Fassadenintegration von thermischen Sonnenkollektoren ohne Hinterlüftung

Klärung der Anforderungen von Architekten, Dimensionierungsrichtlinien von Fassadenkollektoranlagen, Speichermanagement. Errichtung von Testanlagen.

Inhaltsbeschreibung

Status

abgeschlossen

Kurzfassung

Bei Anwendungen von thermischen Solaranlagen in den Bereichen solare Raumheizung, große Anlagen im städtischen Wohnbau, Hotels und solare Nahwärmenetze stehen nicht immer entsprechend geneigte und orientierte Dachflächen für die Montage von Sonnenkollektoren zur Verfügung. Beim Aufbau auf bestehende Dächer oder Aufständerung auf Flachdächern bilden die Anlagen oft auch einen Fremdkörper, weil sie nicht integraler Bestandteil der Architektur sind. Daher stoßen Solaranlagen teilweise auch noch auf Ablehnung bei Architekten und Städteplanern. Hier ist es für eine breite Marktdurchdringung notwendig, Kollektorsysteme zu entwickeln, die eine Integration der Kollektoren in Fassaden ermöglichen. Das vorliegende Projekt beschäftigt sich mit den systemtechnischen und bauphysikalischen Grundlagen für die Fassadenintegration vom thermischen Sonnenkollektoren ohne Hinterlüftung. Die Fassadenintegration eröffnet ein weites und bisher relativ ungenütztes Markt-segment für die Solarthermie

Unter einem fassadenintegrierten Sonnenkollektor wird ein direkt in die Fassade aufgenom-menes Kollektorelement verstanden, bei dem die Wärmedämmung Bestandteil sowohl des Gebäudes als auch des Kollektors ist. Zwischen beiden ist keine thermische Trennung in Form einer Hinterlüftung vorhanden. Dieser - nicht hinterlüftete - Fassadenkollektor stellt gegenüber dem derzeitigen Stand der Technik eine wesentliche Verbesserung hinsichtlich Ressourcen- und Energieeffizienz dar, da der Kollektor verschiedene Funktionen in einem Bauteil übernimmt:

  • Funktion als thermischer Flachkollektor
  • Verbesserung der Wärmedämmung des Gebäudes
  • Passiv solares Element, bei geringer Einstrahlung (Kollektor ohne Durchfluss)
  • Witterungsschutz der Fassade durch die Kollektorverglasung
  • Gestaltungselement der Fassade

Vorteile von nicht hinterlüfteten fassadenintegrierten Kollektoren sind demnach:

  • Kostenersparnis durch gemeinsame Nutzung von Bauteilen
  • vereinfachte Fassaden-Anschlusstechnik an die konventionelle Gebäudehülle
  • Ersatz der konventionellen Fassade
  • sowohl für den Neubau als auch für Altbausanierungen geeignet

In Österreich wurden bereits fassadenintegrierte Kollektoranlagen errichtet, die allerdings überwiegendst hinterlüftet ausgeführt wurden. Es wurden realisierte Fassadenkollektoranlagen unterschiedlicher Bauart dokumentiert und auf mögliche Schwachstellen hinsichtlich Bauphysik, bautechnische und architektonische Integration und Systemtechnik untersucht, um bei der Entwicklung des Fassadenkollektors ohne Hinterlüftung die bisher aufgetretenen Problempunkte identifizieren zu können.

Für die Errichtung von Fassadenkollektoranlagen, insbesondere in mehrgeschossiger Ausführung gelten grundlegend andere bautechnische Anforderungen als bei der Aufdachmontage oder Dachintegration von thermischen Kollektoranlagen. Daher wurden alle für diesen Bauteil bzw. für Glasfassaden in Frage kommenden Bauvorschriften, Normen sowie Brand- und Schallschutzanforderungen erhoben auf ihre Anwendbarkeit auf Fassadenkollektoren überprüft und dokumentiert.

Architektonische Aspekte

Thermische Kollektoren können in der Fassade eines Gebäudes als Gestaltungselement eingesetzt werden. Mit der Rasterung der Gläser, der Art (Metall, Holz) und Farbe der Glasabdeckleisten und der Farbe des Kollektors lassen sich unterschiedliche Effekte erzielen.

Um das Anforderungsprofil für Fassadenkollektoren von Seiten der Architekten zu erheben, wurde in Österreich unter Architekten eine Fragebogenerhebung durchgeführt Die Betrachtung der Ergebnisse legt den Schluss nahe, dass Architekten grundsätzlich eine große Freiheit bezüglich der Abmessungen und des Designs von Fassadenkollektoren haben möchten:

85% der befragten Architekten wünschen sich eine andere Absorberfarbe als schwarz, wobei eine Verringerung des Ertrages in Kauf genommen wird. 86% der Architekten vertreten die Ansicht, dass das zukünftige vorrangige Einsatzgebiet von Fassadenkollektoren im Bereich Neubau liegt. Lediglich 14% sehen das vorrangige Einsatzgebiet im Bereich der Althaussanierung. Dies ist insofern bemerkenswert, als nach allgemeiner Einschätzung der Neubau in Zukunft eine untergeordnete Rolle spielen wird. Die Auswirkungen auf das Projekt ergeben sich insofern, als im Bereich der Althaussanierung die Vorgaben durch das Projekt wesentlich ausgeprägter sind, während im Bereich des Neubaues, im Zuge der Planung wesentlich mehr auf die Besonderheiten von Sonnenkollektoren Rücksicht genommen werden kann.

28% der Architekten vertreten die Ansicht, dass Kollektoren mit Standardabmessungen den Anforderungen genügen und die Behinderung bei der Gestaltung der Fassade nicht wesent-lich ist. Die relative Mehrheit von 46% hält Rastermaße für zweckmäßig. 26% wünschen sich, dass der Architekt über die Abmessungen entscheidet und somit der Kollektor mit beliebigen Abmessungen lieferbar sein muss.

Dimensionierung von Fassadenkollektoranlagen

Um Dimensionierungsrichtlinien für Fassadenkollektoranlagen geben zu können, wurden Ertragssimulationen durchgeführt und im Vergleich zu dachmontierten Kollektoranlagen dargestellt. Dabei wurde deutlich, dass Fassadenkollektoren ihre wesentlichen Vorteile bei Kombianlagen (Raumheizung und Warmwasserbereitung) haben. Dies ergibt sich aus dem niedrigen Sonnenstand in den Übergangszeiten bzw. im Winter und dem sich daraus ergebenden günstigen Einstrahlungswinkel in die Fassade.

Je höher der solare Gesamtdeckungsgrad (Raumheizung und Warmwasser) einer Kombianlage ist, desto geringer ist im Vergleich zu einer dachmontierten Anlage die zusätzlich be-nötigte Kollektorfläche in der Fassade (nur etwa 20% mehr Kollektorfläche in der Fassade im Vergleich zum Dach bei einem Gesamtdeckungsgrad von 60%). Umgekehrt verhält es sich bei Anlagen zur reinen Warmwasserbereitung: je größer der Deckungsgrad, desto größer ist das Verhältnis der benötigten Fläche in der Fassade zur benötigten Fläche mit 45° Neigung.

Ein Aspekt, der bei der bisherigen Diskussion nicht berücksichtigt wurde, ist der Einfluss der Reflexion auf den Ertrag. Gerade bei senkrechten Kollektoren ist die verstärkte Reflexion der Sonneneinstrahlung bei Schneelage ein wichtiger Einflussfaktor: in der Heizsaison wird die Einstrahlung in die Fassade dadurch höher, als in eine 45° geneigte Fläche.

Wärmedurchgang

Um das dynamische Verhalten des Systems Wand-Kollektor beurteilen zu können, wurden Wärmestromberechnungen für verschiedene Wandaufbauten (Massiv- und Leichtbauten) durchgeführt. Um ein Aussage über die sommerliche Überhitzung treffen zu können, wurde anschließend mit TRNSYS die Temperaturerhöhung in einem Raum mit Fassadenkollektor im Vergleich zu einem Raum ohne Kollektor in der Fassade in Abhängigkeit von der Dämmstarke berechnet, wobei das Überschreiten von 1 K Temperaturdifferenz zum Vergleichsraum als unzulässige Überhitzung definiert wurde. Dadurch kann für einen bestimmten Wandaufbau mit Kollektor die nötige Dämmstärke in der Fassade bestimmt werden.

Die Simulationen zeigten weiters, dass sich der fassadenintegrierte Kollektor im Winter positiv auf die Reduktion der Transmissionswärmeverluste auswirkt. Auch außerhalb der Zeiten, in denen der Kollektor von Medium durchflossen wird, also an strahlungsarmen Tagen, wirkt er durch die direkte Integration als "passiv solares" Element.

Testanlagen

Im Rahmen des Projekts werden Testfassaden mit integriertem Kollektor errichtet, um das Anlagen- und das bauphysikalische Verhalten untersuchen zu können. Beispielhaft wird hier eine Testfassade in Holzriegelbauweise dargestellt. Der Kollektor hat eine Rückwand aus Holz, die mit Stahlwinkeln an den Holzriegeln befestigt ist. Diese Art der Montage bewirkt nur sehr geringe Wärmebrückeneffekte.

Für Kombianlagen für Warmwasserbereitung und Raumheizung wurde ein neues Spei-chermanagement entwickelt, das die speziellen Gegebenheiten von Fassadenkollektoranlagen berücksichtigt. Das Ziel ist, außerhalb der Heizsaison möglichst rasch ein hohes Temperaturniveau für die Warmwasserbereitung zur Verfügung zu stellen und dabei den Nachheizbedarf gering zu halten. Dafür wird in dieser Zeit der Solarrücklauf vorrangig aus dem oberen Bereich des Speichers entnommen, wobei die Drehzahl der Pumpe auf die vorgegebene Vorlauftemperaturen geregelt wird. Der durch die höheren Rücklauftemperaturen etwas geringeren Kollektorwirkungsgrad wird kurzfristig in Kauf genommen, da so verhindert wird, dass eine Nachheizung zur Warmwasserbereitung notwendig ist. Das erwärmte Heizungsmedium wird über Lanzen in den Speicher eingeschichtet. Erst wenn eine einstellbare Solltemperatur erreicht ist, erfolgt durch Umschalten eines Ventils die Beladung des gesamten Speichers. 

Literatur

  • Lit 1 Rockendorf, Janßen: Facade Integrated Solar Collectors, Institut für Solarenergieforschung GmbH, Hameln
  • Lit 2 Fink, C., Müller, A.: Thermische Sonnenenergienutzung im Mehrfamilienwohnbau, Ar-beitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE, 1999
  • Lit 3 Eder, M., Fink, C., Streicher, W., Themeßl, A., Weiss, W., e.a.: Heizen mit der Sonne, Arbeitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE, 1997
  • Lit 4 Jordan, U, Vajen, K., Load Profile on a One-Minute Time Scale, IEA-Task 26, Solar Combisystems, Stuttgart, Germany, 1999
  • Lit 5 Fink, C., Purkarthofer, G.: Garantierte Wärmelieferung aus Thermischen Solaranlagen im Wohnbau, Arbeitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE, 2000
  • Lit 6 Diem, Paul, Bauphysik im Zusammenhang, 2. Auflage 1996, Bauverlag
  • Lit 7 TRNSYS, A Transient System Simulation Program - Version 14.2, Klein, S.A., Beck-mann, W.A., et al., Solar Energy Laboratory, University of Wisconsin-Madison, USA, Ver-trieb in Deutschland: Transsolar Energietechnik GmbH, Nobelstraße 25, 70569 Stuttgart, Deutschland

Downloads

Fassadenintegration von thermischen Sonnenkollektoren ohne Hinterlüftung

Systemtechnische und bauphysikalische Grundlagen für die Fassadenintegration von thermischen Sonnenkollektoren ohne Hinterlüftung

Schriftenreihe 13/2002 I. Bergmann
Deutsch, 209 Seiten, vergriffen

Downloads zur Publikation

Projektbeteiligte

Projektleiterin

Dipl.-Ing. Irene Bergmann und Ing. Werner Weiß
AEE INTEC, Arbeitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE, Institut für Nachhaltige Technologien

Partner:

  • Technisches Büro Leiler (TB für Bauphysik und Technischen Umweltschutz)
  • Technisches Büro Höfler (TB für Bauphysik)
  • GREENoneTEC Kanduth ProduktionsgmbH (Pilotfassade)
  • DOMA Solartechnik (Pilotfassade)

Kontakt

Dipl.-Ing. Irene Bergmann
AEE INTEC, Arbeitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE, Institut für Nachhaltige Technologien
Feldgasse 19, A-8200 Gleisdorf
Tel.: +43 3112 5886
Fax: +43 3112 5886 -18
E-Mail: i.bergmann@aee.at