Abschließender Besuch der „Haus der Zukunft“-Leitprojekte
Plusenergieverbund Reininghaus Süd (Leitprojekt ECR)
Der erste Besuch galt dem Plusenergieverbund Reininghaus Süd. Leitprojektmanager Ernst Rainer von der TU Graz war es gelungen, zahlreiche Vertreter des Projektteams (Ulrike Mayer vom Bauträger Aktivklimahaus, Martin Bachmaier von Nussmüller Architekten sowie Demoprojektleiter Heimo Staller von der AEE Intec), aber auch Vertreter der Stadt Graz – Stadtbaudirektor Bertram Werle und Smart-City-Projektleiter Kai-Uwe Hoffer – zur gemeinsamen Besichtigung der Wohnhausanlage einzuladen.
In Reininghaus Süd wurde eine „Stadt der kurzen Wege" umgesetzt – ein Planungsprinzip, das wesentlich zur Erreichung von Klimaschutzzielen und zum effizienten Umgang mit Energie beitragen kann. Es wurde keine reine Wohn- und Schlafstadt geschaffen, sondern ein integriertes Konzept für einen Stadtteil erarbeitet. Wichtig war die Integration in das Fuß- und Radwegenetz, teilweise auch die Neuerrichtung von Fuß- und Radwegen.
Die Förderung durch das Forschungsprogramm „Haus der Zukunft" ermöglichte ein wichtiges „Mehr", so konnte einer der ersten sozialen Wohnbauten in Graz in Passivhaus-Bauweise entstehen. Die Fördermittel waren gleichsam der „Kitt" eines innovativen Konsortiums und Startschuss für die mittlerweile umfangreichen Smart-Cities-Aktivitäten der Stadt Graz, so Kai-Uwe Hoffer. Zentral dabei ist, nachhaltige Ziele und Inhalte an private Investoren zu vermitteln und auch zu überbinden. Das Forschungsvorhaben gab dabei Rückhalt und Sicherheit und ermöglicht darüber hinaus, an tatsächlich umgesetzten Bauvorhaben zu lernen. Die Stadt Graz ist als Folgeaktivität in internationalen Projekten mit Berlin und Amsterdam tätig, die Sichtbarkeit weit über Graz hinaus ist gewährleistet.
Die Suche nach einem Bauträger war zunächst nicht leicht, mit „Aktivklimahaus" war es gelungen, einen innovativen Bauherrn für das Demonstrationsprojekt aus Tirol zu gewinnen. Wichtig war der Rückhalt durch die Stadt Graz. Künftig sollten Bauherrn über die Vertragsraumordnung zu höheren Standards verpflichtet werden, wobei ein Mix aus hoheitlichen und privatrechtlichen Instrumenten zum Einsatz kommen kann. Wesentlich ist, dass sich KundInnen am Markt mittlerweile für energetische und ökologische Werte interessieren und diese einen Benefit in der Vermarktung von Wohnungen darstellen können. Leistbares Wohnen sollte nicht gegen Nachhaltigkeitsprinzipien ausgespielt werden. Bei der modellhaften Umsetzung in Graz war die Beteiligung der Forschung wichtig, da die ForscherInnen im Zuge ihres Projekts Fragen stellen konnten, die VertreterInnen der Stadtplanung oft nicht stellen können, hier gab es eine klare Aufgabenteilung.
Heimo Staller von der AEE Intec berichtete als Vertreter der Forschung, dass die Abbildung des Plusenergieverbundes in der Simulation mit den gängigen Programmen schwierig war. Auch rechtlich war es schwierig zu klären, wie der Energieaustausch zwischen den zwölf Wohnhäusern aus Holz, errichtet vom Bauträger Aktivklimahaus, und dem langgestreckten Gebäude entlang der Peter-Rosegger-Straße vom Bauträger
WEGRAZ funktionieren soll. Idee war, die Wärme im Sommer über die aktivierten Tiefenpfähle ins Erdreich zu speichern und so eine Balance zur Entnahme im Winter zu schaffen. Es zeigte sich, dass eine normale Hausverwaltung mit den rechtlichen und organisatorischen Hintergründen eines Plusenergieverbundes überfordert ist.
Im langgestreckten Gebäude entlang der Peter-Rosegger-Straße ist ein Supermarkt untergebracht, ebenso Büros und in zwei Geschoßen betreutes Wohnen mit 38 Wohneinheiten. Hervorzuheben ist die gute Planung der Grundrisse durch das Architekturbüro Nussmüller: Zur stark befahrenen Peter-Rosegger-Straße hin sind Gang- und Lagerräume orientiert, die Wohneinheiten gehen in den Hof. Bei den Wohn-Punkthäusern ist seitens Architektur wichtig, dass diese in der Höhe gestaffelt und versetzt zueinander angeordnet sind. Keller und Stiegenhaus sind massiv ausgeführt, der Rest in Holzbauweise. Für die Außendämmung wurden 24 cm Mineralwolle gedübelt und geklebt.
Etliche Innovationen in der Wohnhausanlage betreffen das Thema Mobilität: Das Wohnprojekt in Reininghaus war eines der ersten, das mit der Stadt Graz einen Mobilitätsvertrag abschloss. Fahrradabstellplätze im Eingangsbereich der Wohnhäuser wurden errichtet, die teils mit Steckdosen zum Laden von E-Fahrrädern ausgestattet sind, Anzeigetafeln zeigen die Abfahrtszeiten der Öffentlichen Verkehrsmittel. Mit diesen Maßnahmen konnte der Stellplatzschlüssel auf 0,8 gesenkt werden (statt 1 Stellplatz pro Wohnung). Bei weiteren Projekten wird die Stadt Graz versuchen, bis auf 0,6 hinunterzugehen.
Die Gruppe konnte auch die Wohnung einer Bewohnerin besuchen, die als Energieberaterin tätig ist und somit den umgesetzten Innovationen großes Interesse entgegen bringt und gerne mit FachbesucherInnen diskutiert. Aus ihrer Sicht sollten BewohnerInnen besser über die eingesetzten Technologien informiert werden, z.B. dass die Lüftungsanlage im Sommer bei offenem Fenster nicht benutzt werden sollte. Plakate mit kurzen Anleitungen könnten hier helfen. Sie berichtete auch von Anlaufschwierigkeiten mit den neuen Technologien, so hätte es zweimal Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Warmwasser gegeben. Neben den technologischen Innovationen gelte es auch organisatorische Innovationen, z.B. zur Regelung und Steuerung umzusetzen. Ein so innovatives Projekt kann ihrer Meinung nach nur mit engagierten BewohnerInnen funktionieren.