Energieforschung in Österreich

Forschung, Technologie und Innovation sind wesentliche Elemente bei der Weiterentwicklung und Umgestaltung des Energiesystems. Der Artikel gibt einen kurzen Überblick über die österreichische Energieforschungslandschaft.

Themen und Kompetenzen: Woran wird geforscht?

Die Verteilung der  öffentlichen Energieforschungsausgaben zeigt die klar die Prioritäten auf: 2010 entfielen 46 % der Ausgaben auf den Sektor "Energieeffizienz" und 28 % auf den Bereich "erneuerbare Energieträger". Innerhalb dieser Sektoren sind  die Bereiche Transport und Verkehr (26 Mio. Euro), Gebäude (20 Mio. Euro), Übertragung & Speicherung (insb. F&E-Fragestellungen mit Bezug zu "Smart grids", ca. 17 Mio. Euro) sowie Sonnen- und in Bioenergie mit jeweils rund 14 Mio. Euro finanziell am bedeutendsten.

Eine Umfrage aus dem Jahr 2010 unter knapp 100 Energie-ExpertInnen (Leo H., Geiger W., 2010) zeigte als Ergebnis, dass die Stärken der österreichischen Energieforschung vor allem in den Bereichen Wasserkraft, Biomassenutzung und -Logistik, Solarwärme und Wärmepumpe sowie bei Energieeffizienz in Gebäuden und in der Industrie liegen (siehe Abbildung). Weit abgeschlagen liegen Forschungsleistungen in Energietechnologien, die in Österreich entweder keine Rolle spielen oder stark umstritten sind - Kernkraftnutzung, Carbon Capture and Storage und Solarkraftwerke - aber auch wesentliche Themen wie Stromspeicher oder auch Innovative Umwandlungstechnologien und alternative Antriebssysteme.

Humanressourcen und Infrastruktur: Wer forscht?

Im internationalen Vergleich besteht punkto Forschungsinfrastruktur derzeit ein deutlicher Nachholbedarf (BMVIT, 2009, S. 61). Neben unternehmenseigenen Forschungseinheiten verfügt Österreich über eine Reihe weiterer energierelevanter Forschungseinrichtungen (ebd.):

  • Universitäten:
    • 10 Universitäten mit über 30 Instituten
  • Fachhochschulen:
    • derzeit 12 Standorte bzw. Studiengänge
    • angewandte Forschung wird durchführt und angeboten
  • Außeruniversitäre Forschungsinfrastruktur:
    • AIT (vormals ARC und Arsenal Research)
    • Austrian Energy Agency
    • Joanneum Research
    • Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik
    • ACR Austrian Cooperative Research, eine Vereinigung von 17 kooperativen Forschungseinrichtungen mit insgesamt 550 MitarbeiterInnen
    • Programminduzierte Zentren (aus Kind, Knet, K plus, COMET, tw. CD-Labors). Diese haben meist temporären Charakter und integrieren bestehende universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen: z. B. Bioenergie 2020+ (ein COMET K1 Center, das 2008 aus dem Zusammenschluss von Austrian Bioenergy Center (ABC) und RENET hervorgegangen ist)
    • lokale und regionale Energieagenturen
    • weitere wissenschaftliche Vereine etc.

Wer finanziert die Energieforschung?

Wesentliche Finanzierungsquelle für Energieforschung in Österreich ist die öffentliche Hand: Sie gab 2010 rd. 121 Mio. Euro dafür aus, und damit 31 % mehr als 2009. Im internationalen Vergleich liegt Österreich 2010 mit einem Anteil am BIP von 0,043 % auf Platz acht von 25 Mitgliedstaaten der IEA bzw. der OECD. Betrachtet man nur die nicht-nuklear Forschung, belegt Österreich in diesem Ranking sogar Platz fünf (Indinger, 2010, S. 144ff).

Den größten Teil der Ausgaben stellten mit 84 % direkte Finanzierungen durch Förderstellen des Bundes, der Länder und von Fonds. Die weiteren Ausgaben entfielen auf  die aus Bundes- bzw. Landesmitteln finanzierte Eigenforschung an Forschungseinrichtungen (außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, Universitäten und Fachhochschulen).

Neben diesen Ausgaben tragen auch Rückflüsse aus den F&E-Programmen der EU , und Forschungsausgaben der Privatwirtschaft wesentlich zur Finanzierung der Energieforschung bei.

Stärken und Schwächen

Neben der klaren thematischen Stärken-/Schwächen-Profil weist das Energieforschungssystem Österreichs auch strukturellen Merkmale auf, die bei der Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit (LINK auf Monitoring) und seiner Weiterentwicklung mit berücksichtigt werden müssen. Dazu werden im Expertenpapier zur Energieforschungsstrategie folgende Stärkefelder angeführt (BMVIT 2010, S. 14):

  • Der Stellenwert des Themas Energie - und damit die gesellschaftliche Anerkennung für Erfolge in diesem Bereich - war und ist in Österreich hoch.
  • Eine hohe Bereitschaft von Forschungsinstitutionen, Unternehmen und regionalen Initiativen zur Zusammenarbeit.
  • Gleichbleibende Rahmenbedingungen für gewerbliche Forschung sowie zusätzliche thematische Schwerpunkte und missionsorientierte Programme in ausgewählten Themen (z.B. "Haus der Zukunft").
  • Fördernde Rahmenbedingungen in der Markteinführungsphase (der Heimmarkt als Voraussetzung für exportorientierte Unternehmen).

Demgegenüber wurden folgende Schwächen des Forschungs-/Technologie-/Innovationssystems im Energiebereich identifiziert (BMVIT 2010, S. 14f):

  • Zu wenig Grundlagenforschung im Energiebereich
  • Wechselnde Bedingungen bei Programmen mit einer z. T. suboptimalen Performance (time to contract)
  • Das Fehlen einer international sichtbaren Energieforschungsstruktur
  • Energieforschung in Österreich: Rückblick und Standortbestimmung
  • Wechselnde und unzufrieden stellende Voraussetzungen für erneuerbare Stromtechnologien (Reduzierte Chancen durch geringen Heimmarkt)
  • Im internationalen Vergleich unterdurchschnittliche Forschungsmittel der öffentlichen Hand

Weiterentwicklung der Energieforschung in Österreich

Nach einer eingehenden Analyse und einem ausgedehnten Beteiligungsprozess wurde 2010 die Energieforschungsstrategie (LINK auf Artikel zur Energieforschungsstrategie) veröffentlicht, die Empfehlungen zu weiteren Ausrichtung des österreichischen Energieforschungssystems enthält.

Für ihre langfristige Ausrichtung hat das BMVIT den Strategieprozess ENERGIE 2050 ins Leben gerufen: Sein Ziel ist es, eine langfristige Vision zu erarbeiten, aus der Konzepte und Strategien für zukünftige Schwerpunktsetzungen abgeleitet werden.

Quellen:

BMVIT (Hrsg.) (2009): Energieforschungsstrategie für Österreich - Vorschläge für Maßnahmen im bereich Forschung, Technologie und Innovation. Berichte aus der Energie und Umweltforschung 23/2009

Indinger A. (2010): Energieforschungserhebung 2010 - Ausgaben der öffentlichen Hand in Österreich, Erhebung für die IEA. Berichte aus der Energie und Umweltforschung 47/2011

Rat für Forschung und Technologieentwicklung (Hrsg.), 2010: Energieforschungsstrategie Österreich - Making the Zero Carbon Society Possible!

Leo H., Geiger W. (2010): Ergebnisse der Umfrage zur Priorisierung von Themen und Technologien im Rahmen der Weiterentwicklung der Energieforschungsstrategie

(Stand: März 2012)