Grundlegende Untersuchungen zu aufgespritzten Zellulosedämmschichten für Außenfassaden

Zellulosedämmung zum Aufspritzen. Bauphysikalische und mechanische Parameter für aufgespritzte, bindemittelverstärkte Zellulosedämmstoffe. Ein Forschungsprojekt untersucht den Anwendungsfall Außenfassade mit Wärmedämmung und Putzauflage.

Inhaltsbeschreibung

Status

abgeschlossen

Kurzfassung

Ziele des Projektes

Das Forschungsvorhaben war auf folgende Fragestellungen ausgerichtet:
  • Ermittlung konkreter bauphysikalischer und mechanischer Parameter zu aufgesprühten bindemittelverstärkten Zellulosedämmschichten. Durchführung von Simulationsberechnungen zur Abschätzung des hygrischen Verhaltens.
  • Beurteilung der grundsätzlichen Eignung des Aufsprühverfahrens für Zellulosedämmstoffe zur Herstellung von geeigneten Dämmschichten an Außenfassaden
  • Ermittlung des weiteren Forschungs- und Entwicklungsbedarfes für den Anwendungsfall Außenfassade mit Wärmedämmung und Putzauflage

Methodik

Durch eine umfangreiche Fachrecherche (Literatur, Patente und Internet ) sowie durch eine Vielzahl von Detailgesprächen mit Know-how Trägern aus der Praxis wurde eine grundlegende Informationsbasis geschaffen. Die Herstellung der Probeflächen erfolgte auf Basis der in der Praxis verwendeten Gerätschaften bzw. angewandten Verfahrenstechnik. Darauf aufbauend waren Adaptionen der Gerätschaften notwendig, um eine Verbesserung der Homogenität aufgespritzter Zellulosedämmschichten zu erreichen. Die materialbezogenen Eigenschaften wurden auf Basis der geltenden Prüfnormen ermittelt.

Ergebnisse des Projektes

Grundlagen

Die Grundlagenrecherche ergab, dass die meisten Entwicklungen zu Zellulosedämmschichten im Ausland - insbesondere in den USA und Finnland - gemacht wurden. In diesen Ländern sind gegenwärtig auch zwei Forschungsprojekte im Gange, welche sich mit aufgespritzten Dämmschichten beschäftigen, in Finnland allerdings ohne Putzauflage. Über aufgespritzte Zellulosedämmschichten wurden bis dato relativ wenig systematische Untersuchungen durchgeführt, was die verfügbare Fachinformation bzw. Literatur stark eingrenzt. Eine Reihe von Entwicklungen für Zellulosedämmstoffe ist durch Patente geschützt. Im Zuge der praktischen Versuche wurde - soweit möglich - auf die in der Praxis üblichen Techniken und Geräte aufgebaut. Ein Wärmedämmverbundsystem auf Basis aufgespritzter Zellulosedämmstoffe mit darüberliegendem Deckputz stellt im Prinzip eine Neuheit dar.

Simulationsberechnungen

Ziel dieses Arbeitsschrittes war die Abschätzung des eindimensionalen, instationären hygrothermischen Verhaltens der Verbundkonstruktion Mauerwerk-Dämmung-Putz.

Da sowohl für den Anwendungsfall der außenliegenden, bindemittelverstärkten Zellulose-Dämmschichte als auch für die verwendeten Spezialputze nicht alle Materialkennwerte zur Verfügung stehen, wurden die Simulationsberechnungen in einem ersten Schritt mit denjenigen Kennwerten durchgeführt, die aus der Literatur für gewöhnliche "loose fill" Zellulose bzw. herkömmliche Außenputze bekannt sind.

Da diese die speziellen Eigenschaften der neuartigen Baustoffe nur unzureichend beschreiben, können die Ergebnisse nur bedingt als aussagekräftig bezeichnet werden. Es sind weitere Laboruntersuchungen des endgültigen Dämmstoffes und des vermutlich speziell für diesen Anwendungsfall zu optimierenden Außenputzes unabdingbar, um das hygrothermische Verhalten des zu entwickelnden Wärmedämmverbundsystems genauer beurteilen zu können.

Mit den gewonnen Messdaten sollten anschließend die ersten Simulationsberechnungen wiederholt und mittels Klimakammer-Messungen an einer 1:1 Versuchswand überprüft werden.

Bindemittel, Fördertechnik und Anspritzversuche

Nach einer grundlegenden Recherche im Bereich Kleber und Bindemittel wurde für den konkreten Anwendungsfall eine Reihe geeigneter Bindemittel ausgewählt. Besonderes Augenmerk wurde auf die Umweltverträglichkeit der verwendeten Zusätze gelegt.

Mit den Bindemitteln Guar-Gum, Jaguar, diversen Stärken, CMC (Carboxy-Methyl-Cellulosen), Casein, PVA (Polyvinylalkohol), Spezialzement, Magnesiumoxid und Wasserglas wurden Anspritzversuche durchgeführt. Die Anwendbarkeit von Thermoplasten als Bindemittel wurde für den Anwendungsfall "Dämmplatte" ansatzweise getestet.

Für die Aufspritzversuche wurden übliche Fördermaschinen für Zelluloseflocken in Kombination mit Spritzköpfen oder Mischdüsen verwendet. Es zeigte sich, dass die in der Praxis verwendeten Spritzdüsen des CSO-Verfahrens nur bedingt für die Herstellung von bindemittelverstärkten Dämmstoffschichten geeignet sind. Ein homogener Eintrag von Wasser oder Bindemittellösung in den luftgeförderten Flockenstrom war durch die üblichen Sprühköpfe nicht erzielbar. Die Folge waren aufgespritzte Dämmschichten, welche lokal stark unterschiedliche Eigenschaften aufwiesen und deutliche Marmorierungseffekte zeigten. Eine unzureichende Förderung des Dämmstoffs durch die Einblasmaschinen sowie ein "pfropfenweiser" Transport der Flocken im Luftstrom waren Auslöser der schlechten Vermischung und Homogenisierung am Sprühkopf.

Aus diesem Grund wurden verschiedene Mischköpfe und Düsen aus teilweise verwandten Anwendungsgebieten getestet und Adaptionen durchgeführt.
Durch Erhöhung der Drehzahl der Zellradschleuse in der Einblasmaschine konnte eine Verbesserung der Fördertechnik erreicht werden. Im Rahmen der verschiedenen Versuche mit unterschiedlichen Bindemitteln traten eine Reihe von verfahrenstechnischen Problemen bei der Einmischung von Bindemittelpulver sowie der Zerstäubung von Bindemittellösungen auf. Verstopfungen von feinen Zerstäuberdüsen, Verkrustungen und Anlagerungen bei innenliegenden Mischsystemen sowie eine zu hohe Beanspruchung der verwendeten Pumpen waren die Folge.

Um diese Probleme zu beseitigen, wurden Bindemittel in Pulverform vor dem Anspritzen möglichst gleichmäßig in die Flockenmatrix eingebracht und mit an der Düse beigemengtem reinem Wasser aktiviert. Durch Veränderung der Düsengeometrie und die Erhöhung des Wasserdruckes konnte die Einbringung des Wassers in den Flockenstrom verbessert werden.

Die Anspritzversuche mit mineralischen Bindemitteln ergaben hinsichtlich der erzielten mechanischen Festigkeiten enttäuschende Ergebnisse. Durch das starke Wasseraufnahmevermögen der Zelluloseflocken wurden die mineralischen Lösungen zu stark entwässert, um gute Bindekräfte zu entwickeln. Eine vorangehende Hydrophobierung der Zelluloseflocken wurde nicht durchgeführt, da es umfangreicher Untersuchungen und Experimente bedurft hätte, die nicht Gegenstand dieses Forschungsprojektes waren.

Untersuchungen zum Trocknungsverhalten einer aufgespritzten Zellulosedämmschicht zeigten, dass eine Schicht von 8 cm Dicke bei einseitiger Lufttrocknung etwa vier Wochen für ein vollständiges Austrocknen benötigt.

Bauphysikalische und mechanische Laborversuche

Für die Probe 0 wurden die Wärmeleitfähigkeit, die Druck-, Scher- sowie die Zugfestigkeit in und normal zur Probenebene gemessen. Nach Verbesserung des Aufspritzverfahrens wurden insgesamt 20 weitere Rohling-Serien für die Gewinnung von Prüfkörpern hergestellt. Es wurden verschiedene Bindemittel in unterschiedlichen Konzentrationen eingesetzt. Die Proben wurden in einer Trockenkammer bei 38 °C Durchschnittstemperatur auf ca. 10 % Wassergehalt getrocknet. Aus den getrockneten Rohlingen wurde eine Vielzahl einzelner Prüfkörper der Größe 8 x 8 cm mit einer Dicke von 3,5 cm gewonnen, aus welchen die "besten" für die Laborprüfung ausgewählt wurden. Für den Vergleich von 17 ausgewählten Proben-Serien untereinander wurde die Zugfestigkeit normal zur Probenebene als das sensibelste Kriterium ermittelt.

Die Auswertungen zeigen, dass aufgespritzte Zellulosedämmstoffe durchaus jene Zugfestigkeiten normal zur Probenebene (³ 12,0 kPa) erreichen können, die für Mineralfaserplatten für den Fassadenbereich (MW-PT) gefordert werden. Die Dichten der aufgespritzten Zellulosedämmschichten betrugen dabei 70 bis 150 kg/m³. Kann die Homogenität der aufgespritzten Schichten durch eine Verbesserung der Aufspritztechnik gesteigert werden, ist eine weitere Verbesserung der mechanischen Parameter zu erwarten.

In Anputzversuchen wurde die grundsätzliche Eignung der Zellulosedämmschichten als Putzgrund für Fassadenputze untersucht. Die Putze ThermoPutz, ThermoExtra und der FaserLeichtPutz wurden unmittelbar auf die trockenen Zellulosedämmschichten aufgetragen.

Die Versuche zeigten, dass ein kraftschlüssiger Auftrag von Putzen auf Zellulosedämmstoffe bei ausreichender Härte der Dämmschicht möglich ist. Nach der vorgeschriebenen Trocknungszeit wurde die Verbundwirkung des Systems Ziegel - Dämmstoff - Putz durch Abzugsversuche an den verputzten Probeflächen geprüft. Die Ergebnisse zeigten, dass der Wassergehalt an der Anputzfläche vor allem wegen der stark saugenden Eigenschaften der Dämmschicht optimiert werden muss, um einen guten Haftverbund zwischen Putz und Dämmschicht herzustellen. Weitere systematische Untersuchungen sind in diesem Zusammenhang erforderlich.

Weiterer Forschungsbedarf für aufgespritzte Zellulosedämmstoffe für die Außenfassade mit Putzauflage

Die durchgeführten Aufspritzversuche und die Ergebnisse der Materialuntersuchungen zeigen deutlich, dass weiterer Entwicklungsbedarf hinsichtlich der Verbesserung der Homogenität der aufgespritzten Zellulosedämmschichten besteht. Die in der Praxis üblichen Techniken bzw. Gerätschaften (Förderanlagen, Spritzdüsen bzw. Mischköpfe) sind kaum zur Herstellung von homogenen Dämmschichten geeignet. Die im Rahmen des Projektes durchgeführten Adaptionen der Verfahrenstechnik haben zwar eine deutliche Steigerung der Homogenität der aufgespritzten Schichten erzielt, jedoch ist bei zukünftigen Untersuchungen eine verbesserte Homogenisierung anzustreben. Begleitende mechanische Labormessungen sind für die Entwicklung der Verfahrenstechnik unbedingt erforderlich, um eine Evaluierung der Verbesserung der Aufspritztechnik anhand konkreter Messwerte zu ermöglichen.

Die Ergebnisse haben auch gezeigt, dass die Kraftübertragung an den Grenzflächen zwischen Wand und Dämmstoff bzw. Dämmstoff und Putzschicht weitere systematische Untersuchungen erfordert. Einen besonderen Stellenwert nimmt in diesem Zusammenhang die Abstimmung des Putzes auf den Putzgrund Zellulosedämmung ein. Um diese Problemstellung erfolgreich zu lösen, ist die Einbindung eines Know-how-Trägers aus der Putzbranche in die weiteren Forschungstätigkeiten erforderlich. Die Eigenschaften der Deckputzschicht haben wesentlichen Einfluss auf den Feuchtehaushalt der Dämmschicht sowie auf die Wärmeleitfähigkeit des Gesamtsystems. Die bereits vorhandenen Ergebnisse der Simulationsberechnung sollen mit den aktuellen Kennwerten sowie durch einen Klimakammer-Versuch evaluiert werden. Anhand einer großflächigen Pilotfassade sind Versuche im Zusammenhang mit der Verbundwirkung zwischen den einzelnen Bestandteilen des Dämmsystems sowie betreffend Witterungs- und Alterungsbeständigkeit durchzuführen.

Weitere Anwendungsbereiche für aufspritzbare Zellulosedämmstoffe

Neben dem Anwendungsfall Wärmedämmung für die Außenfassade gibt es für aufgespritzte Zellulosedämmstoffe weitere interessante Verwendungsmöglichkeiten. Aufgespritzte Zellulosedämmschichten haben eine sehr gute schallabsorbierende Wirkung, wodurch bei offenliegender Anwendung die Raumakustik verbessert werden kann. Besonders bei der Althaus-Modernisierung ist die Dämmung von gewölbten Kellerdecken und der obersten Geschossdecke als Einsatzgebiet für aufgespritzte Zellulosedämmstoffe zu nennen. In beiden Fällen ist ein rasches Austrocknen der Dämmschicht unter Umständen nicht notwendig.

Ein weiteres interessantes Anwendungs- und Forschungsgebiet ist die Innendämmung ohne Dampfsperre von zB denkmalgeschützten Fassaden. Obwohl gerade das hygrische Problem für Zellulosedämmstoffe von großer Bedeutung ist, ist vor allem die hohe Pufferfähigkeit von eventuell anfallendem Kondensat durch die Zellulosedämmung in diesem Zusammenhang von Interesse.

Schlussfolgerungen

Die umfangreichen Untersuchungen haben gezeigt, dass sich bindemittelverstärkte, aufgespritzte Zellulose-Dämmschichten prinzipiell zur Applikation auf Wänden aus Mauerwerk und Beton eignen. Die erzielten Festigkeitswerte erfüllen zum Teil bereits jetzt die mechanischen Anforderungen an einige plattenförmige Wärmedämm-Verbundsysteme.

Eine weitere Steigerung der Werte durch verbesserte Homogenisierung im Zuge des Aufspritzvorganges erscheint durchaus möglich. Die Dämmstoffdicken sind zur Zeit zwar mit rund acht Zentimetern begrenzt, jedoch ist die Weiterentwicklung der Förder- und Anpritztechnologie zur Homogenisierung der Dämmschichten sowie die Optimierung der Austrocknungszeit realistisch.

Zahlreiche Bauschaffende haben ein aufgespitztes Wärmedämm-Verbundsystem auf Basis nachwachsender Rohstoffe als wirkliche Innovation bezeichnet und großes Interesse an einer weiteren Forschungstätigkeit gezeigt.

Downloads

Grundlegende Untersuchungen zu aufgespritzten Zellulosedämmschichten für Außenfassaden

Schriftenreihe 30/2001 M. Mandl, P. Kautsch, H. Hengsberger, et.al
Deutsch, 162 Seiten, vergriffen

Downloads zur Publikation

Bibliographische Daten

Grundlegende Untersuchungen zu aufgespritzten Zellulosedämmschichten für Außenfassaden

Grundlagenstudie, Endbericht

Auftragnehmer:
Joanneum Research

Autoren:
DI Michael Mandl, Dr. Arnold Stuhlbacher, Michael Koinigg (Joanneum Research)
ao.Univ. Prof. DDr. DI Peter Kautsch, DI Herwig Hengsberger (Institut für Hochbau, TU Graz)

Berichte aus Energie- und Umweltforschung 30/2001

Graz, Mai 2001
121 Seiten und Anhang

Projektbeteiligte

Projektleiter:
Dipl.-Ing. Michael Mandl
Regionale Innovations- und Forschungsstelle Hartberg, JOANNEUM RESEARCH

Kooperationspartner:
a.o.Univ. Prof. DDr. Peter Kautsch
Dipl.-Ing. Herwig Hengsberger
Institut für Hochbau für Architekten, Technische Universität Graz
Dr. Arnold Stuhlbacher, Michael Koinigg
Institut für Umweltgeologie und Ökosystemforschung, JOANNEUM RESEARCH

Beteiligtes Unternehmen:
Ing. Wolfgang Lackner
CPH Zelluloseproduktion Hartberg

Kontakt

Dipl.-Ing. Michael Mandl
Regionale Innovations- und Forschungsstelle Hartberg, JOANNEUM RESEARCH
Am Ökopark 7
A 8230 Hartberg
Tel.: +43 (0)3332 65085
Fax: +43 (0)3332 65085-2955
E-Mail: michael.mandl@joanneum.at