Entwicklung eines ganzheitlichen Vorgehensmodells zur Berücksichtigung von Aspekten des ArbeitnehmerInnen- und Umweltschutzes bei der Gestaltung von HSCProzessen

High-Speed-Cutting (HSC) in Kombination mit Minimalmengenkühlschmierung bietet ein hohes Potenzial zur Ressourceneinsparung von Hilfsstoffen in der Metallbearbeitung. Einerseits verringern sich Anschaffungskosten und der Entsorgungsaufwand für Kühlschmierstoffe (KSS), andererseits wird eine Reduzierung der arbeitsmedizinisch problematischen KSS-Nebel-Emissionen erwartet.

Kurzbeschreibung

Status

abgeschlossen

Kurzfassung

Motivation und Ziele

Hochgeschwindigkeitsbearbeitung bzw. High-Speed-Cutting (HSC) ist ein Zerspanungsverfahren, bei dem die Schnittgeschwindigkeit, aber auch der Vorschub um ein Vielfaches höher ist als bei konventioneller Zerspanung. Die Zerspanungskräfte reduzieren sich um bis zu 30%, höhere Werkzeugstandzeiten und Vorteile bei der Bearbeitung komplizierter, für Resonanzschwingungen gefährdete Bauteile, sind Motivation für den Einsatz der HSC-Technologie. Umweltrelevante Vorteile ergeben sich durch höhere erzielbare Oberflächenqualitäten, wodurch nachfolgende Bearbeitungsgänge oft entfallen können.

Der Einsatz von Kühlschmierstoffen (KSS) ist weit verbreitet und aus technologischen Gründen der Zerspanung und Umformung im Allgemeinen unverzichtbar. Erhebliche Anteile des eingesetzten KSS werden bei der Bearbeitung zerstäubt und infolge des Wärmeeintrages im Zerspanungsprozess verdampft und gelangen so in die Arbeitsluft und in die Umwelt. KSS sind in der Regel wegen ihrer komplexen Rezeptur als gefährliche Arbeitsstoffe einzustufen; im Oktober 2001 ist in Österreich erstmals eine maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK) für KSS-Nebel festgelegt worden1. Aus Gründen des Arbeitsschutzes sind aufwändige Investitionen und hohe laufende Kosten für die Luftfilterung und die Belüftung der Produktionshallen notwendig. Ein nachhaltiger Ansatz zur Lösung der Problematik kann nur die Verhinderung oder weitgehende Vermeidung der Bildung von KSS-Nebeln im Fertigungsprozess selbst sein. Eine in jüngerer Vergangenheit bereits vielfach erfolgreich eingesetzte Strategie ist die Minimalmengenkühlschmierung (MMKS), die gegenüber der konventionellen Überflutungsschmierung den KSS-Bedarf soweit reduziert, dass der eingesetzte KSS fast vollständig verbraucht wird und die KSS-Rückführung, seine aufwändige Reinigung sowie die Konservierung gegen mikrobiellen Befall bei langem Gebrauch entfällt. Die HSC Technologie ist besonders für den Einsatz von MMKS geeignet, da die beim Zerspanungsprozess entstehende Wärme fast völlig mit dem Span abgeführt wird. Der Kühlbedarf an Werkstück und Werkzeug wird reduziert, weshalb geringere Mengen KSS erforderlich sind. Beide Technologien, Hochgeschwindigkeitszerspanung und Minimalmengenkühlschmierung, stehen noch am Beginn ihrer Einführung in die industrielle Praxis. Hemmend für den breiten Einsatz dieser Technologien wirken der allgemeine Mangel an Erfahrung und Schwierigkeiten, die mit Besonderheiten der Technologie in Verbindung stehen. Aufgrund mangelnder Erfahrung müssen bis jetzt Bearbeitungsstrategien für jeden einzelnen zu fertigenden Bauteil experimentell gestützt erarbeitet werden. In diesem Projekt wurde eine systematische Vorgehensweise zur Gestaltung und Optimierung von HSC-Prozessen für die Metallzerspanung aus ganzheitlicher Sicht entwickelt. Vor allem Aspekte des ArbeitnehmerInnen- und Umweltschutzes wurden neben den klassischen Faktoren Fertigungszeit, -qualität und -kosten in die Zielgrößenspezifikation des Prozessmodells berücksichtigt. Der Prozess wurde daher nicht als rein technologisches System betrachtet, sondern im besonderen Maße als Arbeitsplatz, an dem der/die MitarbeiterIn sicher, unter langfristiger Erhaltung und Stärkung der Arbeitsfähigkeit und -zufriedenheit und nicht zuletzt der Motivation tätig ist.

Ziel war es, exemplarisch die Vorgehensweise für die Gestaltung und Optimierung von HSC-Prozessen aufzuzeigen: Einerseits sollten Versuchs- und Testphasen möglichst keinen störenden Einfluss auf die laufende Produktion zeigen, andererseits wurden sämtliche relevanten Akteure im Betrieb in die Zielsetzung, Planung und Gestaltung der Prozess- und Arbeitsplatzoptimierung einbezogen und deren Erfahrungen und Ressourcen genutzt.

Die Prozessoptimierung wurde anhand eines konkreten Aluminium-Bauteiles, der bei der Firma Piesslinger bereits seit längerer Zeit erfolgreich mit HSC-Technologie und MMKS gefertigt wird, durchgeführt.

Ergebnisse

Nach der detaillierten Aufnahme der relevanten Prozessdaten bei Piesslinger wurde das Prozessmodell entwickelt, das die Grundlage für die Vorgehensweise bei der Optimierung darstellte.

Für die technologische Optimierung wurden im Zerspanungslabor von Profactor Versuche hinsichtlich KSS-Einsatz, Kühlschmiersystem, Werkzeugtyp und Schnittdaten durchgeführt. Es konnten geeignete Kombinationen aus Werkzeugbeschichtung und KSS-System bei minimierten Kühlmitteleinsatz und erhöhter Vorschubgeschwindigkeit gefunden werden. Wird Emulsion eingesetzt, kann eine faktorielle Verringerung des Kühlschmierstoff-Einsatzes erreicht werden.

Die Nebelemissionen in die Arbeitsluft wurden mit Hilfe eines Kaskaden-Impaktors gemessen und die Abhängigkeit der Aerosolbildung vom Kühlschmiersystem und von der aufgebrachten KSS-Menge ermittelt.

Mit Hilfe von internen Workshops und einer ausführlichen Mitarbeiterbefragung wurden die Erfahrungen und Vorschläge der Mitarbeiter zur Prozessoptimierung einbezogen und ein Referenzarbeitsplatz definiert und implementiert. Zu den gesetzten Maßnahmen zählen neben der Umstellung auf MMKS mit Emulsion verbesserte ergonomische Bedingungen für die MitarbeiterInnen, sowie die Beseitigung von organisatorischen Schwachstellen. Die störungsfreie Zuführung der Emulsion konnte mit den erhältlichen Pumpen-Düsen Systemen bisher nicht befriedigend realisiert werden. Die Entwicklung von prozesssicheren Minimalmengenkühlschmiersystemen unter Einsatz von Emulsion sollte der Inhalt zukünftiger Forschungsvorhaben sein.

Publikationen

Entwicklung eines Vorgehensmodells zur Berücksichtigung von Aspekten des ArbeitnehmerInnen- und Umweltschutzes bei der Gestaltung von Hochgeschwindigkeitsbearbeitungsprozessen

Schriftenreihe 16/2005 E. Wahlmüller, B. Riß, J. Reischl, R. Hackl
Deutsch, 38 Seiten, vergriffen

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Projektbeteiligte

Projektleitung

DI Dr. Ewald Wahlmüller
PROFACTOR Produktionsforschungs GmbH

Projekt- und Kooperationspartner

  • Johann Hieslmayr
    Piesslinger GesmbH
  • Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Wilhelm Höflinger
    Institut für Verfahrenstechnik-, Brennstoff- und Umwelttechnik; TU-Wien

Kontaktadresse

PROFACTOR Produktionsforschungs GmbH
Wehrgrabengasse 1-5, A 4400 Steyr