Grundlagenforschung zu Glasschaumgranulatschüttungen als lastabtragender und wärmedämmender Baustoff
Kurzbeschreibung
Ausgangssituation/Motivation
Bislang existieren in der Praxis für den Planer nur unzureichende Grundlagen, um das Tragverhalten von Glasschaumgranulatschichten hinsichtlich Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit beurteilen zu können. Das Fehlen von Messmethoden zur richtigen Beurteilung der effektiven Wärmeleitfähigkeit führt weiters dazu, dass das Material im Vergleich zu anderen Dämmstoffen schlechter bewertet wird. Daraus resultiert, dass das Material in der Praxis bis dato nur bei wenigen, kleinen Bauvorhaben und unter Berücksichtigung von großen Sicherheiten eingesetzt wird. Ohne wissenschaftlich fundierte Aussagen über das Tragverhalten bzw. der Wärmeleitfähigkeit ist der Einsatz von Glasschaumgranulat im Standardmarkt nicht möglich.
Inhalte und Zielsetzungen
Ziel des Forschungsvorhabens war es, die Eigenschaften von Glasschaumgranulat als lastabtragende (mechanische Eigenschaften) und zugleich wärmedämmende Schicht (bauphysikalische Eigenschaften) unter lastabtragenden Bauteilen wissenschaftlich zu untersuchen.
Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse können die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden, um das Produkt Glasschaumgranulat als lastabtragende und zugleich wärmedämmende Gründungslösung vom Nischenmarkt in den Standardmarkt überzuführen, womit ein wichtiger Beitrag hinsichtlich der vom Förderprogramm "Haus der Zukunft plus" geforderten Ziele (Sicherheit der Energieversorgung, Reduktion der treibhausrelevanten Emissionen im Gebäudesektor etc.) geleistet werden kann.
Methodische Vorgehensweise
Zur Ermittlung der mechanischen Eigenschaften wurden an der Technische Universität Wien, Institut für Geotechnik, Laboruntersuchungen am Einzelkorn sowie am Korngemisch durchgeführt. Ergänzend wurde an der Universität Innsbruck das Last-Verformungsverhalten von verdichteten Glasschaumgranulatschichten anhand von großmaßstäblichen Versuchenuntersucht. Weiters wurden im Rahmen von diversen Bauvorhaben von der Firma TechnoporHandels GmbH Untersuchungen der fertig eingebauten Glasschaumgranulatschichten mitdynamischen Lastplattenversuchen durchgeführt.
Eine innovative Ein-Platten-Messapparatur ermöglichte die Untersuchung des Einflusses des Verdichtungsgrads, der Temperatur und des Wassersgehalts auf die Wärmeleitfähigkeit der Schüttung. Die Probe konnte in der Apparatur verdichtet und unter Vakuum untersucht werden. Die Wärmestromrichtung war von oben nach untern gerichtet, um den realen Einbaubedingungen zu entsprechen. Damit wurde Konvektion in der Schüttungausgeschlossen. Die Messung der Wärmeleitfähigkeit in der Ein-Platten-Apparatur erfolgte im trockenen Zustand für drei verschiedene Schüttdichten, welche durch Komprimierung unter Verwendung der Hydropulsmaschine erreicht wurden.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Die Klassifizierung verschiedener GSG-Produkte erfolgte bis dato auf Basis der Schüttdichte, welche jedoch nur eine geringe Aussagekraft hinsichtlich des Last-Verformungsverhalten von GSG-Schichten aufweist. Vielmehr sollten die Materialien auf Basis der zugehörigeneinaxialen Druckfestigkeit σc,k benannt werden.
Für die Steifigkeit von GSG-Schichten ist der Grad der Verdichtung von maßgebender Bedeutung. Unabhängig vom Material, von der Schichtstärke oder von der Art des Einbaues (1- oder 2-lagig) resultiert aus einer stärkeren Verdichtung ein steiferes Verhalten der GSG-Schicht. In der Praxis sollte somit auf eine einwandfreie Verdichtung der GSG-Schicht besonders Wert gelegt werden.
Die im Zuge des Forschungsvorhaben ermittelten Steifemoduln (Erstbelastung) liegen in Abhängigkeit von der Spannung und des Materials in einem Bereich von ES1 = 1,0 ÷ 6,0 MN/m².
Die mit der neuen Ein-Platten-Apparatur gemessenen Werte der Wärmeleitfähigkeit vom Glasschaumgranulat liegen im Bereich von 0,08 W/(m K) bis 0,1 W/(m K) und streuen damit relativ stark. Die Streuung nimmt mit zunehmender Verdichtung ab. Die Wärmeleitfähigkeitliegt bei verdichteten Schüttungen bei etwa 0,08 W/(m K) (Messwert der Wärmeleitfähigkeit). Die Wärmeleitfähigkeit vom Glasschaumgranulat nimmt mit zunehmender Temperatur leicht zu. Die Wärmeleitfähigkeit steigt bei geringen Temperaturen, d.h. 20 °C und kleiner, näherungsweise linear mit zunehmender Feuchte. Bei einem Feuchtegehalt von 20 Vol% erhöht sich die Wärmeleitfähigkeit auf etwa 0,15 W/(m K) bis 0,2 W/(m K).
Die Wärmeleitfähigkeit von Glasschaumgranulat nimmt mit zunehmender Verdichtung leicht ab, allerdings nimmt bei gleich bleibender Materialmenge der thermische Widerstand der Probe ab, da die Dicke der Probe beim Verdichten entsprechend geringer wird. Aus thermischer Sicht sollte entsprechend die Verdichtung so gering wie möglich ausfallen. Die vorgestellten mathematischen Modelle können gut die Messwerte von trockenen Proben und von Proben mit geringem Wassergehalt nachbilden. (Für höhere Wassergehalte kann das Modell von (Ochs F., 2010) verwendet werden.)
Ausblick
Die gewonnen Erkenntnisse dienen als Grundlage für weiterführende Arbeiten hinsichtlich der Entwicklung eines standardisiertes Prozedere für die Klassifizierung von GSG. Weiters dienendie durchgeführten Arbeiten als Grundlage für eine wissenschaftliche Untersuchung des Baustoffes GSG im Rahmen einer Dissertation.
Aufgrund der im Forschungsvorhaben festgestellten schwankenden Eigenschaften der Produkte werden Arbeiten zur Sicherstellung der Kontinuität der Qualität der Materialien im Zuge des Produktionsprozesses empfohlen.
Weitere Untersuchungen mit Schwerpunkt auf den Einsatz von Glasschaumgranulat als Dämmstoff für große unterirdische Wärmespeicher folgen im Rahmen des FFG Projekts store4grid. Dafür wurde die Ein-Platten-Messapparatur so erweitert, dass die Wärmestromrichtung geändert werden kann (durch Drehung der ganzen Apparatur). Damit wird die Untersuchung des Konvektionseinflusses auf der Wärmeleitfähigkeit der Schüttung ermöglicht. Dies stellt einen Vorteil in Vergleich zu vorigen Arbeiten (z.B. Ochs 2010) dar, bei denen eine Zwei-Platten-Apparatur verwendet wurde. Es soll im Rahmen des FFG Projekts store4grder der Einfluss der Feuchte weiter untersucht werden und zudem der Anteil der Konvektion bei Schüttungen mit Wärmestromrichtung von unten nach oben ermittelt werden.
Für die Beurteilung der tatsächlichen effektiven Wärmeleitfähigkeit im eingebauten Zustand ist der zeitliche Verlauf der relativen Feuchte der Schaumglasgranulat-Schüttung entscheidend. Dafür sind in-situ Messungen über einen Zeitraum von min. 3 Jahren in einer relevanten Anzahl notwendig. Dies sollte in zukünftigen Projekten untersucht werden.
Publikationen
Grundlagenforschung Glasschaumgranulatschüttungen als lastabtragender und wärmedämmender Baustoff
Schriftenreihe 4/2015
D. Adam, A. Andreatta, W. Feist, J. Feix, et al., Herausgeber: BMVIT
Deutsch, 225 Seiten
Downloads zur Publikation
Projektbeteiligte
ProjektleiterIn
Dr. techn. Andreas Andreatta
Universität Innsbruck / Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften / Arbeitsbereich: Massivbau und Brückenbau
Projekt- bzw. KooperationspartnerInnen
Kontaktadresse
Universität Innsbruck
Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften
Arbeitsbereich Massivbau und Brückenbau
Dr. techn. Andreas Andreatta
Technikerstraße 13
A-6020 Innsbruck
Tel.: +43 (512) 507 6638
E-Mail: andreas.andreatta@uibk.ac.at
Web: www.uibk.ac.at/massiv-und-brueckenbau/