MPC boxes - Model Predictive Control von aktiven Bauteilen und Messungen in zwei Test-Boxen

Es wurde eine robuste, standardisierbare, prädiktive Regelung mit Wettervorher­sagedaten für thermische Bauteilaktivierung entworfen, untersucht und ökonomisch bewertet sowie mit herkömmlichen Regelungen, ins­besondere für Kühlzwecke, verglichen. Simulationen und Messungen an zwei für diesen Zweck geplanten und aufgebauten Test-Boxen dienten zur Analyse von Energieeffizienz und Komfort.

Kurzbeschreibung

Ausgangssituation/Motivation

Aktive Bauteile in Gebäuden können als Kurzzeitspeicher für Kälte und Wärme dienen. Der steigende Kühlbedarf zur Raumkonditionierung führt zu erhöhten Betriebszeiten von Kältemaschinen tagsüber bei hohen Außentemperaturen. Diese Bedingungen sind in der Regel nachteilig bezüglich Effizienz der eingesetzten Kältemaschinen, führen zu Lastspitzen eines (elektr.) Versorgungsnetzes und verursachen hohe ökonomische Kosten. Bestehende thermische Wärmenetze für Heizzwecke sind oftmals an ihrer Leistungsgrenze, was eine weitere räumliche Ausdehnung verhindert. Eine Reduktion der Kühl- und Heizlastspitzen in Gebäuden durch zeitlich ausgedehnte moderate Kälte- oder Wärmeeinbringung erfordert eine Wetterprognose-abhängige Regelung mit prädiktivem Charakter. Bestehende Ansätze aus der Forschung weisen eine Komplexität auf, die ein wesentliches Hindernis für die breite Anwendung darstellt. Zahlen zur Energieeinsparung durch wetterprognosegesteuerte Gebäudeautomation werden in großer Bandbreite kolportiert, zumeist auf Basis von Simulationsstudien oder unter Nutzung von eher ungenauen Wetterprognosedaten. Aktuell fehlt es an einer einfachen, standardisierbaren Methode für die prädiktive Gebäudekonditionierung mittels Bauteilaktivierung, sowie einer experimentellen Einrichtung, zur Untersuchung unterschiedlicher Regelungen zu diesem Zweck.

Inhalte und Zielsetzungen

Ziel ist der Bau zweier sogenannter Test-Boxen im Freien und die erfolgreiche Regelung eines aktiven Bauteils in einer Test-Box unter folgenden Randbedingungen: effiziente Energienutzung, Komfortmaximierung und Robustheit. Dazu wird ein prädiktiver Regler entworfen und erstellt, der eingangsseitig mit Wetterprognosedaten versorgt wird und ein möglichst einfaches Modell über die Regelstrecke besitzt. Für den Entwurf des einfachen Modells sowie zur Lokalisierung von optimalen Messstellen – für die Initialisierung des einfachen Modells, bei Betrieb mit prädiktivem Regler – wird ein zu erstellendes komplexes Modell herangezogen. Die zweite Test-Box mit Standardregelung dient als Referenzfall. Zwecks Monitoring von Ist-Werten, werden die Test-Boxen und jeweils das aktive Bauteil mit vielen Sensoren ausgestattet. Für eine genaue Vor-Ort-Wetterprognose wird eine Wetterstation aufgestellt, dich auch dazu dient um unterschiedliche Verfahren für standortoptimierte Wettervorhersagen zu untersuchen.

Methodische Vorgehensweise

Das Forschungsprojekt ist in vier inhaltliche Arbeitspakete eingeteilt:

1. Stand der Technik, Problemanalyse, Lösungskonzepte

In dieser Phase des Projektes wird Literatur im Rahmen einer ausführlichen Recherche gesichtet. Weiters werden Ergebnisse und Erkenntnisse aus relevanten Vorprojekten zusammengetragen. Im Rahmen eines Workshops, zu dem EntwicklerInnen und AnwenderInnen im Bereich thermische Gebäudekonditionierung eingeladen werden erfolgt eine Sondierung zum Forschungsbedarf und Erfahrungsaustausch betreffend das Forschungsthema. Weiters wird die Meinung von Experten zu verschiedenen Themen eingeholt, um die Phase der Planung der Test-Box zu beschleunigen. Bezüglich Wettervorhersage erfolgt die Erstellung einer Übersicht über die Arbeitsweise der verschiedenen Methoden zur Standortoptimierung von Wetterprognosedaten.

2. Test-Boxaufbau, Systemidentifikation, Wettervorhersage

Im Rahmen dieses Arbeitspaketes sind mechanische, elektrische und hydraulische Montagearbeiten für den Bau der Test-Boxen und die Aufstellung der Wetterstation erforderlich. Diese Arbeiten erfordern jeweils auch eine entsprechende Inbetriebnahme für die Gewerke. Zusätzlich ist für die geplanten Messungen die Installation von IT-Hardware (Datenbank, Einrichtung div. Schnittstellen) und die statistische Datenauswertung notwendig.

Die Systemidentifikation erfordert neben Messdaten ein entsprechendes Modell der Test-Box in TRNSYS und MATLAB. Reale Messdaten werden schließlich auch zur Validierung der physikalischen Modelle genutzt.

3. Messung, Simulation, Reglerentwurf und -untersuchung

Die Methoden in diesem Arbeitspaket gleichen jenen aus dem vorherigen Arbeitspaket. Ergänzend notwendig ist die Gegenüberstellung der Messergebnisse aus den beiden Test-Boxen für verschiedene Regler und zusätzliche Modellierung und Simulation für Regler-Design und Optimierung. Die statistische Datenauswertung nimmt eine zentrale Rolle ein. In Vorbereitung auf das letzte Arbeitspaket stehen ähnliche Methoden wie im ersten Arbeitspaket am Plan.

4. Integrale Tests und Methodenbewertung

Die Methoden gleichen jenen aus dem vorherigen Arbeitspaket und beziehen sich auf die Interpretation und Bewertung der Ergebnisse. Um Aussagen über das zu erwartende Verhalten und Implikationen für ähnliche Anwendungen zu erhalten sind theoretische Interpretationen zu den Ergebnissen notwendig. Im Rahmen dieses Arbeitspaketes werden ansatzweise auch die ökonomischen Kostenimplikationen diskutiert.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen

Ein wesentliches Ergebnis ist ein standardisierbarer prädiktiver Regler für energieeffizientes Heizen und Kühlen mittels Bauteilaktivierung ohne Komforteinbußen, insbesondere durch Unterkühlung. Als Ziel gilt es eine Reduktion – der für Kühlung erforderlichen Sekundärenergie – um mindestens 10% für die prädiktiv geregelte Test-Box zu erreichen. Angestrebt werden auch Erkenntnisse zur Parametrisierung des Reglers in Abhängigkeit von bauphysikalischen Parametern des aktiven Bauteils. Das soll eine gewisse Transferierbarkeit der Erkenntnisse für ähnliche und komplexere Anwendungsfälle erleichtern. Im Hinblick auf Komplexitätsreduktion steht die Identifikation notwendiger Messstellen für die Modellassimilation im Vordergrund, damit die für die Regelung eingesetzten Modelle einfach bleiben.

Ausblick

Das Ende dieses Projekts legt den Anfang eines neuen Projektes sehr nahe. Das gilt insbesondere deshalb, weil die gewonnenen Erkenntnisse 1. motivierend in Hinblick auf das Energieeinsparungspotential sind, und 2. die Erkenntnisse zum Thema MPC im Gebäude (Dynamikmodell, Gütefunktion) im Rahmen der einfachen realen Testumgebung Vertrauen und Zuversicht für ein größeres, komplexeres „Unternehmen" mit hohem Erfolgspotential geben. Die zu behandelnden Inhalte wären vor allem die Notwendigkeit der Verkopplung des entworfenen und untersuchten Zonenmodells im Rahmen eines komplexeren Reglermodells für ein Gebäude und Besonderheiten der Modell-Parameter-Identifikation in diesem Fall.

Für die praktische Umsetzung im kommerziellen Stil muss noch geklärt werden ob Tools und Algorithmen wie sie im Rahmen des Projektes zum Einsatz kamen (MATLAB, MPC-Toolbox, YALMIP, Gurobi-Solver) in dieser Art zumindest teilweise weiter verwendet werden können, oder ob eine teilweise oder gänzliche Eigenentwicklung der notwendigen Algorithmen zu bevorzugen ist.

Publikationen

Model Predictive Control von aktiven Bauteilen und Messungen in zwei Test-BOXen (MPC-BOXES)

Es wurde eine robuste, standardisierbare, prädiktive Regelung mit Wettervorher­sagedaten für thermische Bauteilaktivierung entworfen, untersucht und ökonomisch bewertet sowie mit herkömmlichen Regelungen, ins­besondere für Kühlzwecke, verglichen. Simulationen und Messungen an zwei für diesen Zweck geplanten und aufgebauten Test-Boxen dienten zur Analyse von Energieeffizienz und Komfort. Schriftenreihe 45/2017
M. Pichler, G. Görtler, H. Schranzhofer, H. Rieder, M. Herzlieb, N. Maierhofer, F. Wölfelmaier, M. Schneidhofer
Herausgeber: BMVIT
Deutsch, 160 Seiten

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Projektbeteiligte

Projektleitung

Technische Universität Graz, Institut für Wärmetechnik
Dipl.-Ing. Dr.mont. Hermann Schranzhofer, Mag.rer.nat. M.Sc. Ing. Martin Pichler

Projekt- bzw. KooperationspartnerInnen

Kontaktadresse

Technische Universität Graz, Institut für Wärmetechnik
Dipl.-Ing. Dr.mont. Hermann Schranzhofer
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