Netzwerk Bauökologie für Krankenanstalten
Kurzbeschreibung
Status
Abgeschlossen
Kurzfassung
Ausgangssituation/Motivation
In den letzten Jahren ging es bei Diskussionen zum nachhaltigen Bauen vornehmlich um das Thema Energieeffizienz. Das Thema gesundheits- und umweltverträgliche Baustoffe ist dagegen in den Hintergrund gerückt. In Zeiten steigender Energieeffizienz von Gebäuden gewinnen die Baustoffe und ihre Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt jedoch verstärkt an Bedeutung. (Fechner 2010, Fechner et al. 2007, Hofer et al. 2006, Zwiener und Mötzl 2006, Belazzi 2002, Öko Institut 2001)
Warum? Einerseits weil in den Gebäuden, die aus Energieeffizienzgründen immer luftdichter werden, die Emissionen von Innenausbaumaterialien wesentlich relevanter sind als in Gebäuden mit einem vergleichsweise hohen unkontrollierten Luftaustausch. Andererseits, weil laut Lebenszyklusanalysen von Gebäuden mit sinkenden Energieverbräuchen in der Nutzungsphase die Energieverbräuche bei der Herstellung der Baustoffe relevanter werden (vgl. Gustavsson und Joelsson, 2010, König et al. 2009 Sartori und Hestnes, 2007, Lipp et al.).
Seit Jahren wächst der Druck auf die öffentliche Hand, auch im Baubereich ihre Einkaufsmacht und Vorbildwirkung zu nutzen, um die Transformation hin zu umweltfreundlichen und innovativen Märkten zu beschleunigen (Tisch, 2012). Damit die öffentliche Hand dies umsetzen kann, sind neben politischen Rahmenbedingungen auch diverse Hilfsmittel notwendig, wie beispielsweise Informationen oder Schulungen. Ein Hilfsmittel, das für die öffentliche Hand noch relativ neu ist, ist der Austausch und das Voneinander lernen in entsprechenden Netzwerken öffentlicher Auftraggeber.
Inhalte und Zielsetzungen
Das Projekt „Netzwerk Bauökologie für Krankenanstalten“ verfolgte das übergeordnete Ziel, dass bei Bau und Renovierung von Krankenhäusern und Pflegeheimen verstärkt gesunde und umweltverträgliche Materialien eingesetzt werden. Unter gesunden und umweltverträglichen Baustoffen werden im Rahmen des Projekts grundsätzlich Materialien verstanden, die mit geringem Energieaufwand und frei von Schadstoffen erzeugt wurden, die etwa aus erneuerbaren oder recycelten Materialien bestehen und weder die Gesundheit derjenigen, die die Materialien verarbeiten, noch derjenigen, die das Gebäude nutzen, schädigen. Im Projekt lag der Fokus jedoch auf dem Aspekt der Schadstofffreiheit und der Innenraumluftqualität (vgl. z. B. Uhde, Salthammer 2007).
Um dies zu erreichen, wurde im Rahmen des Projekts ein Netzwerk aus Verantwortlichen für Planung und Bau von Krankenhäusern und Pflegeheimen aufgebaut. Das Projekt verfolgte drei Ziele:
- Den Stand der am Projekt beteiligten Verantwortlichen für Planung und Bau von Krankenhäusern und Pflegeheimen bei der Berücksichtigung von Materialökologie und Energieeffizienz (inkl. erneuerbare Energieträger und Plusenergiegebäude) zu erheben und zu analysieren, welche Faktoren die Berücksichtigung von Materialökologie in der Organisation beeinflussen.
- In Zusammenarbeit mit den am Netzwerk beteiligten Praxispartnern zu ermitteln, welche Instrumente zur Implementierung der Materialökologie in den Organisationen noch notwendig sind und diese Instrumente im Rahmen des Projekts (weiter) zu entwickeln.
- Die Praxispartner die Grundsätze der Materialökologie in eigenen Pilotprojekten umsetzen zu lassen und sie dabei zu begleiten.
- Ankopplung des Netzwerks „Ökobaunetz Krankenanstalten“ an längerfristige Initiativen, etwa den europäischen Teil des internationalen Netzwerks „Health Care Without Harm“ (www.noharm.org).
- Verbreitung der Projektergebnisse über eine Abschlussveranstaltung, über Artikel in Fachzeitschriften, Pressetexte und Präsentationen auf externen Veranstaltungen.
An dem Projekt und dem sich bildenden Netzwerk „Ökobaunetz Krankenanstalten“ beteiligten sich führende Krankenhausbetreiber aus Österreich, Deutschland und der Schweiz: Die Betreiber der Landeskrankenhäuser aus der Steiermark (KAGes), OÖ (gespag) und der NÖ-Landeshochbau (u. a. verantwortlich für Senioren- und Pflegeheime), die Kreuzschwestern Wels (OÖ), die Unikliniken Freiburg (Deutschland), Bern und Basel (Schweiz), das „ÖkoKauf Wien“-Programm der Stadt Wien sowie das internationale Krankenhausnetzwerk „Health Care Without Harm“.
Methodische Vorgehensweise
Im Rahmen des Projekts wurden folgende Methoden angewendet:
- Qualitative Interviews mit den Praxispartnern, um den Stand bei der Berücksichtigung von Materialökologie und Energieeffizienz zu erheben sowie die Faktoren zu analysieren, die die Implementierung von Materialökologie in den Organisationen beeinflussen.
- Literatur- und Internetrecherche zur Erhebung der bestehenden Hilfsmittel zur Umsetzung der Materialökologie.
- Netzwerktreffen bei den Praxispartnern zum Aufbau des Netzwerks. Sie bestanden aus einem gemeinsamen Abendessen, einem ganztägigen Workshop und einer im Workshop integrierten Exkursion.
- Pilotprojekte, in denen von den Praxispartnern in Begleitung der Projektpartner die Grundsätze der Materialökologie angewendet wurden.
- Präsentationen auf extern organisierten Veranstaltungen sowie auf der vom Projekt organisierten Abschlussveranstaltung. Veröffentlichung von Artikeln und Pressetexten.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Das Projekt hat im Wesentlichen die fünf folgenden Ergebnisse hervorgebracht:
- Informationen zum Umfang, mit dem die Praxispartner Materialökologie und Energieeffizienz berücksichtigen. Das Ergebnis lautet, dass ein Großteil der Praxispartner im Bereich der Energieeffizienz deutlich mehr Aktivitäten gesetzt hat als bei der Materialökologie. Diese wird bislang in der Regel nicht systematisch umgesetzt.
- Identifizierung von 16 Erfolgsfaktoren für Materialökologie. Ein Teil dieser Erfolgsfaktoren kann durch die Teilnahme im Netzwerk positiv beeinflusst werden.
- (Weiter-)Entwicklung von Hilfsmitteln zur Umsetzung von Materialökologie in Form von Infoblättern. Die Infoblätter können generell die für Planung und Bau Verantwortlichen dabei unterstützen, Materialökologie systematisch umzusetzen.
- Umsetzung der Materialökologie in Pilotprojekten der Praxispartner. Ein Teil der Pilotprojekte wäre auch als "Haus der Zukunft"-Demonstrationsprojekt geeignet.
- Aufbau des Netzwerks „Ökobaunetz Krankenanstalten“. Der Netzwerkaufbau verlief überaus positiv.
Ausblick
Wir empfehlen die stärkere Berücksichtigung von Materialökologie unter Einbeziehung der bei diesem Projekt angewendeten Kriterien bei allen Leitprojekten von „Haus der Zukunft Plus“ wie auch bei anderen zukünftigen Förderprogrammen sowie Ausschreibungen des Bundes im Baubereich.
Wir empfehlen auch, dass das im Rahmen des gegenständlichen Projektes aufgebaute Netzwerk für einen Zeitraum von drei Jahren weiter finanziell gefördert wird, um es zu stärken und auszubauen. Vorgeschlagen ist ein Vernetzungstreffen pro Kalenderjahr (mit Fortbildungs- und Erfahrungsaustausch-Charakter) als zentraler Ankerpunkt sowie ein minimales Budget für die weitere Koordination.
Publikationen
Netzwerk Bauökologie für Krankenanstalten
Schriftenreihe 45/2012
T. Belazzi et al., Herausgeber: BMVIT
Deutsch, 114 Seiten
Downloads zur Publikation
Projektbeteiligte
Projektleiter
Dr. Thomas Belazzi
bauXund forschung und beratung gmbh
Projektmitarbeiter
Ing.in Hildegard Lerner
Projekt- und KooperationspartnerInnen
- IBO - Österreichisches Institut für Baubiologie und Bauökologie GmbH
- IFZ - Interuniversitäres Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur (IFZ)
- GESPAG - Gesundheits- und Spitals AG (OÖ Landeskrankenhäuser)
- KAGes - Steirermärkische Krankenanstaltengesellschaft mbH
- Kreuzschwestern
- OMS - Objekt Management Service GmbH
- Land Niederösterreich
- Stadt Wien, ÖkoKauf Wien Programm
- Universitätsklinikum Bern
- Universitätsklinikum Freiburg
Kontaktadresse
bauXund forschung und beratung gmbh
Dr. Thomas Belazzi
Ungargasse 64-66/ Stg.4 / 2.Stock
A 1030 Wien
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