertungsmethode.

Abbildung 11: Multi-Kriterien-Analyse (MCA) - Eigenschaftsprofil

Kommunikationseigenschaften

4.2.4.4 Literatur, Links

  • Paruccini, M (1994): Applying Multicriteria Aid for Decision to Environmental Management. Kluwer, Dordrecht.
  • Paruccini, M., P. Haastrup, D. Bain (1997): Decision support systems in the service of policy makers. The IPTS report ,14, May 1997, S. 28-35.

4.2.5 Nachhaltigkeitskompass

4.2.5.1 Kürzel, Synonyme

-

4.2.5.2 Beschreibung

Mit dem Nachhaltigkeitskompass (Öko-Kompass) nach Fussler wird die Veränderung einer vorher festzulegenden Reihe von Indikatoren über eine bestimmte Zeitspanne in Form eines Spinnendiagrammes dargestellt. Die Zahl sowie die Art der Indikatoren sind variabel.

Die Ausgangslinie (Ist-Situation) für alle gewählten Indikatoren wird in das Spinnendiagramm eingetragen – unabhängig davon, ob ein Indikator von vorn herein bereits einen hohen Wert zeigt oder nicht. Nach einem gewissen Zeitabstand (zB ein Jahr) wird die Veränderung der Werte bei den einzelnen Indikatoren unter Bezugnahme auf die Ausgangslinie eingetragen. Dazu beurteilen die Akteure, die die Indikatoren ursprünglich festgelegt haben, ob sich ein Indikatorwert verbessert hat, ob der Wert unverändert blieb oder ob er sich verschlechtert hat. Die Ergebnisse werden in den Nachhaltigkeitskompass entsprechend der Skalierung eingetragen und miteinander verbunden. Die sich somit ergebende Fläche macht ersichtlich, in welchen Bereichen Verbesserungen bzw Verschlechterungen eingetreten sind. Damit können nicht nur die erreichten Fortschritte in ihrer Gesamtheit beurteilt, sondern auch Handlungsschwerpunkte für das darauffolgende Jahr abgeleitet werden.

Mit diesem Instrument können also keine Vorab-Entscheidungen getroffen werden. Es handelt sich um ein Monitoring-Werkzeug, das als Grundlage für laufende Entscheidungen dienen kann.

4.2.5.3 Wertgrundlage und Basisdimension

Die verwendeten Daten sind üblicherweise physikalische oder chemische Messdaten mit entsprechender Genauigkeit, es können aber auch Daten aus Bilanzen oder Bevölkerungsstatistiken einfließen. Die verwendeten Daten sind vornehmlich quantifizierbar und physisch orientiert, theoretisch können aber auch qualitative Daten zur Anwendung kommen. Die verschiedenen Indikatoren können gewichtet werden und damit den jeweiligen Zielen angepasst werden.

4.2.5.4 Anwendungsbereiche und Eignung

Anwendung findet der Nachhaltigkeitskompass vor allem in Lokale Agenda 21-Prozessen. Beispiele für Indikatoren sind:

CO2-Emissionen, Altersdurchschnitt der Bevölkerung, Arbeitslosenrate, Abfallmenge, Anzahl der Nahversorgungsbetriebe, Nitratgehalt, Energieverbrauch, Gemeindeverschuldung, Auslastung des öffentlichen Verkehrs, Rate an Auspendlern.

Abbildung 12: Nachhaltigkeitskompass - Eigenschaftsprofil

4.2.5.5 Kommunikationseigenschaften

Der Nachhaltigkeitskompass ist gut kommunizierbar, öffentlichkeitswirksam und einfach bildlich darstellbar. Obwohl die Kombination der verschiedenen Indikatoren nicht einheitlich ist, ist der pädagogische Wert gut.

4.2.5.6 Literatur, Links

  • Fussler, C. Unter Mitarbeit von P. James (1999): Die Öko-Innovation: Wie Unternehmen profitabel und umweltfreundlich sein können. Hirzel, Stuttgart, Leipzig.
  • Fussler, C., P. James (1996): Driving Eco Innovation. Pitman Publishing.
  • Kanatschnig, D. et al. (2000): Der Ablauf einer Lokalen Agenda 21. Österreichisches Institut für Nachhaltige Entwicklung, im Auftrag des BMLFUW, Wien.
  • Lokale Agenda 21