Wohnen und Arbeiten in der Bildungsgemeinde Moosburg

Ziel war, nicht nur angenehme Wohnsituationen oder funktionierende Arbeitsmilieus zu schaffen, sondern diese Bereiche gezielt zu verbinden und so einen ganzheitlich attraktiven „Lebensraum“ zu generieren. Mehrere zukunftsweisende Piloteinheiten an einem größeren, noch unbebauten Grundstück in fußläufiger Entfernung vom Dorfzentrum wurden umgesetzt.

Kurzbeschreibung

Ausgangssituation

Die etwa 4.500 Einwohner zählende, nördlich des Wörthersees gelegene Marktgemeinde Moosburg gehört zur wachsenden Region des Kärntner Zentralraums. Während sich viele ländliche Gemeinden Kärntens vor allem auf den Tourismus stützen, setzt Moosburg auf eine familienfreundliche Raumentwicklungspolitik und positioniert sich als Bildungsgemeinde und somit auch Bildungszentrum des Bezirks – derzeit wird ein Bildungscampus entwickelt. Aufgrund seiner umfassenden sozialen Infrastruktur wurde Moosburg 2013 vom Familienstaatssekretariat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit als familienfreundlichste Gemeinde Österreichs ausgezeichnet. Die Gemeinde konnte seit 1980 einen Bevölkerungszuwachs von fast 20% verzeichnen. Sie ist darum bemüht, zukünftige Projekte auf eine Weise in den Siedlungsbestand zu integrieren, die sowohl in energietechnischer als auch in sozialer und baukultureller Hinsicht den Prinzipien einer nachhaltigen Orts- und Raumentwicklung entspricht.

Inhalte und Zielsetzungen

Vorrangiges Anliegen war die innerörtliche Verdichtung, also die Entwicklung verdichteter, ressourcenschonender Strukturen im ländlichen Raum als Alternative zum freistehenden (Passiv)haus. Flexible Typologien, die eine gelungene Integration von Wohnen und Arbeiten ermöglichen, gehen dabei auf die Tendenz ein, dass sich Arbeits- und Wohnbereiche durch neue technologische Möglichkeiten aber auch durch das Ansteigen untypischer Beschäftigungsverhältnisse immer mehr mischen. Wenn man nicht ein Übermaß an Energie in Mobilität investieren will, sind entsprechende räumliche und infrastrukturelle Ressourcen dafür die Voraussetzung. Genau diese Ressourcen sollten durch das Projekt flexibel und den individuellen Ansprüchen weitestgehend anpassbar zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus sorgt die unmittelbare Nähe zur Alpen-Adria Universität Klagenfurt sowie dem Lakeside Software Park für eine rege Nachfrage an zukunftsorientierten Wohnmodellen.

Das planerische Ziel war es, nicht nur angenehme Wohnsituationen oder funktionierende Arbeitsmilieus zu schaffen, sondern diese Bereiche gezielt zu verbinden und so einen ganzheitlich attraktiven „Lebensraum" zu generieren. Konkretes Ziel war die Umsetzung mehrerer zukunftsweisender Piloteinheiten an einem größeren, noch unbebauten Grundstück in fußläufiger Entfernung vom Dorfzentrum.

Methodische Vorgehensweise

Wohnen und Arbeiten kann eine große Bandbreite von Formen annehmen: von der Arztpraxis über das integrierte Büro bis zum Showroom. Im Schulort Moosburg scheint Wohnen und Arbeiten z.B. für PädagogInnen interessant, die zu Hause einen Raum für Vorbereitung und Nachhilfe brauchen.

nonconform architektur vor ort hat bereits an verschiedenen Orten insbesondere des Voralpenraums Projekte, Studien und Veranstaltungen zum Thema Wohnen und Arbeiten durchgeführt. Auf Basis der bisherigen Erfahrungen sollte speziell für Moosburg der Bebauungstyp weiterentwickelt werden. Das Architekturbüro ist direkt in Moosburg mit einem Standort vertreten und mit den Rahmenbedingungen vor Ort sehr gut vertraut. Die Gemeinde Moosburg ist daher der perfekte Ort, die Typenvielfalt von Wohnen und Arbeiten gepaart mit innovativen Technologien zu realisieren, deren Betrieb und Weiterentwicklung zu evaluieren, zu begleiten und die Projekte einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und zu erläutern.

Das Konzept baut auf der Grundsatzentscheidung auf, nicht nach Autarkie einzelner Gebäude zu streben sondern eine nachhaltige Energieversorgung und den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen als gemeinschaftliche Aufgabe zu betrachten. Um diese Thematik zu diskutieren, sollte nach ausführlicher Vorarbeit in der Gemeinde ein Informationsnachmittag mit Fachvorträgen organisiert werden, der sich um die Themen Wohnen und Arbeiten, Mobilität, Energie, demographische Entwicklung, also allgemein um die Energiezukunft der Gemeinde dreht. Ziel ist einerseits die Sensibilisierung für Energiefragen auf Gemeindeebene und andererseits die BewohnerInnenakquise.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen

Nach Grundstücksrecherchen, Abklärungen über deren Verfügbarkeit, mehreren Bebauungsstudien auf verschiedenen Grundstücken etc. – wurde ein Vorentwurf für ein Grundstück in fußläufiger Entfernung vom Dorfzentrum erstellt.

Die entwickelte Bebauungsstruktur auf diesem Grundstück besteht aus 3 Baukörpern, die jeweils ohne weiteren Ausbau als eine große Einheit bespielt werden können, oder in bis zu 6 kleine Einheiten geteilt werden können. Die Primärstruktur des Tragwerks und der haustechnischen Installationen ist so angelegt, dass Adaptierungen ohne strukturelle Umbauten möglich sind.

Die ersten Kostenschätzungen der Professionisten für die unterschiedlichen Ausführungen der Baukörper (Holzsystembauweise und Ziegel massiv zum Vergleich) ergaben jedoch, dass mit dem angestrebten Raum- und Energiekonzept keine marktfähigen Preise erzielt werden konnten. Nicht zuletzt auch da die zukünftigen NutzerInnen zusätzlich auch auf Elektroautos umsteigen sollten, war klar, dass die Kosten optimiert werden mussten. Es wurden also unterschiedliche Möglichkeiten der Adaptierungen überprüft, um auf einen marktgerechten Preis zu kommen.

Obwohl auch die optimierten Preise noch deutlich über Marktpreisen, die die Personen erfahrungsgemäß im ländlichen Zentralraum von Kärnten zu bezahlen bereit sind, lagen wurde parallel zu weiteren Optimierungen die Phase der konkreten Partizipation vorbereitet: Anfang 2014 wurden Termin und Ablauf für die erste vor ort ideenwerkstatt mit potentiellen NutzerInnen fixiert.

Es gab bereits konkrete InteressentInnen an dem Projekt, die bei der Gemeinde Moosburg vorgemerkt waren; weitere sollten durch Informationsmaßnahmen im Vorfeld der vor ort ideenwerkstatt gewonnen werden.

Im Zuge der Ideenwerkstatt sollte das Projekt im Detail präsentiert werden. Impulsvorträge hätten ergänzende Inputs zu den geplanten Varianten und zum Energiekonzept geliefert. Auf Basis der in ihren Möglichkeiten und Varianten aufbereiteten Unterlagen sollten die potentiellen zukünftigen NutzerInnen ihre Ideen und Wünsche einbringen und so im Rahmen der im Vorentwurf festgelegten nutzungsoffenen Primärstruktur die Sekundärstruktur – also Ausbau und Ausmaß der für eventuelle spätere Adaptierungen vorgesehenen Maßnahmen – festlegen.

Ebenso sollten die Nutzung der Gemeinschaftsflächen (Vorzone mit Carports, Grünräume) sowie die Frage der Dichte gemeinsam mit den potentiellen NutzerInnen erörtert werden. Seitens des Bauträgers stand im Vorfeld die Haltung im Raum, das Konzept sei besonders mit Blick auf die hohen Kosten zu dicht für den ländlichen Raum. Da aber die Dichte wesentliches Qualitätskriterium des grundsätzlichen Ansatzes war, und bei Verzicht auf einen der 3 Baukörper lediglich eine Dichte wie mit Einfamilienhäusern erreicht würde, war es seitens des Antragsstellers undenkbar, das Projekt mit nur 2 Baukörpern zu realisieren.
Im Zuge der konkreten Vorbereitungen der vor ort ideenwerkstatt kristallisierte sich immer mehr heraus, dass potentielle NutzerInnen sich zwar für das Projekt begeistern ließen, schlussendlich aber die Kosten das entscheidende Kriterium blieben.

In Folge der oben beschriebenen Entwicklungen hat der Antragsteller gemeinsam mit den Projektpartnern entschieden, das Forschungsprojekt vorzeitig zu beenden.

Ausblick

Der Innovationsgehalt des Projekts besteht in der Vernetzung organisatorischer und technologischer Strategien. Das Gebäude wird nicht als Einzelobjekt verstanden, sondern eingebunden in ein übergeordnetes System. Daher umfasst auch das Energiekonzept nicht nur das Objekt sondern das Zusammenspiel von Wohnen, Arbeiten und Mobilität. Als Alternative zum freistehenden Passiv- bzw. Plusenergiehaus bestehen Einsatzmöglichkeiten für die konzipierten Typologien in großen Teilen des ländlichen Raums Österreichs.
Die Etablierung von Energie-Strategien und die Schaffung wirkungsvoller Instrumente auf Gemeindeebene, um nachhaltige Lösungen im Bereich Energieversorgung und Mobilität zu finden, wäre für sehr viele ländliche Gemeinden von enormem Nutzen.

Publikationen

Wohnen und Arbeiten in der Bildungsgemeinde Moosburg

Schriftenreihe 31/2016
Katharina Kothmiller
Herausgeber: BMVIT
Deutsch, 38 Seiten

Downloads zur Publikation

Projektbeteiligte

Projektleitung

  • nonconform architektur vor ort

Projektpartner

  • Institut für Baubiologie und Bauökologie, IBO
  • M&R HT-Bau
  • Weissenseer Holz-System-Bau

Kontaktadresse

Architektin DI Katharina Kothmiller
nonconform architektur vor ort
Tel.: +43 1 929 40 58
Lederergasse 23/8/EG
A-1080 Wien
E-Mail: kothmiller@nonconform.at
www.nonconform.at