Steigerung des Eigenlastgrads durch Gebäudecluster und aktive Speicher (Eigenlast Cluster)
Kurzbeschreibung
Status
abgeschlossen
Kurzfassung
Ausgangssituation/Motivation
Smart Grids ist das Lösungswort für den Paradigmenwechsel, der sich momentan im Ener-gienetz vollzieht. Intelligente Stromzähler, Stufensteller am Ortsnetztransformator und Kom-munikationsausbau sind Begriffe, mit denen sich Energiewirtschaft und Forschung momen-tan sehr stark auseinandersetzen. Lösungsansätze existierten jedoch nicht nur auf der Netz-ebene. Energie wird zukünftig nicht mehr ausschließlich zentral, sondern auch dezentral er-zeugt und das nicht immer am Ort und Zeitpunkt des Geschehens. Dabei kann schon bei der Planung von dezentralen Erzeugungsanlagen oder bei der Ausweisung von Bauland darauf geachtet werden, dass eine Nutzung der erzeugen Energie an Ort und Stelle erfolgt.
Inhalte und Zielsetzungen
Das Projekt EigenlastCluster befasste sich deshalb mit der Bildung und Evaluierung von Clustern, welche den Eigenverbrauch erhöhen sollen. Der Hintergrund ist, dass Haushalts-, Gewerbe-, Industrie- und auch kommunale Objekte unterschiedliche Verbrauchsprofile ha-ben. Diese Profile können sich bei einem Zusammenschluss / gemeinsamer Bilanzierung positiv auf den Eigenverbrauch einer PV Anlage auswirken. Zusätzlich wurde die Anwen-dung von Demand Side Management (DSM) Maßnahmen auf die Cluster und der Einsatz von chemischen Speicherlösungen auf Lithiumbasis wie auch Wasserstoffspeichern unter-sucht. In Analogie zur Betrachtung des Stromverbrauchs wurde auch das lokale Heizwerk betrachtet, um seine Auslastung durch entsprechende Verbrauchertypen zu erhöhen. Die Effekte der Clusterbildung wurden anschließend ökonomisch bewertet. Beispielhaft wurde die Gemeinde Großschönau untersucht.
Methodische Vorgehensweise
Um einen Cluster aus Profilen bilden zu können, müssen zuerst die Verbrauchsprofile und die Photovoltaikerzeugung bestimmt werden. Die Verbrauchsprofile setzen sich dabei aus teilweise gemessenen Daten, als auch generischen Profilen zusammen. Die Photovoltaiker-zeugung wurde mit Hilfe eines physikalischen Models bestimmt. Definiert wurde ein Cluster als die Summe von drei verschiedenen Profilen und einer PV-Anlage. Zur Bewertung der Cluster wurde die Minimierung der in das Netz eingespeisten Energie über den Zeitraum von einem Kalenderjahr verwendet. Bei diesen Clustern wurde dann theoretisch DSM simuliert und Speicherkombinationen zur weiteren Optimierung des Eigenverbrauchs bewertet.
Bei der Potentialermittlung für den Ausbau des Nahwärmenetzes wurde folgendermaßen vorgegangen: Messwerte des Heizwerks und Wetterdaten werden verarbeitet, angereichert (z.B. um Heizgradtage HGT), verifiziert und analysiert, um die fünf kältesten Tage zu identifi-zieren. Sollte im Tagesgang des Heizwerks noch Potential ersichtlich sein, so wird dieses durch flexible Lasten (ähnlich wie beim Clustering und DSM der elektrischen Verbraucher) genutzt. So wird ein neuer Cluster gebildet, der lastflexible Gebäude enthält. Die flexiblen Gebäude unterliegen dabei der Annahme, dass es sich um Häuser mit einem sehr geringen Wärmeverlust und einer großen thermischen Trägheit handelt, die Ihren Tagesbedarf in Zei-ten decken können, in denen das Heizwerk nicht vollständig ausgelastet ist. Da der Winter mit Datenaufzeichnung zwischen 2013 und 2014 ein milder und damit nur bedingt repräsen-tativer Winter war, wurde eine Hochrechnung des Wärmebedarfes auf einen strengeren Win-ter vorgenommen. Es wurde eine Grundlast im Sommer von 85,8kW ermittelt und der verbleibende, temperaturabhängige Anteil zwischen 12°C und -17°C hochskaliert. -17°C war der bisher kälteste gemessene Tag in Großschönau, an dem das Heizwerk an seine Leistungs-grenzen kam. Eine vereinfachte Modellierung des zeitlich aufgelösten Wärmebedarfes für Passivhäuser bildet die Grundlage für die Abschätzung des zusätzlichen Verbrauchs für die ökonomische Bewertung.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Das Projekt hat gezeigt, dass Cluster aus verschieden elektrischen Nutzungsprofilen zu ei-ner PV-Anlage ökonomisch attraktiv sind, da die Wirtschaftlichkeit der Anlagen durch einen höheren Eigenverbrauch gesteigert werden kann. Der Eigenverbrauch bei kleineren PV In-stallation (< 10kW) konnte durch zwei zusätzliche Verbraucher um durchschnittlich 40% er-höht werden. Der daraus resultierende ökonomische Effekt beträgt ca. 0,10 €/kWh für Haus-halte und ca. 0,7 €/kWh für gewerbliche Cluster, wenn die errechneten monetären Vorteile auf den zusätzlich erzielten Eigenstromverbrauch bezogen werden.
Die Stromspeicherung (9,6 kWh Li-Ionen Speicher) ohne Wasserstoffspeicher ermöglicht bei Clustern mit hohen Anteilen an Haushaltslasten im Durschnitt ca. 23 % an zusätzlichem Ei-gennutzungsgrad. Darüber hinaus eingesetzte Wasserstoffspeicher verschlechtern die Wirt-schaftlichkeit des Konzepts jedoch deutlich, da die verfügbaren H2-Speicher als Saisonspei-cher ausgelegt sind und damit hohe Fixkostenanteile bei den ermittelten Kleinanwendungen verursachen. In Summe wird durch die vorgenommene Clusterbildung jedoch der ökonomi-sche Vorteil der Speicher gemindert bzw. komplett entzogen.
Demand Side Management (DSM) Maßnahmen erscheinen selbst bei Großanlagen schwer finanzierbar zu sein, da die zusätzliche Steigerung der Eigennutzung durch die betrachteten DSM Maßnahmen bei durchschnittlich 0,45 % liegt. Dieser geringe Effekt wird auch durch die implementierte Clusterbildung hervorgerufen.
Allgemein decken die erreichbaren Erlöse durch Stromspeicherung in Kombination mit DSM und Clusterbildung in keinem der betrachteten Fälle die entstehenden Kosten.
Das thermische Heizwerk hätte noch Potential an den kältesten Tagen zwischen 22:00 und 7:00 Uhr zusätzlich durch eine flexible Last ausgelastet zu werden. Das entspricht ca. 2654 kWh zusätzlich pro Tag, was ca. 47 Passivhäusern entsprechen würde. Der positive ökonomische Effekt ist eine Reduktion der Betriebskosten um 3,5 % für Bestandskunden. Die Gesamtkosten der Maßnahme dürften dabei 23000€ nicht übersteigen. Auch ist das rela-tiv hohe Alter des Heizwerks zu berücksichtigen. Das tatsächlich realisierbare Potential ist vorrausichtlich kleiner, um eine zu hohe Belastung des Heizwerks zu vermeiden und Sicher-heitsreserven zu gewährleisten.
Ausblick
Das Sondierungsprojekt wird die Grundlage für weitere Projekte und Aktivitäten in der Ge-meinde Großschönau bilden, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Die Erkenntnisse sind bereits in weitere Anträge und Publikationen eingeflossen. Weiter scheint eine Validierung der Sondierungsergebnisse mit Bestandsobjekten sinnvoll. So könnten potentielle PV Clus-ter, die Interesse an einer Umsetzung haben, mit zeitlich hoch aufgelöster Messtechnik aus-gestattet und detailliert (Leitungslängen, zusätzliche Zähler, Abrechnungssystem, etc. und unter Beachtung der Erkenntnisse von Projekt GEBEN) untersucht und als Demonstration umgesetzt werden. Solch eine Demonstration würde weitere Aspekte betrachten wie Benut-zerakzeptanz (Vorurteile, Transparenz), einer eventuellen Versicherung bei Änderung des Clusters bzw. Aspekte der Finanzierung und Koordination (e.g. Abrechnung, Verantwortlich-keit und Rollen).
Auf Gemeindeebene wäre eine Abschätzung über die Auswirkungen einer höheren PV Durchdringung und Planung einer solchen durch einen Strategieplan interessant, da sich mit zunehmender PV die Rahmenbedingungen ändern. So wäre ab einem gewissen Punkt keine zusätzliche Clusterbildung mehr möglich bzw. könnte eine Installation weiterer PV Anlagen negative Effekte auf vorhandene Cluster haben. Solch eine Planung müsste auch die geo-grafische Verteilung der Cluster berücksichtigen. Die Betrachtung von weiteren Lasten bzw. Lastgruppen (wie z.B. Häuser mit besonders großen elektrischen Verbrauchern oder ver-schiebbare Prozesse siehe Projekt GAVE) könnte die Clusterbildung verfeinern bzw. ge-samtheitliche Potentiale aufzeigen.
Die Ergebnisse und Betrachtungen des Heizwerks könnten in zukünftige Pläne zum Ausbau des Nahwärmenetzes und die Erneuerung des Heizwerks einfließen. Weiter wäre eine ge-nauere Untersuchung und reale Validierung des notwendigen Energiemanagements von Interesse, um eine Nutzung des vorhandenen Potentials zu ermöglichen. Dies könnte viel-leicht im Rahmen der Planung eines größeren Neubaus in der Nähe des Nahwärmenetzes passieren. Außerhalb der Fragestellung des Projektes und auch aus ökonomischer Sicht wäre ein Vergleich mit der Installation eines zusätzlichen thermischen Speichers interessant.
Publikationen
Machbarkeitsanalyse zur Steigerung des Eigenlastgrads durch Gebäudecluster und aktive Speicher in Großschönau
Schriftenreihe 1/2016
T. Leber, E. Xypolytou, W. Prüggler, M. Blöchle, et al., Herausgeber: BMVIT
Deutsch, 68 Seiten
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Projektbeteiligte
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