Multifunktionaler Stadtnukleus

Nachhaltige gemischte Nutzung von innerstädtischen Gewerbe- und Industrieflächen unter besonderer Berücksichtigung energetischer Aspekte.

Kurzbeschreibung

Status

abgeschlossen

Kurzfassung

Effizienter Umgang mit Grundflächenressourcen ist ein wesentlicher Bestandteil nachhaltigen Wirtschaftens im Bereich der Bauindustrie. Durch Nutzungsmischung (Gewerbe-, Büro- und Wohnbereichen) kann der Entmischung und der damit einhergehenden Verödung und Mindernutzung entgegengewirkt werden. Es ergibt sich eine Wiederannäherung der städtischen Funktionen Arbeiten, Wohnen und Freizeit, die Jahrhunderte lang untrennbare Bestandteile der Stadtqualität waren.

Durch Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze in einem urbanen Lebensraum wird die Lebensqualität in einem Stadtquartier erhöht. Dadurch steigt die Attraktivität der Immobilie und damit auch der wirtschaftliche Nutzen. Die Zielsetzungen aus ökologischen, ökonomischen und sozialen Anforderungen können so vereint werden.

Für die energetische Untersuchung werden als Eingangsgrößen energetische Lastprofile benötigt, die den Bedarf der unterschiedlichen Nutzungstypen hinsichtlich der Bereitstellung von Energie für Prozesswärme, Niedertemperaturwärme, Kühlbedarf und elektrische Energie abhängig von der Zeit angeben. Diese Daten sollen für die unterschiedlichen Nutzungen aufbereitet werden und eventuelle Synergiepotenziale festgestellt werden.

Darüber hinaus kann durch eine entsprechende Ausbildung der Gebäudehülle der Wärme- und Kühlbedarf sowie der elektrische Energiebedarf (Beleuchtung) reduziert werden. Bei der Deckung des energetischen Restbedarfs wird auf eine möglichst effektive Nutzung der Umweltenergie zurückgegriffen. Ziel ist eine Reduzierung des Primärenergiebedarfs und des Schadstoffausstoßes.

Für ein erfolgreiches Modellvorhaben wurden im Rahmen dieser Studie die folgenden Konzeptentwicklungs- und Planungsaspekte festgelegt:

  • Der Standort eines Nutzungsmischungsprojektes sollte sich innerhalb eines dicht bebauten und multifunktional gewachsenen Stadtteils befinden.
  • Die Funktionen sollten aus den Nutzungsbereichen: Gewerbe (bevorzugt produzierendes Gewerbe), Büros / Arbeitsräumen und Wohnen bestehen.

Das Nebeneinander von Produktion und Wohnen wird sehr häufig als störend und erfolgshemmend eingestuft. Durch eine gute architektonische Lösung und passende Auswahl der produzierenden Gewerbebetriebe kann die Wohnfunktion ohne weiteres als Hauptfunktion mit den anderen Funktionen kombiniert werden.

Als Richtlinie für die Entwicklung von Nutzmischungsprojekten kann gesagt werden:

  • Die Mischung sollte kleinteilig (feinkörnig) sein, entsprechend der Nutzungsmischung in gewachsenen Stadtteilen.
  • Eine regionale und lokale Marktforschung kommt grundsätzlich vor jeder Entscheidung betreffend Standortauswahl, Verteilung der Funktionsbereiche und sonstiger Planungsentscheidungen.

Die raschen Veränderungen am Immobiliensektor und die technische Entwicklung verursachen laufend Änderungen in den Raumanforderungen. Um mit diesem beweglichen Ziel zu recht zu kommen, sollten die unterschiedlichen Funktionsräume nachhaltig geplant werden. Die aktuelle Tendenz (in allen Funktionsbereichen) ist es, möglichst funktionsneutrale Räume zu planen. Dafür sollten:

  • die Raumteilbarkeit und -addierbarkeit und
  • Grundrisse und Raumhöhen, die auf unterschiedliche Nutzungen zugeschnitten sind

eingeplant werden; kurz ausgedrückt: "flexible Planung" ist unumgänglich. Zusätzliche Erfolgsfaktoren sind die Steuerung, Betreuung und Unterstützung durch die kommunalen Einrichtungen sowie die Öffentlichkeitsarbeit.

Aus energetischer Sicht ist für die Nutzungsmischung insbesondere die Nutzung der Abwärme von Interesse. Gewerbe, die im Betrieb Abwärme produzieren, können zu wirtschaftlich sehr günstigen Kosten (Amortisationszeiträume 1 bis 2 Jahre) diese Abwärme für Nachnutzung zur Verfügung stellen. Zu beachten ist allerdings, dass ein ausreichender Deckungsgrad erzielt wird. Dieser hängt einerseits vom Nutzungsmix und der absoluten Höhe und dem zeitlichen Anfall der Abwärme ab.

Die Nutzung von Sonnenenergie sowohl für die Warmwasserbereitstellung als auch für die Bereitstellung von solarer Kälte ist für Mischbauten aus energetischer Sicht sehr interessant. Primärenergetisch wäre die Lösung für solare Kälte sehr von Vorteil, allerdings liegen die Investitionskosten im Vergleich zu den aktuellen Energiepreisen zu hoch. Es bleibt die "klassische" Wärmebereitstellung für die Warmwasserbereitung der Wohnungen und der Betriebe mit relevantem Warmwasserbedarf.

Die Erzeugung von Wärme und elektrischer Energie mittels Kraftwärmekopplung (KWK) in den Fällen primärenergetisch interessant, in denen neben einem möglichst kontinuierlichen Strombedarf auch Gewerbebetriebe benötigt werden, die einen relevanten Warmwasserbedarf haben. Die Wirtschaftlichkeit ist allerdings auch bei günstigen Voraussetzungen nicht gegeben, da die Energiepreisstruktur nicht den primärenergetischen Wert der Energieträger Strom und Wärme wiedergeben.

Die Erzeugung von photovoltaischen Strom ist für Mischbauten günstig, da durch den Bürobetrieb vergleichsweise hohe Stromlasten am Tag anfallen, durch die Wohnnutzung auch am Wochenende ein Bedarf besteht. Die Amortisationszeiten sind durch teilweise beachtliche Förderungen der öffentlichen Hand bereits deutlich gesunken und machen die Stromerzeugung mittels Photovoltaik je nach Bundesland bereits teilweise konkurrenzfähig.

Bibliografische Daten

Multifunktionaler Stadtnukleus
Planung eines multifunktionalen Gebäudekomplexes unter Berücksichtigung energetischer Planungsfaktoren

Endbericht

Auftragnehmer:
Architekturbüro Arch. DI Gerhard Herzog

Autoren:
Arch. DI Betül Bretschneider
DDI Dr. Marcus Herzog
DI Thomas Zelger

Berichte aus Energie- und Umweltforschung 34/2002
Wien, September 2002
175 Seiten

Publikationen

Multifunktionaler Stadtnukleus - Planung eines multifunktionalen Gebäudekomplexes unter Berücksichtigung energetischer Planungsfaktoren

Schriftenreihe 34/2002 B. Bretschneider, M. Herzog, T. Zelger
Deutsch, 175 Seiten, vergriffen

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Projektbeteiligte

Projektleiter:
DDI Marcus Herzog
Architekturbüro Architekt DI Gerhard Herzog

Partner:
DI Betül Bretschneider, TU-Wien
Univ. Ass. am Institut für Hochbau und Industriebau, Bereich Industriebau

DI Thomas Zelger, IBO Wien
Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie GmbH

Kontakt

DDI Marcus Herzog
Architekturbüro Architekt DI Gerhard Herzog
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A 1170 Wien
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Fax: +43 1 4853980-44
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