Abschließender Besuch der „Haus der Zukunft“-Leitprojekte
Stadtteil Lehen in Salzburg (Leitprojekt Stadtumbau Lehen)
Am Vormittag des 5. Oktober ging es mit Inge Straßl vom SIR, Leitprojektmanagerin von Stadtumbau Lehen, über den Steg der Staustufe Lehen in diesen Stadtteil am anderen Salzachufer des Kolpinghauses. Lehen war Gegenstand eines EU-CONCERTO Projekts, der Prozess war schon im Jahr 2004 gestartet. Ein wichtiges Ergebnis war, Qualitätsvereinbarungen auf Bauvorhaben zu übertragen. Inge Straßl besuchte mit der Gruppe einige wichtige Meilensteine des EU-Projekts:
Park Life
Für dieses Projekt wurde ein Wettbewerb für junge Architekturbüros ausgeschrieben. Wichtig waren Treffen mit dem Auftraggeber zur (Weiter-)Entwicklung des Projekts. Umgesetzt wurde ein Wohnblock mit 56 Wohnungen und 32 betreuten bzw. betreubaren Wohnungen. Inkludiert ist ein Senioren- und Pflegeheim, das barrierefrei vom Wohnblock zu erreichen ist. Die Zimmer im Heim wurden etwas kleiner ausgeführt, dafür wurden Gemeinschaftsräume errichtet. Seniorenaktivitäten sollten verstärkt mit der Nachbarschaft verschränkt werden, z.B. die Mensa oder eine Krabbelgruppe, in der an einem Wochentag Senioren integriert werden. Errichtet wurde auch ein Fitnesscenter für die Altersgruppe 77+. Vom energetischen Gesichtspunkt handelt es sich um ein Niedrigstenergiehaus mit einer thermischen Solaranlage auf dem Seniorenheim und einem großen Pufferspeicher im Keller.
Neue Mitte Lehen
Ein weiterer Besichtigungspunkt war das ehemalige Fußballstadion in Lehen, dessen Gestaltung ebenfalls über einen Wettbewerb entschieden worden war. Errichtet wurden in erster Linie Wohnbauten, das Thema Stadion wurde mit der „Grünen Mitte Lehen" aufgegriffen, einer großen Freifläche auf dem Gelände des ehemaligen Fußballstadions. Auf der Ostseite befindet sich nun ein großer Veranstaltungssaal und 48 geförderte Mietwohnungen in Niedrigstenergiebauweise, an der Westseite wurden Geschäfte, ein Café und die Stadtbibliothek errichtet, die Lese- und Veranstaltungsräume umfasst. Über dem Gelände schwebt die Skybar, in der ein Leseraum für die Stadtbibliothek untergebracht ist. Vor Witterungseinflüssen geschützte Flächen im Gebiet dienen als Platz für Flohmärkte oder ein Reparatur-Café und stellen so ein städtisches Zentrum dar.
Passivhaus Esshaver Straße
Das Passivhaus Esshaver Straße wurde 2009 fertig gestellt. Das Monitoring hat gezeigt, dass im Gebäude mehr Energie verbraucht wird als berechnet, mit 30 kWh doppelt so viel wie die berechneten 15 kWh. Ursache war, dass das Rechenprogramm für ein Haus in der Stadt zu hohe solare und interne Gewinne gerechnet hatte. Das Programm wurde für weitere Projekte adaptiert. Das Haus wurde drei Jahre lang gemessen, die thermische Solaranlage funktioniert gut und die BewohnerInnen sind hoch zufrieden.
Stadtwerk Lehen und Strubergassensiedlung
Abschließend besuchte die Gruppe das Stadtwerk Lehen, ein Areal mit 4,3 ha, angrenzend an die Strubergassensiedlung, die 850 Wohnungen im Eigentum der Stadt und der GSWB umfasst, die in schlechtem Zustand und komplett sanierungsbedürftig waren. Die Causa wurde politisch und in den Medien heftig diskutiert; von 23 bestehenden Objekten sollten 11 letztlich abgerissen und neu gebaut werden und 12 stehen bleiben, diese wurden thermisch saniert (Abschluss 2014). Zwei Häuser wurden zum Zeitpunkt der Exkursion gerade abgerissen, 2018 sollte das gesamte Areal mit etwa 600 Wohnungen saniert sein. Das Wohnungsamt schaffte es, die Aussiedelung von über 370 Wohnungen einvernehmlich abzuwickeln, es wurden Ersatzwohnungen angeboten, mit der Option zur Rückkehr.
Im Endausbau werden am Stadtwerke-Areal 287 geförderte Mietwohnungen und 700 Arbeitsplätze geschaffen sein, ein Kindergarten, ein Supermarkt und ein Studentenheim mit 100 Plätzen. Für die Sockelzone bestand der Wunsch nach anderen Nutzungen als Wohn- oder Abstellflächen, die als Frequenzbringer Leben in das Gebiet bringen. Eingezogen sind u.a. die Stadtgalerie, der Fotohof und das Hilfswerk. Auch eine Fahrradwerkstätte wurde betrieben, die zum Zeitpunkt der Exkursion leer stand. In das Hochhaus am Gelände ist die VHS eingezogen, die mit ihren Kursen ein enormer Frequenzbringer im Gebiet ist. Beim Stadtwerk Lehen stießen Herr Klinger von der Salzburg AG, Michael Klock vom Büro des Planungsstadtrates Johann Padutsch und Josef Reithofer von der Stadtplanung zur Gruppe. Früher hatten sich Gasbehälter am Areal befunden, das somit thematisch immer mit Energie zu tun hatte. Die Fernwärmeversorgung erfolgt durch die Salzburg AG, 40 % der Wärme stammen von industrieller Abwärme und Biomasse. Das Energiekonzept im Stadtwerk Lehen wurde vom SIR, der gswb und der Salzburg AG entwickelt und die Planung und Umsetzung vom Steinbeis Institut wissenschaftlich begleitet. Der Anteil der Erneuerbaren Energie sollte durch die thermische Großsolaranlage erhöht werden, mit mehr als 2.000 m2 thermischen Kollektoren und einem 200.000-Liter-Pufferspeicher am Gelände. Die Solaranlage war Vorgabe für den Architektenwettbewerb, war von vielen Teilnehmern aber ignoriert worden, nach dem Motto: „Die Solaranlage kommt auf das Dach und für den Pufferspeicher finden wir einen Platz." Die Anlage wurde im Rahmen des CONERTO-Projekts drei Jahre einem Monitoring unterzogen, der Endbericht liegt seit 2016 vor.
Johann Klinger von der Salzburg AG meinte, es sei wichtig, künftig Energiedienstleistungen anzubieten. Es ist für ein Energieversorgungsunternehmen nicht mehr ausreichend, Strom, Gas und Fernwärme zu verkaufen, sondern gemeinsam mit den Bauträgern Lösungen zu entwickeln Die Kollektoren wurden mit einer Neigung von 45° installiert, um den Ertrag im Winter zu steigern. Neben der thermischen Solaranlage wurde auch eine 20-kWp-PV-Anlage installiert. Sie trägt zur Deckung der Tiefgaragenbeleuchtung bei. Wichtig bei solchen Projekten ist es, die BewohnerInnen einzubinden. Er führte die Gruppe in den Technikraum auf dem Gelände. Durch eine Solarwärmepumpe wird der Ertrag gesteigert, die Fertigstellung erfolgte im Mai 2013. Die Großsolaranlage ist im Eigentum der Wohnbauträger. Gas-Einzelheizungen wurden umgestellt und ein Niedertemperaturnetz mit einer Vorlauftemperatur von 65° und einer Rücklauftemperatur von 35° angelegt. Die Solarwärmepumpe hat eine tatsächlich gemessene Leistung von 500 kWh pro m2 und trägt somit entscheidend zur Steigerung des Solarertrages bei. Das begleitende Monitoring ist für die Wärmepumpe und ihren Betrieb im Sommer und im Winter wichtig. Der Einsatz einer Wärmepumpe in einem solchen System macht ab 50 Wohneinheiten Sinn und trägt zu einer etwa 15-%igen Steigerung des Ertrags bei.
Im Rahmen des „Haus der Zukunft"-Leitprojekts „Stadtumbau Lehen" wurde ein eMontoring Projekt durchgeführt, das zeigte, dass durch das Nutzerverhalten durchwegs mehr Energie verbraucht wird, als mittels Energieausweis berechnet worden war. Die Salzburg AG rechnet Wärmelieferungen für die Wohnungen nach dem tatsächlichen Endverbrauch ab, der in den Wohnungen gemessen wird.
Josef Reithofer von der Stadtplanung Salzburg erläuterte die Sanierung der Strubergassensiedlung. Zur Gruppe stießen bei der Präsentation im Raum des Hilfswerks noch Franz Huemer von der Baudirektion und Alexander Rehbogen vom SIR. 2011 wurde für das Gebiet ein Masterplan erstellt, die Vereinbarung der beiden Strategien des Abrisses und des Neubaus war eine soziale Herausforderung. Wichtig waren auch Maßnahmen zur Freiraumentwicklung, auch die Themen Mobilität und Soziales wurden mit behandelt, u.a. durch Entwicklung eines Parkraumbewirtschaftunskonzepts, ein bewohnerbezogenes Mobilitätskonzept und einen Stellplatzschlüssel von 0,6 für das Gebiet. Absiedlung und Neubau bieten Potenzial für einen höheren energetischen Standard und barrierefreies Bauen.
Diskussion und Schlussfolgerungen
Ein wichtiges Thema war auch die Bewirtschaftung der Sockelzone, in deren Rahmen bestimmte Maßnahmen auch von der Salzburg AG querfinanziert wurden. Die gewerbliche Entwicklung einer Sockelzone übersteigt oftmals die Kompetenzen der Bauträger. Auch der gewerbliche Rahmen der Kostendeckung für gemeinnützige Bauträger sieht vor, dass Geschäftslokale im Nutzwert zu bewerten sind. Die Erdgeschoßzone ist verkehrsfrei, die Anlieferung erfolgt über die Keller. Die Fragestellungen waren oftmals integrativ und komplex. Dank der Förderprojekte von CONCERTO und Haus der Zukunft konnten die begleitende Forschung, Auswertung und Abstimmung ohne Auswirkung auf die Mietpreise durchgeführt werde. Josef Reithofer bezeichnete die Förderung durch das Programm als „Schuhlöffel, der vieles erleichtert hat". Michael Klock vom Büro des Planungsstadtrates betonte, dass die Projekte Haus der Zukunft und Concerto wichtig waren, um bei allen Akteuren das Gefühl für übergreifende Projektziele zu stärken und auch weil im geförderten Wohnbau viele wichtige, begleitende Maßnahmen kaum zu finanzieren sind, die aber Voraussetzung für ein nachhaltiges Gesamtprojekt sind, wie eben Projektsteuerung, wissenschaftliche Begleitforschung oder Monitoring.
Die Stadtplanung hat bereits mehrere Folgeprojekte in Arbeit, u.a. ein Siedlungsleitbild für die Goethesiedlung oder die Nachverdichtung in der Inhauserstraße. Die Stadtplanung agiert hier eingebettet in eine Roadmap und im Städteverbund mit Graz und Wien. Für Salzburg hat die Innenentwicklung klaren Vorrang.
Im Rahmen der Präsentation auf dem Stadtwerkeareal überreichte Theo Zillner vom BMVIT Inge Straßl auch die Urkunde zur Auszeichnung als Leitprojektmanagerin, da sie an der Veranstaltung in Wien im April 2014 nicht hatte teilnehmen können.