ThinkHome: Gesteigerte Energieeffizienz durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Haus der Zukunft
Kurzbeschreibung
Status
Abgeschlossen
Kurzfassung
Ausgangssituation/Motivation
Gegenwärtig automatisierte Gebäude verfügen über eine Vielzahl von Sensoren, Aktuatoren und Controllern, deren Zusammenspiel dem Benutzer ein komfortables Wohngefühl verschaffen soll. Obwohl Automationssysteme die grundsätzliche Ansteuerung der Geräte übernehmen, ist der Benutzer in der Praxis damit konfrontiert, die Systeme manuell an geänderte Komfort- und Nutzungsgewohnheiten anpassen zu müssen, um so einen optimierten Betrieb sicherzustellen. Diese Eingriffe sind jedoch, nicht zuletzt aufgrund unterschiedlicher Systeme und eines Übermaßes an verschiedenen Konfigurations- und Parametrierungsmöglichkeiten, selbst für technik-affine Benutzer nur schwer durchzuführen. Aus diesem Grund werden vielfach Standardkonfigurationen eingesetzt und vorhandenes Wissen nicht zur Optimierung herangezogen. Zusätzlich erreichen aktuelle Automatisierungssysteme selten einen energieverbrauchsoptimalen Betrieb des Gebäudes, da viele der Einflussfaktoren, wie Gebäudehülle und -struktur, oder externe Gegebenheiten, wie Wetterlage, derzeit noch unberücksichtigt bleiben. Aus diesen Gründen gelingt es in den meisten Fällen nicht das vorhandene Energiesparpotential des Gebäudes vollständig ausschöpfen und den Betrieb des Gebäudes ganzheitlich zu optimieren.
Inhalte und Zielsetzungen
Ziel des Projekts „ThinkHome“ ist es, ein System für den Heimbereich zu entwerfen, das die Bewohner dabei unterstützt den Betrieb ihres Gebäudes bei größtmöglichem Komfort und höchster Energieeffizienz durchzuführen. Dazu soll ThinkHome Wissen über seine Benutzer, ihre Anwesenheit, das Gebäude und eine Vielzahl weiterer Parameter zur Optimierung verschiedener Automatisierungsaufgaben – vorrangig in den energieintensiven Bereichen Heizung-/Lüftung-/ Klimatechnik sowie Beleuchtung und Verschattung – nutzen. Diese Informationen sollen mit Hilfe neuartiger Kontrollansätze und Applikationen in den täglichen Betrieb des Gebäudes einfließen und darüber hinaus auch die Integrationsmöglichkeiten von erneuerbaren Energien forcieren. Ebenso soll ThinkHome wiederkehrende Abläufe und Routineaufgaben erkennen und erlernen, um diese in weiterer Folge selbsttätig auszuführen und so die Bewohner zu entlasten.
Das autonome Kontrollsystem soll als Softwaresystem konzipiert sein, das einerseits Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) anwendet und andererseits auf sämtliche Informationen des Gebäudes und der Benutzer zugreifen kann. Dazu soll dieses Wissen in einer Wissensbasis repräsentiert werden, die für die intelligenten Kontrollalgorithmen eine umfassende Informationsquelle über die Gesamtheit des Eigenheims und seiner Umwelt darstellt. Bezogen auf die Darstellung des Gebäudes ist es dabei insbesondere wichtig, abgesehen von den Gerätschaften der Haustechnik auch eine bestmögliche Abbildung des Gebäudes selbst (Gebäudestruktur, Gebäudehülle, aktuelle Personenanzahl im Wohnraum, Tätigkeiten, …) zur Verfügung zu stellen. Mit diesem Wissen soll das ThinkHome-System selbständig energieeffizient agieren können und auch Lernfähigkeit besitzen. Des Weiteren sollen auch aktuelle sowie prognostizierte Außenbedingungen, Anwesenheits- und Energieprofile, Energieanbieter und -tarife gespeichert und zur Verfügung gestellt werden. Neben einer automatisierten Kontrolle der Gebäudefunktionen soll dem Benutzer in ausgewählten Szenarien Feedback über die internen Vorgänge wie zum Beispiel den Energieverbrauch und damit verbundene Einsparungspotentiale gegeben werden.
Methodische Vorgehensweise
Nach einer umfassenden Analyse der Anforderungen und der Erstellung eines möglichst vollständigen Gesamtkonzepts sollen Teile des umfassenden Systems prototypisch realisiert werden. Hierfür ist es zu Beginn wichtig, (auch zukünftige) Anwendungsfälle festzuhalten und darauf aufbauend die einzelnen Systemkomponenten zu spezifizieren. Ebenso werden verwandte Projekte und vorangehende Arbeiten analysiert und nach Möglichkeit integriert. Besonderes Augenmerk wird auf eine vollständige Betrachtung aller Anwendungsfelder gelegt, um zu einem ganzheitlichen Systementwurf zu gelangen. In einem nächsten Schritt werden alle Parameter festgehalten, die für die automatische und intelligente Steuerung eines Gebäudes notwendig sind sowie dessen Optimierung versprechen. Diese Parameter werden in Folge in Form einer Wissensbasis dargestellt, die eine Verarbeitung durch intelligente Software-Agenten ermöglicht.
Die intelligente und energieeffiziente Steuerung/Regelung des Gebäudes wird durch ein Multi-Agentensystem realisiert. Dieses wird auf Basis der Anwendungsfälle und Parameter mit Unterstützung maßgeschneiderter Design-Methodologien entworfen und für eine Umsetzung mit etablierten Softwaretechniken und -standards ausgelegt. Weiters werden intelligente Kontrollstrategien entwickelt, die die Energieeffizienz der Haustechniksysteme erhöhen. Besonderer Fokus wird auf die Berücksichtigung regelmäßig wiederkehrender Muster und Benutzerpräferenzen gelegt, die im System dazu verwendet werden, um zukünftige Zustände vorherzusagen. Durch Auswahl und Anwendung geeigneter Methoden der KI wird so eine adaptive Steuerung und prädiktive Regelung der Gebäudefunktionen erreicht.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Im Rahmen des ThinkHome-Projekts wurde ein vollständiges Systemkonzept inklusive Anwendungsfällen, Szenarien und einer Beschreibung der Systemarchitektur erstellt. Für die Einbindung von Gebäudedaten wurde ein Integrationsprozess für Daten von einem Building Information Model (gbXML) in die ThinkHome Wissensbasis definiert. Ein Softwaretool erlaubt die automatisierte Einbindung von Wissen über das Gebäude aus Architekturprogrammen in das ThinkHome-System, wo diese Informationen weiterfolgend für eine optimierte Regelung oder Steuerung eingesetzt werden können.
Exemplarisch wurde ein Gebäudemodell in Autodesk erstellt und in Ecotect um energietechnisch relevante bauphysikalische Daten erweitert. Dieses Modell wurde nachfolgend in einer Simulation als MATLAB/Simulink Modell umgesetzt, um die Evaluierung des Systems zu unterstützen. Zeitgleich wurde die Wissensbasis für das ThinkHome-System konzipiert und die wichtigsten Teile davon detailliert umgesetzt. Spezielles Augenmerk wurde hierbei auf die Umsetzung von Energieinformationen der Energieerzeuger sowie Energieverbraucher im Gebäude und der externen Energielieferanten als Energiebereitsteller gelegt. Ebenso wurde das Kontrollsystem im Detail als Multi-Agentensystem spezifiziert und anschließend prototypisch umgesetzt. In diesem Rahmen wurden auch die Schnittstellen zu externen sowie internen Systemen definiert sowie Agententypen und -framework analysiert und festgelegt. Ausgehend von den Anwendungsfällen wurden auch neue Kontrollstrategien entworfen und prototypisch umgesetzt, die auf Kontextprofilen basieren. Deren prototypische Umsetzung zeigt, dass mit dem Einsatz von prädiktiven Strategien in einem Wohngebäude Energie ohne Komfortverlust eingespart werden kann.
Publikationen
ThinkHome
Gesteigerte Energieeffizienz durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Haus der Zukunft
Schriftenreihe 04/2013
W. Kastner, Herausgeber: BMVIT
Deutsch, 69 Seiten
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Projektbeteiligte
Projektleiter
Univ.Prof. Dr. Wolfgang Kastner
Technische Universität Wien, Rechnergestützte Automation Arbeitsbereich Automatisierungssysteme
Kontaktadresse
Technische Universität Wien, Rechnergestützte Automation
Univ. Prof. Dr. Wolfgang Kastner
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