Holzbauweisen für den verdichteten Wohnbau
Inhaltsbeschreibung
Status
abgeschlossen
Kurzfassung
Aufgabenstellung
Die im April 2001 in Kraft getretene Novelle der Wiener Bauordnung lässt zum ersten Mal in Österreich 5-geschoßige Holzmischbauten zu. (Vier Holzgeschoße auf einem mineralischen Sockelgeschoß mit hohen Brandschutzanforderungen an Tragkonstruktion und Brandabschnitte). Dies eröffnet dem Holzbau Gebäudekategorien des verdichteten Wohnbaus, für die es bisher in Österreich und im deutschsprachigen Raum kaum Beispiele gibt. Neue Kenntnisse und Erfahrungen bei der Planung und Errichtung mehrgeschoßiger Holzbauten sind erforderlich. Im Mietwohnbau können sich derartige Bauweisen allerdings nur dann durchsetzen, wenn das Preis-Leistungsverhältnis dem der marktführenden Ziegel-Stahlbetonbauweise entspricht.
In diesem Sinne wurden in einem einjährigen Forschungsprogramm bautechnische Varianten für tragende Wand- und Deckenkonstruktionen untersucht und kostenmäßig verglichen. Die Finanzierung erfolgte durch das Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie im Rahmen der wirtschaftsbezogenen Grundlagenstudien des Förderprogramms "Haus der Zukunft" und durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit.
Der Ausgangspunkt für die Untersuchungen und Entwicklungen von Konstruktionsvarianten war ein 5-geschoßiges Wohnbauprojekt mit 150 Wohneinheiten, das die Sozialbau, die größte österreichische gemeinnützige Bauvereinigung, in Wien realisieren will.
Untersuchungsschwerpunkt waren die tragenden Wohnungstrennwände und die Decken als Kernprobleme (z.B. hohe statische Lasten, hohe dynamische Lasten beispielsweise durch Erdbeben, strenge Anforderungen puncto Schall- und Brandschutz und oft hohe Feuchtebelastung aufgrund der Nutzung) des mehrgeschoßigen Holzwohnbaus und als wichtiger Kostenfaktor.
Ablauf und Arbeitsergebnisse
Beteiligt waren Forschungseinrichtungen, Planer, Behörden und des weiteren Holzbauunternehmen. Die Konsulenten wurden in den verschiedenen Arbeitsphasen in gruppen- und individuellen Projektbesprechungen zur Reflexion eingebunden.
In einem ersten Arbeitsabschnitt wurde das konstruktive Repertoire des mehrgeschoßigen Holzbaus anhand von Beispielen analysiert und bezogen auf die spezifischen Anforderungen bewertet. Dabei wurde die Ausbildung des Knotens Wand-Decke als besonders kritisch eingestuft (Setzungen, Kräftefluss). Bei den weiteren Konstruktionsentwicklungen wurden Lösungen ohne "eingeklemmte" Decken bevorzugt.
Parallel wurden in einem zweiten Arbeitsabschnitt Grundlagenuntersuchungen zum Schallschutz und zum Feuchteverhalten durchgeführt. Dabei wurden detaillierte Messungen der Schallausbreitung an bestehenden Wohnbauten und im Rahmen des Forschungsprojekts errichteten Prototypen durchgeführt, insbesondere wurde die Übertragung über Flankenwege erfasst, es konnte erstmals eine Datenbasis für Schallschutzberechnungen bei Konstruktionen dieses Typs gemäß Euronorm 12354 geschaffen werden.
Bei der Analyse der feuchtetechnischen Performance der verschiedenen Außenwand-Decken-Anschlüsse konnte gezeigt werden, dass eine unkritische Übertragung von Konstruktionen für Einfamilienhäuser in den mehrgeschoßigen Wohnbau zu problematischen Zuständen in den Holzbauteilen führen kann. Mit Hilfe der Simulation des Wärme- und Feuchtefeldes innerhalb des Decken-Wand-Anschlusses konnten Varianten gefunden werden, die, trotz hoher Innenraumluftfeuchten, eine ausgeglichene Feuchtebilanz innerhalb der zulässigen Holzfeuchten besitzen.
Im Zuge des Forschungsprojekts wurden die generellen Anforderungen der Wiener Bauordnung und deren spezielle Anwendung auf hölzerne Tragkonstruktionen diskutiert und dokumentiert.
Im Bereich Baukosten wurde ein Instrumentarium entwickelt, mit dem Holzbauten und Massivbauten direkt und nachvollziehbar verglichen werden können.
Im dritten Arbeitsabschnitt wurden verschiedene Konstruktionsvarianten des Rahmenbaus und des Holzmassivbaus entwickelt und verglichen. Dabei wurde speziell im Bereich des Massivholzbaus alternativ zu den bestehenden verleimten Plattenprodukten eine Bauweise entwickelt, die unter Verwendung marktgängiger Holzrohstoffe von Zimmereien mit einfachsten Abbundmaschinen ohne spezielle Verleimtechnik hergestellt werden können.
Die erarbeiteten Varianten, zwei firmenspezifische Lösungen und mehrere Betonmassivbaulösungen, wurden kostenmäßig bewertet und nach einheitlichen Kriterien verglichen.
Im vierten Arbeitsabschnitt wurde ein zweigeschoßiger Prototyp errichtet und bezüglich Schallschutz und statisch-dynamischem Tragverhalten durchgemessen. Als Bauweise wurde die entwickelte Variante des handwerklichen Massivholzbaus ausgewählt. Die Messungen haben gezeigt, dass die Konstruktion die Schallschutzanforderung und die statisch-dynamischen Anforderungen erfüllt. Die Konstruktion zeigt ein ausgeprägtes plastisches Verhalten.
Erkenntnisse
- Unter gleichen bauphysikalischen Anforderungen können sowohl die optimierten Rahmenbaulösungen als auch die entwickelten Massivholzwände mit den marktgängigen Betonmassivbauweisen kostenmäßig konkurrenzieren.
- Die handwerklichen Massivholzlösungen können trotz des höheren Holzverbrauchs kostenmäßig mit den Rahmenbaulösungen mithalten.
- Einschalige Wandaufbauten bringen im Holzbau entscheidende Kostenvorteile gegenüber den zweischaligen Aufbauten. Pauschal gilt im Holzbau, dass durch die Verwendung großer Elemente Kosten gespart werden können.
- Bei entsprechenden Randbedingungen können vorgefertigte gebäudehohe Wandelemente geschoßhohen Elementen kostenmäßig zumindest gleichwertig sein. Einzeln verlegte vorbearbeitete Deckenbalken sind mit vorgefertigten Deckentafeln kostenmäßig vergleichbar.
- Teilbiegesteife Verbindungen zwischen durchlaufenden Wandelementen und Decken können im Holzbau Aussteifungsfunktionen übernehmen und dadurch das Verhalten im kritischen Lastfall Erbeben wesentlich verbessern.
- Bei Einsatz von mineralischen Vorsatzschalen können auch bei einschaligen durchlaufenden Wandelementen in Holzbauweise die Schallschutzanforderungen gemäß ÖNORM B 8110 erfüllt werden. Eine wesentliche Erhöhung der Wirkung von Vorsatzschalen kann, gegenüber der herkömmlichen Montageweise, durch Kopplung geeigneter Dämmschichten mit den biegeweichen Vorsatzschalen erzielt werden.
Downloads
Bibliographische Daten
Holzbauweisen für den verdichteten Wohnbau
Grundlagenstudie, Endbericht
Auftragnehmer:
Schöberl & Pöll OEG
Autoren:
O.Univ. Prof. DDI Wolfgang Winter (Institut für Tragwerkslehre und Ingenieurholzbau, TU Wien)
O.Univ. Prof. Di DDr. Jürgen Dreyer (Institut für Baustofflehre, Bauphysik und Brandschutz, TU Wien)
DI Helmut Schöberl (Schöberl & Pöll OEG)
In Zusammenarbeit mit:
Ingenieurbüro für Bauphysik und Konstruktion: DI Heinz J. Ferk,
MA 35B Brandschutz: SR DI Ferdinand Schmid,
Holzforschung Austria: Univ Lektor DI HTL Klaus Peter Schober,
RW Tragwerksplanung: Univ. Lektor DI Dr. Richard Woschitz,
MA 24 Städtischer Wohnbau: Fwkm. Arnold Edelhofer
Berichte aus Energie- und Umweltforschung 34/2001
Wien, September 2001
85 Seiten
Projektbeteiligte
Einreicher:
Konstruktion, Tragverhalten:
Institut für Tragwerkslehre und Ingenieurholzbau, Technische Universität Wien
O.Univ.Prof. DDI Wolfgang Winter
Andreas Kirchsteiger
Univ. Ass. DI Kamyar Tavoussi-Tafreshi
Univ. Ass. DI Marjan Maftoon-Kebriai
Bauphysik:
Institut für Baustofflehre, Bauphysik und Brandschutz, Technische Universität Wien
O.Univ.Prof. DI DDr. Jürgen Dreyer
Univ. Ass. DI Dr. Thomas Bednar
Univ. Ass. DI Michael Vodicka
Kostenanalyse, Projektkoordination:
Schöberl & Pöll OEG
DI Helmut Schöberl
Bmst. DI Heinrich Lester
Mag. Jörg Habenicht
Konsulenten:
Bauphysik: DI Heinz J. Ferk
Brandschutz: SR i.R. DI Ferdinand Schmid (ehemals MA 35B)
Qualitätssicherung: Univ.Lektor DI HTL Klaus Peter Schober, Holzforschung Austria
Statik: Univ.Lektor DI Dr. Richard Woschitz, RW Tragwerksplanung
Zimmerei: Fwkm. Arnold Edelhofer, MA 24 Städtischer Wohnbau
Beteiligte Unternehmen:
Sozialbau AG
Dir. Bmst. Ing. Wilhelm Zechner
Projektbau, Projektierungs- und Baugesellschaft m. b. H.
Bmst. Ing. Mag. Franz Sperker
Firma Mach Holzbau GmbH & Co KG
Kontakt
Institut für Tragwerkslehre und Ingenieurholzbau, Technische Universität Wien (Prof. Winter)
Karlsplatz 13/254
A 1040 Wien,
Tel.: +43 1 588 01-25401
Fax.: +43 1 58801-25499
E-Mail: sekretariat@iti.tuwien.ac.at
Institut für Baustofflehre, Bauphysik und Brandschutz, Technische Universität Wien
Abteilung Bauphysik
(Prof. Dreyer)
Karlsplatz 13/206
A
1040 Wien,
Tel.: +43 1 588 01-20602
Fax: +43 1 588 01-20698
E-Mail: thomas.bednar@tuwien.ac.at
Schöberl & Pöll OEG
Ybbsstraße 6/30
A
1020 Wien
Fax: +43 1 726 45 66
Fax: +43 1 726 45 66-18
E-Mail: office@schoeberlpoell.at