Energieeffiziente, Ressourcen erhaltende und differenzierte Sanierung historischer europäischer Gebäudebestände (ReCoRe)

Das Projekt befasste sich mit der Entwicklung von integralen, langfristigen und lebenszyklusorientierten Modernisierungsszenarien für spezifische Gebäudebestände. Dabei wurden von den internationalen PartnerInnen idente Planungsinstrumente und die gleiche Methodik verwendet, um die jeweils länderspezifischen Bestände zu untersuchen.

Kurzbeschreibung

Dieses Projekt wird im Rahmen des internationalen Forschungsnetzwerks Eracobuild gefördert.

Status

abgeschlossen

Kurzfassung

Ausgangssituation/Motivation

Im Rahmen des Projektes wurde das Wissen über Gebäudebestände dahingehend erweitert, um integrale, langfristige und lebenszyklusorientierte Modernisierungsszenarien zu entwickeln. Die internationalen Partner verwendeten ähnliche Methoden und Planungsinstrumente, um jeweils länderspezifische Bestände zu untersuchen. In Österreich wurde die Architektur des Roten Wien - die Gemeindebauten und Siedlungen - erbaut zwischen 1918 und 1934, unter-sucht.

Inhalte und Zielsetzungen

Die Bauten des Roten Wien sind nach wie vor ein wesentliches, kulturelles und materielles Kapital der Stadt Wien. Neben ihrer architekturhistorischen Bedeutung erfüllen sie auch heute den Bedarf an wertvollem und zugleich kostengünstigem Wohnraum. Die Entstehung der Gemeindebauten in der Zwischenkriegszeit, die Bewohner und damalige Wohnbaupolitik wurde ausreichend untersucht und dokumentiert. Die weitere Entwicklung zwischen 1934 und 2012 wurde bisher nicht erforscht. Interessant für die durchgeführten Untersuchungen waren einerseits, im Sinne der Gebäudebestandsforschung, die Gebäude selbst. Andererseits stand, im Sinne der langfristigen Werterhaltung der Bauten, zudem die künftige Entwicklung, die sowohl von den materiellen Eigenschaften der Bauten, als auch von externen Faktoren und soziopolitischen Entwicklungen abhängig ist, im Fokus.

Das Vorhaben verfolgte zwei wesentliche Ziele: Die genaue Beschreibung der materiellen Substanz des Gebäudebestandes und die Definition von integralen, langfristigen und Ressourcen erhaltenden Szenarien.

Der gewählte Gebäudebestand in Österreich wurde, anhand der Case Studies als auch in der Gesamtheit als Gebäudeportfolio im Kontext urbaner Nachbarschaften, detailliert untersucht. Ebenso wurden externe Faktoren, wie die Förderpolitik für Sanierungsmaßnahmen, wohnbaupolitische und soziale Prämissen, Denkmalschutz, die bisherige Bewirtschaftung und Sanierungspraxis, analysiert. Ursprünglich nachhaltige und resiliente Gebäudeeigenschaften konnten identifiziert und das Potenzial der Bauten für eine Adaptierbarkeit und Flexibilität im Sinne einer mittel- und langfristigen Betrachtung ausgearbeitet werden. Das Inventar unterschiedlicher Anforderungen, die vom Gebäudebestand zu erfüllen sind – von Energieeffizienz, zeitgemäßem Wohnkomfort bis hin zu gesellschaftspolitischen Ansprüchen, wie Leistbarkeit und sozialer Durchmischung – bildeten die Grundlage für integrale Sanierungskonzepte.

Methodische Vorgehensweise

Die bisherigen Forschungsergebnisse und Methodiken der Projektpartner, dabei insbesondere die Gebäudebestandsforschung und die integrale Lebenszyklusanalyse, wurden verwendet um die länderspezifischen Gebäudebestände zu evaluieren. Die Gebäudebestandsforschung setzt auf die detaillierte Untersuchung vieler Gebäude innerhalb von Baualters- und Funktionsklassen. Damit sind die Potenziale des Gebäudeportfolios gut abschätzbar. Die Gebäude wurden anhand eines Kriterienkataloges auf ihre nachhaltigen und resilienten Ei-genschaften untersucht.

In der hier vorliegenden Studie wurde der Bestandsforschung auch die Methodik des Case Study Research zugrunde gelegt. Der lange Betrachtungszeitraum für integrale Sanierungskonzepte erfordert die Berücksichtigung vieler Unsicherheiten. Die Ergebnisse der Gebäudebestandsevaluierung sowie die Erfassung externer Faktoren (demografische und gesellschaftliche Entwicklungen, politische Entscheidungen, Verfügbarkeit von verschiedenen Energieformen usw.), die das Gebäudeportfolio künftig wesentlich beeinflussen werden, wurden benutzt um längerfristige, ungewisse Entwicklungen in der Zukunft mit Hilfe von Szenario-Techniken zu beschreiben.

Im Rahmen des Projektes wurde die Methodik der Szenario-Planung, die als Managementmethode entwickelt und mittlerweile in der Raumplanung angewandt wird, untersucht und adaptiert. Bis dato wurde diese Methodik noch nicht für die Bewirtschaftung und die langfristige Entwicklung von Gebäudebeständen angewandt.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen

Die Gebäudebestandsforschung zeigte, dass die originale Bausubstanz vielfach erhalten ist und nach wie vor über handwerkliche und materielle Qualitäten verfügt. Aggregierte Daten über alle Bauten (Sanierungsgrad, Energieeffizienzmaßnahmen, Energieverbrauch, Nutzung der Gemeinschaftseinrichtungen) und Bewohner (Belegdichte, soziale Zusammensetzung) sind nicht vorhanden beziehungsweise nicht verfügbar. Ursprünglich wurden 61.175 Wohnungen in 348 Geschosswohnbauten errichtet.

Der Zustand der Gebäude reicht von unsaniert, teilsaniert, saniert bis hin zu Bauten mit erheblichem Sanierungsbedarf. Die Sanierungsmaßnahmen entsprechen den Subventionen der Stadt Wien (Sockelsanierung und Thewosan) und sind durch den Denkmalschutz und die seit kurzem restriktivere Handhabung durch das Landeskonservatorat in Bezug auf Fassaden-Außendämmungen eingeschränkt.

Die Bauten des Roten Wien verfügen über nachhaltige und resiliente Gebäudeeigenschaften, die bereits in der ursprünglichen Konzeption der Anlagen enthalten waren und die es zu erhalten bzw. zu reaktivieren gilt. Die kommunalen Wohnbauten der Gemeinde Wien wurden in den 20er Jahren in der Nähe von vorhandenen Schulen, des öffentlichen Verkehrs und an bereits bestehende technische Infrastruktur angrenzend errichtet. Die knapp bemessenen Wohnungsgrößen im Bestand sind für die heutige individualisierte, urbane Gesellschaft und die hohe Anzahl an Einpersonenhaushalten gut geeignet. Der ursprüngliche Standard der Wohneinheiten konnte durch einfache Umbauten an heutige Anforderungen angepasst wer-den. Gemeinschaftseinrichtungen, die konzeptionell auch als Nachbarschaftsressourcen vorgesehen waren, haben zum Teil ihre ursprünglichen Nutzungen verloren.

Gegenwärtig gibt es keine pro-aktive Vermietung und funktionelle Neubestimmung. Die einzelnen Geschosswohnanlagen sind über die ganze Stadt verteilt. In bestimmten städtischen Quartieren bilden sie Cluster. Die räumliche Nähe der Bauten und ihre Verankerung in gewachsenen Nachbarschaften zeigen, dass Portfolio basierte Sanierungsstrategien viele Vorteile aufweisen. Die Clusterung von Gebäuden in den Stadtquartieren erlaubt eine gezielte Allokation von Mietern, um bestimmten unerwünschten, urbanen Phänomenen wie Segregation und Residualisierung entgegen zu wirken. Die vorhandenen Flächen für Nahversorgung, Daseinsvorsorge und Gemeinschaftseinrichtungen können im Rahmen der Stadterneuerung für eine gezielte Quartiersaufwertung genutzt werden.

Ausblick

Bestimmte Gebäudeportfolios bleiben trotz allgemeiner Privatisierungstendenzen im öffentlichen Eigentum und werden im gemeinnützigen Sinne, beispielsweise als sozialer Wohnbau, Bildungsbauten, Verwaltungsgebäude, Spitäler und Gebäude für Daseinsvorsorge usw., ein-gesetzt. Vor diesem Hintergrund erscheint die Gebäudebestandsforschung auch künftig mehr als notwendig. Innovative, erfolgversprechende Ansätze in Europa, wie die Schweizer Strategie "2000 Watt Gesellschaft" und SIA Effizienzpfad Energie, setzen auf eine differenzierte Behandlung des inhomogenen Gebäudesektors. Bei Stakeholdern mit großen Gebäudeportfolios ist ein solcher differenzierter Ansatz vorteilhaft, um alle Potenziale der Emissionsreduktion auszuloten. Dafür bedarf es detaillierter, aggregierter und abstrahierter Daten, die in der Gebäudebestandsforschung vereint werden.

Die zusammen gefassten Informationen speisen sich aus verschiedenen Quellen, wie der empirischen Inventur der Bau- und Raumsubtanz, sowie aus großen externen Datenbeständen wie GIS, zeitnahen Energieverbrauchserfassungen, Sozialraumanalysen, spezifischen statistische Daten und ähnlichem. Es ist zu erwarten, dass künftig die Verfügbarkeit großer Datenrepositorien (GIS, zeitnahe Energieverbrauchsdaten, sozialräumliche Analysen, detaillierte Gebäudebestandsstatistik) verbessert wird.

Publikationen

Resource Conserving Renovation

Energieeffiziente, Ressourcen erhaltende und differenzierte Sanierung historischer europäischer Gebäudebestände
Schriftenreihe 20/2013 M. Lorbek, I. Kovacic, M. Höflinger, Herausgeber: BMVIT
Deutsch, 35 Seiten

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Projektbeteiligte

ProjektleiterIn

TU Wien, Abteilung Wohnbau und Entwerfen
Univ. Ass. Arch. Dipl.-Ing. Maja Lorbek

Projekt- bzw. KooperationspartnerInnen

Nationale Partner:

  • TU Wien, Forschungsbereich Hochbaukonstruktion und Bauwerkserhaltung
  • TU Wien, Industriebau und interdisziplinäre Bauplanung

Internationale Partner:

  • Projektleitung Gesamtprojekt: ETH Zürich, IDB - Institut für Denkmalschutz und Bauforschung
  • Schweden: Chalmers University of Technology, Gothenburg

Kontaktadresse

TU Wien, Abteilung Wohnbau und Entwerfen
Univ. Ass. Arch. Dipl.-Ing. Maja Lorbek
Karlsplatz 13 / E-253-2, A-1040 Wien
Tel.: +43 (1) 58801-25505
Fax: +43 (1) 58801-25599
E-Mail: lorbek@wohnbau.tuwien.at
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